Metalinside.ch - Green Day - Greenfield Festival 2024 - Foto pam
Do–Sa, 13.–15. Juni 2024

Greenfield Festival 2024 – Green Day, Bring Me The Horizon, Eluveitie u.v.m.

Flugplatz Interlaken (Interlaken, CH)
/ / / 12.09.2024

Greenfield? Green Day!

Auch 2024 berichtet Metalinside.ch vom Greenfield Festival, dem grössten Festival mit Gitarrenmusik in der Schweiz. Dieses Jahr sind wir sowohl an der Kamera (pam und Friedemann), als auch mit dem Notizblock (Annie und Luke) in Duo-Besetzung unterwegs. Auf den folgenden Seiten erfahrt ihr, wie es der MI-Crew und dem Rest der Besucher im schönen Berner Oberland ergangen ist.

Luke: Bis ungefähr 10 Tage vor dem Festival hatte ich noch gedacht, im Gegensatz zum letzten Jahr (zum Bericht) nicht in schreibender Funktion hier zu sein. Zugegeben, 2023 hatte Kollege Sandro die Hauptarbeit übernommen und ich konnte einfach ergänzen. Dieses Jahr musste er aber vor dem Festival absagen, sodass ich nun seinen Platz «geerbt» habe und zusammen mit Annie aus Interlaken berichten werde.

Die Anreise meiner Gruppe – ich bin zusammen mit meiner Frau Yvonne und unseren Freunden Eve und Bömmel hier – erfolgt wie letztes Jahr bereits am Mittwoch. So kann man gemütlich ins Hotel einchecken und dann gleich die Bändel abholen. Diesmal sind wir sogar kurz vor Öffnung beim Flugplatz. Bei mir an der Gästeregistrierung läuft alles wie geschmiert und auch die anderen meiner Gruppe kommen dank fehlendem Camping-Gepäck ziemlich weit nach vorne.

Da ich meinen Bändel ja schon habe, mache ich mich auf, ein erstes Bier für alle zu holen. So bin ich nicht nur einer der ersten Besucher auf dem Gelände, sondern in der extra aufgestellten Lidl-Filiale der allererste Kunde überhaupt. Ein beeindruckender Bau übrigens, fast so gross wie ein normaler Laden des Discounters.

Wir bleiben im Anschluss ein bisschen im Camping-Bereich, die Party-Zone ist noch gar nicht offen. Als Regen aufzuziehen scheint, verschieben wir dann zurück nach Interlaken. Nach einem guten Nachtessen gibt es schliesslich ein paar Kaltgetränke in einem Pub, wo wir nicht nur die letzten Rennen der Leichtathletik-EM schauen, sondern auch weitere Kollegen treffen, die bereits angereist sind.

Annie, bist du ebenfalls schon hier?

Annie: Mein erstes Mal Greenfield Festival – die Vorfreude könnte kaum grösser sein! Mit dem Ziel, eine unvergessliche Zeit zu erleben, machen wir uns am Donnerstag auf den Weg zum Flugplatz im malerischen Interlaken, im Berner Oberland. Ich muss gestehen, dass ich noch nie zuvor ein Festival an einem so atemberaubend schönen Ort besucht habe. Dieses Setting bietet die perfekte Kulisse für mein persönliches Festival-Highlight 2024. Ein kleiner Spoiler vorab: Meine Erwartungen werden mehr als erfüllt werden!

Mit der Sonne als beste Begleiterin starten wir in den ersten Tag des Greenfield Festival 2024.

Greenfield Festival 2024 – Tag 1 (Donnerstag, 13. Juni)

Luke: Nach einer ersten Nacht im Hotel und einem kurzen Ausflug in die Innenstadt von Interlaken, geht es endlich Richtung Gelände für den Start des diesjährigen Festivals. Der Fussweg von unserem Hotel dauert ungefähr 20 Minuten und führt uns auch an diversen grösseren Pfützen vorbei. Generell ist der Wetterbericht für alle drei Tage eher schlecht, besonders am Samstag soll es ziemlich viel regnen. Also haben wir in weiser Voraussicht alle die guten, hohen Schuhe montiert. Zum Glück ist aber ein grosser Teil des Untergrunds hier auf dem Gelände geteert und auch auf den Wiesen haben die Veranstalter ihr Möglichstes getan mit Hilfe von Stroh und Holzschnitzeln.

Die Fotos Impressionen Tag 1 (pam)

Alphornbläser

Luke: Dank Sunrise Starzone-Tickets kommen wir auch dieses Jahr wieder in den Genuss von ein paar Zutritt-Slots auf dem Tower, welcher neben den Gästen des Konzerns zusätzlich den VIP-Bereich beheimatet. So schauen wir uns die traditionelle Folklore-Eröffnung gemütlich von oben an. Wie bereits letztes Jahr finden sich ziemlich viele Leute vor der Bühne ein bei diesem, nun ja, Spektakel. Es gibt im Publikum eine grössere Anzahl «dumme huere Ruederer» (R.I.P. Hans Jucker) und einen Circle Pit beim ersten Stück sowie bei Lied Nummer zwei eine Wall Of Death.

Nach den beiden reinen Alphorn-Nummern wird das Ensemble um ein Keyboard, Cello und Schwiizerörgeli ergänzt. In dieser Besetzung hören wir nun noch Ausschnitte von «Nothing Else Matters» (Metallica), «The Call Of The Mountains» (Eluveitie), «7 Nation Army» (The White Stripes) und «Boulevard Of Broken Dreams» von Samstags-Headliner Green Day. Ist jetzt nicht so, dass ich auf diese Alphornbläser nicht verzichten könnte, aber stören tuts auch nicht gross. Und es gehört halt irgendwie schon dazu unterdessen…

Life Of Agony

Luke: Den «richtigen» Auftakt übernehmen dieses Jahr Life Of Agony aus New York City. Die Band vermischt seit der Gründung 1989 gekonnt Hardcore mit Einflüssen aus Metal und Alternative und gehört im diesjährigen Greenfield Line-up zu einem meiner Höhepunkt. Umso erstaunter bin ich, dass die Amis bereits so früh ran müssen. Bei den jüngeren Besuchern scheint die Gruppe aber nicht mehr allzu populär zu sein und so ist im Gegensatz zum Folklore-Teil vorhin der Platz vor der Bühne etwas weniger gut gefüllt.

Das Debüt-Album «River Runs Red» aus dem Jahr 1993 feierte letztes Jahr 30-jähriges Jubiläum, was auch mit einer grossen Tour gefeiert wurde. Auf dieser war die Scheibe in voller Länge dargeboten worden. Ganz alle Songs kommen zwar heute nicht zum Zug, aber gleich zum Auftakt gibt es die erste ausgekoppelte Single «Through And Through» und den Titeltrack zu hören. Fünf weitere Anspielstationen des Klassikers folgen im weiteren Verlauf des Sets. Und auch die Alben «Ugly» von 1995 und «The Sound Of Scars» aus dem Jahr 2019 werden ebenfalls berücksichtigt.

Von meiner liebsten Scheibe «Soul Searching Sun» (1997) wird leider nur der Hit «Weeds» gespielt. Dabei wird deutlich, dass Mina Caputo eine tiefere Stimme hat, als sie Keith Caputo früher hatte. Dies hat wohl aber mehr mit dem Alter zu tun, als mit ihrer Transsexualität. Und auch in der neuen Tonlage kriege ich Hühnerhaut bei dem Song, der in meinen Teenie-Jahren unzählige Male gelaufen ist auf der heimischen Anlage.

Die Band liefert einen guten Auftritt ab, obwohl er mich nicht komplett umhaut. Die Club-Show 2017 im Dynamo, als ich Life Of Agony zum ersten Mal seit den 90ern wieder gesehen habe, war noch ein Stück besser. Dies liegt zu einem guten Teil am Publikum, welches ziemlich teilnahmslos vor der Bühne steht. Aber auch die raren Ansagen von Gitarrist Rob Z sorgen nicht für mehr Stimmung. Mina selbst wartet bis ganz am Schluss des Konzerts und erklärt dann, dass sie im TV nicht als cool gehandelt werden, es aber sind. Nun ja, ob cool oder nicht, ich freue mich auf das nächste Aufeinandertreffen in kleinerem Rahmen und mit mehr Fans der Gruppe vor der Bühne.

Die Setliste Life Of Agony

  1. Through & Through
  2. River Runs Red
  3. My Eyes
  4. Scars
  5. Bad Seed
  6. Other Side Of The River
  7. Lost At 22
  8. I Regret
  9. Weeds
  10. Method Of Groove
  11. Underground
  12. This Time

Die Fotos Life Of Agony (Friedemann)

The High Times

Luke: Nun geht es für uns zur Eröffnung der kleineren Bühne zum ersten Mal in diesem Jahr in den hinteren Teil des Geländes. Der Durchgang zur Eiger Stage scheint zwar ein kleines bisschen breiter zu sein als im letzten Jahr, könnte sich bei sehr vielen Leuten aber trotzdem wieder zum Flaschenhals entwickeln. Da sich der Andrang im Moment noch in Grenzen hält, gelingt der Ortswechsel zumindest jetzt problemlos und wir verpassen nur ungefähr die ersten zehn Minuten von The High Times.

Die Band aus Zürich besteht zu drei-Vierteln aus Mitgliedern von Überyou, ergänzt durch Sängerin Dom. Musikalisch wird ziemlich poppiger Gute-Laune-Punkrock geboten, welcher beim beachtlich zahlreich anwesenden Publikum für beste Stimmung sorgt. Gitarrist Marc übernimmt nicht nur viele Backingvocals, sondern auch die meisten Ansagen. Diese sind gespickt mit dem Ausruf «Ohni Scheiss», welcher immer mal wieder eingestreut wird – ob es passt oder nicht. Keine Ahnung wie der Running Gag entstanden ist, da waren wir wohl noch bei der Hauptbühne.

Die junge Truppe macht ihre Sache definitiv ziemlich gut, die Zuschauer gehen ebenfalls mit. Auf Toms Wunsch nach dem ersten Circle Pit des Tages – inklusive kurzem Slayer-Zitat auf der Gitarre – finden sich tatsächlich bereits ungefähr 30 Nasen, die im Kreis rennen. Ich denke, The High Times haben hier einige neue Fans dazu gewonnen. Bei mir selbst bleibt von den Songs nicht so richtig viel hängen. Aber für den Einsatz und die gute Laune gibt es trotzdem zumindest einen Daumen nach oben.

Die Setliste The High Times

  1. Autobahn
  2. Heat
  3. Sometimes
  4. Trouble
  5. Superfriends
  6. Feelings
  7. Gimme This
  8. Damage Control
  9. What Do I Do
  10. Figure Out Impossible

Die Fotos The High Times (Friedemann)

Saltatio Mortis

Luke: Da keiner von unserer Gruppe so richtig auf Mittelalterzeugs steht, verziehen wir uns erst einmal Richtung Grillstelle auf dem Campingplatz. Von Saltatio Mortis selbst kann ich deswegen nicht viel berichten. Eigentlich nur, dass es vor der Bühne ganz ordentlich Leute hat. Nach der Show begeben wir uns aber Richtung vorne Links bei der Hauptbühne, schliesslich findet hier nun der erste MI-Single-Treff statt. Und siehe da, als wir eintreffen hat es doch einige Leute. Annie ist fleissig am Buttons verteilen und pam am Fotografieren. Nach einem kurzen Schwatz verabschieden wir uns dann aber Richtung Nebenbühne – schliesslich sind wir alle bereits vergeben…

pam: Eigentlich habe ich zu Saltatio Mortis alles schon im letztjährigen Wacken-Bericht gesagt bzw. geschrieben (zum Bericht). Und man darf das dort gerne nachlesen – inklusive Fotos geniessen – drum nur kurz: Ich verstehe es nach wie vor nicht, dass eine Mittelalter-Band, die seit vielen Jahren auf allen Bühnen dieser Welt Top-Stimmung macht , sich neu mit Techno-Beats („Hypa Hypa“) anbiedern muss. Es sind zwar nur ein, zwei Songs, aber schon einer ist zu viel. Ich dachte, der Metal hätte den Techno in den 90ern ohne nachhaltigen Schaden überstanden. Warum dieser jetzt plötzlich bei den Bands und an den Festivals so ein Revival hat, ist mir ein Rätsel. Dazu später noch mehr. Vorab jedoch, es geht mir ziemlich auf den Sack, dass der beschissene DJ vom letzten Jahr, der uns am Ende des Greenfield Festival mit seinem Techno wegekelte, nicht das Ende vom Festival war, sondern wohl nur der Anfang vom Ende (siehe Review). Ok, ich überdramatisiere jetzt … Aber wehret den Anfängen!

Sänger Alea läuft mir während dem Tag dann noch zwei, drei Mal über den Weg. Das rechne ich ihm dann wieder hoch an, dass er sich unter das gemeine Volk mischt. Es hat grad nie gepasst, aber beim nächsten Mal sprech ihn an, warum nur …

Die Fotos Saltatio Mortis (Friedemann)

Aber jetzt zu etwas sehr Erfreulichem …

Loveinside – der Festival-Single-Treff

pam: Beim letztjährigen Rock The Lakes hab ich mit Raphi drüber gesprochen, warum er als Single nicht Singles am einem Festival kennenlernt. Er spricht ja jeweils mit vielen Metalheads. Er meinte dann, man wisse halt jeweils nicht, wer alles Single sei…

Aha, da war die Idee schnurstracks geboren, so lass uns doch die Singles kennzeichnen. Vor rund drei, vier Wochen ist mir das dann wieder in den Sinn gekommen. Gedacht, getan. Wir haben 100 Loveinside-Buttons produzieren lassen und zusammen mit dem Greenfield Festival pro Tag ein Single-Meet kommuniziert. Dazu haben wir den Platz vorne links neben der Jungfrau-Bühne (yep, das ist die grosse) als Treffpunkt definiert. Das Ganze sollte mal ein Testlauf sein und bewusst noch sehr handgestrickt. Wir wollten einfach mal rausfinden, ob es den Bedarf zu einem solchen Single-Kennenlernen-Treffpunkt gibt und wie stark wir unterstützen müssten.

Ja, so eine meiner spontanen Ideen… Aber dank Unterstützung von Raphi (bei der Vorbereitung, Ideenfindung und Texte) sowie Annie und Dilja vor Ort wurde dieser Leben eingehaucht. Herzlichen Dank euch Superdrei. Die Buttons gibt es übrigens nur, wenn man an den Treffpunkt kommt … und vorweg, die 100 Buttons waren am zweiten Tag schon alle weg. Wir sind sehr positiv überrascht, wie hoch die Nachfrage ist. Und noch schöner: Schon heute am ersten Meet & Greet scheint es bei einem ersten Pärchen gefunkt zu haben… Sie sollten dann die nächsten drei Tage nicht mehr voneinander lassen können …

Wir lassen die Eindrücke und Feedbacks mal sacken (falls ihr dabei wart oder grundsätzlich Feedback geben möchtet zu dieser Idee, füllt unseren Fragebogen aus – auch wenn ihr nicht mitgemacht habt) und schauen, wie die Geschichte im nächsten Jahr am Greenfield und allenfalls auch an anderen Festivals weitergeht.

Die Fotos Loveinside – Tag 1 (pam)

Fjørt

Lukas: Da ist nun eine Band am Werk, die – nicht wie der Name mit dem durchgestrichenen O vermuten lassen würde – aus Norwegen kommt, sondern aus dem deutschen Aachen. Dargeboten wird auch kein Black Metal, sondern rockiger Post-Hardcore. Musikalisch ist das zwar nicht so richtig meine Baustelle, die deutschen Texte faszinieren aber und animieren zum Zuhören. Wobei mir die Vocals von Gitarrist Chris Hell besser gefallen, als das etwas übertriebene Geschrei von Bassist David Frings.

Publikum hat es nun nochmals etwas mehr vor der Nebenbühne, als bei The High Times zuvor, und die Stimmung ist auch ziemlich gut. Vor dem letzten Song bedankt sich Chris bei den Anwesenden, man merkt ihm die Freude hier zu spielen regelrecht an. Die Anwesenden Zuschauer zahlen es mit ausgiebiger Action vor der Bühne zurück. Besonders das letzte Lied wirkt sehr intensiv. Ich muss mir die Gruppe wohl zu Hause noch einmal in Ruhe anhören, wenn ich mich voll auf die Texte einlassen kann. Aber auch Live definitiv nicht schlecht.

Die Fotos Fjørt (Friedemann)

Babymetal

Annie: Was habe ich mich vorab auf das Konzert von Babymetal gefreut! Sie standen ganz gewiss in den Top 5 meiner persönlichen Hitliste. Doch die Show hinterlässt gemischte Eindrücke: Sie wirkt etwas zu einstudiert und unauthentisch, was der Performance die nötige Leidenschaft nimmt. Diese Oberflächlichkeit ist besonders bedauerlich, da sich offensichtlich viele Festivalbesucher auf die japanischen Mädels gefreut haben. Trotz dieser Schwächen gelingt es Babymetal dennoch, das Publikum zu unterhalten und für Stimmung zu sorgen. Ich bin sehr gespannt, was Luke als eingefleischter Metalhead über Babymetal denkt.

Luke: Im Gegensatz zu Annie hatte ich praktisch gar keine oder zumindest sehr tiefe Erwartungen an Babymetal. Diese werden aber locker untertroffen. Das Positive zuerst: Es stehen sehr viele Leute vor der Bühne. Gut anzukommen scheint die Retortenband hier am Greenfield Festival also. Mich erinnert das aber eher an den Auftritt einer Gruppe, die im ESC-Halbfinale antritt und krachend ausscheidet. Gesanglich werden viele Töne nicht getroffen, bei der Choreographie weiss man nie so recht, ob das ernst gemeint oder Satire ist, und die Musik scheint grösstenteils ab Konserve zu kommen.  Mehr als zweieinhalb Songs halte ich definitiv nicht aus. Aber hey, so reicht es wenigstens noch um etwas zu essen, bevor auf der Nebenbühne wieder richtige Musik läuft…

Die Fotos Babymetal (pam)*

*(pam): Ich konnte schon viele Bands – darunter auch grosse Namen wie AC/DC und Metallica – fotografieren. Doch bei bisher keiner einzigen mussten die Fotos vor der Veröffentlichung vom Management abgesegnet werden. Die Anzahl Fotos wurde auf 6 limitiert und dabei alles aussortiert, welches wirklich spannend gewesen wäre. Drum seht ihr die immer gleichen Fotos von Babymetal – keine Nahaufnahmen, keine natürlichen Bewegungen, keine Fotos der Band … „. Drum halt mehr Fotos vom Publikum – die können sie nicht einschränken.

Bokassa

Luke: Bokassa sind sowas wie der Gegenentwurf zu Babymetal: Ehrliche, handgemachte Musik mit grosser Authentizität, dafür ohne Show-Effekte. Und auch einstudierte Choreos gibt es hier keine. Dafür eindeutig «Meh Dräck», wie Chris von Rohr sagen würde. Ich hatte mit den Norwegern bereits als Metallica-Support 2019 im Letzigrund das Vergnügen, wo ich die Band zwar spannend, aber nicht überragend fand. Beim Full Metal Holiday 2022 boten sie dann allerdings einen der besten Auftritte der ganzen Woche. Und nun sind sie also auf der Eiger Stage hier am Greenfield Festival.

Der Platz vor der Bühne ist leider nicht übermässig gefüllt, als es losgeht. Vom J-Pop-Event auf der Hauptbühne stossen aber nach und nach immer mehr Leute hierher. Unabhängig vom Besucheraufmarsch scheint Frontmann Jorn Kaarstad bestens gelaunt zu sein – und wenn mich nicht alles täuscht, auch ein kleines bisschen angetrunken. Dies beeinträchtigt zwar weder seinen Gesang, noch seine Fähigkeiten an der Gitarre. Aber der sonst schon eher redselige Sympathieträger lässt einen Spruch nach dem anderen vom Stapel.

So erklärt er gleich zu Beginn, dass seine Hawaii-Shorts bedeuten, heute gibt es eine Party. Zudem vergleicht er die Schweiz – ein Steuerparadies für Free-Skier – mit seiner Heimat. Schöne Natur, und alles verdammt teuer. Und auf das Konzert am 6. September im Kiff Aarau weist er auch gleich mehrmals hin. Es wird aber selbstverständlich nicht nur geredet. Musikalisch liefert das Power-Trio ebenfalls ab der ersten Minute richtig geil ab!

Vor allem die Setliste ist wirklich sehr exquisit zusammengestellt. Es wird ein guter Mix aus den bisher erschienenen Alben gespielt und der könnte glatt so als Best Of veröffentlicht werden. Dementsprechend ist auch die Stimmung gut, die Anwesenden haben jede Menge Spass. Es gibt einiges an Bewegung im Publikum, sogar Crowdsurfer sind unterwegs. Sonst eher eine Seltenheit bei der kleinen Bühne. Allerdings lichten sich die Reihen merklich, als vorne Sum 41 anfangen. Jorn bringt dafür sogar Verständnis auf, aber trotzdem wird die eigene Show kein bisschen früher beendet – im Gegenteil. Bokassa überziehen sogar um ein paar Minuten.

Aus meiner Sicht das bisherige Highlight des diesjährigen Greenfield Festival! Ein sehr intensiver Auftritt von sympathischen Akteuren, welche es unglaublich gut schaffen, ihre Punk-Wurzeln mit Stoner Rock, Hardcore und etwas Metal zu mischen. Wirklich schade, ist die mehrfach beworbene Show im Kiff genau am Meh Suff!-Freitag. Ansonsten wäre ich ganz sicher nach Aarau gepilgert.

Die Setliste Bokassa

  1. Freelude
  2. Garden Of Heathen
  3. Retaliation
  4. Mouthbreathers Inc.
  5. Walker Texas Danger
  6. Molotov Rocktail
  7. All Out Of Dreams
  8. Everyone Fails In The End
  9. Last Night (Was A Real Massacre)
  10. Crush (All Heretics)
  11. Let’s Storm The Capitol
  12. Bradford Death Squadron
  13. The Ending Starts Today
  14. Vultures
  15. Immortal Space Pirate
  16. So Long, Idiots!

Die Fotos Bokassa (Friedemann)

Sum41

Annie: Sum 41 reissen die Bühne regelrecht ab. Sänger Deryck Whibley bringt mit seiner energetischen Art die Fans zum Toben. Bei Klassikern wie «In Too Deep», «Pieces» und «Fat Lip» sind Moshpits vorprogrammiert. Die Performance macht richtig Spass, egal ob man direkt vor der Bühne steht oder weiter hinten. Der zeitlose (Pop-) Punkrock der Band hat auch nach all den Jahren nichts von seiner Kraft verloren. ICH LIEBE ES!
Mal sehen, ob in Luke ebenfalls ein echter Punkrocker steckt!

Luke: Die Kanadier füllen den Platz vor der Bühne so richtig, es hat wohl sogar noch ein bisschen mehr Leute hier als bei Babymetal. Ich war für Sum 41 irgendwie immer etwas zu alt. In meinen Teenie-Fun-Punk-Jahren hätte ich sie wohl gefeiert, dafür waren sie aber ein kleines bisschen zu spät dran. Auch heute ist mir das alles ein wenig zu poppig, mehr Avril Lavigne als Iggy Pop. Aber sie machen ihre Sache definitiv gut und bringen auch das Publikum auf ihre Seite. Nur das angespielte «We Will Rock You» müsste wirklich nicht sein… Annie, was läuft auf der Nebenbühne?

Die Fotos Sum41 (Friedemann)

Escape The Fate

Annie: Escape the Fate rund um Sänger Craig Mabbitt überzeugen mit intensiver Energie, die von der Bühne direkt ins Publikum überschwappt. Ihr kraftvoller Mix aus Post-Hardcore, Metalcore und Hardrock bietet die perfekte Einstimmung auf einen darauf folgenden, grossartigen Abend. Die Performance ist mitreissend und tut so unglaublich gut. Doch ein kleiner Wermutstropfen bleibt: «Situations» wird nicht gespielt und die 16-jährige Emo-Annie in mir wird für immer traurig und enttäuscht sein.

Die Fotos Escape The Fate (Friedemann)

Machine Head

Luke: Da es schon bei Sum 41 so voll war, bleiben wir gleich vor der grossen Bühne und verzichten auf Escape The Fate. So bekommen wir auch mit, dass die «Fötzeli-Kanonen» bereits 30 Minuten vor Showbeginn zum ersten Mal abgehen. Da hat wohl irgendwer einen falschen Knopf gedrückt… Als es dann endlich losgeht mit Machine Head stellt sich heraus, dass ein frühes Sichern eines Platzes vorne gar nicht nötig gewesen wäre. Es ist nun doch um einiges leerer als bei den beiden Bands zuvor.

Ich habe die Truppe um Rob Flynn in den 90er-Jahren gefeiert, danach aber etwas aus den Augen verloren. Mit dem bockstarken «Of Kingdom And Crown» von 2022 sind sie aber wieder in meinen Fokus gerückt, und so freue ich mich richtig auf die heutige Show. Rob scheint auch gut gelaunt zu sein und bringt ein paar Sprüche, wie zum Beispiel als er alle Girls die bereits auf Bring Me The Horizon warten zum Schreien auffordert. Überdies werden von Crew-Mitgliedern zu «Ten Ton Hammer» auch grosse Aufblas-Hämmer mit dem Bandlogo im Publikum verteilt. Und zu «The Blood, The Sweat, The Tears» wird klargemacht, dass mit dem vorgezogenen «Fötzeli-Regen» noch nicht das ganze Pulver verschossen wurde. Aber trotzdem will nicht so richtig Stimmung aufkommen.

Klar, in der Mitte tobt ein Circle Pit. Aber sonst stehen viele etwas teilnahmslos herum. Irgendwie scheint das Greenfield-Publikum nur bedingt an Machine Head interessiert zu sein. An der Band selbst liegt das aber nicht, diese legt einen guten Auftritt hin. Bei «No Gods, No Masters» von der aktuellen Scheibe klingt der Klargesang zwar deutlich schlechter als ab Konserve, da wurde wohl im Studio mit gewissen Tricks gearbeitet. Aber so merkt man wenigstens, dass wirklich alles live ist. Und die grossen Hits «Is There Anybody Out There?» und «Davidian» hat Rob definitiv immer noch drauf.

Beim letzten Song wird schliesslich ein grosses Schluss-Bouquet an Feuerwerk gezündet und dann wars das auch schon. Die geplante Spielzeit wird zu meiner Enttäuschung nicht ganz ausgenutzt. Da hätte ich gerne noch einen Song mehr gehört. Ansonsten aber von Seiten der Band ein guter Auftritt. Nur das Publikum hätte für meinen Geschmack etwas enthusiastischer sein dürfen.

Die Fotos Machine Head (Friedemann/pam)

Karnivool

Luke: Wenn Karnivool schon den weiten Weg aus Perth auf sich genommen haben, kann ich auch den kurzen Weg zur kleinen Bühne machen. Schliesslich sind die Australier die letzte Band heute auf der Eiger Stage. Der Platz vor dieser ist ordentlich gefüllt, wie es sich für einen Tagesabschluss gehört. Zu hören ist ein ziemlich abgefahrener Mix aus Alternative Rock und Metal mit sehr vielen progressiven Elementen.

Mir gefällt der Gesang von Ian Kenny eigentlich gut, aber teilweise werden extrem viele Effekte über seine Stimme gelegt. Dies ist auf Dauer etwas anstrengend, genauso wie die abgefahrenen Songstrukturen. Das Fundament aus Bass, Drums und sehr tief gestimmter Rhythmusgitarre gefällt mir aber. Da teilweise so viel passiert in den Liedern aber wohl eher etwas, um es auf dem Kopfhörer und mit voller Konzentration zu konsumieren. Trotzdem auch live ein guter Auftritt, bei dem es trotz wenigen Ansagen oder Show-Elementen nie wirklich langweilig wird.

Die Fotos Karnivool (Friedemann)

Bring Me The Horizon

Annie: Bring Me The Horizon ist die erste Band, die ich im Deathcore-Genre entdeckt habe (ja, damals definitiv Deathcore, auch wenn das heute schwer zu glauben ist). Über die Jahre hat sich ihr Stil stark gewandelt, weshalb ich die Band aus den Augen verloren habe. Doch ihr Auftritt beim Greenfield Festival 2024 beweist, dass es nicht entscheidend ist, sich einem bestimmten Genre zwanghaft zu verschreiben. Ihre experimentelle Herangehensweise kommt gut an und macht einfach Spass. Die Band rockt absolut mit einer fetten Licht-Show und einem einwandfreien Sound. Zum krönenden Abschluss gibt es eine besonders sympathische Überraschung: Sänger Oli Sykes performt «Drown» ganz nah am Publikum und nimmt sich Zeit für Selfies mit den Fans. Anders als beim Escape the Fate-Konzert ist Emo-Annie hier mehr als glücklich! Währenddessen frage ich mich, ob in Luke vielleicht ebenfalls ein ehemaliges Emo-Kid steckt und ob er diesen Moment genauso geniesst wie ich. 😉

Luke: Für den Tages-Headliner wechseln wir wieder auf den Tower. Ich war ehrlich gesagt im Gegensatz zu Annie nie ein grosser BMTH-Fan und – Spoiler – werde es auch heute nicht. Aber der Bühnenaufbau ist schon verdammt beeindruckend! Der Zuschauerbereich ist wieder um einiges besser gefüllt als bei Machine Head zuvor, wenngleich Chef pam meint, dass es nicht ganz so voll wie bei Sum 41 ist. Für mich ehrlich gesagt schwierig zu beurteilen, da ich bei den Kanadiern unten war und bei den Engländern jetzt oben auf dem Balkon stehe. Hier lässt sich auch der riesige Circle Pit in der Mitte gut beobachten.

Musikalisch packt mich das aber definitiv nicht. Ja, es gibt Parts, die mir gefallen, aber ebenso immer mal wieder (in meinen Ohren) ganz schlimme Stellen. Ich habe keine Ahnung, ob man die Band immer noch unter Metalcore führt. Für mich klingt das teilweise sehr poppig. Die Show selbst ist aber durchaus sehenswert, und dem Publikum scheint es definitiv zu gefallen. Von dem her ist alles richtig gemacht worden bei der Headliner-Planung.

Die Fotos Bring Me The Horizon (pam)

Greenfield Festival 2024 – Tag 2 (Freitag, 14. Juni)

The Baboon Show

Luke: Nach einem reichhaltigen Frühstück im Hotel geht es pünktlich zurück auf den Flugplatz. Schliesslich eröffnen den heutigen Tag The Baboon Show, welche für energiegeladene Auftritte bekannt sind. Sängerin Cecilia Boström zieht gleich einmal alle Blicke auf sich mit ihrem Outfit, bestehend aus einem roten, durchsichtigen Oberteil und mit schwarzem Klebeband abgeklebten Brustwarzen.

Obwohl der Platz vor der Bühne bei Beginn noch eher mässig gefüllt ist, kommt schnell Stimmung auf. Es sind bereits erste Moshpits zu beobachten. Cecilia trägt natürlich ihren Teil dazu bei, die Frau steht gefühlt keine Sekunde still, nutzt die ganze Breite der Stage und ist zudem öfters einmal unten am Gitter beim Publikum anzutreffen. In der Mitte des Sets verlässt sie dann den Ort des Geschehens kurz, was die restlichen Bandmitglieder gleich für eine Vorstellungsrunde nutzen. Als die Fronterin nach ein paar Minuten zurückkehrt, hat sie sich tatsächlich umgezogen: Andere Shorts und ein ZZ-Top-Shirt sind das neue Outfit. Auch nicht schlecht, habe noch selten 45-minütige Auftritte mit Umziehpause erlebt…

Musikalisch bietet die Band aus Schweden eine Mischung aus Punk- und Rotz-Rock. Das Grundgerüst ist definitiv Punk, aber halt eher Ramones als The Exploited. Dazu eine grosse Portion Garagen-Rock aus dem Heimatland im Stile der Hellacopters. Keine schlechte Mischung, nur finde ich persönlich das Songmaterial eher etwas langweilig. Kein Wunder, ist beim kurz angespielten «Run To The Hills»-Cover die Mitsing-Quote mit Abstand am höchsten. Aber trotzdem kann die Gruppe mit ihrer Musik sowohl AC/DC-Fans, als auch Punker zumindest zum Mitwippen animieren. Kein schlechter Auftritt, auch wenn mich die Lieder nicht durchs Band überzeugen.

Die Fotos The Baboon Show (Friedemann)

All To Get Her

Luke: Die Nebenbühne wird heute von All To Get Her aus dem St. Gallischen Uznach eröffnet. Und diese dürfen sich bereits über einige Zuschauer vor der Bühne freuen. Ist wohl sogar nochmals etwas voller als gestern bei The High Times. Sehr erfreulich, dass viele Greenfield Festival-Gänger auch den jungen Schweizer Bands eine Chance geben. Und jung erscheint die Gruppe definitiv, obwohl bereits 2011 gegründet wirken All To Get Her etwas wie eine Schülerband – und das meine ich durchaus positiv. Die Energie stimmt und auch die Ansagen wirken sehr sympathisch. Man glaubt den Jungs, dass sie die letzten Jahre als Besucher hier waren und nun ein Traum für sie in Erfüllung geht.

Ich weiss aufgrund dieser Energie und Freude der Band, was Chef pam gemeint hat, als er von All To Get Her und ihrem Auftritt am Greenfield-Band-Contest geschwärmt hat. Musikalisch haut mich das aber leider nicht wirklich um. Der moderne Pop-Punk ist teilweise mit sehr vielen Backtracks unterlegt, welche das Ganze etwas unnatürlich wirken lassen. Als bei einem Song noch ein (mir unbekannter) Gastsänger auf die Bühne geholt wird, klingt das schon fast ein bisschen nach Metalcore. Eine Wall of Death im Publikum ist die direkte Folge. Generell ist die Stimmung wirklich gut und auch der Auftritt macht soweit Laune. Einen Tonträger der Band würde ich mir aber wohl dennoch nicht zulegen.

Die Setliste All To Get Her

  1. Get Away (From Me)
  2. Plastic
  3. Golden
  4. Mess
  5. Misery
  6. Disaster

Die Fotos All To Get Her (Friedemann)

Palaye Royale

Luke: Nun folgt auf der Hauptbühne eine Gruppe, die mir vor dem Festival überhaupt nicht bekannt war. Beim kurzen Reinhören habe ich die Band aber als durchaus interessant eingestuft. Umso gespannter bin ich, was Palaye Royale live abliefern. Die Truppe aus Las Vegas kann sich jedenfalls schon einmal mehr Zuschauer vor der Bühne notieren lassen als The Baboon Show direkt zuvor – und dies trotz leichtem Regen.

Die Outfits der Musiker passen zum Heimatort und würde auch an einer Casino-Show in der Wüstenstadt nicht negativ auffallen. Sänger Remington Leith trägt Hemd und Krawatte, noch mehr trumpft er aber mit seiner fantastischen Stimme auf. Und musikalisch gefallen mir Palaye Royale ebenfalls sehr gut. Geboten wird eine sehr eigenwillige Mischung aus modern interpretiertem 60er- und 70er-Jahre Rock mit einer guten Portion Glam. Teilweise erinnert das ein kleines bisschen an Måneskin, gerade auch stimmlich. Und dies meine ich definitiv als Kompliment, schliesslich sind die Italiener meiner Ansicht nach einer der spannendsten neuen Rock-Acts der letzten Jahre.

Auch das Publikum macht gut mit. Bereits früh gibt es den bisher grössten Circle Pit des Tages zu beobachten, später folgt zudem noch eine riesige Wall of Death. Und Remington steht genausowenig still. Er nutzt nicht nur die ganze Breite der Bühne, sondern wagt darüber hinaus einen Ausflug mit dem Gummiboot über den Zuschauern. Und beim letzten Song – eingeleitet von «People Are Strange»-Intro (The Doors) – wird kurzerhand der Aufbau bei den Boxentürmen für einen Kletterausflug in luftige Höhen genutzt.

Was für eine positive Überraschung. Für meinen Geschmack haben die Amis einen super Auftritt abgeliefert. Obwohl mich nicht alle Songs gleich stark umgehauen haben, unter dem Strich sowohl musikalisch als auch showtechnisch absolute Top-Liga. Vor allem gesanglich ein wahres Highlight! Ich werde da mal dringend noch etwas intensiver reinhören müssen nach dem Festival.

Die Fotos Palaye Royale (pam/Friedemann)

Future Palace

Luke: Auf der Eiger Stage ist nun die Berliner Band Future Palace um Sängerin Maria Lessing an der Reihe. Die Gruppe wirkt live irgendwie poppiger als die wenigen Songs, in die ich vor dem Festival reingehört habe. Die Vocals sind aber wie schon ab Konserve gar nicht mein Ding. Da es zudem immer noch etwas regnet, wechseln wir nach zwei Liedern wieder in die trockene Lounge vor der Hauptbühne.

Die Fotos Future Palace (Friedemann)

Guano Apes

Luke: Als nächstes folgt ein Ausflug direkt zurück in meine Jugend. Was sind wir damals in der Kellerdisco Bachtla zu «Lords Of The Boards» abgegangen, als ich mit Kollegen die Bettmeralp im Rahmen unserer Skiferien unsicher gemacht habe. Das dazugehörige Album «Proud Like A God» von 1997 war eine der Scheiben, die auch auf keiner Klassenparty fehlen durften. Neben dem eingangs erwähnten Apres Ski Hit vor allem noch wegen «Open Your Eyes». Immer wenn dieser Track aus der Anlage kam, war fertig mit Slow tanzen, dann wurde richtig gepogt! Die letzten Jahre habe ich die Guano Apes aber definitiv nicht mehr im Fokus gehabt.

Der Platz vor der Bühne ist nun nochmals ein gutes Stück voller als zuvor, obwohl es immer noch ein kleines bisschen regnet. Die Band wirkt rein optisch schon ziemlich gealtert, bis auf Sandra Nasic. Zumindest aus der Distanz sieht die Frontfrau mit ihrem Cap und der Bomberjacke noch genauso aus wie in meiner Erinnerung. Der grosse Hit «Open Your Eyes» wird bereits als dritter oder vierter Track gespielt und sorgt erstmals für richtig gute Stimmung.

Nur: Danach flacht sie gleich wieder ab. Bei den Guano Apes war aus meiner Sicht schon immer das Problem, dass nicht alle Songs mit den bekannten Liedern mithalten können. Auch von «Proud Like A God» kann ich mich ehrlicherweise nicht mehr an mehr erinnern als die beiden Singles. Und das obwohl ich die Scheibe doch ein paar Mal gehört habe.

Sandra hält sich mit Ansagen eher zurück und wirkt, wenn sie einmal etwas sagt, manchmal fast etwas wirr. Die Grindelwald-Ansage mit Harry Potter-Bezug sorgt jedenfalls eher für Fragezeichen in den Gesichtern als für Applaus. Mangels genug eigener Hits wird ein eher mittelmässiges Eminem-Cover («Lose Yourself») gespielt, welches aber gut ankommt. Als Abschluss folgt dann noch «Big In Japan» (ebenfalls ein Cover, immerhin selbst auch als Single ausgekoppelt) und natürlich «Lords Of The Boards». Und da ist die Stimmung nochmals richtig gut.

Somit werden hier vier Songs (zwei davon Covers) ziemlich abgefeiert. Und beim Rest des Sets ist die Stimmung ähnlich wie die Lieder selbst: Etwas durchschnittlich. Definitiv kein richtig schlechter Auftritt, aber irgendwie wirken die Guano Apes dennoch ein bisschen, wie aus der Zeit gefallen. Trotzdem ein grosses Dankeschön für die Erinnerungen, welche die Band zumindest bei mir immer noch weckt. Annie, was steht bei dir so an?

Annie: Auch ich habe mir einen Teil des Auftritts der Guano Apes angesehen. Die Band hat zwar einige Hits wie «Open Your Eyes» und «Lords of the Boards», die auf Partys immer wieder gut ankommen. Doch live konnte mich die Band nicht überzeugen. Trotz einer soliden Performance fehlte es dem Auftritt an Energie, wodurch die Show insgesamt eher langweilig wirkte.

Die Fotos Guano Apes (pam)

Imminence

Annie: Imminence aus Schweden ist eine Band, die seit über einem Jahrzehnt brutale, melodische Härte mit ruhigen Momenten in ihrer Musik kontrastiert. Wer diese Band kennt, weiss, dass sie nichts halbherzig macht. Für mich liefert Imminence eine der beeindruckendsten Shows des gesamten Festivals.

Das Publikum wird von den hoffnungsvollen, tragischen und intensiven Liedern der Band gefesselt. Bereits das lange melodische Intro, bevor der erste Ton gesungen wird, zieht die Zuhörerschaft in den Bann und diese Begeisterung hält bis zum Ende der Show. Eddie Berg singt mit intensiver Kraft und präzisen Bewegungen und spielt seine Violine mit solcher Hingabe, dass die Fans tiefe Emotionen spüren. Es ist ein unvergesslicher Anblick, wie filigran er die Geige streicht und gleichzeitig in sie schreit, als würde er die Töne aus tiefstem Schmerz herausbrechen lassen. Erfrischend ist auch, dass Imminence auf eine Zugabe verzichten und den Abend mit «The Black» abschliessen. Die dunklen Orchesterklänge und die gutturalen Schreie sind absolut eindringlich und sorgen für Hühnerhaut.

Imminence sprechen zwischen den Songs kaum und legen den Fokus ganz auf die Musik. Sobald die orchestralen Backtracks enden, verlassen sie einfach die Bühne. Das wars. Schade Luke, da hast du echt was verpasst!

Die Fotos Imminence (Friedemann)

Feine Sahne Fischfilet

Luke: Nach den Guano Apes wechseln wir gemütlich zum Loveinside-Treffpunkt vor der Hauptbühne links, wo pam wieder fleissig am Knipsen ist (pam: Also nicht nur am Knipsen, sondern vor allem am Verkuppeln ;-)). Ich hingegen bereite mich schon einmal mental auf mein Highlight des Tages vor. Feine Sahne Fischfilet habe ich 2014 hier auf der Nebenbühne kennengelernt. Seither sind sie zu einer meiner liebsten deutschen Punkbands geworden und haben mich live definitiv noch nie enttäuscht.

Bevor es losgeht, wird eine Playlist mit bekannten Punk-Klassikern gespielt, und schliesslich betreten FSF mit «Diese eine Liebe» vom neuen Album die Bühne. Gleich steigt zum ersten Mal Rauch auf im Publikum. Der Platz vor der Jungfrau Stage ist nun richtig gut gefüllt und gefühlt ab dem ersten Ton sind die ersten Crowdsurfer unterwegs. Zudem tobt in der Mitte ein riesiger Pit. Bei «Alles auf Rausch» gibt es dann nochmals etwas mehr Rauch, eine erste Fackel, und Frontmann Monchi begibt sich zum ersten Mal unten ans Gitter.

Heute werden (bereits geöffnete) Rugenbräu-Dosen verteilt, welche die Petflaschen mit Billigbier eines deutschen Discounters der letzten Greenfield-Show von 2019 ersetzen. Nach einigen Klassikern folgt mit «Tut mir leid» das Lied des neuen Gitarristen Hauke Segert, welcher 2022 eingestiegen ist. Hat mir der Song auf dem neuen Album zuerst gar nicht gefallen, kommt er heute genauso gut an wie schon beim Auftritt in der Halle 622 im Dezember 2023 und sorgt für einen neuen Crowdsurfer-Höchststand.

Nun folgt eine Ansage von Monchi gegen AFD und SVP. Ich hoffe mal, das führt nicht wieder zu dämlichen Berichten in der bekanntesten Schweizer Gratiszeitung, wie zuletzt nach dem Open Air St. Gallen 2023. Bei «Geschichten aus Jarmen» steigt blauer und weisser Rauch auf und es folgt der fast schon obligatorische Ausflug von Trompeter Max Bobzin auf der aufblasbaren Banane ins Publikum. Auf dem Rückweg schwingt sich ein Festivalbesucher mit auf das Teil und schafft es so bis auf die Bühne, wo er von Monchi zu «Schnaps auf seinen Nacken» eingeladen wird.

Später holt der charismatische Sänger auch noch einen weiblichen Fan auf die Bühne. Sie ist extra aus Brasilien angereist, um die Gruppe live erleben zu können und darf nun Bier an die Menge verteilen. Man merkt der Band die mittlerweile gesammelte Live-Erfahrung deutlich an. Ob sich das ganze Publikum hinsetzt, um dann aufzuspringen oder Mitsing-Spielchen bei «Wenns morgen vorbei ist» initiiert werden: Feine Sahne Fischfilet haben die Zuschauer definitiv fest in ihrer Hand.

Beim letzten Track «Komplett im Arsch» sind nochmals mehrere Bengalos im Einsatz, dazu gibt es eine gigantische Wall of Death mit Monchi in der Mitte. Er verliert dabei seinen Schuh, welcher dann aber seinen Weg zurück auf die Bühne findet. Danach ist leider schon fertig lustig. Schade, die Stunde wäre noch nicht ganz rum gewesen…

Erneut ein sehr guter Auftritt von Feine Sahne Fischfilet, obwohl mir einige Tracks wie zum Beispiel «Zuhause» auf der Setliste gefehlt haben. Dass diese knapp zur Hälfte aus neuen Songs besteht, ist zwar nicht weiter verwerflich und vor allem auch nicht unüblich, ich hätte aber gerne noch ein paar ältere Lieder mehr gehört. Dies ist aber Jammern auf hohem Niveau, alles in allem lassen Monchi und seine Mitstreiter fast keine Wünsche offen.

Die Setliste Feine Sahne Fischfilet

  1. Diese eine Liebe
  2. Alles auf Rausch
  3. Zurück in unserer Stadt
  4. Kiddies im Block
  5. Niemand wie ihr
  6. Tut mir leid
  7. Geschichten aus Jarmen
  8. Komm mit aufs Boot
  9. Wo niemals Ebbe ist
  10. Angst zu erfrieren
  11. Wir haben immer noch uns
  12. Wenns morgen vorbei ist
  13. Komplett im Arsch

Die Fotos Feine Sahne Fischfilet (Friedemann)

Against The Current

Annie: Gleich zu Beginn ihres Auftritts bringen Against The Current ihre Verbundenheit zur Schweiz zum Ausdruck. Against The Current navigieren mühelos durch ihre Setlist und präsentieren eine Mischung aus Fan-Favoriten, Songs von ihren ersten EPs sowie natürlich «Legends Never Die», der in Zusammenarbeit mit den League of Legends Championships entstanden ist.

Der Abend ist eine Feier der musikalischen Weiterentwicklung und Against The Current lassen keinen Zweifel daran, dass sie nicht nur ein YouTube-Phänomen der Vergangenheit sind, sondern eine Kraft, mit der man in der gegenwärtigen und zukünftigen Musikszene rechnen muss. Ich bin trotzdem skeptisch, ob Luke sie genauso feiert wie ich…

Luke: Ganz kurz schauen auch wir bei Against The Current rein. Es hat sehr viele Leute vor der Bühne, von denen mindestens die Hälfte am Dauer-Filmen mit dem Handy ist. Musikalisch ist das nicht einmal schlecht, aber erneut sorgen sehr übertriebene Backtracks für ein sehr künstliches Mini-Playback-Show Gefühl. Schade.

Die Fotos Against The Current (pam/Friedemann)

Eluveitie

Luke: Nun ist bei uns erstmal eine Pause angesagt. Schliesslich sind wir seit der ersten Band auf den Beinen, und Eluveitie sind nun auch nicht gerade meine Favoriten. Aber ich vermute schwer, hier kann Chef pam aushelfen, oder?

pam: Die grösste Schweizer Metalband spielt und niemand da? Also Friedemann und ich sind im Graben und lassen uns von Fabienne bezaubern, von Chrigel in die Zeit der Helvetier versetzen und von den bombastischen Klängen ihrer Mitmusiker antreiben. Auf in die Schlacht.

Eigentlich gibt es nicht viel Neues zu berichten an der Elu-Front. Ausser das Chrigel scheinbar nochmal ein paar Kilos mehr abgeworfen hat. Mehr sollten es nicht mehr werden, sonst siehts langsam aber sicher etwas ungesund aus. Er wirkt dadurch auch älter. Aber ich denke, er fühlt sich in seinem Körper so wohler und das ist, was schlussendlich zählt.

An der Geige ist ein eher neues Gesicht namens Lea-Sophie Fischer. Annie, die vor ein, zwei Jahren das Hurdy-Gurdy übernahm, ist ebenfalls schon wieder weg. Leider sind die vielen Besetzungswechsel bei der Schweizer Speerspitze des Metals auch eine Konstante. Wobei, der Kern nebst Chrigel mit Kay, Raffi, Matteo, Jonas, Alain und Fabienne jetzt doch schon mehr als mindestens sieben Jahre fix ist. Manchmal vergisst man, wie schnell die Zeit vergeht und wie ich schon in früheren Berichten zu Eluveitie geschrieben habe, ist es halt schon nicht des Schweizers Sache, jahrelang für einen bescheidenen Lohn fast dauernd auf Tour zu sein. Grad, wenn sichs für jeden und jede in der Schweiz auch mit einem einfachen Job gut leben lässt.

Und wenn ich schreibe “nicht viel Neues zu berichten”, ist das per se ein gutes Zeichen. Denn die Mehrheit kriegt so, was sie sich wünscht: Eine fette Ladung Folk Death Metal made in Switzerland. Ich inklusive.

Die Fotos Eluveitie (pam/Friedemann)

Silverstein

Annie: Im Laufe der Jahre habe ich ehrlich  gesagt aufgehört zu zählen, wie oft ich Silverstein live erlebt habe – diese Band ist einfach grossartig! Egal aus welchem Grund – sei es aus purer Nostalgie oder einfach aus Liebe zur Musik – die kanadische Emo-Band bringt immer wieder Hits heraus und hat sich damit fest in die Herzen ihrer Fans gespielt.

Ihre Setlist auf dem Greenfield Festival 2024 spiegelt genau das wider, was ich gerade beschrieben habe. Selbst für langjährige Fans ist die Auswahl überraschend vielfältig und reicht von ihren frühen Werken bis hin zu ihrem neuesten Album «Misery Made Me». Natürlich dürfen Klassiker wie «My Heroine», «Smile In Your Sleep» und «Your Sword Versus My Dagger» nicht fehlen, aber auch viel neueres Material ist in das Set eingebunden. Besonders beeindruckend ist ihre Cover-Version von Linkin Parks «One Step Closer». Die Band zeigt ihre langjährige Bühnenerfahrung durch eine charismatische und souveräne Performance. Sie bietet Live-Musik auf höchstem Niveau und verbreitet dabei stets ihren charakteristischen kanadischen Charme.

Silverstein sind und bleiben ein fester Bestandteil der alternativen Musikszene und ich freue mich schon darauf zu sehen, was sie als nächstes auf die Bühne bringen werden.

Die Setliste Silverstein

  1. Bankrupt
  2. Infinite
  3. Smashed Into Pieces
  4. Vices
  5. Ultraviolet
  6. Retrograde
  7. It’s Over
  8. The Ides of March
  9. Stand Amid the Roar
  10. Massachusetts
  11. Your Sword Versus My Dagger
  12. The Artist
  13. Already Dead
  14. In Silent Seas We Drown
  15. My Heroine
  16. The Afterglow
  17. One Step Closer (Linkin Park cover)
  18. The Altar/Mary
  19. Bad Habits
  20. Smile in Your Sleep

Die Fotos Silverstein (Friedemann)

Dropkick Murphys

Annie: Die Bühne pulsiert vor irischer Fröhlichkeit und Leichtigkeit, die direkt auf das euphorische Publikum überspringen. Vor der Stage ist kein Platz mehr frei, die Becher werden in die Höhe gestreckt und die Stimmung erreicht ihren Höhepunkt.

Die vielseitige Setlist präsentiert eine grossartige Auswahl an Songs aus der Diskografie der folkigen Punkrocker. Neben Tracks aus dem aktuellen Studioalbum werden Live-Klassiker wie «The Boys Are Back», «You’ll Never Walk Alone» oder «I’m Shipping Up To Boston» enthusiastisch gefeiert. Egal welcher Song gespielt wird, die Stimmung im Publikum ist überragend. Es gibt non-stop Begeisterungsrufe und genau das macht ein Dropkick Murphys-Konzert aus: Eine Atmosphäre voller Enthusiasmus und Energie.

Luke: Die Dropkick Murphys sind seit längerem ein Garant für packende Live-Shows. Und dies beweisen die Amis irischer Abstammung auch hier und heute. Schade nur, dass der zweite Sänger Al Barr Live leider immer noch fehlt, weil er sich um seine kranke Mutter kümmern muss. Seine Energie und das Zusammenspiel zwischen ihm und Ken Casey fehlen zumindest mir ein bisschen. Aber abgesehen davon macht die Gruppe aus Massachusetts alles richtig.

Vom Opener «The Boys Are Back» bis zum letzten Song «I’m Shipping Up To Boston» ist die Stimmung beim zahlreich anwesenden Publikum sehr gut. Dazwischen gibt es diverse eigene Klassiker wie «Rose Tattoo» oder «Kiss Me, I’m Shitfaced» (welches Ken seiner Mutter widmet), aber auch Covers wie «The Irish Rover» oder «You’ll Never Walk Alone» zu hören. Sehr stimmige Show von einer der wenigen Bands, denen ich Instrumente wie eine Flöte verzeihen kann…

Die Fotos Dropkick Murphys (Friedemann)

Kvelertak

Luke: Der Tages-Headliner auf der Eiger Stage bringt quasi eine Abriss-Garantie mit. Spätestens seit Ivar Nikolaisen am Mikrofon steht bei den Norwegern, sind die Live-Shows des Sextetts immer eine sehr energetische Angelegenheit. Und davon wollen sich auch einige Leute vor der kleinen Bühne überzeugen, obwohl es auf der linken Seite etwas mehr Platz gibt als bei anderen Bands heute.

Ivar bestätigt seinen Ruf als Rampensau gleich ziemlich früh, bereits beim dritten Song wagt er einen ersten Stagedive vom Bühnengitter. Und auch sonst kann der Gute praktisch nicht stillstehen, ausser bei den Ansagen. In diesen lässt er uns wissen, dass die Schweiz und Norwegen eigentlich ziemlich ähnlich sind: Berge, alles viel zu teuer und «everybody is wasted». Ja, ein paar Besoffene hat es zu der fortgeschrittenen Uhrzeit definitiv vor der Bühne. So stolpern einige Anwesende mehr durch die durchgängig aktiven Pits, als richtig mitzumachen…

Trotzdem wird der Sänger bei seinem zweiten Sprung zum Glück ebenfalls gut aufgefangen – obwohl er diesmal mitten im Song und direkt von der Bühne springt. Respekt, ich bin mir nicht sicher, ob ich es überhaupt über den Bühnengraben schaffen würde. Neben dem hyperaktiven Fronter wirkt der Rest der Band optisch fast etwas statisch. Das macht aber gar nichts, die drei Gitarren tönen heute richtig fett, und die Rhythmus-Fraktion kommt ebenso gut zur Geltung. Nur das Mikrofon ist etwas zu leise eingestellt, aber das gehört bei Kvelertak irgendwie fast dazu. Und von den grösstenteils norwegischen Texten hätte ich auch wenn sie lauter gewesen wären sowieso nicht viel verstanden.

Ich mag Kvelertak je länger je mehr. Richtig guter, schmutziger Rock mit Spuren von Hardcore, Punk und (besonders bei den Gitarren) Metal. Der Sängerwechsel 2018 war zudem das Beste, was dieser Truppe passieren konnte. Auch wenn Ivar dem sichtlich erschrockenen Drummer vor dem letzten Song versehentlich beinahe eine leere Bierdose ins Gesicht pfeffert, der Typ ist showtechnisch unersetzbar. Keine Ahnung, wieso bisher kein Tonträger der Gruppe den Weg in meine Sammlung gefunden hat, langsam aber sicher ist es höchste Zeit dafür. Sackstarker Auftritt!

Die Setliste Kvelertak

  1. Kroterveg Te Helvete
  2. Blodtorst
  3. Crack Of Doom
  4. Kvelertak
  5. Motsols
  6. Evig Vandrar
  7. Fossegrim
  8. Likvoke
  9. Endling
  10. Bruane Brenn
  11. Mjod
  12. Bratebrann

The Prodigy

Annie: The Prodigy sind unbestritten Superstars der britischen Clubkultur. Mit ihrer einzigartigen Mischung aus Techno, Rave, Big Beat und Punk haben sie über drei Jahrzehnte hinweg Millionen von Fans begeistert. Doch der tragische Tod ihres Frontmanns Keith Flint zwang die Band zu einer Pause. Zwei Jahre später kündigten sie ihre Rückkehr an. Als die düstere Bühnenbeleuchtung und Stroboskoplichter aufleuchten, betreten The Prodigy die Bühne und eröffnen mit «Breathe», was die Menge quasi in Ekstase versetzt. Alle Sorgen, dass die Band nach Flints Verlust nur noch ein Schatten ihrer selbst sein könnte, sind sofort verflogen.
Obwohl das Greenfield Festival ein Rockfestival ist, reagieren alle, selbst Metalheads und Punks, begeistert auf die Performance von The Prodigy. Dies zeigt deutlich, dass trotz unserer unterschiedlichen musikalischen Vorlieben mehr ist, was uns vereint, als was uns trennt (pam: Da wäre ich mir nicht so sicher… mich trennt es und zwar wohl für immer vom Greenfield Festival… siehe weiter unten).

Luke: Ich gestehe, ich mochte The Prodigy immer. Von keinem anderen Elektro-Act besitze ich mehr Alben. Besonders die 1997er Scheibe «The Fat Of The Land», bei welcher der Gitarrenanteil erstmals erheblich gesteigert wurde, hat mich geprägt. Für mich stand aber Keith Flint exemplarisch für die punkige Attitüde und war das Gesicht der Gruppe. Klar, die Musik hat immer Liam Howlett gemacht und als Sänger/MC ist Maxim Reality für die Band genauso wichtig. Trotzdem ist es ein komisches Gefühl, The Prodigy zum ersten Mal ohne den charismatischen Frontmann zu sehen, nachdem ich schon mehr als fünf Auftritte mit Keith erleben durfte.

Viel davon merkt man aber ehrlich gesagt oben auf dem Balkon nicht, zumindest rein optisch. Erstens hat es nun auch hier sehr viele Leute, und zweitens ist die Bühne eigentlich während der kompletten Show ziemlich eingenebelt. So sieht man von hier hinten nur selten etwas von den Protagonisten. Dafür gibt es eine gigantische Lichtshow sowie ein paar Pyro-Effekte.

Hits haben The Prodigy natürlich nach der langen Karriere sowieso genug für eine solche Headliner-Show. Bereits als wir noch von der Eiger- zur Jungfrau-Stage laufen, ertönt schon «Breathe». Bei «No Good (Start The Dance)» geht es sogar auf dem Balkon richtig ab, der ganze Bau erzittert. Und zu «Smack My Bitch Up» gibt es unten einen der grössten Circle Pits des ganzen Festivals. «Take Me To The Hospital» wird vom Publikum mit einer Wall of Death und einer Fackel gefeiert. Und schliesslich wird sogar «Out Of Space» gespielt. Oder zumindest angespielt, denn nach gut einer Minute des Kult-Tracks von 1992 ist plötzlich fertig.

Ich habe zuerst an eine Panne gedacht, aber die Band kehrt effektiv nicht mehr auf die Bühne zurück – obwohl noch fast eine Viertelstunde Spielzeit übrig ist. Sehr schade, ein etwas unrühmliches Ende eines sonst ziemlich guten Auftritts. Klar, Keith fehlt. Aber Maxim hat seine Sache gut gemacht und die Parts seines verstorbenen Partners auch ganz ordentlich übernommen. Besonders «Firestarter» klang besser als ich gedacht hätte. Somit ein würdiger Abschluss des zweiten Tages. Die Diskussion, ob eine Band wie The Prodigy überhaupt ans Greenfield gehört, überlasse ich gerne anderen…

pam: Du sprichst wohl mich an… Aber ich bin, nachdem dieser Elektroschrott angefangen hat, aus dem Infield geflüchtet. Für mich hat sowas an einem Metal-Festival nichts zu suchen. Ich hab mich dazu ja schon beim diesjährigen Summerside Festival-Review ausgekotzt. Und wie ich dort geschrieben habe, werde ich unter anderem wegen solchen Acts wohl nicht mehr ans Greenfield Festival gehen. Wenn an gefühlt jedem zweiten Stand dann auch noch Techno laufen muss, dann bin ich definitiv zu alt, zu puristisch, zu intolerant, zu metal oder was auch immer. Da lob ich mir ein Rock the Lakes, wo ich mir an drei Tagen kein Techno und dergleichen anhören musste. Geschockt bin ich aber offen gesagt auch, dass schliesslich diese Band hier am meisten Text erhält… Da ist in der Erziehung bei Metalinside was schief gelaufen… (Entwarnung aus dem Lektorat: Die Texte zu Kraftklub und Green Day sind doch noch länger geworden.) So fertig ausgekotzt. Ich bin ja eh schon lange weg.

Die Fotos Impressionen und Loveinside Tag 2 (Friedemann/pam)

Greenfield Festival 2024 – Tag 3  (Samstag, 15. Juni)

Luke: Der letzte Greenfield-Tag beginnt bei mir wie schon im letzten Jahr mit der Pressekonferenz. Wie auch in unserem Hotelzimmer zu hören war, hat es scheinbar so ziemlich die ganze Nacht geregnet. Und als wir schliesslich beim Frühstück sind, sieht es noch nass aus draussen. Kaum mache ich mich aber auf den Weg, kann ich meine Regenjacke ausziehen und brauche sie – Spoiler – trotz eher schlechten Wetterprognosen den ganzen Tag nicht mehr. Als ich mit Kollege Dani Betschart von theart2rock.ch pünktlich auf dem Gelände eintreffe, fällt aber sofort auf, dass es doch nochmals etwas mehr Pfützen hat als die letzten Tage auch schon.

Als die Pressekonferenz dann losgeht, ist der Regen natürlich ebenfalls Thema. Zwar waren die Prognosen um einiges schlechter, als sich das Wetter in den letzten Tagen tatsächlich präsentiert hat. Die Aufbauarbeiten waren aber aufgrund der Bedingungen schwieriger als in anderen Jahren. Trotzdem ist man pünktlich fertig geworden und konnte die Zeltplatzflächen am Mittwoch sogar ungefähr eine Stunde früher als geplant freigeben.

Mit etwas mehr als 84’000 Besuchern hat man die Zahl des Vorjahres erneut erreicht. Nun, noch mehr Leute sollte es nach meinem Geschmack nicht mehr auf dem Gelände haben, aber natürlich verstehe ich die Freude darüber beim Veranstalter aus wirtschaftlicher Sicht. Weiter erfahren wir, dass The Prodigy gestern eine ihrer ersten Festival-Shows ohne Keith Flint überhaupt gespielt haben und dies entsprechend emotional für die ganze Band und ihre Crew war. Und dass der heutige Headliner Green Day, welcher bereits beim ersten Greenfield mit dabei war, zum insgesamt dritten Mal hier spielt.

In der Fragerunde gibt es dann noch Infos zur in diesem Jahr nicht stattfindenden Shelter666 Endzeit-Welt. Diese wurde angeblich durch die Macher kurzfristig abgesagt, sodass die Organisatoren keinen Ersatz mehr finden konnten (pam: Ah, spannend … da hab ich von den “Machern” genau das Gegenteil gehört …). Nun, zumindest mir hat das überhaupt nicht gefehlt. Ich frage mich eher, was solche Geschichten an einem Musik-Festival sollen (pam: Ah, aber Techno an einem Metal-Festival passt dann besser? Ich versteh die Welt nicht mehr …)… Auf die Nachfrage, ob nächstes Jahr mehr Camper-Plätze geplant sind, gibt es ein klares Nein. Es wird aber auch angetönt, dass die Besucherführung 2025 anders sein wird. Eventuell mit Zügen an den neuen Bahnhof Matten? Und mein Input zur Mülltrennung auf dem Campinggelände wird immerhin aufgenommen. Mal schauen, ob da in Zukunft mehr Entsorgungsstellen für recycelbare Abfälle wie Alu und Pet zur Verfügung stehen werden (pam: Mit dieser Frage/Input, hast du jetzt grad wieder einige Punkte gut gemacht bei mir).

Danach ist die Pressekonferenz bereits vorbei und ich begebe mich wieder aus dem Tower, schliesslich sollte bald der Rest meiner Gruppe eintreffen. Aber irgendwie ist es hier noch verdammt leer, obwohl die Geländeöffnung eigentlich schon durch sein sollte. Bei einem Blick ins Infield wird auch klar, wieso: Auf den durch die Regenfälle der letzten Nacht aufgeweichten Rasenflächen wird noch einiges an zusätzlichem Stroh und Holzschnitzeln verteilt. Absolut verständlich, dass solange grosse Maschinen auf dem Platz sind, keine Leute reingelassen werden. Eher schräg aber, dass bei den nun zahlreich anstehenden Personen vor den Gittern scheinbar überhaupt keine Infos ankommen. Das führt zu etwas Ungeduld und Gedränge.

Als die Tore dann geöffnet werden, ergiesst sich eine regelrechte Menschen-Lawine ins Innere. Viele sprinten direkt Richtung Hauptbühne. Schliesslich will die erste Reihe für Green Day rechtzeitig reserviert werden. Oder wollen die etwa alle zu Paleface?

Die Fotos Impressionen Tag 3 (pam)

Paleface Swiss

Luke: Tatsächlich ist der Platz direkt vor der Bühne, welche heute dank Headliner Green Day noch einen «Laufsteg» ins Publikum hinaus erhalten hat, schon ganz ordentlich gefüllt für die erste Band des Tages. Ich hätte Paleface ja eine bessere Spielzeit durchaus gegönnt und glaube, dass die Veranstalter ihre Bekanntheit etwas unterschätzt haben. Bereits nach dem Release von «Fear & Dagger» habe ich der Gruppe eine grosse Zukunft inklusive Gig auf der Wacken-Hauptbühne vorhergesagt. Nun, ganz so weit ist es zwar zwei Jahre später noch nicht, aber immerhin dürfen die Jungs nun die Mainstage des grössten Genre-Festivals der Schweiz eröffnen.

Los geht es direkt mit der letztjährigen Single «Please End Me», das bekannte (und nach wie vor etwas verstörende) Intro wird also weggelassen. Zelli versucht ab Beginn das Publikum trotz der frühen Uhrzeit zum Mitmachen zu animieren. So richtig gelingt dies zum ersten Mal beim dritten Track, dem ebenfalls relativ neuen «Best Before Death». Direkt im Anschluss folgt mit «Nail To The Tooth» dann bereits mein absoluter Favorit. Unterdessen knallt auch der Anfangs etwas verwaschene Sound ganz ordentlich.

Vor dem neusten Song «The Gallow» lässt Zelli das Publikum in einer Ansage wissen, dass er bereits früher mit seinen Kollegen hier war. Jetzt mit denselben Jungs auf der Bühne zu stehen ist etwas ganz Besonderes für ihn, und das glaube ich aufs Wort. Während diese Ansage durchaus sympathisch wirkt, sind die ganzen Animationen des Publikums während der Lieder teilweise fast etwas drüber. Sowas mag in einem kleinen, verschwitzten Club ganz gut funktionieren, hier auf der grossen Bühne wirkt das aber manchmal ein wenig angestrengt. Nichts desto trotz gibt es nun eine gigantische Wall of Death zu sehen, ganz ins Leere laufen die Versuche also nicht.

Generell wird die Stimmung im Laufe des Konzerts immer besser, schlussendlich hat Zelli das Publikum dann doch voll und ganz im Griff. Wurden schon zuvor so einige Leute nach vorne getragen, kriegt die Security nach der Aufforderung des Fronters zum Crowdsurfen bei «Suppressing Times» nun so richtig zu tun. Und auch der Moshpit in der Mitte wird gefühlt immer grösser. Bei «Deathtouch» ist die Stimmung so richtig am Kochen, und der geniale Rausschmeisser «Pain» macht schliesslich den Deckel drauf.

Schade nur, wurde die Spielzeit von 40 Minuten nicht einmal ganz ausgenutzt. Mit den restlichen drei Minuten und etwas weniger Gelaber zwischen den Songs hätte da locker noch ein Lied mehr reingepasst. Ansonsten gibt es von meiner Seite aber nicht viel zu motzen, Paleface liefern einen sehr guten Auftritt ab, wenngleich sie für meinen Geschmack im kleineren Rahmen noch etwas mehr wirken. Nichts desto trotz haben sie wohl auch hier und heute wieder ein paar neue Fans dazu gewonnen. Der von mir schon lange prophezeiten Übernahme der (Metal-)Welt steht also hoffentlich bald nichts mehr im Weg…

Die Setliste Paleface Swiss

  1. Please End Me
  2. The Orphan
  3. Best Before Death
  4. Nail To The Tooth
  5. The Gallow
  6. Suppressing Times
  7. Deathtouch
  8. Pain

Die Fotos Paleface Swiss (pam/Friedemann)

Alchemists

Luke: Die Eiger Stage wird am letzten Festival-Tag von den Gewinnern des Greenfield Bandcontest in der Westschweiz eröffnet. Die Gruppe Alchemists aus Lausanne hatte sich in der Sunset Bar in Martigny gegen zwei andere Acts durchgesetzt. Der Platz vor der Bühne scheint beim Hinlaufen ziemlich gut gefüllt zu sein, vorne fällt dann aber doch auf, dass dies etwas täuscht. Viele Leute stehen weiter hinten auf dem asphaltierten Bereich, ins nasse Gras direkt vor der Bühne haben sich um einiges weniger Zuschauer verirrt. Diejenigen, welche da sind, sorgen aber bereits früh für einige Bewegung in Form von Circle- und Moshpits.

Musikalisch wird ein ziemlich wilder Mix aus modernem Metal, etwas Metalcore und schon fast progressiven, sehr technischen Parts geboten. Gitarrist Marc Chevalley bedient acht Saiten, und auch Bassist Yoann Maillard hat ganze sieben Strings zur Verfügung. Und was die beiden technisch abliefern ist definitiv auf einem sehr hohen Niveau. Ich bin ja selber kein Musiker, aber können so komplizierte Sachen wirklich nur gespielt werden, wenn das Arbeitsgerät knapp unter dem Hals hängt? Keine Ahnung, aber rein optisch sieht das schon sehr komisch aus. Wieder einmal kommt mir Bela B und sein Song «Gitarre runter» in den Sinn…

Was mich aber noch mehr stört, sind die penetrant lauten Backtracks und das übertrieben getriggerte Schlagzeug. Das gibt dem Ganzen einen etwas künstlichen Touch, welcher die hohen technischen Fähigkeiten der beiden Männer an den Äxten fast ein bisschen in den Hintergrund rückt. Und die Clean Vocals von Sänger Julen Ibarrola sind ebensowenig nach meinem Geschmack. Gewisse Songs haben durchaus interessante Parts, aber mich begeistert die Band musikalisch trotzdem nicht so richtig.

In Sachen Performance kann man der Gruppe aber definitiv keinen Vorwurf machen, alle Mitglieder strahlen eine grosse Spielfreude aus. Und Frontmann Julen punktet sowohl mit sympathischen Ansagen inklusive leichtem Akzent als auch mit einem Ausflug mitten in den Circlepit. Dies goutiert das Publikum und liefert neben diversen Pits zusätzlich zwei ordentliche Wall of Death. Auftritt und Stimmung passen somit, die jungen Waadtländer nutzen ihre Chance, sich vor dieser grossen Kulisse von der besten Seite zu präsentieren.

Die Setliste Alchemists

  1. Flamel
  2. Manifest
  3. Ghost
  4. Arya
  5. Interlude
  6. Oma Trees
  7. Osvominae
  8. Frontiere

Die Fotos Alchemists (Friedemann)

Feuerschwanz

Luke: Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Leute Feuerschwanz an einem Festival wie dem Greenfield vor die Bühne ziehen. An einem Schlager Open Air oder im ZDF-Fernsehgarten könnte ich das noch verstehen, aber hier? Lieder wie «Schubsetanz» jagen mir einen kalten Schauer der negativen Art über den ganzen Körper. Also entschliessen wir nach ein paar Songs auf dem Tower, uns nach einem Ort umzusehen, wo wir zumindest die erste Halbzeit des Startspiels der Schweiz an der Fussball EM schauen können.

Schnell stellt sich aber heraus, dass sämtliche Plätze vor den Bildschirmen in der Party Zone restlos besetzt sind. So geht es zurück in die Starzone Lounge, um wenigstens auf dem Handy ein bisschen zu schauen. Nur doof, dass die Übertragung am Tisch nebenan unserer etwa 30 Sekunden voraus ist. Und fast noch blöder, dass wir so auch unfreiwillig noch das furchtbare «The Final Countdown»-Cover im Hintergrund mitbekommen…

Die Fotos Feuerschwanz (Friedemann/pam)

Die Fotos Rave The Reqviem (Friedemann)

Thy Art Is Murder

Annie: Thy Art is Murder sind endlich nach einer turbulenten Zeit zurück. Ihr früherer Sänger CJ McMahon wurde wegen transphober Kommentare entlassen. Infolge dieses Vorfalls ist nun Sänger Tyler Miller, zuvor bei Aversions Crown aktiv, zur Band gestossen. Ich freue mich, dass Thy Art is Murder in voller Stärke zurückgekehrt sind und ihre Live-Show so gut ist wie eh und je!
Bei Thy Art Is Murder bin ich mir ziemlich sicher, dass sie Lukes Geschmack genau treffen sollten, nicht wahr?

Luke: Thy Art Is Murder ist eine der wenigen Bands, die ich heute unbedingt sehen will. Umso mehr ärgert mich, dass sie genau während des Schweiz-Spiels auf die Bühne müssen. Aber hier auf dem Tower lässt sich das glücklicherweise verbinden, der Blick wechselt zwischen Handy auf dem Tisch und Jungfrau Stage hin und her. Dem Zuschaueraufmarsch sieht man aber definitiv an, dass sich wohl viele Festivalbesucher für Fussball und gegen Musik entschieden haben. Es ist doch um einiges leerer als vorher bei Feuerschwanz.

Gestartet wird mit Vengaboys-«We Like To Party»-Intro, die Australier scheinen also Humor zu haben. Als die Band dann loslegt, kann sie ab Beginn von einem sehr guten Sound profitieren. Das drückt so richtig, sogar hier hinten im Tower. Und auch wenn es nicht allzu viel Publikum hat, sorgen die Anwesenden sofort für viel Stimmung und einen riesigen Circle Pit in der Mitte. Im Laufe der Show sind die Zuschauer eigentlich immer in Bewegung und einige der Moshpits sehen von hier oben richtig brutal aus. Da sind wohl auch ein paar Violent Dancers am Start, was man sonst am Greenfield eher selten sieht.

Musikalisch gefallen mir Thy Art Is Murder eigentlich gut. Ich habe aber bei ihren Tonträgern das gleiche Problem, wie mit Ihrer Liveshow hier: Auf Dauer finde ich das etwas langweilig, irgendwie tönt alles sehr ähnlich. So reissen mich die ersten 30 Minuten irgendwie mehr mit als die zweite Hälfte der Show. Könnte eventuell aber auch an der Setliste liegen, um das beurteilen zu können, kenne ich die Band etwas zu wenig. Unter dem Strich trotzdem ein guter Auftritt, der mich zwar nicht komplett umhaut, mir aber doch gut gefällt.

Die Fotos Thy Art Is Murder (pam)

Die Fotos Montreal (Friedemann)

The Interrupters

Luke: Unter anderem wegen dem Fussballspiel verzichte ich auf Montreal, Yvonne berichtet aber von einer guten Show auf der Eiger Stage. Ich warte hingegen auf The Interrupters, welche als nächstes die Hauptbühne bespielen werden. Die Band aus Los Angeles war mir ehrlich gesagt nicht bekannt bisher, beim Reinhören vor dem Festival fand ich das aber gar nicht schlecht. Das Backdrop sieht etwas inspiriert von The Specials aus, von welchen auch das «Ghost Town»-Intro stammt. So ist gleich klar, was einen hier erwartet: Ska-Punk. Allerdings mischen die Amis diesen mit einer grossen Portion Rock ’n’ Roll und auch jeder Menge Pop.

Gerade durch diese poppigen Elemente und die sehr klare Stimme von Sängerin Aimee Allen wirkt das aber teilweise fast etwas brav, da dürfte für meinen Geschmack ein bisschen mehr Dreck in die Musik. Grundsätzlich macht die Band aber alles richtig, der Live-Keyboarder (eine Seltenheit heutzutage) spielt bei gewissen Songs auch noch Trompete und Posaune. Und die drei Bivona-Brüder an den Instrumenten machen ebenfalls einen guten Job. Trotzdem wollen die meisten Songs bei mir nicht so richtig zünden.

Dies ändert erst mit dem absolut genialen Cover von Billie Eilishs «Bad Guy». Ich hätte ehrlich gesagt nicht gedacht, dass der Song im Ska-Gewand so gut funktioniert. Klingt für mich besser als das Original. Auch beim mittlerweile wieder ziemlich zahlreich anwesenden Publikum kommt nun zum ersten Mal so richtig Stimmung auf. Und erfreulicherweise können auch die darauffolgenden eigenen Songs «Take Back To Power» und «She’s Kerosene» dieses Level halten.

Nur schade, dass genau jetzt das Konzert fertig ist, notabene sieben Minuten zu früh. Fand ich den Auftritt zu Beginn eher etwas langweilig, haben mich The Interrupters mit den letzten drei Tracks doch noch komplett abgeholt. Für mich eine positive Überraschung, ich würde mir die Band wieder einmal live ansehen. Und hoffen, dass es mich beim zweiten Versuch ab Beginn packt.

Annie: The Interrupters sind an der Reihe und das bedeutet vor allem eines: Spass! Wenn diese Band die Bühne betritt, gibt es kein Halten mehr – das gesamte Infield verwandelt sich in eine tanzende, ausgelassene Menge. Es ist einfach, sich von ihrer Energie mitreissen zu lassen, denn die Musik ist nicht nur ein Ohrwurm-Garant, sondern die Band strahlt auch pure Lebensfreude aus. Beim nächsten Interrupters-Konzert bin ich also ebenfalls am Start, Luke!

Die Fotos The Interrupters (Friedemann/pam)

Hanabie.

Annie: Hanabie. sind eine aufregende Neuentdeckung auf dem Greenfield Festival 2024, bekannt für ihren einzigartigen Stil, den man gerne als Harajuku-Core bezeichnet. Anders als bei Babymetal spielen die vier Protagonistinnen von Hanabie. ihre Musik selbst.

Um ehrlich zu sein, ihre Musik ist einfach verdammt eingängig und macht richtig Spass. Der lebendige, bunte und hyperaktive Japan-Charme harmoniert überraschend gut mit dem EDM-infundierten Metalcore-Sound. Die Songs sprühen nur so vor Energie, mit kraftvollen Riffs und gut platzierten Synthesizern. Hanabie. beweisen, dass sie sowohl musikalisch richtig zupacken können als auch ein feines Gespür für melodische Power-Chords haben.
Auch bei Hanabie. könnte ich mir vorstellen, dass du, Luke, sie gar nicht so schrecklich finden würdest – obwohl ich mich damit ziemlich aus dem Fenster lehne.

Luke: Ganz kurz schauen wir bei Hanabie auch rein. Ich weiss ehrlich gesagt nicht, ob ich am Greenfield Festival schon einmal so viele Leute vor der kleineren Bühne gesehen habe, hier ist es nun bis weit hinten richtig voll. Der Band kann ich attestieren, dass das definitiv weniger künstlich wirkt als bei den Landsfrauen von Babymetal gestern. Aber die extrem hohen und quietschigen Micky-Maus-Vocals treiben mich dann trotzdem in die Flucht.

pam: Definitiv eine sehr positive Überraschung am Greenfield Festival. Erinnert mich etwas an die sackstarken Landsfrauen Galmet (welche dir, Luke wohl besser gefallen würden, da dort “nur” gegrowlt wird und der Sound noch mehr im Fokus ist als bei Hannabie.). Definitiv sind Hannabie. um Welten besser als Babymetal. Und da pflichte ich dir bei, Luke, ich glaub auch, dass der Bereich vor der Eiger Stage noch nie so voll war. Ich musste mich entwässern und es war fast unmöglich auf die andere Seite zu kommen.

Einzige Ernüchterung dieses starken und frech-fröhlichen Auftritts: Stunden später stehen die Mädels bei Green Day plötzlich hinter mir. Als ich sie für ein Foto frage (kein Selfie, sondern mit meiner professionellen Kamera), sind sie dann nicht mehr so cool, offen und frech. Sie staggelen was von “no Photo” und sind dann kurze Zeit später weg. Nun, wer eine solche Punk-Attitüde zelebriert und einen rotzfrechen Auftritt auf der Bühne hinlegt, der sollte dann schon ein bisschen nahbarer mit den Fans sein – zumindest auch da genügend selbstbewusst. Da ist dann für mich die ganze Authentizität auf einen Schlag futsch. Drum funktioniert Metal von asiatischen Bands live oft nicht.

Die Fotos Hanabie. (pam/Friedemann)

Die Fotos Crosses (Friedemann)

Underoath

Luke: Nachdem wir wieder einmal eine Pause auf dem Campinggelände eingelegt haben, bleiben wir bei den Crosses vor der Hauptbühne nicht wirklich hängen. Ich verstehe den Hype um die Band definitiv nicht. Ich könnte mir zwar schon vorstellen, die Musik zuhause abzuspielen. Allerdings nur, wenn ich Probleme mit einschlafen habe. Also gehts wieder zur Eiger Stage, wo nun Underoath spielen.

Die christliche Metalcore-Band aus dem Sunshine State Florida zieht etwas weniger Publikum als Hanabie. zuvor, hat aber direkt vor der Bühne doch einige Fans, die fleissig herumhüpfen. Generell ist das so richtig Musik zum Rumspringen, in meinem kleinen Notizbüchlein habe ich «Rumhüpf-Metalcore» reingeschrieben und doppelt unterstrichen, was mich nun beim Bericht erfassen doch etwas schmunzeln lässt. Es fasst aber die Musik meiner Meinung nach gar nicht so schlecht zusammen.

Wie so oft bei Metalcore gefallen mir die cleanen Gesangspassagen gar nicht, und wie generell viel zu häufig gehen die omnipräsenten und viel zu lauten Backtracks mächtig auf die Nerven. Dem Publikum scheint es aber zu gefallen. Wer weiss, vielleicht bin ich einfach zu alt für diese Art von Musik. Ich verabschiede mich jedenfalls vor Ende des Auftritts in Richtung Hauptbühne. Aber Annie kann da eventuell mehr berichten, oder?

Annie: «Rumhüpf-Metalcore» finde ich ganz grossartig, Luke! Und damit hast du Underoath ziemlich treffend beschrieben!

Das Set von Underoath beim Greenfield Festival 2024 ist eine gut durchdachte Mischung aus ihren Klassikern und neuem Material, die ihre Entwicklung als Band zeigt, ohne ihre Wurzeln zu vernachlässigen. Ihre früheren Songs haben die Zeit überdauert und ihr musikalisches Können beeindruckt mich nach wie vor – ich hatte Spass!

Die Fotos Underoath (Friedemann)

Kraftklub

Luke: Das mit mir und Kraftklub ist etwas kompliziert. Ich finde die Band und vor allem Frontmann Felix Brummer sehr sympathisch und mag auch seinen stark von Rap beeinflussten Gesangsstil. So richtig gepackt hat mich der poppige Indie-Rock der Gruppe aber auf Albumdistanz bisher nicht. Ich habe mir schon mehrere Tonträger der Band angehört und es gefallen mir immer ein paar Songs, meistens ist der Anteil der Sachen, die mich nicht richtig packen, jedoch um einiges grösser. Aber eventuell ist das gar keine schlechte Voraussetzung für meine Live-Premiere der Ossis, jedenfalls wenn sie ein Best-of-Set spielen.

Der Platz vor der Bühne ist sehr gut gefüllt bei Beginn. Ich habe von mehreren Leuten gehört, die nicht verstanden haben, dass Kraftklub eine so gute Spielzeit bekommen und quasi Co-Headliner sind. Der Zuschauer-Aufmarsch gib den Greenfield-Machern aber definitiv recht. Und besonders im vorderen Bereich ist auch die Stimmung ab Beginn ganz offensichtlich sehr gut. Die beiden Leinwände neben der Bühne, welche jeweils Aufnahmen der Show für die Besucher weiter hinten zeigen, sind nun komplett in schwarz-weiss gehalten, was gerade in Verbindung mit der Kleidung der Musiker sehr stylisch wirkt.

Vor «Chemie Chemie Ya» erinnert Felix das Publikum daran, dass man im Moshpit aufeinander aufpassen soll. Und tatsächlich geht es bei dem Song so richtig ab, es wird gar eine erste Rauchfackel im Publikum gezündet. Kraftklub spielen immer wieder mit dem grossen Bühnen-Vorhang, welcher extra für sie installiert wurde. Als sich dieser einmal schliesst, taucht die Band plötzlich mitten im Publikum auf und spielt da «Kein Liebeslied». Ein Teil der Gruppe lässt sich danach mittels Crowdsurf zurück nach vorne tragen.

Aber auch sonst ist der Aufbau der Bühne sehr cool gemacht, es gibt mehrere Ebenen und so weiss man nie genau, welcher der Musiker wo steht, wenn sich der Vorhang jeweils wieder öffnet. Kraftklub bieten wirklich eine Mega-Show, und dies ohne viel Pyroeffekte oder Ähnliches. Der Aufbau und der Vorhang reichen komplett aus, um für so einige Überraschungsmomente beim Publikum zu sorgen.

Wobei ganz ohne Pyro geht es dann schon nicht, bei «3 Schüsse in die Luft» zündet Felix zuerst eine Fackel auf der Bühne und begibt sich danach mitten ins Publikum. Und auch das Spiel mit “alle hinsetzen und danach hochspringen” klappt sehr gut. Beim letzten Song springt der charismatische Frontmann dann noch ohne jede Vorwarnung vom Laufsteg ins Publikum, dieses ist aber reaktionsschnell genug, ihn aufzufangen. Als Outro läuft schliesslich “Angels” von Robbie Williams, welches vom ganzen Gelände lautstark mitgesungen wird. Was für ein Abschluss!

Kraftklub liefern aus meiner Sicht einen von A bis Z fast perfekten Auftritt ab. Die Show ist wirklich gut gemacht und wird zu keinem Moment langweilig, was man leider nicht von ganz allen Songs behaupten kann. Hier im Live-Kontext funktioniert das für mich aber um einiges besser als ab Tonträger. Als einzigen kleinen Kritikpunkt könnte man nennen, dass Felix teilweise fast ein bisschen viel labert. Die Ansagen sind mitunter sehr lang und ausufernd und zudem nicht immer ganz leicht zu verstehen. Ansonsten habe ich aber absolut nichts zu meckern. Keine Ahnung, ob ich nun zum grossen Fan und mir sämtliche CDs zulegen werde, aber live würde ich mir die Band aus Chemnitz jederzeit wieder ansehen. Dafür verzichte ich jetzt auf die Nebenbühne. Annie, bitte übernehmen.

Annie: Kraftklub sind eigentlich überhaupt nicht mein Ding – für mich klingt vieles ähnlich und hebt sich wenig von dem ab, was sonst als Rock im Radio läuft. Trotzdem lieferten sie einen wirklich mitreissenden Auftritt ab, der das gesamte Areal in Bewegung brachte. Besonders die Klassiker wie «Ich will nicht nach Berlin» und «Randale» sorgten für ordentlich Stimmung und das Publikum ging voll mit. Ein besonderes Highlight war, als die Band mitten ins Publikum ging, um «Kein Liebeslied» zu performen. Dabei leuchteten nicht nur die Berge in den letzten Sonnenstrahlen des Tages, sondern auch die unzähligen Handylichter der Fans. Wenngleich ihre Musik nicht ganz meinen Geschmack trifft, war es faszinierend zu sehen, wie sie das Publikum in ihren Bann zogen. Der Abend endete mit «Songs für Liam» und einer enthusiastischen Menge, die jeden Moment des Konzerts genoss.

Die Fotos Kraftklub (Friedemann/pam)

Bury Tomorrow

Annie: Bury Tomorrow sind eine unglaublich sympathische Band, die immer einen grossartigen Abend garantiert! Besonders beeindruckend sind die ehrlichen und mitfühlenden Ansagen von Sänger Daniel Winter-Bates, der auch schwierige Themen wie Depressionen, Ausgrenzung und Sexismus anspricht. Dennoch steht natürlich die kraftvolle und energiegeladene Musik im Mittelpunkt.

Der Sound des neuen Albums ist zwar etwas mehr dem typischen Metalcore-Klischee verhaftet und erreicht für mich persönlich nicht ganz das Niveau von «Earthbound» oder «Black Flame». Aber wie es so schön heisst – über Geschmack lässt sich streiten und wie Daniel in seiner Ansprache deutlich gemacht hat, ist es letztlich total egal, wie man die Musik kategorisiert. Wichtig ist, dass Musik einander verbindet. Bury Tomorrow gehören definitiv zu meinen Highlights des Greenfield Festivals 2024!

Die Fotos Bury Tomorrow (Friedemann)

Green Day

Luke: Nun folgt noch der absolut unstrittige und unangefochtene Headliner dieses Jahres. Keine andere Band hat so eine lange Spielzeit erhalten, und es waren auch bei keiner der anderen Tagesabschluss-Shows nur ansatzweise so viele Leute vor der Bühne wie hier und jetzt bei Green Day. Als Intro ertönen unter anderem «Bohemian Rhapsody» und «We Will Rock You» von Queen, dazwischen gibt es noch «Blitzkrieg Bob» von den Ramones zu hören. Natürlich wird bereits bei diesen «fremden» Gassenhauern kräftig mitgesungen. Richtig los geht es dann mit «The American Dream Is Killing Me», und sofort scheint die Stimmung zumindest ganz vorne fast zu explodieren.

Gleich im Anschluss folgt schon «Basket Case». Ah ja klar, dies ist ja die 30-Jahre-«Dookie»-Tour, entsprechend kommen gleich ein paar Songs von der Scheibe zum Zuge. Ehrlich gesagt war das auch die letzte CD, die ich von Green Day gekauft habe, so richtig spannend fand ich die Band danach nie mehr. Wobei sich dies vorwiegend auf die Tonträger bezieht, live konnten mich Billie Joe Armstrong und seine Mitstreiter zum Beispiel am Moon & Stars 2013 in Locarno durchaus begeistern. Aber hier und heute will der Funke bei mir nicht so richtig überspringen.

Dies liegt zu einem guten Stück aber auch daran, dass es schlicht und einfach zu voll ist. Ob auf dem Balkon des Towers oder unten im Stehplatzbereich: Es ist definitiv gar nicht so leicht, einen Blick auf die Bühne zu erhaschen. Auf diese Weise bekomme ich zwar die Pyro-Effekte und den spektakulären Aufbau halbwegs mit, auch das Aufblas-Flugzeug, welches über die Zuschauer fliegt und etwas (T-Shirts?) abwirft, ist durchaus zu sehen. Von den Musikern selbst sehe ich aber nicht wirklich viel. Da war die Anzahl Zuschauer damals auf der Piazza Grande definitiv angenehmer.

Aber auch musikalisch dringt das heute nur begrenzt zu mir durch. Die «Dookie»-Songs machen Spass und versetzen mich zurück in meine Jugend, aber sonst hat die Band halt wirklich ein paar (in meinen Ohren) eher langweilige Pop-Songs geschrieben. Da es dem Rest meiner Gruppe ebenso geht, beschliessen wir, nach etwas mehr als einer Stunde den verfrühten Rückzug anzutreten. In der Partymeile kann man sich dafür nun für einmal gemütlich hinsetzen, sogar der Rockstar-Block ist wie ausgestorben. Scheinbar sind wirklich fast alle ausser wir bei Green Day. So beschliessen wir, uns noch ein bisschen hinzusetzen und bei einem finalen Bier die letzten Klänge des Greenfield Festivals 2024 hier zu geniessen.

Ich hoffe, Annie und/oder pam können noch etwas mehr von der letzten Show berichten?

Annie: Es ist kaum zu glauben, dass seit der Veröffentlichung von Green Days «Dookie» bereits 30 Jahre vergangen sind – und auch das Konzeptalbum «American Idiot», die selbsternannte «Punk Rock Opera», feiert sein 20-jähriges Jubiläum. Im Laufe der Jahre haben sich die Konzerte der Kalifornier von kleinen Clubs zu spektakulären Grossveranstaltungen entwickelt. Ein Segen für die Fans, die heute nach wie vor begeistert mitsingen: Die Songs haben nichts von ihrer Kraft verloren und die rebellische Stimmung wirkt immer noch authentisch. Am Samstagabend strömen die Greenfield-Besuchenden zur Hauptbühne und warten geduldig, während sie zu «Bohemian Rhapsody», «Blitzkrieg Bop» und einem weiteren Intro (eine Mischung aus dem Imperialen Marsch und «We Will Rock You») einstimmen.

Green Day starten mit «The American Dream Is Killing Me» vom neuen Album «Saviors», bevor sie mit voller Energie die Klassiker von «Dookie» spielen. «Burnout» und «Basket Case» begeistern das Publikum sofort – insgesamt sieben Songs des Albums schaffen es an diesem Abend in die Setlist. Zusätzlich gibt es Highlights wie «Welcome to Paradise» vom Album «Kerplunk!» und «Brain Stew» von «Insomniac». Im zweiten Teil des Konzerts widmen sich die Headliner ausgiebig den Hits von «American Idiot». Mit insgesamt 13 Songs aus diesem Manifest-Album begeistern sie die gesamte Menge.

Es gibt wohl kein Wort, das die Dimension dieses Konzerts vollständig erfasst – es war schlichtweg ein unvergessliches Event. Doch es war noch viel mehr als das: Es war eine mitreissende Reise von fast drei Stunden mit einer der grössten und besten Bands der Welt, die sich nach wie vor auf ihrem absoluten Höhepunkt befindet und dem Greenfield Festival 2024 eindrucksvoll demonstriert, wie man jeden Moment in vollen Zügen geniesst. Green Day bieten eine unvergessliche Show, die Generationen verbindet.

pam: Green Day können meine sehr hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen. Ich hab sie schon bedeutend stärker und spielfreudiger erlebt. Unvergessen eines meiner Top 5 Konzerte ever am Moon And Stars in Locarno. Es ist definitiv ein starker Auftritt heute, aber es fehlen die „Standard-Überraschungsmomente“ – zum Beispiel, dass jemand für ein Stück die Gitarre und/oder den Gesang übernehmen darf. Dennoch ein guter Abschluss und der erwartete Höhepunkt – keine Frage.

Die Setliste Green Day

  1. The American Dream Is Killing Me
  2. Basket Case
  3. Longview
  4. Welcome to Paradise
  5. She
  6. In the End
  7. F.O.D.
  8. Know Your Enemy
  9. Look Ma, No Brains!
  10. Hitchin‘ a Ride
  11. One Eyed Bastard
  12. Dilemma
  13. Brain Stew
  14. American Idiot
  15. Jesus of Suburbia
  16. Holiday
  17. Boulevard of Broken Dreams
  18. Are We the Waiting
  19. St. Jimmy
  20. Give Me Novacaine
  21. She’s a Rebel
  22. Letterbomb
  23. Wake Me Up When September Ends
  24. Homecoming
  25. Whatsername
  26. Minority
  27. When I Come Around
  28. Good Riddance (Time of Your Life)

Die Fotos Green Day (pam)

Das Fanzit – Greenfield Festival 2024

Luke: Damit kein falscher Eindruck entsteht gleich zu Beginn: Ich bereue es absolut nicht, wieder ins Berner Oberland gepilgert zu sein. Etwas vom Schönsten am Greenfield Festival ist ja immer, dass man alte Freunde wieder trifft, die man teilweise schon länger nicht mehr gesehen hat. Und musikalisch gab es 2024 für mich einige Highlights: Zum Beispiel Paleface Swiss, das Norwegen-Doppel aus Bokassa und Kvelertak, Machine Head, Feine Sahne Fischfilet, Dropkick Murphys, Kraftklub und meine Neuentdeckung Palaye Royale haben super Shows abgeliefert.

Ob ich aber an ein Festival, an dem Babymetal (pam: Oder Prodigy…) deutlich mehr Leute vor die Bühne locken als Machine Head noch richtig hinpasse, weiss ich nicht so recht. Bin ich unterdessen zu alt fürs Greenfield? Wer weiss. Die richtigen Highlights im Line-up waren für mich persönlich jedenfalls in anderen Jahren schon zahlreicher. Ob ich 2025 wieder dabei sein werde? Ich weiss es noch nicht. Eventuell hauen die Organisatoren ja im nächsten Jahr Bands raus, auf die ich unmöglich verzichten kann. Wie auch immer, früher oder später komme ich sicher wieder einmal zurück ins wunderschöne Berner Oberland und ans Greenfield Festival. Auch wenn dafür zuerst eine Pause nötig sein sollte.

Annie: Ach, Greenfield, «You had me at hello»! Das Greenfield Festival 2024 hat mein Herz im Sturm erobert. Die malerische Kulisse des Berner Oberlandes hat mich sofort verzaubert und die entspannte Atmosphäre, auch abseits des Festivalgeländes, hat meinen ersten Eindruck perfekt abgerundet. Das überraschend gute Wetter hat sicherlich massgeblich zu meiner ausgelassenen Stimmung beigetragen – etwas, das ich auf Festivals sonst nicht gewohnt bin. Im Vergleich zu deutlich grösseren Festivals in Deutschland hat zudem die Organisation des Greenfield Festivals durchweg positiv überrascht. Selten habe ich mich auf einem Festival, insbesondere als weiblich gelesene Person, so sicher und unterstützt gefühlt. Dafür ein herzliches Dankeschön an das gesamte Greenfield-Team, insbesondere an die hervorragende Securitas!

Anders als für Luke entsprach das Line-up schon eher meinen Vorlieben. Zwar hat die Absage von Ice Nine Kills im Vorfeld meine Stimmung etwas getrübt, doch dieses Gefühl war schnell verflogen. Die Auftritte der anderen Bands haben das Wochenende zu einem rundum gelungenen Erlebnis gemacht!

Liebes Greenfield, ich werde definitiv zurückkommen – bis zum nächsten Mal!

pam: Danke euch beiden und auch Friedemann für die Unterstützung beim fotografischen Festhalten des Greenfield Festival 2024. Ich sehe es wie Luke. Eigentlich war ich dieses Jahr wegen zwei Gründen am Greenfield Festival: Wegen den Freunden, die man hier in grosser Anzahl trifft, und wegen Green Day. Doch wie ich bei Prodigy schon geschrieben habe, fiel mein Entschluss auf dem Rückweg von dem Elektroschrott zu meiner Unterkunft, dass ich nächstes Jahr sicher eine Pause einlegen werde. Da ich eh schon länger die Anzahl Festivalbesuche reduzieren möchte, kommt mir das gar nicht mal so ungelegen, dass sich das Greenfield mit der Techno-Anbiederung bei mir aus dem Rennen genommen hat (wie auch das Summerside Festival). Da müssten schon ganz fette persönliche Favoriten fürs Line-up angekündigt werden, damit ich meinen Entschluss nochmals ändern werde. Aber sag niemals nie…


Wie fandet ihr das Festival?

/ / / 12.09.2024
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