Morgarten Fest 2024 - Le Corsaire
Fr, 4. Oktober 2024

Morgarten Fest 2024 – Belore, Morgarten

Frachtschiff (Neuenburgersee, CH)
08.10.2024
Morgarten Fest 2024 - Le Corsaire

Ein Sturm zieht auf

Der Herbst hat Einzug gehalten. Neblige Schwaden schweben über den Feldern und hüllen die Welt in ein sanftes Weiss. Die rostroten Blätter an den Bäumen erzittern im Wind, ein Sturm zieht auf. Ausgerechnet jetzt, wo das Morgarten Fest 2024 ansteht.

Im Gegensatz zum letzten Jahr findet das Festival, welches von der namensgebenden Folk Black Metal-Band aus der Romandie organisiert wird, 2024 einen Monat später statt. Die Location war am bisher bewährten ersten Septemberwochenende nämlich bereits ausgebucht. Und was für eine Location das ist: Wie vor Jahresfrist, laden uns Morgarten ein, mit ihnen auf dem umgebauten Frachtschiff Le Corsaire in nicht die, sondern den See zu stechen. Den Neuenburgersee, um genau zu sein. Wenn da doch nur nicht dieser Sturm wäre…

Morgarten Fest 2024 – Tag 1 (Freitag, 4. Oktober)

Auf der Fahrt nach Grandson schweift der Blick aus dem Zugsfenster über Wellen und dräuende dunkle Wolkentürme. Für alle anderen hoffe ich, dass sich das bis morgen wieder legen wird. Ich hingegen bin nur heute hier und muss das Wetter nehmen, wie es ist. Ein letzter Blick auf die Website der Veranstaltung verrät mir, dass die Corsaire nicht ablegen können wird, zu gross ist das Risiko. Die Konzerte sollen trotzdem über die Bühne gehen, dass Schiff liegt dabei einfach vor Anker im Hafen bei der Kiesgrube.

Morgarten haben vorbildlich über die Situation informiert und diese Möglichkeit bereits vor einigen Tagen angekündigt inklusive Infos, wie sich der ganze Ablauf dadurch ändern wird. So finden wir bei der Ankunft am Bahnhof wie erwartet einen Shuttlebus vor, der uns direkt zum Ort des Geschehens fährt. Die Dämmerung ist nah, als wir schliesslich einen Fuss an Bord setzen, bereit für den Beginn des Morgarten Fest 2024.

Morgarten (Akustikset)

Die Gastgeber geben sich keine Blösse und eröffnen den Abend gleich selber. Was die Heftigkeit angeht, halten sie sich allerdings noch vornehm zurück. Ein gänzlich akustisches Set steht an, das uns mit warmen Klängen an Bord willkommen heisst. Den Einstieg bestreiten die Flöten, unter anderem mit dem „Cooley’s Reel“ – in Metalkreisen auch bekannt als „Elnor’s Magic Valley“.

Danach gehen Morgarten über zu getragenen Versionen ihrer eigenen Songs. Die funktionieren durchaus in diesem Gewand und es ist spannend zu hören, wie „Oath of Allegiance“ oder „Peaceful Soul of the Dying“ komplett reduziert auf das harmonische Skelett klingen. „Frères d’Armes“ hingegen kennen wir ja bereits vom letzten Album ohne Stromgitarren. Dass der Song mitsingbar ist, nutzt der Fünfer gleich aus und so schallen ein Dutzend Stimmen durch den holzverkleideten Innenraum der Corsaire. Leider lässt die Aufmerksamkeit einiger Besucher rasch nach, sodass der Geräuschpegel merklich steigt. Doch Morgarten lassen sich davon ebenso wenig beirren wie von der ganz leise hörbaren Rückkopplung beim Gesang und bringen ihren ersten Auftritt heute mit einer instrumentalen Version von „Tales of my Land“ ins Trockene.

Nun, zumindest nachdem sie den Beginn zuerst einmal in den Sand setzen, nur um mit einem belustigten Grinsen nochmals neu anzufangen. So endet das Konzert nach etwas mehr als einer halben Stunde. Auch wenn sich einige Fehler eingeschlichen haben, war das eine gute Eröffnung des heutigen Abends.

Belore

Als nächstes stehen Belore auf dem Programm. Das französische Zwei-Mann-Projekt, bei dessen Namen übrigens das E am Schluss nicht nur ausgesprochen wird, sondern gleich eine betonte Silbe bildet, hat sich ganz dem epischen Atmospheric Black Metal verschrieben. Mit diesem vertonen die Herren ihre textlichen Ausflüge in klassische Fantasiewelten und das passt richtig gut zusammen. Bis anhin war ich mit der Band nicht gross vertraut, da bietet es sich gerade an, dass die auf der Bühne als Quintett in Erscheinung tretende Gruppe einen Querschnitt durch ihre Diskografie spielt.

Leider ist die Stimme etwas leise abgemischt, aber sogar mit diesem Manko wissen Belore zu begeistern. Besonders schön: Die Flöte kommt nicht vom Band. Im Gegenteil, das Line-up umfasst einen Flötisten, der sich abgesehen von einigen Backingvocals ausschliesslich um dieses Instrument kümmert. Wenn man bedenkt, dass es in der Musik, die wir gerade hören, nicht omnipräsent ist, zeugt das schon von Engagement. Den Rest der Zeit headbangt der gute Mann dann halt einfach. Etwas, was die Zuschauerinnen und Zuschauer genauso tun. Die majestätischen Riffs laden einen aber auch dazu ein. In mir werden gerade Erinnerungen wach an den Auftritt von Cân Bardd am Meh Suff! Metal-Festival vor einem Monat (von dem wir hier berichtet haben). Genau wie die Genfer schaffen es Belore, eine packende Atmosphäre zu erzeugen. Und dann haben sie gar noch den Song des Tages im Gepäck. Was könnte auf diesem Schiff, welches wetterbedingt nicht auslaufen kann, passender sein, als das jetzt gerade anklingende „Storm of an Ancient Age“? Da kommt selbst der famose Schlusspunkt „Battle for Therallass“ nicht mehr ganz heran. Fünfzig Minuten Genuss, ein einziger starker Auftritt.

Ebenso stark ist übrigens auf ein Neues die Festivalorganisation. Die bewährten Croque Monsieur sind genauso wieder im Angebot wie Hot Dog oder Pizza und das alles – Getränke eingeschlossen – zu mehr als fairen Preisen. Die Helfer hinter der Bar machen einen guten Job, die Security beim Eingang ebenfalls. Da kann ich mich getrost wieder der Bühne zuwenden, die Umbaupause geht nämlich gerade zu Ende.

Morgarten

Nun steht alles bereit für den zweiten Gig von Morgarten. Darauf haben wir gewartet. Wenn sie die Effektpedale eingestöpselt haben, sind die Neuenburger im angeschwärzten Folk Metal mit vielen symphonischen Elementen unterwegs. Für letztere ist Keyboarder Maël zuständig, der dafür sorgt, dass wir an den Auftritten der Band in den Genuss von live gespielten Klängen dieses Instruments kommen. Pierric gibt wie an vergangenen Konzerten den Geschichtenerzähler, während Cédric am Bass einmal mehr nicht aus dem Grinsen herauskommt. Ich würde an seiner Stelle allerdings auch so grinsen, wenn mein Publikum sich wie hier auf der Corsaire vom ersten Ton des Auftakts „To Victory“ an in einem Moshpit auflöst.

Ein kurzes technisches Problem unterbricht den weiteren Konzertverlauf ganz kurz, aber mehr als eine halbe Minute nimmt dessen Behebung nicht in Anspruch und schon kann es weitergehen. Nachdem wir früher am Abend die ruhige Variante des Morgarten-Sounds erleben durften, zeigt sich jetzt, dass das Original halt doch die Nase vorn hat. Sei es „The Last Breath“ oder „Peaceful Soul of the Dying“: Morgarten bringen mit druckvollem Klang und viel Engagement das Schiff zum Kochen. Da liegt sogar eine Wall of Death drin, vor deren Beginn die beiden Gitarristen Ilann und Pierric wieder einmal die Reihen abschreiten, während sie dabei das Publikum anfeuern. Am Ende ist es schliesslich „Oath of Allegiance“, das man mittlerweile schon bald als Klassiker bezeichnen kann, welches sich zum Höhepunkt des Auftritts mausert. Dem abschliessenden „Tales of my Land“ muss aber zugestanden werden, dass es wie kein zweiter Song des heutigen Abends alle Anwesenden zum Hüpfen und Herumspringen animiert.

Und dann ist das Konzert bereits wieder vorbei. 55 Minuten hat es gedauert und sehr unterhaltsam war es. Im Anschluss verlosen Morgarten einen mit dem Festivallogo gravierten Dolch mittels Tombola, bevor die Shuttlebusse alle ÖV-Reisenden wieder zurück an den Bahnhof bringen.

Das Fanzit – Morgarten Fest 2024 – Tag 1

Während ich vom Shuttlebus zum wartenden Zug schlendere, lasse ich den Abend nochmals Revue passieren. Am Ende war das mit dem Sturm gar keine grosse Sache, doch ob auf dem See oder im Hafen – das Festival ist sowieso gelungen. Morgarten hatten ein Heimspiel und konnten das daraus entstehende Momentum nutzen, um eine grosse Party in Gang zu setzen. Belore auf der anderen Seite haben sich angeboten für konzentrierten Musikgenuss. Beide Bands haben abgeliefert wie bestellt und dafür gesorgt, dass der Freitag des Morgarten Fest 2024 ein voller Erfolg gewesen ist. Möge der morgige Samstag (mit Saor, Toter Fisch und The Old Salt Company) diejenigen, die dort sein werden, ebenso überzeugen.


Wie fandet ihr das Festival?

08.10.2024
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