As December Falls - Promobild 2024
Fr, 9. August 2024

As December Falls – Interview mit Bethany Curtis

Alternative Metal, Pop Punk, Post Hardcore, Progressive Metal, Punkrock, ...
27.08.2024
As December Falls - Promobild 2024

Unabhängig auf dem Weg nach ganz oben

Manchmal sind es ungewöhnliche Aktionen, die neue Fans anziehen. So auch in meinem Fall: Über Social Media stiess ich auf ein Angebot einer mir bis dahin unbekannten Band, die eine Gratis-CD mit ihren grössten Hits als „Versuecherli“ (dt.: Appetithäppchen) verschenkte – man musste nur die Versandkosten übernehmen. Name der Formation: As December Falls. Titel des Albums: Essentials. Erster Eindruck beim Quercheck auf YouTube: What The Fuck …

Vom Durchbruch als Indie-Band bis in luftige Höhen der Rock-Charts – die bisherige Karriere von As December Falls kann durchaus als wild bezeichnet werden. Und während das britische Quartett aus Nottingham in unseren Breitengraden noch unter einem gewissen Aufmerksamkeitsdefizit leidet, sorgen sie in ihrer Heimat gehörig für Furore. Zum Beispiel mit dem Gewinn des Heavy Metal Music Awards als „Best UK Breakthrough Artist“ im vergangenen Jahr.

Und ja, klar habe ich mir den angebotenen Silberling bestellt – und die neueste Scheibe gleich obendrauf. Genialer Sound zu fairem Preis, was, oh Metalherz begehst du mehr? Gerade das aktuelle Werk „Join The Club“ ist ein echtes Juwel an mitreissenden, mit viel Elan und Überzeugung vorgetragenen Stücken, die einfach Laune machen. „Carousel“, „Mayday“, „Go Away“ strotzen nur so vor Good-Feel-Vibes, dass Fuss wie Nacken einfach vollautomatisch mitwippen müssen. Ihr merkt, die Briten haben in mir innerhalb kürzester Zeit einen neuen Fan gefunden. Widerstand zwecklos, um es in der Sprache der Borg auszudrücken (Die Trekkies unter euch werden es verstehen).

Neugierig geworden? Wir sprachen mit Frontfrau Bethany Curtis über ihr aktuelles Album, die Einbindung der Fans in den Songwriting-Prozess, Selbstzweifel, Zukunftspläne und die Assimilation des europäischen Kontinents (oder so ähnlich).

Rockband mit poppigem Gesang und Slash-Soli – überall !!!

Meine erste Frage an die quirlige Sängerin lautet schlicht: „Wer seid ihr“. Bethany: „Ich bin Bethany und singe, Ande spielt Leadgitarre, Timmy Rhythmusgitarre und unser neuestes Mitglied KC Schlagzeug! Wir sind eine alternative Pop-Rock-Band aus Nottingham in Grossbritannien, inspiriert von Bands wie Blink 182, Taking Back Sunday und Stand Atlantic!“.

Kurz und bündig. Aber die grössten Einflüsse zu benennen, ist natürlich nur die halbe Miete. Wie würde sie ihren Sound beschreiben (Schubladendenken, ich weiss)? Bethany: „Ich denke, die beste Beschreibung, die uns jemals jemand gegeben hat, ist eine Rockband mit poppigem Gesang und Slash-Soli – überall !!! Wir variieren unseren Sound sehr stark. Einige Songs sind Moshpit-Riffs und Breakdowns, andere sind Songs mit klassischen Pop-Punk-Vibes! Wir haben alle unterschiedliche Einflüsse, ich weiss, dass KC die State Champs liebt, Timmy ist im Grunde Tom Delonge, Ande ist besessen von Slash, und meine Einflüsse variieren. Was die Bands angeht, so bin ich von My Chemical Romance und Shikari inspiriert, aber ich liebe Christina Aguilera, Lady Gaga und Freddie Mercury! Starke Sänger sind sozusagen meine Konfitüre!“

Nun, als im Dezember geborener doppelter Steinbock neigt man durchaus leicht einmal dazu, zu viel in den nicht ganz alltäglichen Bandnamen hineinzuinterpretieren. Daher meine etwas schüchterne Frage, wie dieser denn zustande gekommen sei. „Das ist relativ einfach. Wir hatten damals im Dezember 2014 unsere Mitglieder so weit zusammen, dass sich der passende Bandname quasi von selbst ergab. Damit haben wir die Bedeutung dieses Moments unterstrichen.“ Kann man machen – und erinnert mich gerade sehr an eine Band aus Hessen, die ihren Namen ähnlich pragmatisch gewählt hat (die Rede ist natürlich von April Art).

Gelebte DIY-Mentalität

Was bei dem nicht zu unterschätzenden Erfolg der Equipe ein wenig verwundert, ist die Tatsache, dass die vier nach wie vor ohne grosses Label im Rücken unterwegs sind. Was einerseits Freiraum schafft, andererseits aber auch viel zusätzliche Arbeit bedeuten kann. Wie sieht Bethany diese zwiespältige Situation? „Fangen wir mit dem Negativen an. Was uns am deutlichsten auffällt ist, dass alles langsamer geht. Wir müssen uns immer wieder die Zähne ausbeissen, um auf Augenhöhe mit den Bands zu sein, die bei einem Label unter Vertrag stehen. Und natürlich können Combos, die gefördert werden, auf eine grosse Finanzspritze zurückgreifen, die ihnen beim Touren etc. hilft! Aber das Positive aus unserer Sicht ist, dass wir alles selbst in der Hand haben. Alles, was wir bisher erreichten, haben wir uns selbst erarbeitet. Wir haben uns eine riesige Fangemeinde aufgebaut, die uns unterstützt und auf einer tiefen Ebene genauso an uns glaubt wie wir selbst. Und diese Motivation treibt uns an, jeden einzelnen Tag zu kämpfen!“

Starke Worte der toughen Fronterin! Doch was bedeutet dieses „jeden Tag dafür kämpfen“? Wie viel Zeit investieren die vier in ihr musikalisches Vorankommen? Und wie ist die Aufteilung der Aufgaben innerhalb der Band geregelt? Bethany ordnet ein: „Zeit ist bei uns stets ein knappes Gut. Wir haben alle Vollzeitjobs und As December Falls ist quasi ein weiterer obendrauf. Es ist somit nicht immer einfach, besonders wenn wir alle beruflich unter Druck stehen. Normalerweise kümmere ich mich um die meisten kreativen Elemente, wie das Erstellen von Inhalten und Last-Minute-Designs und so weiter. Ande ist für den Feinschliff zuständig, weil er die Person mit dem grössten Geschäftssinn ist. Er ist auch derjenige, der um zwei Uhr morgens unsere Steuererklärung ausfüllt [lacht]. Und was das Songwriting betrifft, so teilen wir uns die Aufgaben so gut wie möglich zu gleichen Teilen auf, was je nachdem, wo wir uns gerade in unserem Albumzyklus befinden, schwankt.“

Kommen wir auf die Gratis-CD „Essentials“ sowie die Idee dahinter zu sprechen, diese kostenlos – bzw. gegen Übernahme der Versandkosten – abzugeben. Bethany: „Die Idee stammt von Ande. Aber ehrlich gesagt finden wir, dass das der beste (!) Weg ist, neue Fans zu gewinnen. Wir geben euch etwas, ihr probiert es aus. Und wenn es euch gefällt, sehen wir uns auf einer Show!“.

Ein Ansatz mit Potenzial – siehe z.B. auch Linda von Halflives, die damit ebenfalls meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken vermochte. Doch nun zum aktuellen Album der Band: „Join The Club“. Eine in meinen Augen sehr lebendige, abwechslungsreiche Scheibe voller eingängiger Songs, das vor Spielfreude und Dynamik nur so strotzt. Und mit Bethany eine Stimme mit hohem Wiedererkennungswert am Start hat. Ist der Entstehungsprozess so reibungslos verlaufen, wie das Endergebnis vermuten lässt, oder gab es vielleicht die eine oder andere musikalische Differenzen zu überwinden? Bethany: „Unstimmigkeiten gibt es diesbezüglich eigentlich nie. Egal, welche Entscheidung wir als Gruppe treffen, wir streiten nicht. Wir diskutieren und bestimmen dann gemeinsam, in welche Richtung es gehen soll. So let’s just go for it! Im Laufe der Zeit haben wir festgestellt, dass es für uns beim Schreiben keine Strategie gibt, egal was passiert. Manchmal fangen wir mit einer Gesangsmelodie an, manchmal ist das ganze Arrangement schon fertig und ich muss nur noch die Stimme hinzufügen. Mal arbeiten wir zusammen, mal getrennt. Bei uns gibt es keinen Rhythmus, keine Regeln oder Prinzipien. Es ist jedes Mal ein anderer Prozess, wie ein Lied entsteht.“

Hilfe in Freundschaftsfragen

Woher nimmt Bethany die Inspiration für ihre Songtexte? Ein Lächeln umspielt ihre Lippen: „Ich benutze meine Lieder als Therapie. Manchmal, wenn ich die Texte schreibe, denke ich wirklich: „Wow, bin ich okay?“ Aber das Ganze ist für mich ein guter Weg, Emotionen loszuwerden, zu verarbeiten und mich zu erden. Ich schreibe viel aus meinen eigenen Erfahrungen heraus oder versetze mich auch mal in die Situation anderer Leute. Aber letztendlich geht es immer um Dinge, die mir am Herzen liegen. Es ist seltsam, dass es so viel leichter ist, über negative Gefühle zu schreiben als über positive. Die Schwierigkeit besteht darin, daraus eine Botschaft zu machen, mit der sich die Leute identifizieren, hinter der sie stehen können! Aber wenn ich so etwas durchmache, dann geht es bestimmt jemand anderem da draussen ebenso!“

Mit „Home“ schmückt eine einfühlsame Ballade die aktuelle Scheibe von As December Falls, die aber auf der bereits erwähnten Compilation „Essentials“ fehlt. Was bedeuten ihnen Schmusesongs? Bethany bezieht dazu klar Stellung: „Wir wollten, dass unser Essentials-Album mehr so ist: Wenn du As December Falls sehen willst, sind das die Songs, die du kennen musst. Und auch wenn es nicht unbedingt die ganze Bandbreite unseres Schaffens zeigt, so fasst es doch unser optimistisches Live-Erlebnis zusammen!“ Passt! Aber gibt es auf „Join The Club“ ein Lied, der Bethany besonders am Herzen liegt, das ihr viel bedeutet? Ja, das gibt es: „Ich glaube, mein Favorit ist Honey. Denn diesen Song habe ich speziell für meine beste Freundin geschrieben. Wir hatten einen kleinen Streit und eine Weile nicht mehr miteinander gesprochen. Also habe ich ihr dieses Lied geschickt. Und offen gestanden hat es alles wieder gut gemacht, unsere Verbindung ist jetzt stärker denn je!“

Hilfe in Freundschaftsfragen à la As December Falls. Doch neben dem Kitten privater Wunden kann schöpferisches Geschick auch zu Erfolgen in der aufstrebenden Musikerkarriere beitragen – wie dem Gewinn des „Heavy Music Award for Best Breakthrough UK Artist“ im Jahr 2023. Etwas, worüber sich Bethany selbstredend riesig freut: „Es ist toll, endlich die Anerkennung in der Branche zu bekommen, die man verdient. Vor allem als unabhängige Band. Daran haben wir immer geglaubt und dafür gekämpft.“

As December Falls ist eine Formation, die eine enge Bindung zu den Fans pflegt, ja diese sogar in den Entstehungsprozess zu „Join The Club“ mit einbezogen hat, indem Demoversionen der geplanten Songs geteilt wurden. Das klingt für mich nach einer Art Symbiose zwischen Band und Publikum, wie sie doch eher selten anzutreffen ist. Wie hat sich dieser Prozess generell ausgewirkt? Und ist geplant, dieses Vorgehen auch inskünftig anzuwenden? „Alles, was wir tun, ist für unsere Fans, und wir sind so stolz auf die Gemeinschaft, die wir mit unserer Musik geschaffen haben. Und wir lieben es, sie so weit wie möglich einzubeziehen! Natürlich wollen wir sie überraschen, und hoffentlich gelingt uns das auch. Aber wenn wir als Band keine Entscheidung treffen können, ist es schön, die Meinung der für uns wichtigsten Leute zu hören! Also ja, dieses Vorgehen kann sich durchaus wiederholen“, erzählt Bethany mit einem Lächeln.

Wenn sich Ferien komisch anfühlen

Was dürfen wir nach ihren beachtlichen Erfolgen nun in nächster Zeit erwarten? „Wir wollen weiterhin das tun, was wir am meisten lieben. Grössere Shows, mehr Festivals – und unsere Fanbase weiter ausbauen!“ Ein Strauss durchaus realistischer Ziele, wenn man die unbestreitbaren Qualitäten der Briten in die Waagschale wirft. Bisher war das Vereinigte Königreich das bevorzugte Jagdrevier des englischen Vierers. Wie stehen die Chancen, As December Falls alsbald mal in der Schweiz erleben zu dürfen? Und gibt es eine Art Lieblingsband, mit der man sich gerne gemeinsam auf diese Reise begeben würde? Bethany: „Das wäre natürlich eine coole Sache. Ich drücke euch wie uns die Daumen, dass es sich 2025 einrichten lässt. Und eine Lieblingsband … Eine Traumkombination sehe ich eigentlich nicht, da wir so viele verschiedene Stile mögen und in unserem Sound vereinen. Aber wenn, dann würde zumindest für mich Against The Current definitiv ganz oben auf der Liste stehen“.

Wie bereits erwähnt, ist As December Falls für seine Bandmitglieder weit mehr als nur ein Hobby. Gab es Momente, in denen sich die Sängerin mit der ausdrucksstarken, unverwechselbaren Stimme gefragt hat, ob sich der enorme Aufwand wirklich lohnt? „Ich denke, das ist generell der Alltag einer unabhängigen Band. Die meisten Leute sehen nur die 30 bis 60 Minuten, die wir auf der Bühne stehen. Sie sehen nicht, wie wir uns mit dem ganzen Papierkram herumschlagen, wie wir versuchen, Beziehungen aufrechtzuerhalten, mit welcher zum Teil überwältigender Müdigkeit wir zuweilen kämpfen und dabei kaum mal richtig durchatmen können. Dieses Jahr haben wir zum ersten Mal seit fast 10 Jahren Ferien gemacht. Und es fühlte sich verdammt komisch an, einfach mal nichts zu tun. Ich glaube, es fällt uns allen schwer, unser Gehirn auszuschalten und nicht ständig darüber nachzudenken, wie wir das, was wir tun, noch besser machen können. Aber die Frage ist doch schlussendlich, ob das Hochgefühl, das du auf der Bühne erlebst, es dir wert ist. Und ich glaube, es braucht auf jeden Fall einen bestimmten Typ Mensch, um diesen Lebensstil zu wählen!“

Dem ist nicht viel hinzuzufügen. Aber angenommen, Bethany könnte das Rad der Zeit um zehn Jahre zurückdrehen, welchen Rat würde sie ihrem jüngeren Ich geben? „Ich glaube, der grosse Wendepunkt für uns als Band war, dass wir gelernt haben, uns selbst zu vermarkten. Und ich glaube, das ist der Rat, den ich meinem früheren Ich geben würde!“

As December Falls ist eine tolle, sympathische Band mit coolen, eingängigen Songs – wer auf punkig angehauchten Rock mit viel Drive und Attitüde steht, sollte dem britischen Quartett unbedingt eine Chance geben!

www.asdecemberfalls.com

Video As December Falls – Carousel

Video As December Falls – Join The Club

27.08.2024
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