Ein Montagabend der Extraklasse
Holla, die Waldfee! Veranstalter Good News Productions servierte uns ein bombastisches Band-Paket zum Wochenauftakt. Pyros, gigantische Bühnenbilder und überragende Hymnen versetzen die Zuschauer ins Staunen. An die atemberaubenden Darbietungen von Amon Amarth, Insomnium und Kanonenfieber wird man wohl noch eine Weile zurückdenken.
Mein lieber Scholli! Was für ein prachtvolles Package haben uns die Organisatoren denn hier bitteschön zusammengeschustert? Amon Amarth, Insomnium und Kanonenfieber an einem Abend auf der Bühne? Also, man könnte durchaus schlechter und langweiliger in eine neue Woche starten. Ab in die Halle 622! Ich bin heiss auf diese knackige Angelegenheit. Selbiges gilt sicherlich auch für Metalinside-Boss pam, der heute mit seiner Kamera Wikinger und andere Gestalten «jagen» darf (pam: Und direkt vom Rockstadt Extreme Fest in Rumänien bzw. vom Flughafen mit Reisekoffer (!) in die Halle 622 kommt … gut, dann hat man auch genügend Platz für den Merch ;-)).
Was soll ich noch grossartig über Amon Amarth erzählen? Seit Jahren prägen sie unsere Szene und sind mittlerweile berechtigterweise in den oberen Gefilden angesiedelt. Für mich hätten sie sogar das Potenzial, eines Tages die fast unerreichbaren Legenden abzulösen respektive zu «beerben». Mit Brummbär Johan Hegg verfügt man über einen unglaublich charismatischen Frontmann in den eigenen Reihen, der das Publikum jeweils locker in seinen Bann zieht. Zuletzt waren jedoch gelegentlich kritische Stimmen zu vernehmen. Die neueren Songs der Schweden seien zu «glattpoliert» und lassen die dreckigen Wikinger-Elemente aus den Anfangstagen vermissen. Ich werde gerne versuchen, während des Auftritts des Quintetts auf diesen Aspekt zu achten.
Die Zuhörerschaft dürfte für die Show des Headliners bestens aufgewärmt sein, daran bestehen kaum Zweifel. Insomnium und Kanonenfieber werden das nämlich gekonnt regeln. Die Finnen haben zuletzt am Baden in Blut Open Air hervorragend abgeliefert. Und bei den «Erzählern» von Episoden aus dem Ersten Weltkrieg aus dem bayrischen Bamberg geht es auf der Karriereleiter ohnehin stets konstant nach oben. Jüngstes Beispiel hierfür dürfte eindeutig der heutige Support-Slot sein.
Letzter Check: Kühle Blondine ist am Start, coole Leute umringen mich (man kennt wieder einmal beinahe die halbe Nation) und die Feierlaune passt. Lasst die Spiele beginnen!
Kanonenfieber
Die Bühne wurde in ein aus herumliegenden Sandsäcken bestehendes und an der Front durch Stacheldraht abgetrenntes Schlachtfeld umgewandelt. Auf dem Hintergrundbild ist ein riesiger Zeppelin zu sehen. Dann schreiten Noise und seine Mitstreiter zur Tat. Bereits beim Opener «Menschenmühle» werden wir Zeuge eines höllischen Flammeninfernos. Die anwesenden Feuerteufel sind somit schon jetzt bestens bedient. Unaufhaltsam marschieren (der musste jetzt sein) Kanonenfieber durch ihr Set. Einmal mehr eine exzellente Leistung. Und mitten während des Gigs frage ich mich, ob man die Jungs streng genommen nicht einfach als «Evil Sabaton» betiteln müsste. Wobei – da würde ich wahrscheinlich gerade in Zusammenhang mit dem geschätzten Kollegen Kaufi eine Büchse der Pandora öffnen, die wahrhaftig keiner mehr verschliessen könnte. Lassen wir das lieber bleiben.
Plötzlich wird die Szenerie in blaues Licht gehüllt. Entweder begeben wir uns nun in winterliche Gefilde oder sonst als zweite Option unter Wasser. Das im Anschluss ertönende Sonargeräusch liefert sogleich die Antwort. Wir gehen im Ärmelkanal auf Tauchstation! Die Akteure haben für dieses Vorhaben sogar extra ihre Uniformen gewechselt und mimen jetzt eine U-Boot-Crew. Vorgetragen werden die Kracher «Kampf & Sturm» und «Die Havarie». Sackstark! Das kurzweilige Vergnügen endet schliesslich mit «The Yankee Division March». Der Headliner-Gig von Kanonenfieber im Z7, welcher am 28. November dieses Jahres stattfinden wird, ist tendenziell ein unausweichlicher Pflichttermin. Soldaten, vormerken!
Insomnium
Nach dieser fulminanten Darbietung der Deutschen mache ich mir fast schon ein wenig Sorgen um Insomnium. Ob sie da tatsächlich mithalten können? So knallhart sind sie ja eigentlich nicht unterwegs, da ihr Todesblei ebenfalls einige Melodien beinhaltet. Glücklicherweise strafen mich die Nordmänner rasch lügen und machen genau dort weiter, wo sie – aus meiner Sicht – vor rund zwei Wochen in Weil am Rhein aufgehört haben. Souverän sorgen sie dank Hymnen der Marke «Valediction» für herumfliegende Mähnen. Das Herzstück dieses spezifischen Tracks ist fraglos der Kontrast zwischen klar gesungenen Passagen und den Growls. Habe ich überhaupt noch menschliche Haut an mir oder bin ich mittlerweile zu einem vollständigen Poulet mutiert? Tja, das sind eben Effekte, die nur durch eine Gruppe wie Insomnium hervorgerufen werden können.
Auch die Herrschaften aus Joensuu setzen auf ein imposantes Backdrop. Weisse Bäume mit blattlosen Ästen zieren den finsteren Hintergrund. Zudem sind in der linken und rechten oberen Ecke helle Kreuze zu sehen. Logischerweise eine Anspielung auf das Lied «White Christ», welches just in diesem Augenblick gespielt wird. Zwar vermisse ich beim Refrain immer einen gewissen Sakis Tolis, aber Niilo Sevänen und Co. kriegen die Nummer auch ohne den Rotting Christ-Mastermind gebacken. Vielleicht klappt die «Real-Umsetzung» dieser Kollaboration ja dann am Rock The Lakes Festival. In dieser Verfassung blicke ich dem dortigen Insomnium-Auftritt jedenfalls völlig gelassen entgegen.
Amon Amarth
Die Hauptattraktion versteckt sich zuerst einmal hinter einem gewaltigen Vorhang. Indem sie den Iron Maiden-Klassiker «Run To The Hills» aus den Boxen erschallen lassen, bringen sie die Stimmbänder der Besucher allerdings geschickt frühzeitig auf Betriebstemperatur. Als dann das markante Intro (eine gekürzte, Streichinstrument-Version des Songs «Amon Amarth») ertönt, könnte ich freilich wieder in jedem Hühnerstall auf dieser Erde unbemerkt als «Güggel» durch die Gegend stolzieren. Oder haben die Veranstalter in der Decke irgendwelche Magnete eingebaut, welche die Härchen auf meinen Armen regelmässig nach oben ziehen? Das wird wohl ein ungelöstes Rätsel bleiben.
Zu den lautstark bejubelten Klängen von «Raven’s Flight» fällt die sichtbehindernde Stoffwand mit einem Knall und gibt die aufgebauten Geheimnisse preis. Okay, so verwunderlich ist die Geschichte fairerweise angemerkt nicht mehr, denn die Statuen an den Seiten und der Wikingerhelm in der Mitte, auf welchem der schwarzhaarige Schlagzeuger Jocke Wallgren thront, sind schon länger fester Show-Bestandteil bei den Stockholmern. Beeindruckend bleibt es allemal! Hinzu kommen hemmungslose Pyro-Salven, die einem noch mehr Schweiss auf die Stirn zaubern (pam: Und mir im Graben gefühlt die Kopfhaare wegzaubern). Amon Amarth machen rasch deutlich, wer hier und heute der Headliner im Haus ist. Die Protagonisten und ihre Kompositionen sind schlichtweg mächtig und unaufhaltsam!
Bereits als zweites Stück greift der Fünfer auf «Guardians Of Asgaard» zurück. Die Fans (oder zumindest einige Exemplare aus unserer Equipe und meine Wenigkeit) grölen jede Zeile lautstark mit. Unter unserer Aufsicht würde definitiv kein Eindringling die Götterwelt erobern – so viel steht fest. Oha, und «The Pursuit Of Vikings» kommt direkt hinterher. Die nordischen Schlächter machen keinen Hehl aus ihren kolossalen Eiern. Wo steckt das schwache Liedgut? Ausserdem fehlen von den angeblich zu «glattpolierten» Tracks jegliche Spuren. Ich habe nix zu bemängeln.
Johan Hegg und seine Gefährten setzen auf diverse Unterhaltungselemente. Sei es ein herumflitzender Loki («Deceiver Of The Gods»), zwei Krieger, die sich richtig aufs Dach kloppen («The Way Of Vikings»), Fahnenschwinger, Schildträger und während «Put Your Back Into The Oar» mutieren gewisse Teile der Halle zu menschlichen Ruderbooten. Vorbildlicher Einsatz an allen Ecken und Enden. Huch, und wo haben sie denn bitteschön «Under The Northern Star» ausgegraben? Eine längst verschollene Nummer. Da habe ich beinahe wässrige Äuglein. Zum Abschluss darf der hünenhafte Fronter schliesslich seinen inneren Donnergott raushängen lassen; sowohl bei «Crack The Sky» als auch dem endgültigen Finale «Twilight Of The Thunder God». Johan hat die Midgardschlange zwar durchaus schon mit mehr Elan verdroschen, aber das bleibt wirklich der einzige Mangel, den ich zu Protokoll geben muss. Zudem ist es verständlich, dass der Kampf nach gefühlten 300 Mal nicht zwingend immer mit derselben Intensität geführt wird.
Das Fanzit – Amon Amarth, Insomnium, Kanonenfieber
Alle Bands haben astrein abgeliefert und mir eindrücklich bewiesen, dass sie alle verdientermassen zu meinen Lieblingskapellen gehören. Ein riesiges Dankeschön an Amon Amarth, Insomnium, Kanonenfieber und Good News Productions! Von der Live-Musik her hat alles wunderprächtig funktioniert. Als negativ blieben hingegen die langen Wartezeiten beim Holen des Biernachschubs in Erinnerung (und dann waren die «Pfützen» im späteren Verlauf des Abends erst noch ungeniessbar warm).
Die Setliste – Kanonenfieber
- Menschenmühle
- Dicke Bertha
- Kampf & Sturm
- Die Havarie
- The Yankee Division March
Die Setliste – Amon Amarth
- Intro (Iron Maiden – Run To The Hills)
- Raven’s Flight
- Guardians Of Asgaard
- The Pursuit Of Vikings
- Deceiver Of The Gods
- As Loke Falls
- Tattered Banners And Bloody Flags
- Heidrun
- War Of The Gods
- Put Your Back Into The Oar
- The Way Of Vikings
- Under The Northern Star
- First Kill
- Shield Wall
- Raise Your Horns
- Crack The Sky
- Twilight Of The Thunder God*
*Zugabe