Jenseits von traditionellen Horizonten
Wer sich nur annähernd für traditionellen Heavy Metal interessiert, der sollte sich den Namen SkyEye merken. Immerhin wird das Quintett aus Slowenien vom Metal Hammer als Newcomer des Jahres 2021 gefeiert.
Beim Leser-Voting im Rock Hard wird der fünfte Platz in derselben Kategorie erreicht.
Das lässt aufhorchen, auch jenseits der Genregrenzen. Ob dieser Hype gerechtfertigt ist? Das sei Justitia überlassen, die anhand des Gesetzes der Nachfrage darüber richten wird. Bis dahin bleibt noch Zeit, die Nachfrage womöglich entsprechend zu beeinflussen …
Senkrechtstarter
Als Band, die erst 2014 gegründet wurde, zählen SkyEye zu den Senkrechtstartern. Die digitale EP «Run For Your Life» (2017) auf Bandcamp besticht als beeindruckende Visitenkarte. Besonders der galoppierend maideneske Titeltrack holt jeden traditionellen Metaller auf Anhieb ab. Ein Jahr später wird die EP um weitere Tracks ergänzt und erscheint unter dem Titel «Digital God» (2018) auch physisch. Ein Debutalbum, das durch eine beeindruckende Songwriting-Reife überrascht und mit dem Gassenhauer ‹In The Name Of SkyEye› glänzt.
Der Nachfolger «Soldiers Of Light» (2021) legt dann nochmals eine Schippe obendrauf. Renommierte Magazine sind angetan vom slowenischen Stahl und auch Metalinside-Kollege Sandro kommt ins Schwärmen (siehe Review). Wen wunderts, gehören insbesondere die ersten drei Songs (inkl. Intro) vom Album zum besten traditionellen Stahl, der in den letzten Jahren geschmiedet wurde. Entsprechend selbstbewusst wird der dritte Longplayer im Pressetext angekündigt. Das schraubt die Erwartungen gehörig nach oben.
Altbewährt?
Iron Maiden, Judas Priest und die frühen Hammerfall werden mit SkyEye in Verbindung gebracht. Und das ist keinesfalls zu hoch gegriffen! Allein Sänger Jan Leščanec wird dieser Beschreibung mehr als gerecht. Mit seiner markanten Falsettstimme verleiht er SkyEye jenen archaisch traditionellen Metal-Sound, der zudem die Vorzüge einer modernen und druckvollen Produktion geniesst.
Im Gegensatz zu den beiden Vorgängeralben geht es auf «New Horizons» ohne Intro direkt zur Sache: ‹The Descenders› ist der perfekte Opener und besticht durch messerscharfe Riffs, schnelle Bassläufe und eingängige Gesangslinien im angenehmen Mitnicktempo. Man ist versucht herauszuhören, wonach es nun klingt – Maiden? Vielleicht Priest? Oder doch Hammerfall? Weder noch – gleichwohl ist von allen dreien etwas dabei.
Neue Horizonte – die Herausforderung
SkyEye haben trotz ihrer unverkennbaren Vorbilder ihren ganz eigenen Stil gefunden, der auf ihrem Neuling nochmals an Eigenständigkeit dazugewinnt. ‹Fight!› stampft sich souverän durch die Midtemporegionen während ‹Far Beyond› als Hymne komplett abräumt. Dagegen kommt ‹Railroad Of Dreams› eher unspektakulär daher, auch wenn Jans Stimme den Song bedeutend aufwertet. Mit ‹Saraswati› verlässt man die Raststätte wieder und biegt ins erste Epos des Albums ein. Schön aufgebaut, während der gesamten Spielzeit von acht Minuten bleibt der Track spannend. Wollte man auf dem Vorgängeralbum bei den Epen zu viel reinpacken, wird hier das richtige Mass angesetzt.
Mit dem Titeltrack donnert die Abreissbirne des Albums aus den Boxen und macht alles dem Erdboden gleich – besser kann man Heavy Metal im Jahre 2024 nicht zocken! Da ein solcher Kracher nur schwer zu toppen ist, gibt’s bei ‹The Voice From The Silver Mountain› eine komplette Richtungsänderung. Die schleppenden Klänge wirken auf Dauer dann aber zu schwermütig. ‹Forgotten Nation› kriegt die Kurve wieder souverän, bevor ‹Nightfall› altes Helloween-Feeling aufkommen lässt.
Erlitt ‹Chernobyl› auf dem Vorgängeralbum beinahe Schiffbruch wegen seiner Überlänge, will man es auf «New Horizons» nochmal wissen. Diesmal bleibt der Horizont vor Augen und SkyEye überraschen mit einem packend geschriebenen Epos: Das Instrumental ‹The Emerald River› läutet das abschliessende ‹1917›ein, Erinnerungen an die epischen Glanztaten der Eisernen Jungfrauen werden wach.
Das Fanzit SkyEye – New Horizons
SkyEye erfinden den Heavy Metal nicht neu und sie definieren ihn auch nicht. Aber ganz ehrlich: müssen sie auch nicht. Gerade im traditionellen Sektor ist es ein Kunststück, die Balance zwischen altbewährt und innovativ zu behalten. SkyEye beweisen darin eine beeindruckende Reife. Auch wenn der Motor unterwegs mal kurz stockt, hat die junge Band ein Händchen für echte Kracher.
«New Horizons» setzt die Messlatte für künftige Produktionen des traditionellen Stahls bedeutend hoch an. Eine klare Ansage an die Konkurrenz, gleichzeitig eine echte Bereicherung für den geneigten Metaller. Sollten sich die Slowenen weiterhin so fokussiert entwickeln, dürfte aus den Senkrechtstartern schon bald eine feste Grösse werden.
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Trackliste SkyEye – New Horizons
- The Descenders
- Fight!
- Far Beyond
- Railroad Of Dreams
- Saraswati
- New Horizons
- The Voice From The Silver Mountain
- Forgotten Nation
- Nightfall
- The Emerald River
- 1917
Line Up SkyEye
- Jan Leščanec – Vocals
- Marko Kavcnik – Guitars
- Urban Železnik – Guitars
- Primoz Lovsin – Bass
- Jurij Nograsek – Drums