Wilder Ritt!
Die Geschichte des Bandnamens ist schnell erzählt: Im April 2014 gegründet, beschloss man, Kunst zu machen. Einfach und pragmatisch: April Art. Ihr aktuelles Album „Rodeo“ ist da schon deutlich kreativer und hält genau das, was der Name verspricht: Ein überaus wilder Ritt erwartet uns!
Das Quartett selbst beschreibt seinen Sound als adrenalingeladenen Cocktail aus modernem, melodischem Metal, der gnadenlos auf die Zwölf hämmert. Ursprünglich vor zehn Jahren gegründet, hat die Truppe um die Funken sprühende Frontdame Lisa-Marie Watz während der Corona-Pandemie einen kompletten Neustart hingelegt und gleich mehrere Gänge hoch geschaltet. So hungrig und explosiv hat eine deutsche Band in der Tat schon lange nicht mehr geklungen!
Sättel fest und Helme auf!
Was bereits beim ersten, noch etwas oberflächlichen Schnelldurchlauf ins Ohr sticht: Ruhig und gemächlich geht es auf der Scheibe definitiv nicht zu, und Fans von stimmungsvollen Schmusesongs müssen jetzt ziemlich stark sein (obwohl… aber dazu später mehr). „Rodeo“ ist kein Eisen, das es langsam angehen lässt. Es ist vielmehr der im Titel angedeutete wilde Ritt, bei welchem dem Hengst von Anfang an die Scheuklappen angelegt werden, damit es ungehindert nach vorn stürmen kann. Kompromisse? Wozu auch!
Egal ob man den Titelkracher „Rodeo“, das alles niedermetzelnde „Burn“, „Who I Never Meant To Be“ (ebenfalls sehr cool) oder das selbst bekennende „Not Sorry“ (was für ein genialer Videoclip) als Referenz heranzieht, das Ding geht ab wie ein Zäpfli, strotzt nur so vor Energie und macht definitiv keine Gefangenen. Im Vergleich zum bereits starken Vorgänger „Pokerface“ wurden locker noch ein paar Briketts draufgepackt, die Schlagzahl wird konstant hochgehalten! Und das Beste: Die Tracks bleiben schon nach der ersten Runde erfreulich frisch in den Gehörgängen hängen, ein Kracher jagt den nächsten.
Bis zu – naja, „On You Site“ eben, das sich zumindest für ein paar herunterkühlende Sekunden beinahe wie eine langsamere Schmusenummer anfühlt. Aber nada, der Schein trügt. Auch dieses Lied nimmt alsbald gehörig Fahrt auf. Irgendwie dürstet einem da nach einem …
Hyper, Hyper
Kleines Intermezzo … „Sach ma, is das ned der Scooooter? „Nö – wobei, klingt schon etwas nach dem Herrn Baxxter…“. „Doch, das ist der Typ, der unlängst …“. Auch wenn ich solch tiefgründige musikalische Gespräche nur ungern unterbreche… nein, „san se nicht“… der „Jackhammer“ saust nämlich aus südlicherer Richtung darnieder, April Art lassen grüssen! Dieses Teil kommt in der Tat mit so vielen Good Vibes und Miami Sun-Feelings daher, dass man es einfach lieben muss. Eine Ode an die 70’000 Tons Of Metal. Kaufi, pam und Co. werden wohl in Nostalgie zergehen!
Dass „Let Em Go“ (man beachte die fette Gitarrenarbeit), „Head Up High“ (mit dieser grandiosen Vintage-Attitude im zugehörigen Video) sowie „Not Afraid“ die songwriterische Messlatte auf unverändert hohem Niveau halten können, spricht für die Qualitäten dieser aufstrebenden Equipe. Und wie Ben in unserem Interview (hier entlang) festhielt, haben es die tollen Stücke allesamt auf die aktuelle Scheibe geschafft, während die aussortierten Titel wohl noch eine reifende Ehrenrunde spendiert bekamen.
Quasi als Bonus – oder Rahmhäubchen, um dem schweizerischen Flair unserer Seite gerecht zu werden – gibt’s eine dezentere Version des bereits erwähnten Knallers „I’m Not Sorry“ sowie ein Remake von „Change“ (Zusatz „Part II“) vom letzten Werk obendrauf. Ersterer Track wird dabei in eine akustisch ummantelte Hülle gepackt und kommt dadurch in einem gänzlich anderen Klanggewand daher, ohne auch nur einen Deut seiner Intensität einzubüssen. Sehr geil gemacht! Und zu „Change“ verweise ich gerne auf unser Interview mit Lisa und Ben, in dem die beiden den Grund für die Neuauflage mustergültig erklären. The only constant is change – wie wahr!
Kunst und Motten im August
Es war in der Tat sehr spannend, zwei der – meiner Meinung nach – besten Langrillen des Jahres 2024 parallel zu hören und in Korrelation zu setzen, auch wenn die Ansätze unterschiedlicher kaum sein könnten. Hier (Mothica – zur Review) ein tragend-einfühlsames Meisterwerk, dort (April Art) ein straight nach vorn los galoppierendes Glanzstück, das an Dynamik und Drive heraussticht. Kick ass sound, kick ass vocals, so einfach ist das!
Die Texte stammen dabei ausnahmslos von Frontlady Lisa-Marie Watz, die ihre textlichen Farbtupfer gerne mal liebevoll als persönliche Tagebucheinträge umschreibt.
Diese sind allesamt sehr direkt, kernig – straight from the heart, um Altmeister Bryan Adams von seinem 86er Werk „Cuts Like A Knife“ zu zitieren (und ganz ehrlich, der Plattenname passt perfekt zu Lisas Lyrics). Wut, Trauer, Verzweiflung, Hoffnung, Liebe, Freude, jede Gefühlslage wird textlich gekonnt eingefangen und emotional eingetütet. Oder wie es die Band selbst formuliert: „Es ist ein Album, so unvorhersehbar und abgefahren wie dieses wilde, verrückte, schöne, schreckliche, kostbare Leben“.
Das Fanzit April Art – Rodeo
April Art sind in ihrer aktuellen Form zweifellos eine entfesselte Urgewalt, ein musikalischer Tsunami, der da über den geneigten Zuhörer hinwegfegt. Und um die Energie dieser rothaarigen Dame namens Lisa abzukühlen, bräuchte es wohl eine neue Eiszeit. Oder deren zwei…
Zwar fehlt auf dem neuen Silberling eine reinrassige Ballade à la „Warrior“ (vom Vorgänger „Pokerface“), aber mit der Akustikversion des in beiden Varianten grossartigen „Not Sorry“ werden Kuschelfans dennoch auf ihre Kosten kommen.
Die knallroten Hessener liefern mit „Rodeo“ ein absolut schmissiges Album ab. Eine Scheibe zum Abfeiern, die sich vor (zumindest noch) grösseren Namen nicht zu verstecken braucht. Ein vielschichtiges Werk, das von puren Rocksongs über zahlreiche Elektroelemente bis hin zu fiesem Metalgeballer so ziemlich alles enthält, was das Metalherz höher schlagen lässt.
Wer auf knackige, nach vorn losstürmende Powersongs mit viel Drive und Female Vocals steht, sollte unbedingt ein Ohr riskieren (oder zwei, allein schon wegen des Stereo-Effektes)! Ein Pflichtkauf für Anhänger steil nach vorne gehender Metalklänge! Sehr cool und mir alleweil satte 9 Horns wert!
Anspieltipps: Rodeo, Burn, Not Sorry, Jackhammer, Head Up High, Change
Die Trackliste April Art – Rodeo
- Rodeo
- Burn
- Who I Never Meant To Be
- Not Sorry
- On Your Side
- Jackhammer
- Let Em Go
- Head Up High
- Not Afraid
- Not Sorry (acoustic)
- Change Part II
Das Line-up – April Art
- Lisa-Marie Watz – Vocals
- Chris Bunnell – Guitar
- Julian Schuetze – Bass
- Ben Juelg – Drums