Metalinside.ch - Dragonforce - Rock The Lakes 2024 - Foto pam 08
Fr–So, 16.–18. August 2024

Rock The Lakes 2024 – Kreator, Behemoth, In Extremo u.v.m.

Lac de Neuchâtel (Cudrefin, CH)
/ 01.10.2024

Sonne, Sturm und Stahl!

Am Fusse der sanften Hügel südlich des Neuenburgersees liegt an den Ufern eines lauschigen Flüsschens die neue Heimat des Rock The Lakes, eines Festivals, dessen Stern gerade hell aufgeht in der dunklen Welt des Metals. Das bedeutet drei Tage lang gute Musik in malerischer Umgebung – ein Highlight des Sommers.

Das Rock The Lakes hat es mit nur zwei Ausgaben geschafft, von einem signifikanten Teil des Metalinside-Teams ins Herz geschlossen zu werden. Die beiden Ausgaben am alten Ort in Vallamand haben so richtig ins Schwarze getroffen, was das Konzept, das Line-up, das Herzblut angeht. Bei so viel Zustimmung war im vergangenen Jahr natürlich eine gewisse Skepsis vorhanden, als für die Ausgabe 2024 Änderungen angekündigt wurden. Grösser sollte das Festival werden, auf einem anderen Gelände stattfinden, eine zweite Bühne erhalten und mehr Bands noch dazu. Würde das den liebgewonnenen Charakter derart verändern, dass die Begeisterung schwindet? Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden: Wir besuchen die dritte Ausgabe des Rock The Lakes und machen uns ein Bild davon – pam ausgerüstet mit Fotoapparaten und ich bewaffnet mit meiner Feder.

Rock The Lakes 2024 – Tag 1 (Freitag, 16. August)

Bei schönstem Wetter rollt unser Konvoi also los in Richtung Cudrefin. In dieser Gemeinde, nur zwei Kilometer vom bisherigen Austragungsort entfernt, ist das Rock The Lakes neu zuhause. Bereits unten am See ist der Weg zum Parkplatz ausgeschildert, der uns schliesslich auf schmalen Strassen durch den Wald in Richtung Veranstaltungsgelände am Hang führt. Kurz vor dem eigentlichen Parkplatz stellen wir uns in die Schlange und erreichen rund 15 Minuten später den Campingplatz, wo wir unser Lager aufschlagen. Bereits jetzt wird klar: Mit einer solch umwerfenden Aussicht über den See hinweg können nicht mal sehr viele normale Campingplätze aufwarten, geschweige denn solche, auf denen man noch ein Festival besuchen kann. Von diesem Anblick beschwingt, nehmen wir voller Vorfreude den kurzen Weg runter zum Eingang unter die Füsse und erhalten dort unsere Bändchen. Ein letztes Gruppenfoto unter dem Banner mit dem Logo drauf und ab gehts ins Infield.

Das ist im Gegensatz zum Zeltplatz nicht mehr am Hang, sondern auf einer ebenen Fläche gelegen und – so stellt sich schnell heraus – ziemlich gut strukturiert. Die VIP-Tribüne grenzt die zum See hin gelegene Doppelbühne ab von den Verpflegungs- und Verkaufsständen, während es an den Seiten zwei kleine überdachte Bereiche bei den Bars gibt. Alles ist jeweils nur ein Steinwurf voneinander entfernt, was in Kombination mit der Direktheit der Wege dazu führt, dass lange Fussmärsche kein Thema sind hier am Rock The Lakes. Wir brauchen uns also bloss umzudrehen und stehen vor der respektive den Bühnen. Dort machen sich All for Metal bereit, meine persönliche Festivaleröffnung zu werden.

All for Metal

Nun sind die Heavy Metaller aus Deutschland und Italien eine Band, die mich ab Konserve immer etwas skeptisch zurücklässt. Doch vielleicht sieht das live ja anders aus? Kommt hinzu, dass ich von Metalmitinsider Kaufi eine klare Empfehlung erhalten habe, mir den Auftritt anzusehen. Da lasse ich mich natürlich darauf ein, man weiss ja nie. Vom filmmusikreifen Intro mit anschliessender Bandhymne „All for Metal“ weg wird augenfällig, dass All for Metal im Rahmen ihres begrenzten Budgets den Fans so viel Show wie möglich bieten möchten. Auf jeden Fall sprechen die beiden Tänzerinnen, die zudem da und dort mit Flammenwerfern hantieren, dafür. Die zwei sind aber nicht die einzigen Aktivposten auf der Bühne, im Gegenteil: Die ganze Band zeigt sich bewegungsfreudig und posiert ganz viel, allen voran natürlich Teztel und Antonio, die im Gegensatz zu den Instrumentalisten ja auch bloss ein Mikrofon durch die Gegend tragen müssen. Wobei insbesondere Tetzel keinerlei Mühe damit hat, mehr Gewicht zu stemmen.

„Flex with me“, röhrt er zwischendurch ins Publikum, um gleich darauf den Bizeps anzuspannen, doch bei seinen ausgeprägten Oberarmmuskeln nehmen es ziemlich sicher nur Verrückte auf mit ihm. Antonio hebt er glatt, ohne mit der Wimper zu zucken, mal rasch auf die Schulter. Der nimmts mit Humor, obwohl die Einlage sichtlich einstudiert ist. Generell lassen alle Beteiligten da oben auf der Stage durchblicken, dass zwischen ihnen die Chemie stimmt und sie Spass daran haben, hier aufzutreten. Deshalb nimmt man ihnen nicht nur die Ansagen ab, in denen es immer wieder um den Zusammenhalt der Metalszene geht, sondern kann sich ebenso wenig ein Grinsen verkneifen, wenn sie einen gespielten Wettbewerb abhalten, wer jetzt den Holzhammer, den Tetzel auf die Bühne schleppt, hochzuheben vermag. Das bringt die Band so hingebungsvoll rüber, dass es einen schlicht amüsiert und sich alle freuen, die einen in die Menge geworfenen Bierdeckel erhaschen. Musikalisch ändert sich mein Eindruck dabei wenig. Die Songs, sei es „Gods of Metal“ oder „Born in Valhalla“, klingen genau gleich wie ab Platte, was unter anderem sicher daran liegt, dass sämtliche Samples ab Band kommen. All for Metal sind einfach so etwas wie der Big Mac der Heavy-Metal-Szene: Auf die Dauer nicht sättigend, aber für den schnellen Kick an einem Festival brauchbar.

Und da wir nun vom Gedanken an Fast Food hungrig geworden sind, überlassen wir Rise of the Northstar mitsamt ihrem Deko-Kirschbaum in voller Blüte den entsprechenden Fans und holen uns etwas aus dem mannigfaltigen Angebot.

Insomnium

Pünktlich zu Insomnium sind wir wieder zurück vor der Bühne. Zwischen den Bands liegen jeweils nur fünf Minuten Pause, die Intensität bleibt daher hoch. Die Finnen haben „1696“, den Quasi-Titeltrack ihres letzten Albums auserkoren, um das Set zu beginnen. Eine gute Wahl, möchte ich sagen, zeigt er doch einen guten Querschnitt durch die musikalischen Qualitäten von Insomnium. Die Abmischung ist nicht ganz auf demselben hohen Niveau wie bei All for Metal zuvor, bewegt sich aber in einem ganz akzeptablen Rahmen. Die Show ist ganz solide, wobei ich überrascht bin, dass Niilo Sevänen zweimal einen Circlepit ansagt. Das ist jeweils eine leichte Gratwanderung, lädt der melancholische Melodic Death Metal doch eher zum Schwelgen als zum Herumrennen ein. Die Resonanz auf die Aufforderung ist denn auch nicht gewaltig. Die Leute schütteln lieber die Köpfe zu Krachern wie „White Christ“, das in seiner Live-Version nochmals eine Spur druckvoller um die Ecke kommt. Ein weiteres Highlight ist natürlich wie immer „While We Sleep“, nach dem „Heart like a Grave“ das Set schön beschliesst. Zusammengefasst kann man sagen: Abgesehen von der eher durchzogenen Qualität der Backing Vocals ein schönes Konzert und Niilo hat seinen Circlepit unter der sengenden Sonne doch noch bekommen, was ihm ein zufriedenes Grinsen entlockt. Dieses stiehlt sich ebenfalls in die Gesichter seiner Bandkollegen, als sie nach rund 45 Minuten ihren verdienten Schlussapplaus in Empfang nehmen und sich anschliessend von uns verabschieden.

Nach dieser genüsslichen Dreiviertelstunde kümmern wir uns erst mal um die Regulierung unseres Flüssigkeitshaushaltes, was dank der an mehreren auf dem Gelände verteilten Wasserstellen kein Problem darstellt.

Amaranthe

Zu Amaranthe sind wir dann wieder zurück vor der Casino Neuchâtel Stage, wie die rechte der beiden Bühnen offiziell heisst. Meinen Erstkontakt mit der Band, was das konzertante Erleben angeht, hatte ich letztes Jahr am Wacken Open Air und eigentlich standen die Schweden für mich heute gar nicht auf dem Plan. Aber wie das so ist mit Plänen: Die können sich auch ändern. Konkret ist es Nils Molin (aufgrund seiner Aktivitäten bei Dynazty), der einige Mitglieder unserer Festivaltruppe den Wunsch äussern lasst, dem Auftritt von Amaranthe beizuwohnen. Das Sextett zeigt sich gutgelaunt und professionell aufeinander eingespielt. Unterstützung erhalten die Modern Melodic Metaller visuell von Dampfsäulen, die Geysiren gleich regelmässig am Bühnenrand in den Himmel zischen und akustisch von einer Toncrew, die ihr Handwerk versteht. Die Arrangements von Songs wie „Drop Dead Cynical“ stellen Sängerin Elize Ryd in den Fokus, tatsächlich ist es aber Nils, dessen Gesangsleistung den Auftritt über die modernen elektronischen Samples hinweg trägt. Ja, da kommt sehr viel ab Band, doch als Ausgleich dafür können wir uns über die gesangliche Leistung und an Bassist Johan Andreassen erfreuen, der vollkommen in seinem Element aufgeht, was zum Effekt hat, dass er kaum eine Sekunde ruhig steht.

„That Song“ wird natürlich ebenfalls gespielt und schafft es ob seiner (noch ausgeprägteren) Nähe zur Popmusik nicht, an den Rest des Sets anzuschliessen. Ganz im Gegensatz zu „Amaranthine“, das einen ruhigen Moment innerhalb des ganzen tonalen Blitzlichtgewitters kreiert. Dabei befinden sich Amaranthe gemäss eigenen Aussagen auf der Mission, herauszufinden, welches das lauteste Festival dieses Sommers ist. Damit haben sie die Fans natürlich auf ihrer Seite, alles brüllt in den azurblauen Himmel hinaus. Vermutlich sind zu wenige Leute vor der Bühne anwesend, als dass es dem Rock the Lakes für den Sieg in dieser Disziplin reichen würde, doch die Truppe schweigt sich darüber aus, wie denn nun unsere Leistung im Vergleich so dasteht. Diejenige der Band kann sich jedenfalls sehen lassen. Wenn selbst unser eingefleischter, gruppeninterner Death-Metaller am Ende findet, dass der Auftritt um einiges besser gewesen sei als erwartet, dann kann ich nämlich bedenkenlos festhalten, dass Amaranthe nicht allzu viel falsch gemacht haben.

Exodus

Einen kurzen Bühnenwechsel später stehen wir vor dem Backdrop von Exodus, flankiert von einem wunderschönen Sonnenuntergang auf der linken Seite der Bühnenkonstruktion. Über die Lautsprecher ertönt „Zehn kleine Jägermeister“, an das die Thrash Metaller mit „Bonded by Blood“ anschliessen. Das ist der Auftakt zu einem abwechslungsreichen Set, bei dem das Augenmerk gleichermassen auf stampfenden Riff-Monstern liegt, wie schnelle Melodie-Knaller zum Zuge kommen. Die unaufgeregte Show wirkt da beinahe wie ein Understatement. Kümmert das Publikum aber überhaupt nicht. Das findet nämlich gefallen am Old-School-Thrash-Metal aus der Bay Area, sodass sich bald einmal ein kleiner Moshpit bildet, der über mehrere Songs hinweg nicht an Bewegung einbüsst. Weniger erwartet ist die Polonaise, die sich urplötzlich durch die Menge schlängelt. Ein sehr ungewohnter Anblick an einem Konzert in diesem Subgenre. „Blood in, Blood out“, „Prescribing Horror“ oder „A Lesson in Violence“, um nur einige Songs aus dem Programm hervorzuheben, sind musikalisch wie inhaltlich einfach derart weit weg von dieser Art von Publikumsaktivität. Exodus arbeiten sich derweil davon unbehelligt durch ihr Set, setzen auf unprätentiöse Ansagen, deren Natürlichkeit sympathisch ist, und hinterlassen bei mir einen positiven Eindruck: Erstkontakt geglückt und erfolgreich zur Weiterempfehlung beworben. Einzig, die anstrengende Lichtausrichtung gegen Ende des Auftritts hin, hätte nicht sein müssen. Es macht halt schon viel mehr Spass, beim Blick auf die Bühne die Band zu erspähen, statt von direkt in die Publikumsreihen gerichteten Scheinwerfern schmerzhaft geblendet zu werden. Hoffen wir, dass das bei der nächsten Band besser sein wird.

Amorphis

Mittlerweile ist es nämlich dunkel geworden über dem Rock the Lakes 2024. Unter uns am See legt sich Cudrefin langsam zur Ruhe, während Amorphis dafür sorgen, dass hier oben noch nicht so bald an Ausruhen zu denken ist. Mit ihrer ausgewogenen Mischung aus süsslichen Melodien und krachendem Progressive Death Metal, gehören die Finnen zu den Bands, die bei uns teamintern auf sehr breite Zustimmung treffen. So habe auch ich sie an vergangenen Konzerten zu schätzen gelernt und freue mich auf etwas mehr als eine Stunde schöner Musik. Bereits mit dem ersten Stück nimmt uns das Sextett mit auf eine Reise „Northwards“, wo wir in diese Tonfolgen eintauchen können, die typisch für finnischen Metal sind. Mit den Songtiteln scheint die Truppe heute sowieso ein goldenes Händchen zu beweisen: „On the Dark Waters“ scheint wie gemacht zu sein, oberhalb des Neuenburgersees gespielt zu werden und während „The Moon“ hüllt – wie könnte es anders sein – der Mond das Festivalgelände in sein silbernes Licht.

„Black Winter Day“ tanzt da etwas aus der Reihe, denn obwohl es mittlerweile leicht zu regnen begonnen hat, sind wir noch meilenweit von der kalten Jahreszeit entfernt. Doch die eingetrübte Witterung vermag die Stimmung nicht zu beeinträchtigen. Amorphis haben heute einen Glückstag, an dem alle Zahnräder gut geölt ineinandergreifen. Nebst einer angenehmen Lichtshow können sie auf eine gute Abmischung zählen, harmonieren eingespielt auf der Bühne und haben erst noch einen Live-Keyboarder in ihren Reihen, anstatt auf Samples zu setzen. Kein Wunder, holt mich der Auftritt voll ab. Das Songmaterial tut sein Übriges und zwar nicht erst mit dem als bekanntesten Song der Band angesagten „House of Sleep“. Trotzdem bewahrheitet sich das Sprichwort, das Beste kommt zum Schluss. Die Rede ist von „The Bee“, mit dem Amorphis nichts anderes als einen Hit gelandet haben. Diese Komposition ist der energetische Kulminationspunkt des Auftritts und setzt mit seiner melancholisch-hoffnungsvollen Note gleichzeitig perfekt das finale Schlusszeichen hinter ein gelungenes Set.

Die Fotos Amorphis

Behemoth

Behemoth knüpfen also an eine hochwertige Ausgangslage an, als sie ihr Intro abspielen und dazu hinter einem weissen Tuch, das die ganze Bühne verhüllt, eine Einleitung bestehend aus überlebensgrossen Schattenspielen zum Besten geben. Das ist nicht nur originell, sondern sieht darüber hinaus cool aus. Mit diesem Beginn erzeugen die Polen eine so gelungene Atmosphäre, dass beinahe enttäuschend ist, was das Auge erblickt, nachdem der Vorhang gefallen ist. Links und rechts der Bühne präsentiert sich je ein kleiner Gerüstturm, dazwischen drei verzierte Notenständer. Das alles macht einen etwas gar nüchternen Eindruck, womit Behemoth das Momentum des Intros nicht in vollem Masse ins erste „richtige“ Lied, „Once Upon a Pale Horse“, überführen können. Dem wirkt die Truppe im Folgenden mit Feuer entgegen, viel Feuer. Neben den bei Konzerten oft gesehenen Flammenstössen am Bühnenrand kommt eine Flammenwand vor dem Schlagzeug zum Einsatz und selbst eine kurze Feuerspuckeinlage findet ihren Platz im Set.

Doch die lodernden Effekte können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Mix aus Black und Death Metal Mühe bekundet, beim zahlreich vorhandenen Publikum so richtig zu verfangen. Erst bei „Ov Fire and the Void“ tauen die Leute etwas mehr auf und bleiben am Ball beim anschliessenden „Cursed Angel of Doom“. Frontmann Nergal lässt darob einen leicht genervten Eindruck bei seinen Ansagen durchschimmern, was dazu führt, dass ich nicht mehr ganz sicher bin, wie verachtungsvoll die Anrede als „Cunts“ nun wirklich gemeint ist.

Doch Behemoth haben ihre heissesten Eisen bisher noch nicht aus dem Ofen genommen. Das ändert sich jetzt, als das letzte Drittel des Auftritts anbricht. Nergal hat in der Zwischenzeit bereits mehrfach sein Outfit gewechselt und trägt gerade Kapuze, passend zu „Bartzabel“, das nun die von einem Auftritt dieses Kalibers erwartete Grandeur zeigt. Gemeinsam mit dem Schlussstück „O Father O Satan O Sun!“ zeigt es, dass die Band den Erwartungen an ihre hohe Position im Line-up gerecht zu werden vermag. Das bringt für Freunde ihrer musikalischen Ausrichtung ein zufriedenstellendes Gefühl mit sich, ist es doch bemerkenswert, dass eine Gruppe aus dem Subgenre, dem Behemoth entstammen, die Headlinerposition inne hat an einem Festival, wie es das Rock the Lakes ist.

Die Fotos Behemoth

Comeback Kid

Nun folgt noch eine letzte Band. Der Deadliner nach dem Headliner. Den Ausdruck habe ich noch nie gehört, aber er wird von Comeback Kid selber ins Feld geführt und hat die Aufnahme in den üblichen Sprachgebrauch verdient. Bewegungstechnisch äusserst aktiv, fokussieren sich die Hardcore Punker aus Kanada von Beginn weg darauf, die mittlerweile etwas dezimierte Menge für den Abschluss des heutigen Festivaltages nochmals zu motivieren. Ihnen kommt entgegen, dass der Regen bereits seit dem Beginn des vorangehenden Konzertes aufgehört hat und somit trockene Verhältnisse herrschen.

Weniger Unterstützung erhalten die Kanadier durch die Technikcrew. Zum einen kriegen wir es mit einem stark dröhnenden Bass zu tun, der viel des restlichen Klangs unter sich begräbt, und zum anderen scheint, wer auch immer an den Lichtreglern sitzt, es für eine gute Idee zu halten, ein Stroboskop in die Menge zu richten und fleissig zur Untermalung des Auftritts zu verwenden. Das Zuschauen wird durch diese Beleuchtungswahl zu einer anstrengenden, ja beinahe qualvollen Angelegenheit. Das müsste nicht sein, denn Comeback Kid laden mit ihrer sympathischen Art dazu ein, sich auf die Band einzulassen und gemeinsam eine gute Zeit zu haben. Doch so vergeht mir irgendwann die Lust und ich beschliesse, meine Sehnerven zu schonen, indem ich den Heimweg in unser Camp antrete. Morgen ist ebenfalls noch ein Tag und Comeback Kid werde ich hoffentlich bei einer anderen Gelegenheit unter besseren Bedingungen geniessen können.

Rock the Lakes 2024 – Tag 2 (Samstag, 17. August)

Nach einer ruhigen Nacht – laute Partys auf dem Zeltplatz blieben zum Glück aus – tauschen wir beim ausgiebigen Frühstück unsere Eindrücke von den Neuigkeiten des Rock The Lakes aus. Von allen Seiten gelobt werden das vielfältige Essensangebot und die zahlreichen Sitzgelegenheiten. Aufgrund der Hitze erklingt mehrfach der Wunsch nach einigen zusätzlichen beschatteten Bereichen. Die vorhandenen Flächen waren gestern jeweils sehr schnell gefüllt. Zudem wünschten wir uns vier oder fünf Abfalleimer mehr auf dem Gelände. Gerade bei den positiv hervorzuhebenden Recyclingstationen fehlt jeweils eine Möglichkeit, den „normalen“ Abfall gleich am selben Ort zu entsorgen. Das ist nicht schlimm, aber hier könnte mit wenig Aufwand eine Verbesserung erreicht werden.

Natürlich werden danach die gestrigen Tageshighlights angerissen und da kristallisieren sich Amorphis als klare Favoriten heraus, wobei Exodus ebenfalls einige Nennungen erhalten. Bei all diesen Diskussionen vergeht die Zeit wie im Flug und deshalb machen wir uns nun auf den Weg zur Iceberg Company Stage.

Kassogtha

Das ist die linke Hälfte der Zwillingsbühne, auf der sich jetzt Kassogtha anschicken, uns mit progressivem Death Metal einzuheizen. Die haben einen beachtlichen Fanclub mitgebracht, der sich zu meiner Rechten positioniert hat, wo er für angemessene Stimmung sorgt. Angemessen im Sinne, dass Kassogtha eine prima Leistung zeigen.

Die Truppe aus Genf hat in der Vergangenheit bereits wiederholt gute Leistungen auf der Bühne gezeigt. Das Quintett fällt heute wieder mit seiner fröhlichen Grundstimmung auf, die sich unter anderem in einem breiten Grinsen niederschlägt, welches immer wieder Stéphanies Gesicht ziert. Das steckt das Publikum an, das mit an Bord ist und wild die Haarpracht fliegen lässt oder gleich zum Herumrennen im Kreis ansetzt.

Das Rock The Lakes 2024 kann an seinem zweiten Tag also auf eine standesgemässe Eröffnung zählen. Dies betrifft auch das Songmaterial, zu dem heute nicht nur bekannte Kompositionen wie „Venom“, sondern ebenfalls die neuste Single „Rise“ gehören. Letzteres animiert einige Fans vor mir, ihre Seifenblasenpistole im Dauerfeuermodus einzusetzen und damit für einen ungeplanten Effekt zu sorgen, der überraschend gut zur technisch verspielten Musik passt. Eine weitere Ansage auf Französisch später sind wir dann bereits beim letzten Lied angelangt. Dreissig Minuten sind nicht sehr viel. Kassogtha haben sie gekonnt ausgenutzt, um wieder einmal zu zeigen, dass sich ein Besuch ihrer Konzerte lohnt.

Thrown

Die Hitze treibt uns im Anschluss unter eines der Sonnensegel, von wo aus wir die rechte Bühne noch im Blick haben und deshalb den Auftritt von Thrown verfolgen können. Hitze scheint bei denen kein Thema zu sein, steht nämlich der eine Gitarrist knallhart mit einem Kapuzenpullover da oben. Die Schweden gehören mit ihrem Metalcore zum Subgenre, das den grössten Anteil hat an der diesjährigen Festivalausgabe und sind erst seit 2021 aktiv. Infolge dieser kurzen Zeit der Existenz haben Thrown erst eine EP mit im Gepäck, das Debütalbum wird dann in knapp zwei Wochen Ende August erscheinen.

Vielleicht ist ebenfalls das junge Alter dafür verantwortlich, dass der Auftritt grösstenteils ziemlich introvertiert wirkt. Ansagen sind zwar Teil der Show, doch knappgehalten und ohne grosse Adressierung der Fans vor der Stage. In Verbindung mit den vielen Spuren ab Band haut mich das nicht gerade aus den Socken. Und wenn ich viele Spuren ab Band erwähne, meine ich nicht nur die elektronischen Samples, sondern genauso die ganze Bassstimme. Nach etwas mehr als einer halben Stunde endet der Auftritt sehr abrupt: Der letzte Ton ist erklungen, ein kurzes „Thank you“ vom Frontmann und Thrown verschwinden von der Bühne, ohne sich nochmals umzudrehen. Nun gut, ich muss jetzt sowieso weiter zum Pressezelt.

Interview mit Daniel Botteron

Dort ist mein Treffpunkt für das in zehn Minuten anstehende Interview. Mit wem? Niemand geringerem als dem Gründer des Festivals Monsieur Daniel Botteron. Ich durfte Daniel bereits an den beiden vergangenen Ausgaben des Rock The Lakes ganz kurz kennenlernen und freue mich deshalb sehr, ihm einige Fragen zur Organisation stellen zu dürfen. Das Ganze findet Backstage statt, wo wir gleich noch kurz in Sakis Tolis hineinlaufen, der später die Bühne unsicher machen wird.

Daniel empfängt mich total entspannt und stellt sich bereitwillig meinen Fragen. Ein gewisser Stolz auf das, was er erreicht hat, kann er (zurecht) nicht ganz verbergen. So erzählt er mir gleich zu Beginn, dass das mediale Interesse dieses Jahr stark zugenommen hat. Der Westschweizer Radiosender Couleur 3 hat mehrere Stunden vom Festival übertragen darunter ein langes Interview mit Daniel selbst. Ausserdem wird es morgen Abend einen Beitrag in der Tagesschau auf RTS geben (den könnt ihr mittlerweile hier nachschauen).

Doch auch über meinen Besuch als Vertreter von Metalinside.ch freut er sich ehrlich und berichtet auf meine Nachfrage hin, dass dieses Jahr 15’000 Besucherinnen und Besucher gekommen sind, also 5000 pro Tag. Wie sie vom OK denn am neuen Ort aufgenommen wurden und diesen überhaupt gefunden haben, möchte ich als nächstes wissen. Der Kontakt mit dem Landwirt Florian Etter, dem das Gelände gehört, kam über jemanden aus dem Organisationsteam zustande. Die Gemeinde Cudrefin war glücklich, dass das Rock The Lakes 2024 zu ihnen gezogen ist, während man umgekehrt in Vallamand traurig über den Wegzug war. Die Zusammenarbeit mit den Behörden gestalte sich sehr gut und angenehm, es gebe einen transparenten Austausch, den er, Daniel, sehr schätze.

Gab es denn gar keine Herausforderungen bei der Organisation? Doch, sagt der Festivalgründer, der seine Inspiration übrigens mehrheitlich aus dem Bang Your Head und Rock of Ages gezogen hat. Da sie als Verein organisiert seien, sei vor allem die Suche nach den vielen Freiwilligen sowie deren Einweisung etwas, das sie herausfordern würde. Dieses Jahr gibt es zudem Unstimmigkeiten in Bezug auf die Übernachtungssituation, die das OK leider zu spät bemerkt habe, um sie noch korrigieren zu können. Das ist mir ebenfalls bereits aufgefallen: Infolge ungenügender Einweisung haben die Campingflächen nicht für alle gereicht, so dass am Ende diverse Leute ihr Camp auf dem Parkplatz aufgebaut haben.

Daniel bittet mich explizit darum, zu schreiben, dass er sich dafür bei allen Betroffenen entschuldige und verspricht, dass die ganze Sache nächstes Jahr besser werden wird. Apropos nächstes Jahr: 2025 wird das Rock The Lakes definitiv wieder stattfinden, und zwar vom 15.-17. August. Das freut mich (und vermutlich viele andere) sehr zu hören. Wird das Festival dann nochmals grösser werden? Nein, nein, winkt „Monsieur RTL“ ab. Einen Tick mehr Besucher hätten noch Platz auf dem Gelände, so dass es insgesamt 6000 sein werden, aber eine erneute Vergrösserung ist kein Thema. Im Gegenteil: Das Rock the Lakes 2024 entspricht ziemlich genau der Vision, die Daniel von seinem Festival hatte und nach wie vor hat. Er und sein Team gäben sich Mühe, dass der überschaubare Charakter des Anlasses erhalten bliebe, denn dieser zählt für ihn zu den Stärken des Festivals.

Die Zwillingsbühne hat aber schon dafür gesorgt, dass mehr los ist, merke ich an, woraufhin er mir erklärt, dass das Konzept der Zwillingsbühne mit der Gestaltung der Running Order verknüpft sei. Sie hätten im Vorfeld Kritik erhalten, dass sie die unterschiedlichen Stilrichtungen auf die verschiedenen Tage verteilt hätten, damit die Leute vermehrt zu 3-Tages-Pässen statt Tagestickets gegriffen hätten, doch dem sei nicht so. Vielmehr sei ihr Konzept, dass durch die stilistische Durchmischung immer wieder persönliche Pausen entstünden, wenn mal eine Band spiele, die einen nicht interessiere. Für einige wenige sehr breit Begeisterte hat die Intensität dadurch massiv zugenommen, stellen wir gemeinsam fest, doch für die grosse Mehrheit der Besucherinnen und Besucher dürfte die Idee aufgehen. Da liegt mir natürlich die Frage auf der Zunge, ob es ihm trotz all seiner Aufgaben am Festival möglich ist, den einen oder anderen Auftritt zu geniessen.

Dem sei so, erklärt Daniel verschmitzt. Er werde zwar die ganze Zeit mit sehr vielen Fragen angegangen, doch beispielsweise Lionheart und Vicious Rain habe er sich ansehen können. Im Gespräch merke ich, dass er ein gewisses Faible für Hardcore und Metalcore hat, was vermutlich auch erklärt, weshalb die beiden Stilrichtungen dieses Jahr merklich mehr Raum einnehmen im Programm als in der Vergangenheit. Als wir schliesslich auf seinen Wunschheadliner für zukünftige Ausgaben des Rock the Lakes zu sprechen kommen, überrascht mich Daniel positiv: Es gehe ihm ehrlich gesagt nicht um die Headliner, sondern um die kleinen Gruppen. Die Headliner seien vor allem da, weil das Publikum sie möchte, er selbst erfreue sich viel mehr an den mittleren und kleinen Gruppen im Line-up.

Das sind in meinen Augen beste Voraussetzungen für eine rosige Zukunft. Ein schönes Schlusswort ist es genauso, denn für mich gebietet es sich nun, Daniel Botteron wieder für andere Aufgaben freizugeben. Obwohl ich in diesem entspannten Setting noch eine ganze Weile weiterplaudern könnte, möchte ich den Bogen nicht überspannen, haben wir die vereinbarte Interviewzeit doch bereits (auf seine entspannte Anregung hin) überzogen. Mir bleibt, zu danken für den interessanten Einblick hinter die Kulissen sowie für die Organisation des Rock The Lakes 2024 allgemein. Und damit gehts wieder zurück vor die Bühne.

Xandria

Auf welcher als nächstes Xandria eingeplant sind. Genau wie bei Thrown zuvor (und gemäss den Aussagen meiner Kollegen ebenso bei Vukovi, die während meines Interviewtermins gespielt haben) ist auf der Stage niemand zu sehen, der Bass spielen würde. Drei Bands hintereinander, hoffentlich werden nach den Live-Keyboardern nun nicht auch noch die Bassistinnen zu einer vom Aussterben bedrohten Spezies. Darüber hinaus ist der Gesang sehr leise abgemischt, für dieses Subgenre und seine definierenden klanglichen Merkmale nicht optimal.

Trotzdem findet der Symphonic Metal der aus Deutschland stammenden Combo Anklang im Publikum. Ambre Vourvahis trägt weiter dazu bei mit ihren Ansagen. Als auf die Frage, ob sie lieber Englisch oder Französisch sprechen soll, der Zuspruch für beide Sprachen ungefähr gleich verteilt ist, beschliesst sie spontan, diese abwechselnd zu verwenden. Das macht sie dann tatsächlich, womit ihr Sympathiepunkte und – für die konsequente Handhabung im weiteren Verlauf – Anerkennung sicher sind. Punkten können Xandria zudem mit einer gelungenen Songauswahl. Vom alten Klassiker „Valentine“ bis zur beinahe ofenfrischen Single „Universal“ bietet die Band ein abwechslungsreiches Programm. „Nightfall“ darf da natürlich genauso wenig fehlen wie das von Ambre als Kristallisationspunkt der Reinkarnation mit neuem Line-up herausgeschälte „Reborn“. Grössere Überraschungen bleiben allerdings aus, so dass mir der vierzigminütige Auftritt als solide in Erinnerung bleiben wird, ohne in Grossartigkeit aufzugehen.

Die Sonne brennt immer noch vom Himmel, als wir uns entscheiden, dem von Daniel erwähnten Konzept zu folgen und jetzt eine Pause einzulegen. Bei dieser Hitze passt wirklich nichts besser als Fondue (weil der Käse dank den Temperaturen sicher nicht zu stocken beginnt).

Crownshift

Zu Crownshift zieht es mich im Anschluss wieder vor die Bühne. Mit den fünf Herren blieb mir eine Begegnung bis anhin vorenthalten, die Finnen haben aber auch erst im Januar dieses Jahres damit begonnen, Material zu veröffentlichen. Bei meiner Hörprobe vor dem Festival muss ich einen der eher untypischen Songs erwischt haben, denn was mir hier entgegenschallt, ist viel stärker im Melodic Death Metal verwurzelt, als erwartet. Diesen reichern Crownshift mit vielen modernen Klangbildern an und erschaffen damit eine eigenständige Mischung. Mit-Metalinsider Dutti, der gleich neben mir steht, benennt es schlicht als Metal mit finnischem Gütesiegel. Dem kann ich zustimmen, die Band hat tatsächlich diese typisch finnischen Zutaten in ihrer Musik, komponiert allerdings Melodiebögen, welche eine Spur weniger melancholisch klingen, als es die üblichen Vertreter des Melodic Death Metal aus dem Land der tausend Seen tun.

Der Bass ist bei alldem etwas zu dominant im Mix, doch dafür wird er live gespielt und kommt nicht ab der Konserve. Die Musiker sind alles erfahrene Persönlichkeiten, die bereits bei diversen Szenegrössen im Einsatz sind oder waren. Mit der dort erworbenen Routine bringen sie das Konzert von Crownshift locker in trockene Tücher und sorgen für eine sehr positive Überraschung im Programm.

Rotting Christ

Das sieht bei der nun folgenden Band anders aus: Die ist bereits bekannt für druckvolle Konzerte von hoher Qualität, wie sie beispielsweise am letztjährigen Black Hole Fest unter Beweis gestellt hat (was hier nachzulesen ist). Die Rede ist von Rotting Christ. Im Gegensatz zu seinem entspannten Dasein im Backstage-Bereich, ist Frontmann Sakis Tolis fokussiert und voll bei der Sache. Die grosse Präsenz auf der Bühne gehört bekanntlich zu den Markenzeichen, welche die Band neben ihrer Mischung aus Gothic Metal und melodischem Black Metal auszeichnen.

Trotzdem drückt die Freude der Griechen durch: Ganz im Kontrast zur düsteren Musik, huscht immer wieder ein Lächeln über Salis’ Gesicht, das von viel Spass an der Sache zeugt. Kostas Heliotis geht es am Bass nicht anders und es ist schön zu sehen, wie die Band auch auf der grossen Bühne den Kontakt zu den Fans sucht. Von Unnahbarkeit keine Spur, was in Verbindung mit dem bereits erwähnten Spass dafür sorgt, dass die Fans bereits bei „Demonon Vrosis“ – das auf den atmosphärisch geprägten Opener „666“ folgt – voll auf die Musik eingehen und für Stimmung sorgen.

Überhaupt sind sehr viele Leute erschienen, um sich das Quartett anzusehen. Das Booking-Team hat offensichtlich einen Nerv getroffen mit dieser Verpflichtung. Bei einem derart druckvollen und sauberen Klang ist es selbstverständlich schwer, sich der mitreissenden Wirkung der Musik zu entziehen. Dabei ist die Setliste der Griechen nicht nur auf Festivalstimmung getrimmt, sondern enthält ebenfalls sperrigere Songs wie beispielsweise „Apage Satana“. Das grosse Highlight ist in meinen Ohren allerdings „Dies Irae“, das genau die richtige Mischung aus packenden Riffs und geheimnisvoller Atmosphäre bietet.

Zu „Grandis Spiritus Diavolos“ hüpft schliesslich das ganze Publikum nochmals wie wild, schüttelt in Abwechslung dazu die Mähne und geniesst einfach nur den starken Auftritt. Zusammengefasst lässt sich vorbehaltslos sagen: Rotting Christ sind immer ein Besuch wert, egal ob auf der kleinen oder grossen Bühne.

Die Fotos Rotting Christ

Brothers of Metal

Die wechseln wir einmal mehr und damit die musikalische Ausrichtung gleich mit. Power Metal ist angesagt, dargeboten von einer Truppe aus unserem namenstechnischen Verwechslungspartner Schweden. „We are Brothers of Metal and we are the best band at this festival!“ Nun, an Selbstvertrauen scheint es zumindest Mats Nilsson, der die Ansagen übernimmt, nicht zu fehlen. Kann der Achter aus dem Norden halten, was er verspricht? Bisher hatte ich noch nie die Möglichkeit, diese Frage zu beantworten, handelt es sich doch um meinen konzertanten Erstkontakt mit der Gruppe.

Mit „Prophecy of Ragnarök“ an dritter Stelle im Set legen Brothers of Metal auf jeden Fall die Grundlage für eine grosse Party in der vorderen Hälfte des Publikums. „Axe time! Sword time!“ erschallt es mannigfaltig um uns herum, als die eingängig komponierten Melodien die volle Macht ihrer Livewirkung entfalten und zu begeisterter Beteiligung mitreissen. „Njord“ sorgt nicht weniger für Stimmung, indem es die Fans gemeinsam mit der Band hüpfen lässt. Und dies, obwohl der Gesang nach Xandria bereits zum zweiten Mal auf der Casino Neuchâtel Stage noch eine ganze Spur lauter sein dürfte. Immerhin kommen die Ansagen klar rüber. Wäre auch schade gewesen, wenn uns der trockene Humor darin verwehrt geblieben wäre.

Klar, da ist der eine oder andere Flachwitz darunter und die Bandvorstellung zieht sich ein bisschen in die Länge, doch wie überhaupt während der ganzen Show hilft das sympathische sinnbildliche Augenzwinkern der Truppe darüber hinweg. Es ist dieser an allen Ecken hervorquellende Spass in Verbindung mit einer aufrichtigen Dankbarkeit, der mit offenen Armen dazu einlädt, gemeinsam mit den Brothers of Metal eine gute Zeit zu haben. Zum Glück wirkt das nie übertrieben, die Schweden schaffen die Wanderung auf dem schmalen Grat und umgehen die Gefahr eines Absturzes in die Lächerlichkeit. Exemplarisch dafür steht „Yggdrasil“, die Ballade. Ylva Eriksson übernimmt gesanglich die Hauptrolle, eine Band im Rücken, die sich zusammen mit ihr komplett auf dieses ruhige Stück einlassen kann. Hier geht es nicht mehr um Witzeleien wie bei den Ansagen, sondern schlicht um die Musik.

So ebenfalls beim abschliessenden „Fire Blood and Steel“, bei dem die Menge unterteil in drei Segmente jeweils eines der drei Wörter aus dem Titel zum Refrain beisteuern soll. Rasch zeigen sich zwei Dinge. Erstens, dass es gar nicht so einfach ist, nur das zugewiesene Wort zu brüllen und nicht den ganzen Refrain mitzusingen. Und zweitens, dass der Song ein gnadenloser Ohrwurm ist, den wir alle vermutlich nicht so schnell wieder loswerden werden. Nach einer Dreiviertelstunde ist klar: Der Titel der besten Band des Festivals mag zu hoch gegriffen sein, dafür stauben die Brothers of Metal im Vorübergehen mal eben die Auszeichnung für den grössten Spass bis jetzt ab und deshalb geht es nun mit einem lauten „Fire Blood and Steeeeel…“ in die Pause.

Die Fotos Brothers of Metal

Die Fotos Caliban

Dark Tranquillity

Aus der kehren wir wieder zurück für Dark Tranquillity. Die Pioniere des Göteborger Melodic Death Metal stehen bereits seit geraumer Zeit auf der Liste der Bands, die ich gerne einmal sehen möchte und nun klappt es endlich. Dass der Gesang schon wieder sehr leise ist, das jedoch bisher nur auf dieser der rechten Bühne der Fall ist, legt die Vermutung nahe, dass wir es diesbezüglich mit einer persönlichen Vorliebe der Person am Mischpult zu tun haben. Im Verlauf des Konzerts ändert sich das bei Dark Tranquillity zum Besseren und weil der Sound ansonsten nach wie vor sehr gut ist, fällt es auch vorher nicht allzu negativ ins Gewicht. Negativität ist sowieso ein Wort, das nur schwer Platz hat im Umfeld von Mikael Stanne. Der gute Herr kommt ja aus dem Strahlen kaum mehr heraus, was bei mir einen gewinnenden Eindruck hinterlässt.

Darüber hinaus kann ich eine Ehrennennung vergeben, und zwar an Martin Brändström, ein weiteres Exemplar der Gattung Live-Keyboarder. Da in den Stücken der Göteborger diese Elemente einen nicht zu unterschätzenden Teil einnehmen, ist es eine grosse Freude, dass die entsprechenden Einsätze nicht einfach vom Band kommen. Die Fans würdigen das kompakte und eingespielte Auftreten der Bands bald einmal mit einem Moshpit, der das ganze Konzert über in Bewegung bleibt und jeweils nur ganz kurz für die Weitergabe von verschiedenen Crowdsurfern pausiert wird. Die passenden Stücke dafür können Dark Tranquillity problemlos aus dem Ärmel schütteln. Sei es die neue Single „Unforgivable“, das über zwanzigjährige „Cathode Ray Sunshine“ oder der zeitlich dazwischen angesiedelte Titeltrack des Atoma-Albums: Sie alle fügen sich zu einem stilistisch klar eingegrenzten homogen Gesamten zusammen, das den ganzen Auftritt hindurch für eine gleichbleibend hohe Qualität sorgt. Das Warten auf den Erstkontakt hat sich also gelohnt.

Die Fotos Dark Tranquillity

The Amity Affliction

Während nun The Amity Affliction beginnen, mit viel elektronischen Einflüssen und Feuer die Metalcore-Liebhaber zu bedienen, habe ich mit pam abgemacht, um das Interview mit Daniel Botteron heute Nachmittag zu rekapitulieren (Ihr erinnert euch: Es ist vom Festival angedacht Pausen einzulegen, während Bands spielen, mit denen man weniger anfangen kann). Wir sind mitten im Gespräch, als es auf der Bühne knackt und urplötzlich die Soundanlage ausfällt. Der Schallpegel ist damit drastisch gesunken, was uns zwar für unsere Diskussion entgegenkommt, die Bühnencrew aber mit Sicherheit ins Schwitzen bringt. Die versteht ihr Handwerk jedoch gut und so geht es nur wenige Minuten, bis die Boxentürme wieder vibrieren und das Rock The Lakes 2024 zum Beben bringen.

Die Fotos The Amity Affliction

Beast in Black

Bevor Beast in Black beginnen, verabschieden wir uns von pam, der mit dem vor Discoversatzstücken triefenden Power Metal der Finnen nur wenig anzufangen weiss. Zugegeben, auch bei mir überschreitet die Musik in zu grossen Dosen manchmal eine Grenze, was die elektronischen Anteile anbelangt, doch an einem Konzert kann das durchaus funktionieren, wie ich in der Vergangenheit bereits herausgefunden habe. Das Publikum des Rock The Lakes ist Beast in Black ungeachtet meiner Vorbehalte sowieso gewogen, ansonsten hätte die Band kaum ihr offizielles Musikvideo zu „Blade Runner“ an der Erstausgabe vor zwei Jahren in Vallamand gedreht. Die Zeichen stehen also auf Party und dieser Modus wird um mich herum begeistert aktiviert, da ist der erste Refrain noch nicht verklungen. Es ist beinahe unmöglich, sich der guten Laune hier im vorderen Drittel der Publikumsreihen zu entziehen, wenn zu „Sweet True Lies“ alle herumspringen. Die Leute tanzen ausgelassen, während die vier Kids auf den Schultern ihrer Eltern vor uns doch tatsächlich ziemlich textsicher mitsingen. Um uns herum sind zwei weitere Kinder, deren neonfarbene 3M-Kapselgehörschützer so gut zur gespielten Musik passen wie sonst an keinem Metalkonzert. Aber egal welchen Gehörschutz man verwendet, der Sound ist hervorragend abgemischt. Jedes Instrument ist gut zu hören, was genauso auf den Gesang zutrifft. Der ruft bei mir aber leichte Sorgenfalten hervor.

Yannis Papadopoulos‘ Stimme klingt kratziger als ich sie in Erinnerung habe und ich hoffe, dass er sie nicht überstrapaziert hat, ist er doch wahrlich mit einem ausserordentlichen Gesangsorgan gesegnet, dessen Verlust eine Tragödie für die Metalwelt wäre. Wird aber sicher nur eine Erkältung sein, denke ich mir, als es prompt zu regnen beginnt. Die Tänzer um mich herum nehmen ebenso wenig Notiz davon, wie es die Crowdsurferinnen davon abhält, über den Köpfen der Menge dahin zu schweben. Mit „Power of the Beast“ schrauben Beast in Black das Tempo weiter hoch. Wenn sie dann voller Spielfreude noch Hits wie ihre Bandhymne oder „Blind and Frozen“ hinterher schieben, dann mutiert sogar eine Wall of Death nach dem Zusammenprall sofort zu einem Partyknäuel statt einem Moshpit. Für den grossen Zuspruch bedankt sich die Truppe um Mastermind Anton Kabanen wiederholt im Rahmen der Bandvorstellung oder einfach während den Ansagen, bis es dann langsam, aber sicher Zeit ist, zum Ende zu kommen. Doch bevor es soweit ist, erreichen die Ausbrüche an Fröhlichkeit unter den Zuhörerinnen und Zuhörern nochmals einen Höhepunkt mit „One Night in Tokyo“, sodass es absolut niemanden verwundert, dass Beast in Black ihr Konzert – und die damit verbundene Fete – schliesslich unter lautem Jubel beenden.

Ansprache von Daniel Botteron

Der Regen hat nun um einiges zugelegt, als unmittelbar im Anschluss Festivalchef Daniel Botteron die Bühne betritt und einige Worte an uns richten möchte. Die ersten davon kommen ihm noch ganz flott über die Lippen, aber dann muss er seine Rede unterbrechen. Der Applaus der Menge geht ihm derart nahe, dass ihm die Stimme versagt und er sich mit Tränen der Rührung in den Augen erst wieder fangen muss, bevor er sich bei allen bedanken kann, die dazu beigetragen haben, dass das Rock the Lakes 2024 stattfinden konnte. Das schliesst neben den Behörden von Cudrefin, den unzähligen Freiwilligen und überhaupt allen Helfern vor allem die Person ein, welche im wahrsten Sinne des Wortes den Boden bereitet hat für das Festival: Florian Etter, der Landwirt, auf dessen Grundstück wir uns gerade befinden. Die Nennung seines Namens löst laute Florian-Florian-Sprechchöre aus, die über das Gelände schallen, in der Hoffnung, dass er die Dankesbekundung hören wird, wo auch immer er sich im Moment befindet. Als das Publikum aufhört zu skandieren, folgt die offizielle Verkündung der nächsten Ausgabe inklusive des entsprechenden Datums 15. bis 17. August 2025. Viel länger möchte uns Daniel nicht aufhalten, weshalb er uns entlässt mit dem Hinweis, dass es zwar regne, wir jetzt aber trotzdem alle zusammen mit ihm In Extremo schauen werden, weil wir Metalheads sind und keine Waschlappen.

In Extremo

Nun, dann leisten wir der Aufforderung doch Folge, womit wir nicht die einzigen sind. Vor der Bühne steht trotz des Niederschlags eine beachtliche Menge an Leuten, welche die deutschen Mittelalterrocker sehen möchten. Die fahren gleich mal mit viel, ja wirklich viel pyrotechnischen Spielereien ein. Natürlich haben sie ebenfalls ihr ganzes Arsenal an volkstümlichen Instrumenten im Gepäck: Harfe, Dudelsack und – was mein Herz besonders erfreut – ihr selbst konstruiertes Hackbrett. Leider verfangen die ersten paar Stücke nicht so richtig beim Publikum. Nach der ausgelassenen Party bei Beast in Black wirkt der Auftritt gerade so, als komme er nicht auf Touren. Auch bandeigenen Klassikern wie „Liam“ gelingt es nicht, das Eis komplett zu brechen. Um das zu tun, die klatschnassen Massen inmitten dieses Wolkenbruchs anzufeuern, bräuchte es jetzt eine mitreissende Darbietung, die das gemeinsame Zusammenstehen heraufbeschwört und damit das Feuer der Begeisterung entfacht.

In Extremo machen aber einen derart unmotivierten Eindruck, dass sie davon weit entfernt sind. Mit einer Ansage wie: „Ist echt scheisse, dass es regnet. Wobei… hier oben auf der Bühne ist es gar nicht so schlimm“, zementiert man halt eher die Distanz zwischen Publikum und Künstler, als dass man eine Verbrüderung im Geiste bewirkt. Klar, einen Song wie „Sängerkrieg“ oder „Weckt die Toten“ singen schon einige mit, doch der grosse Applaus bleibt im sich langsam bildenden Schlamm stecken. Das letzte Einhorn macht bei seinen Ansagen in der Folge einen je länger, je stärker genervten Eindruck. Schon klar, wäre ihm lieber, die Leute würden ob jeder Aufforderung ungehemmt jubeln, bloss braucht es dafür schlicht mehr Effort – besonders bei einer Witterung wie dieser. Dann sorgen wir mit einer kurzen Chapelloise-Einlage halt selber für Fröhlichkeit in den hinteren Reihen, während die Spielzeit von In Extremo unaufhaltsam abläuft. Ein Lichtblick gibt es aber noch, bevor dieser Auftritt zu Ende ist: „Spielmannsfluch“ verlangt von seinem Text her ja beinahe, unter dicken, fallenden Tropfen gespielt zu werden und tatsächlich tauen die Zuschauerinnen und Zuschauer ein wenig auf bei diesem Stück. Trotzdem rettet das In Extremo nicht vor dem finalen Verdikt, das da lautet: unbefriedigend.

Skáld

Als ob das Wetter ebenfalls seinen Unmut über den soeben erlebten Auftritt kundtun möchte, öffnet der Himmel seine Schleusen vollends. Es hat bereits zwei Stunden lang stark geregnet, doch was jetzt an Wassermassen von oben auf uns herunterprasselt spottet jeder Beschreibung des sanft anmutenden Wortes Regen. Niederschlag trifft es da schon eher, es fühlt sich an, als ob uns die Natur mit einem Trommelfeuer aus H₂O in den Schlamm zwingen möchte. Skáld halten sich gar nicht mit der Umbaupause auf, sondern beginnen praktisch nahtlos mit ihrem Konzert, um die wenigen Unentwegten vor der Bühne nicht auch noch an die schützenden Zelte zu verlieren. Die Franzosen machen ihre Sache ganz ordentlich und verleiten den einen oder die andere zum Tanzen. Wer jetzt noch da ist, hat schlicht sämtliche Hoffnung aufgegeben, trocken ins Camp zurückzukehren.

Aus den Augenwinkeln erhasche ich, wie andere Metalheads das Festivalmobiliar kreativ einsetzen, um nicht allzu nass werden. Ob Sonnenschirm mit Bierwerbung drauf oder hölzernen Klapptisch – alles, was nicht niet- und nagelfest ist, wird zweckentfremdet. Irgendwann zieht es uns dann schliesslich zurück auf den Zeltplatz und wir verlassen das Infield am Eingangstor durch einen frisch entstandenen See, der bis vor einer Stunde noch nicht existierte und um den es leider kein Herumkommen gibt. Und an alle, die sich bei der Lektüre der Einleitung gefragt haben, wo denn bitteschön ein lauschiges Flüsschen dem Festivalgelände entlangfliessen sollte, hier ist es nun: Früher bekannt als asphaltierter Weg, ergiesst es sich jetzt rund 20 Zentimeter tief ganz munter direkt zwischen dem Campingbereich und dem Parkplatz.

Der zweite Tag des Rock The Lakes 2024 endet also mit Riverrafting ohne Boot, bevor uns unsere gefüllten Schuhe ins Bett bringen.

Rock The Lakes 2024 – Tag 3 (Sonntag, 18. August)

Am nächsten Morgen ist das dominierende Thema selbstverständlich das Wetter der vergangenen Nacht. Beim Austausch all der Erlebnisse innerhalb unserer Truppe kommt mehrfach zur Sprache, dass es schön wäre, wenn auf dem Zeltplatz die Toi-tois nicht konzentriert an einem Ende stehen, sondern etwas verteilt wären. Darauf, nächtens einen weiten Weg durch den Sturm zu laufen, um mal kurz seine Notdurft zu verrichten, sind die wenigsten so wirklich erpicht.

Natürlich rekapitulieren wir einmal mehr unsere musikalischen Highlights, wobei nebst den offensichtlichen Kandidaten Brothers of Metal und Beast in Black auch Rotting Christ und Dark Tranquillity genannt werden. Mal schauen, wer heute an diese hervorstechenden Konzerte anschliessen kann.

Beim Gang aufs Gelände sehen wir, dass der festivaleigene See einer Morastfläche Platz gemacht hat, die weitaus einfacher zu durchqueren ist. Die Bühnen haben sich im Vergleich zu gestern ebenfalls verändert, und zwar sind die beiden Banner links und rechts der Zwillingskonstruktion eingeholt worden. Das ist sicherlich auf den Wind zurückzuführen. Jetzt ragen die Stahlrohre etwas gar nackt in den Himmel. Zum Glück sind Infinitas bereit, uns davon abzulenken.

Infinitas

Oder eigentlich eine Bauchtänzerin, die zu den Klängen des Intros mit ihrer Darbietung unseren Blick einfängt. Rund um mich herum blicke ich in das eine oder andere leicht zerzauste Gesicht, die garstigen Bedingungen scheinen ihren Tribut gefordert zu haben. Die Gesichter von Infinitas hingegen, die sind nicht zerzaust. Nein, die sind mit Kriegsbemalung geschminkt, unter der das Quartett (noch eine Band ohne Live-Bass) über beide Ohren strahlt. Die Truppe hat sich im Vorfeld sehr auf diesen Auftritt gefreut und lässt sich daher kein bisschen von der noch etwas müden Stimmung im Publikum beeinträchtigen. Mary Crane lässt nicht locker, sondern kitzelt zwischen ihren Gesangseinsätzen mit französischen Ansagen aus dem Publikum heraus, was unter diesen Umständen möglich ist.

Im Hintergrund sorgt Piri am Schlagzeug für einen ruhigen Rhythmusteppich, bis die Musik plötzlich abrupt endet. Wie eingefroren stehen Infinitas auf der Bühne. Nachdem einiger Jubel aufbrandet, „erwacht“ Gitarrist Selv aus dieser Starre, checkt die Lage und gönnt sich erst mal ein Bier. Anschliessend spornt er die Fans zu mehr Lärm an, was dazu führt, dass es weitergehen kann im Programm. Das bleibt nicht die einzige Showeinlage, den die Muotathaler Melodic Metaller mitgebracht haben: Wir werden aufgefordert, in die Knie zu gehen und gemeinsam zu springen und überraschend viele Leute kommen dieser Bitte nach. Songtechnisch werden vor allem „Kratos“ und „Xania“ abgefeiert, wohingegen die neue Single „Laima“ noch zu unbekannt ist, um mehr als aufmerksam angehört zu werden. Um dem entgegenzuwirken, verteilt eine Helferin aus dem Fotograben heraus Visitenkarten, mit denen Infinitas auf das Crowdfunding zu ihrem neuen Album Tellus aufmerksam machen (wer keine Karte erhalten hat: Bis Anfang Oktober 2024 ist eine Beteiligung über https://attack.infinitasband.ch möglich). Viel mehr Zeit bleibt nicht, die dreissig Minuten sind beinahe um. Für eine letzte Verbeugung vor den Anwesenden reicht es gerade noch, da ruft bereits die Bühne nebenan.

Die Fotos Infinitas

Dymytry

Dymytry sind als nächstes an der Reihe, Modern Metal aus Tschechien ist also angesagt. Über die fünf Herren habe ich bereits viel Gutes gehört und lumpen lassen sie sich ausstattungstechnisch schon mal nicht, mit ihren Leuchtbanner vor dem riesigen Backdrop. Nimmt man die abgestimmten Kleider und Masken hinzu, verfestigt sich der Eindruck einer Band, die ein klares Konzept verfolgt. Das lenkt die Erwartungen in Richtung eines völlig durchgeplanten Auftritts, doch oh Wunder: Die Band präsentiert sich zwischen den Songs sympathisch bodenständig. Durchwegs erfahren, aber mit einem Schuss Spontaneität, der wohltuend auffällt. Auf der musikalischen Seite geht das gleich gut ins Ohr. Einige Lieder, so „Everything is black“, sind zwar etwas gar simpel, dafür entpuppt sich zum Beispiel „Enemy List“ als ein schnörkelloser, guter Song.

Interaktion mit dem Publikum haben Dymytry ebenfalls mitgebracht, bei der sie wieder zeigen, dass sie nicht einfach nur stur ihr Programm abspulen, sondern auch mitbekommen haben, was am vorherigen Auftritt los war. „Go down, everybody. You just did it. We do it as well, it’s a common thing“, heisst es dann und wieder schwingt diese geerdete Note mit. Das zieht sich durch bis zum Ende des Konzerts und lässt mich zum Schluss kommen, dass es sich für alle lohnt, der Band eine Chance zu geben, die mit modernem Metal oder einem zugänglichen Auftritt etwas anfangen können (pam: Zu erwähnen ist auch, dass der eine Gitarrist mit Gitarre und einer Hand das eine oder andere lupenreine Rad (!) auf der Bühne dreht …).

Die Fotos Dymytry

Illumishade

Illumishade lasse ich nun aus, um mich noch eine Spur regendichter auszurüsten auf dem Campingplatz, aber pam hat dafür einige Fotos geschossen für euch.

pam: In der Tat … hab ich. Und weil nicht viel geschrieben wird, entsprechend auch viele Fotos ;-). Während Fabienne wie immer sehr professionell, mit viel Charme und starker Stimme das Zepter in den Händen hält, fällt heute Miri am Keyboard sehr positiv auf. Bei früheren Aufritten wirkte sie eher schüchtern und meidete weit hinten auf der Bühne das Rampenlicht wie Graf Dracula die Sonne. Nun, auch heute ist sie da nicht grad mitten drin, aber sie scheint den Auftritt mit einem Beinahe-Dauer-Smile und viel Winken zu geniessen. Nebst Fabi eine zweite Strahlefrau auf der Bühne tut Illumishade gut. Während die Jungs an den Saiten und Fellen entsprechend den Teppich dazu liefern. Wie gewohnt ein sehr souveräner Auftritt der nicht mehr ganz so jungen Band aus unserem Lande.

Die Fotos Illumishade

Elvenking

Wie bereits angetönt, regnet es bereits wieder und das wird es auch noch den ganzen Tag, soviel nehme ich gleich vorweg. Es ist bereits eine Ewigkeit her, seit ich die Italiener zum letzten Mal gesehen habe. Sie gehören zu den wenigen Bands, die sich als Basis für ihren Folk Metal klassischen Power Metal ausgesucht haben. Der Sound ist – wie bereits den ganzen Tag bis jetzt – sehr sauber abgemischt. Da zündet „The Hanging Tree“ bereits in vollem Masse. Noch besser ist „Pagan Revolution“, stillstehen ist bei dem Track keine Option. So eine Violine kann eine unheimliche Macht über die Füsse manifestieren.

Songtitel wie „Moonbeam Stone Circle“ kurbeln derweil das Kopfkino an und tragen die Gedanken aus dem Regen in verwunschene Waldlandschaften. Damna, seines Zeichens für Gesang und Ansagen zuständig, weiss zudem, wie er das Publikum packen kann. Er dankt uns mehrfach für unser Erscheinen trotz der widrigen Bedingungen. So lob’ ich mir das. Derart motiviert ist es ein Leichtes, sich auf die folkigen Melodien einzulassen und den Gig zu geniessen. Das dauert an bis zu „Elvenlegions“, dem mitreissenden Schlussbouquet, nach dem uns von Elvenking die Erinnerung an ein gelungenes Konzert bleibt. Jetzt muss mir nur noch jemand erklären, wieso genau der Schlagzeuger eine kleine Topfpalme auf das gemeinsame Foto mit Publikum im Hintergrund schleppt.

Havok

Einkeimblättrige Pflanzengattungen (danke Wikipedia) sind bei der nächsten Band weit und breit keine zu sehen. Eigentlich ist gar nichts an Bühnendeko zu sehen, ausser einem über die ganze Bühnebreite verlaufenden Stahlpodest am vorderen Rand (und natürlich dem Backdrop). Havok brauchen aber weder Pflanzen noch sonstige Verschönerungsartikel, um Spass zu haben. Dafür reicht ihnen Thrash Metal. Der ist tatsächlich ausreichend abwechslungsreich, dass es an nichts mangelt, um eine gute Zeit zu haben. Seien es die Tempowechsel oder der beeindruckend unangestrengte Kreischgesang, das Quartett aus den USA überzeugt mit Musik und Darbietung. Kommt hinzu, dass Bassist Nick Schendzielos seiner inneren Rampensau freien Lauf lässt, ständig in Bewegung ist und immer wieder mit dem Publikum herumblödelt.

Überhaupt unterliegt dem Geschehen auf der Bühne ein gewisses metaphorisches Augenzwinkern, dass sich immer wieder in humorvollen Versatzstücken bei den Ansagen Bahn bricht. Ob „Hang ‘em High“ wirklich pauschal allen an den Corona-Lockdowns beteiligten Politikern gewidmet werden muss, ist fraglich, der entsprechende Hinweis trübt den Genuss des Lieds jedoch nicht nachhaltig. „Intention to Deceive“ und „Covering Fire“ sind weitere klangliche Argumente dafür, den Auftritt von Havok zu einem Erfolg zu erklären, was mir nach den gerade erlebten vierzig Minuten leichtfällt.

Die Fotos Havok

dArtagnan

Im Anschluss gibt es einen veritablen Stilbruch, denn dArtagnan stehen bereit, die Degen zu schwingen und die Herzen zu brechen. Rein auf musikalischer Ebene natürlich. Mir ist der Folk Rock der Truppe gerade in den Refrains oftmals zu schmalzig, aber ich lasse mich überreden, dem Treiben für einmal beizuwohnen. Ben Metzner und seine Truppen sprühen nur so vor guter Laune, die im Publikum mit offenen Armen empfangen wird. „Mosqueterros“, „Ruf der Freiheit“ oder „Herzblut“ sind aber auch dergestalt eingängig und fröhlich komponiert, dass Schunkeln, Tanzen, Mitsummen nur eine Frage der Zeit sind bei den Fans.

Mit einigen wenigen Elementen – eine Flagge da, drei Degen dort – peppen dArtagnan ihre Show auf, doch es ist vor allem Ben mit seinen Ansagen, der die Ausgelassenheit befeuert, und dabei ein ausgeprägtes Gespür für die Stimmung im Publikum erkennen lässt. Da verwundert nicht weiter, dass er vor „Westwind“ blitzschnell realisiert, dass niemand Lust hat sich im Schlamm hinzusetzen, um ein wenig zu rudern und die bekannte Aktivität kurzerhand in eine stehende Variante überführt. Die daraus entstehende doppeldeutige Gestik amüsiert die Gruppe ungemein, weshalb ich mir sicher bin, dass diese Version der Interaktion in Zukunft wieder einmal anzutreffen sein wird.

Obwohl das alles an der einen oder anderen Stelle etwas durchgetaktet wirkt, bewirkt der Schlag-auf-Schlag-Ablauf einen zügigen Konzertfluss. Die Band hat Spass und es ist ihr anzumerken, dass sie vollkommen hinter Musik inklusive Konzept darum herum steht, wofür ebenfalls spricht, dass sie „Trink mein Freund“, ihre Coverversion von „Korobeiniki“ (im Volksmund bekannt als die Tetris-Melodie) löblicherweise völlig ironiefrei und unaufgeregt spielt. Nach 45 Minuten beendet „C’est la vie“ das Set und vervollständigt meinen finalen Eindruck: Das Ganze blieb mehrmals nur einen Dudelsack von Après-Ski-Musik entfernt, aber ich kann jetzt verstehen, weshalb sich die Leute für dArtagnan begeistern.

Die Fotos dArtagnan

Sodom

Jetzt gibt es keine Pause mehr wie gestern, das Diktat der Zwillingsbühne bezüglich des Zeitplans schlägt heute erbarmungslos zu. Mit einem Teller Älperhörnli in der Hand gehts durch den Regen, um die ersten Songs von Sodom kauend und ausladende Kopfbewegung unterdrückend anzuhören. Es giesst wie aus Kübeln, was die heute sowieso in geringerer Zahl anwesende Zuhörerschaft unter die Zelte treibt und dadurch den Publikumsbestand vor der Bühne weiter dezimiert.

Der aus den Boxen schmetternde Thrash Metal vermag die Gedanken an den Regen besser zu vertreiben, als die unspektakuläre Darbietung der Band dies tut. Es ist dies mein erstes direktes Zusammentreffen mit Sodom und auch ab Platte habe ich mich bisher nur nebenbei mit den Gelsenkirchener beschäftigt. Was ich höre, gefällt mir ganz ordentlich. Um gross herauszustechen, fehlt aber das gewisse Etwas. Nichtsdestotrotz ist die Riff-Qualität von Klassikern der Marke „Agent Orange“, „Remember the Fallen“ und „Ausgebombt“ unbestritten und vielleicht ist es einfach der Regen, der etwas auf die Stimmung des Publikums drückt, sodass der Auftritt von Sodom insgesamt etwas blass in Erinnerung bleiben wird.

Dragonforce

Das genaue Gegenteil von blass, nämlich knallbunt, haben Dragonforce im Programm. Mein Blick auf die Bühne setzt in meiner Fantasie sofort eine Szene aus den Auftrittsvorbereitungen in Gang.

Dragonforce: „Nächstes Wochenende ist das Rock The Lakes, da nehmen wir alles mit, was wir an Bühnendeko haben.“

Manager: „Leute, die Bühne da ist aber nicht derart riesig, wollt ihr wirklich…“

Dragonforce: „ALLES!“

Zu zwei übergrossen Arcade-Automaten gesellen sich Projektoren für das Bandlogo (oder andere zu den Songs passende Dinge) vor den Bassdrums, Schwertattrappen, Scheinwerfer und über alldem zwei gewaltige aufblasbare Drachenköpfe. Durch diese vollgestopfte Landschaft aus Farben fegt jetzt umrahmt von reichlich Funkenregen und Nebelfontänen „Fury of the Storm“ wie ein Wirbelwind.

Die Bildschirme der Arcademaschinen zeigen Schnipsel aus diversen Konsolenklassikern, während sich die Band irgendwie zwischen all die Requisiten quetscht. Nach dieser Attacke auf die Sinne, schraubt sie mit „Cry Thunder“ das Tempo etwas herunter und schielt, „Doomsday Party“ sei Dank, später in Richtung Disco. Das funktioniert nicht schlecht, doch dem Auftritt von Beast in Black von gestern können sie damit nicht das Wasser reichen. Da rückt „Valley of the Damned“ die Kernkompetenzen von Dragonforce viel besser ins Licht. Zu denen gehört auch eine standesgemässe Show. Ausflüge auf die Plattformen auf den Game-Kisten, Nebel, Licht, ein Solo, bei dem die beiden Gitarristen Herman Li und Sam Totman sowie Alicia Vigil am Bass im Kreis herum dem jeweils anderen das Instrument spielen – die Truppe bietet alles auf, um ihren Auftritt visuell auszuschmücken.

Nett sind die kleinen Details. Beispielsweise sind auf den Bildschirmen während der, ursprünglich von Céline Dion gesungenen, Schmachtnummer „My Heart Will Go On“ ausschliesslich blutige Finishing Moves aus alten Kampfgames zu sehen. Die Nummer selbst wäre definitiv verzichtbar, denn sie bleibt einerseits hinter dem bandeigenen Material zurück und andererseits hat sich der Gag dahinter mittlerweile abgenutzt.

Dass sich Dragonforce dazu entschliessen sogar ein zweites Cover eines Popsongs – „Wildest Dreams“ von Taylor Swift – zu spielen, ist bei einer Spielzeit von 50 Minuten nicht ganz nachvollziehbar. Immerhin sorgt Herman für Lacher, als er sich bei der Ansage aufgrund des Schlamms vor der Bühne entschuldigt, für das, was er gleich sagen werde, nur um dann zu einem Circlepit aufzufordern. Das kommt ebenso wie seine Danksagung besser an als die vorangehende Klage über den Soundcheck auf der Nachbarbühne, von dem sich der Gitarrist bis jetzt gestört genug gefühlt hat, um dreimal dort hinüber zu wechseln und seinen Unmut gegenüber der Crew kundzutun.

Obwohl es unschön ist: An einem Festival mit mehreren Bühnen kommt man vermutlich schlicht nicht darum herum, hin und wieder störende Nebengeräusche zu vernehmen, besonders wenn jene so dicht nebeneinanderstehen wie am Rock the Lakes. Beim Abschluss mit „Through the Fire and Flames“ ist das aber alles wieder vergessen und Dragonforce können sich zu kräftigem Applaus verabschieden.

Die Fotos Dragonforce

Axel Rudi Pell

Verantwortlich für den Soundcheck war der Herr, der als nächstes die Iceberg Company Stage bespielt. Respektive die drei Herren. Oder besser gesagt die Truppe um diese Anzahl Herren zwischen eins und drei. Verwirrt? Kein Angst, das passt schon so. Sänger Johnny Gioeli stellt den Bandkopf Axel Rudi Pell nämlich mit einem spitzbübischen Grinsen vor als die Gitarristen Mr. Axel, Mr. Rudi und Mr. Pell. Ja, sein Humor zündet nicht wirklich. Viele Leute, die das kümmern könnte, sind allerdings gar nicht da. Eine solche Leere kommt überraschend, wenn man bedenkt, dass Mr. Axel eigentlich ziemlich weit oben auf dem Plakat steht und einen hohen Bekanntheitsgrad besitzt. Woran es liegt, kann ich nicht ergründen, die Band lässt sich jedoch nichts anmerken.

Während „Ankhaia“ baut sie den ausgedünnten Reihen zum Trotz ausgedehnte Mitsingabschnitte ein und später gibt es gar eine Einlage, nach dem Schema „Welche Seite ist lauter?“, bei der die Anwesenden gleich in drei Segmente aufgeteilt werden. Mr. Rudi wirft derweil immer wieder jemanden im Publikum Kusshände zu. Da scheint er einen Fan besonders zu mögen. Im Gegenzug quaselt Johnny wie ein Radio. Als Folge kriegen wir leider nicht annähernd so viel Heavy Metal und Hardrock zu hören, wie es die 55 Minuten erlauben würden. „Rock the Nation“ ist schlussendlich der kleine Höhepunkt des Konzerts, wird mit einer Freeze-Aktion, ähnlich derjenigen von Infinitas früher an diesem Tag, verziert und bildet gleichzeitig den letzten Song von Mr. Pell und seiner Truppe. Mit gefühlt mehr Gequatsche als Musik boten Axel Rudi Pell einen durchzogenen Auftritt. Zieht man noch die Position im Billing heran, ist das keine Glanzleistung.

Dann sammeln wir uns doch nun etwas und holen jetzt während Jinjer die Pause nach, um schliesslich für Kreator ein letztes Mal voll fit zu sein.

Kreator

Ein letzter Auftritt steht noch an, bevor das Rock the Lakes 2024 Geschichte ist. Ein letzter Headliner, der mich in der Vergangenheit bereits mehrmals von seinen Live-Qualitäten überzeugen konnte. Kreator gehören zu den Bands, die mit ihrem Alter richtig gereift sind. Klar haben sie die ganze Historie von „damals“ im Gepäck, doch ihre kompositorischen Fähigkeiten haben sich stetig weiterentwickelt und das wiederum hat der Band ermöglicht, ein vollkommen überzeugendes Spätwerk zu veröffentlichen. Wenn der Opener eines Sets gleich ein Hit wie „Hate über alles“ ist, sagt das eine Menge aus über die Anzahl an hochwertigen Liedern, die eine Band zur Auswahl für ein Konzert hat. Oder das hintereinander folgende Triple aus „666 – World Divided“, „Hordes of Chaos“ und „Hail to the Hordes“. Kreator lassen nicht zu, dass das Qualitätslevel eine einzige Sekunde lang sinkt. Das trifft genauso auf das präzise Spiel aller Bandmitglieder zu. Allen voran zeigt aber Bandkopf Mille Petrozza eine hervorragende Leistung als Frontmann. Immer wieder bedankt er sich beim Publikum, dass es bis jetzt durchgehalten und dem Regen getrotzt hat, ernennt uns zu den Hordes of Chaos, lässt alle zusammen die „Strongest of the Strong“ aus dem gleichnamigen Song sein und macht schlicht einen fantastischen Job, wenn es darum geht, die Leute zu motivieren. Kein Wunder, lassen sich die Fans von ihm problemlos zu einer Wall of Death von bemerkenswerter Grösse hinreissen. Was für ein Gegensatz zum gestrigen Headliner.

Weil jedes Instrument klar hörbar und druckvoll abgemischt ist, trübt zudem nichts den Konzertgenuss. Und die Angst vor Scheinwerfer, die ins Publikum gerichtet sind, war völlig unbegründet. Wer immer nämlich an den Knöpfen für die Beleuchtung sitzt, hat sich ein fettes Kompliment verdient. Eine derart passende kreative Lichtshow, die den Auftritt völlig im Einklang mit der Musik und den Pyroeffekten untermalt, habe ich selten gesehen. Dadurch wird auch das imposante Bühnenbild im wahrsten Sinne des Wortes ins rechte Licht gerückt. Drei grosse aufblasbare Teufel blicken auf Kreator herunter und sorgen zusammen mit den immer wieder lodernden Flammen für eine infernalische Kulisse. Nach dem funkensprühenden Abschluss kann ich nur noch eines konstatieren: Kreator waren ein über alle Massen würdiger Headliner für das Rock The Lakes 2024 und der perfekte Schlusspunkt für den heutigen Tag. Gute Nacht zusammen.

Das Fanzit – Rock The Lakes 2024

Der Morgen danach ist wie immer die Zeit, um die Erlebnisse der vergangenen drei Tage zu rekapitulieren. Natürlich erst, nachdem wir diversen anderen Campern geholfen haben, mit ihren Fahrzeugen den herausfordernden Platzverhältnissen zu entkommen. Mit vereinten Kräften kriegen wir aber die meisten Nachbarn auf die sichere Strasse und der Rest nimmt die Dienste der zwei herumfahrenden Traktoren in Anspruch. Nachdem die Diskussion um die musikalischen Höhepunkte des gestrigen Tages dank Kreator nur kurz dauert, wenden wir uns vor der Abfahrt dem abschliessenden Fanzit zu.

Dieses Jahr gab es zulasten des klassischen Heavy Metals mehr Metalcore als bis anhin, wobei die Anzahl der entsprechenden Bands gerade noch so genügend klein war, um die musikalische Mischung nicht zu stark in eine Richtung kippen zu lassen. Der Core-Anteil wird also hoffentlich nicht mehr weiter ausgebaut werden, damit das Rock The Lakes nicht zu einem Mini-Greenfield mutiert, sondern sich seine eigene musikalische Identität bewahren kann. Gerade die ist nämlich eine der grossen Stärken des Festivals: Mit der beachtenswerten Bandbreite des Line-ups bietet es viel Abwechslung und sorgt dafür, dass alle Metalheads einige Bands finden, die ihnen zusagen. Die Idee mit der Zwillingsbühne hat soweit gut funktioniert. Vielleicht wäre es diesbezüglich aber eine Überlegung wert, die Sitzmöglichkeiten bei den Essenständen etwas weiter zum Eingang hin zu verschieben (oder gleich mehr davon anzubieten), damit man sich auch ausserhalb des Schallkegels der linken Bühne zwischendurch etwas hinsetzen kann.

Im Bericht zur ersten Ausgabe hat pam die Frage aufgeworfen, ob es ein zusätzliches Festival braucht in der Szene. Das Rock The Lakes passt nach seinem Wachstumsschub nach wie vor perfekt in die Veranstaltungslandschaft der Schweiz und des nahen Auslands, so dass die Frage immer noch mit ja beantwortet werden kann. Das neue Konzept ergänzt nämlich das übrige Angebot sehr gut, indem es sich schön platziert zwischen den vielen kleinen, handgemachten Festivals und den Grossveranstaltungen mit 20’000 oder mehr Personen pro Tag.

Das Rock The Lakes ist den Kindesbeinen entwachsen und in seiner Jugend angekommen. Da gibt es logischerweise hier und dort etwas Wachstumsschmerzen. Aber die Organisation hat im Gesamten funktioniert und Aussichten für die zukünftige Entwicklung sind unverändert gut, weshalb das Festival nicht Gefahr laufen würde, seinen Platz in unserer Empfehlungsauswahl zu verlieren. Danke Daniel Botteron für die Erschaffung dieses Festivals, danke allen Beteiligten für die tollen drei Tage. Jetzt lasst den Motor an, der Heimweg wartet.


Wie fandet ihr das Festival?

/ 01.10.2024
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