15 Jahre Rocknacht Tennwil
Für die grosse Jubiläumssause bedienten sich die Organisatoren der Rocknacht Tennwil in Bezug auf die aufspielenden Bands primär in der lokalen und der schwedischen Ecke. Gruppen wie Shakra, Art Nation oder BBR versetzten das Publikum im Festzelt in Ekstase. Des Weiteren wurden die Festivitäten von den Wettergöttern absolut gutgeheissen.
Metalinside-Schreiberling Dutti war von A bis Z vor Ort und berichtet euch nun über sämtliche Erlebnisse.
Freitag, 20.09.2024 – Tag 1
15 Jahre Rocknacht Tennwil – das muss gefeiert werden! Meine Wenigkeit ist heuer erst zum dritten Mal dabei (man darf mich deshalb völlig berechtigterweise als «Spätzünder» bezeichnen). Aber irgendwie hat es mir das beschauliche Festival am prächtigen, idyllischen Hallwilersee angetan: Angenehme Stimmung, mit Sorgfalt zusammengestellte Band-Auswahlen und ein grosses, beheiztes Festzelt, welches die Gäste selbst an kühlen Herbsttagen sorgenfrei in den Musikgenuss eintauchen lässt – wer könnte all diesen Argumenten überhaupt widerstehen?
Ich nächtige – wie bereits 2023 – im Seehotel Delphin. Eine äusserst empfehlenswerte Adresse (und meines Wissens ohnehin die einzige Option in der näheren Umgebung). Ob es im hiesigen Gewässer tatsächlich Meeressäuger gibt, wage ich hingegen zu bezweifeln. Aber wir sind ja schliesslich nicht für mögliche «Flipper»-Sichtungen in diese Gegend gepilgert, sondern freuen uns viel eher auf fleissige Gitarren-Akrobaten.
Nach rund 25 Minuten Fussweg erreicht man von der Unterkunft aus die Eingangspforte der Rocknacht. Rasch den Presseausweis abholen und sich danach eine erste Verzehrkarte sichern (notabene alles unter den wachsamen Augen von «Tätschmeischter» Urs Lüscher). Mit einem ersten Kaltgetränk in der Pranke stürzt es sich deutlich leichter ins Getümmel. All die bekannten Gesichter vor Ort wollen ebenfalls begrüsst werden. Die familiäre Aura ist zweifellos ein gewichtiger Pluspunkt dieser Veranstaltung.
Wegen der diesjährigen Line-up-Konstellation hat die Fete von mir kurzerhand die Bezeichnung «Mini-Sweden Rock» erhalten. Es schauen nämlich gleich vier Botschafter des «Tre Kronor»-Landes in Tennwil vorbei. Andererseits setzen die Verantwortlichen aber auch auf lokale Feinkost wie Shakra oder BBR. «Exoten» stellen in diesem Sinne einzig die deutschen Protagonisten von Fireborn dar. Haben die etwa das Memo nicht gelesen? Nichtsdestotrotz dürfen sie das Festival nun gleich eröffnen. Und ich höre mir das selbstverständlich gerne an, denn mein Musikgeschmack scheitert bekanntermassen auf keinen Fall an irgendwelchen Landesgrenzen.
Fireborn
Ehe die Band losgelassen wird, tritt Maestro Lüscher kurz mit einem Mikro ins Rampenlicht, um die Besucherschar zu begrüssen und anzuheizen. In seiner Ansprache weist er unter anderem darauf hin, dass im Zelt nicht geraucht werden darf. Metalinside-Kumpel Kaufi würde dazu wohl elanvoll applaudieren, denn offenbar gab es am diesjährigen Brienzersee Rockfestival exakt in Zusammenhang mit dieser Thematik bedauerlicherweise ein paar Probleme. Ich bin optimistisch, dass die heute (und morgen) anwesenden Gäste die Spielregeln einhalten und diszipliniert bleiben. Aber jetzt «Bühne frei» für Live-Beschallungen!
Das Lörracher Quintett darf schon um 18.30 Uhr (also eine Viertelstunde früher als geplant) loslegen. Für die ungeduldigen unter uns ein Segen, aber es gibt blöderweise draussen auch noch einige Personen, die in der Warteschlange feststecken. Zum Glück liegt die Bühne in unmittelbarer Nähe des Eingangs und so kriegt wirklich jeder etwas von der Show mit.
Fireborn fackeln – im wahrsten Sinne des Wortes – nicht lange und hauen erste Pyroeffekte (in Form von «Feuerwerk-Vulkanen») raus. Kann man ruhig einmal so machen. Getragen wird die Equipe eindeutig von Jennys rauchiger Rockröhren-Stimme! Der Gesang der Blondine erinnert definitiv an Lzzy Hale. Wobei der gesamte Sound der Deutschen sowieso auf den Spuren von Halestorm wandelt. Das Publikum nimmt die Sache wohlwollend an und lässt sich frühzeitig zu den zahlreich geforderten Klatsch-Aktionen hinreissen. Selbst ein kurzer Stromausfall und Schwierigkeiten mit dem In-Ear-System bringen die Truppe nicht aus dem Tritt. Einzig das Mikro von Basser Chris dürfte man für seine gelegentlichen Growl-Einsätze ungeniert ein bisschen pushen. Aber insgesamt ist der Start in das Rocknacht-Jubiläum wahrlich geglückt und ich freue mich bereits auf meine nächste Begegnung mit Fireborn.
Die Setliste – Fireborn
- Young Heart Dies
- As Long As I Love
- Proud And Ashamed
- Pack Of Wolves
- Done With You
- You Seem So Far
- Likes For A Life
- Dancing With The Villain
- Set Off
- Human
- Outro (Journey – Don’t Stop Believin’)
Grand Design
Jetzt wird es zum ersten Mal «schwedisch», denn Grand Design geben sich die Ehre. Ich kenne die Formation und ihre Erzeugnisse nur flüchtig, aber der Track «Rawk ‘N Roll Heart Attack» hat es immerhin in meine «Lieblingssongs-Playlist» auf Spotify geschafft (und das will etwas heissen!). Es wäre natürlich hammermässig, diese Nummer im Live-Gewand erleben zu dürfen. Mal schauen, ob mir die Herren diesen Wunsch erfüllen können.
Sänger Pelle sorgt mit seinem roten Beinkleid (verziert mit schwarzen Sternen) freilich für ein modisches Ausrufezeichen. Tieftöner-Hüter Magnus hat dafür die weisse Hose erwischt. Sein Motörhead-Shirt passt dafür ausgezeichnet zur Position seines Mikrofonständers. Die Lemmy-Gedenkpose lässt diskussionslos grüssen! Musikalisch trumpfen die Nordmänner mit einem Gemisch aus Melodic Rock und AOR auf. Eingängige Kompositionen wie «I Won’t Cry Over U Tonite» oder «Get Up N’ Luve Someone» werden von der Zuhörerschaft sogleich freudig mitgesungen. Das Stimmungs-Level ist exzellent. Pelle lässt es sich zudem nicht nehmen, um mit der ersten Reihe abzuklatschen. Als er einen Schluck Wasser trinkt, gibt er zu, dass das nach getaner Arbeit schon noch Bier werden würde (einfach erst nach getaner Arbeit). Und ja, im letzten Drittel des Gigs kommt das von mir angepriesene «Rawk ‘N Roll Heart Attack» tatsächlich zum Handkuss. Das bedeutet Luftgitarre auspacken und eskalieren! Wir sehen uns dann später wieder.
Die Setliste – Grand Design
- Right Away
- I Won’t Cry Over U Tonite
- Viva La Paradise
- Tuff It Out
- God Bless Rawk N Roll
- In The H.E.A.T. Of The Nite
- Love Sensation
- Get Up N’ Luve Someone
- Face It
- Rawk ‘N Roll Heart Attack
- We Were Born To Rawk N’ Roll
- Let’s Rawk The Nite
Shakra
Die nächste Kapelle muss man grundsätzlich niemandem mehr vorstellen. Sie darf im heutigen Programm zu Recht als Headliner angesehen werden (obschon in Tennwil irgendwie alle Akteure Gewinner sind). Der rockigste Exportschlager des «Ämmitaus» nimmt die Festivalbühne in Beschlag und lässt die Fans johlen. Die Rede ist von Shakra! Auch in diesem Jahr zockt der Fünfer beinahe wieder an jeder Steckdose unseres Landes. Da es sich aber effektiv jedes Mal um das pure Vergnügen handelt, bleibt den ewigen Kritikern bloss das Stillschweigen übrig.
Bereits an der Dynamo-Show im Februar sorgte die Songanzahl für gezogene Hüte. Damals waren es imposante 21 Nummern! Heute bewegen sich die Berner in ähnlichen Gefilden. Im Vergleich mit Zürich mussten lediglich «Tell Her That I’m Sorry», «High Noon» und «Fireline» über die imaginäre Klinge springen. Dass das Duell im Wilden Westen auf der Ersatzbank Platz nehmen muss, ist für mich wahrscheinlich die grösste Überraschung. Allerdings können sich Shakra das erlauben, denn ihre restliche Ware bleibt qualitativ nach wie vor hochwertig. Saitenhexer Thom Blunier zaubert unaufgeregt an seiner Lead-Klampfe herum, während Basser Cyril Montavon als leichter Kontrast regelmässige Spaziergänge auf der «Spielwiese» unternimmt. Hat zufälligerweise jemand einen Schrittzähler dabei? Ebenfalls hoch motiviert wirkt der Fuchs am Mikro. Mark Fox weiss genau, wie er die Hörerschaft zu animieren hat. Bei diesem Hitfeuerwerk, welches die Jungs da zünden, ist dies jedoch praktisch ein Selbstläufer.
Die Setliste – Shakra
- The Way It Is
- Hello
- A Roll Of The Dice
- On The Wild Side
- Into Your Heart
- Invincible
- The Matrix Unfolds
- Devil Left Hell
- Something You Don’t Understand
- Why
- Life Is Now
- Trapped
- Raise Your Hands
- Why Don’t You Call Me
- Cassandra’s Curse
- Ashes To Ahes
- Too Much Is Not Enough
- Rising High
Rock-Out
Einer geht noch ! Und wenn wir schon bei rockigen «Ämmitauern» sind, kommen Rock-Out wie gerufen. Nach Shakra erleben wir nun also sozusagen einen Generationswechsel. Vielleicht figurieren die Jungspunde eines Tages sogar als Wachablösung der Veteranen. Die Zukunft wird es zeigen. Doch zuerst wollen wir Flopsi und Co. in der Gegenwart geniessen.
Mit «Hard Rock ‘N’ Roll Tonight» wird direkt einmal ordentlich die Marschrichtung vorgegeben. Mitternacht rückt näher und näher, aber hier im Festzelt denkt wahrlich niemand an das Antreten des Heimweges. Stattdessen bestaunt man voller Bewunderung die dargebotenen Gitarrenkünste. Während einer Pause zwischen zwei Liedern werden die Jungs mit Shots versorgt. «Muni-Sprutz» nennt sich die Geschichte. Ob bei der Herstellung des Getränks wirklich ein erregter Stier involviert gewesen ist, möchte ich an dieser Stelle eigentlich lieber nicht weiter vertiefen. In diesem Sinne: «Prost!»
Hört, hört, es gibt frohe Kunde zu berichten. Im Frühling des nächsten Jahres werden Rock-Out ein neues Album auf die Bevölkerung loslassen. Das Teil erwarten wir natürlich standesgemäss mit passender Vorfreude. Eine der letzten Kompositionen ihres Gigs widmen die Emmentaler einer Person im Publikum, welche einen Herzstillstand überlebt hat. Ehrlich und volksnah – die Attribute des Vierers sind stets spürbar. Meine Herren, macht bitte genau in diesem Stil weiter!
Die Setliste – Rock-Out
- Hard Rock ‘N’ Roll Tonight
- It’s My Day
- Bloodmengang
- Drum Solo
- Stand Together
- Whiskey Keeps The Doctor Away
- Hit Me Like Rock ‘N’ Roll
- Dead Riders
- 7 Minutes In Paradise
- I Wanna Live
- Dynamite
Das Fanzit – Freitag
Nach dem Verstummen der letzten Live-Beschallungs-Noten durften wir berechtigterweise von einem gelungenen ersten Festivaltag der diesjährigen Rocknacht Tennwil-Ausgabe sprechen. Shakra waren abermals eine Macht beziehungsweise eine Wucht. Jedoch hatten auch die anderen Truppen fraglos ihre Augenblicke. Das Zelt war bereits heute gut besucht, aber morgen werden sich zweifelsohne noch ein paar Nasen mehr in die Nähe des Hallwilersees «verirren». Na dann, gute Nacht und bis später!
Samstag, 21.09.2024 – Tag 2
Nach einem leckeren Frühstück und einem entspannten Spaziergang entlang den Ufern des Hallwilersees, wird es gegen den späteren Nachmittag wieder Zeit für eine nächste Dosis Live-Musik. Sind alle bereit und munter für die zweite Runde? An mangelnder Feierlaune soll es bei meiner Wenigkeit definitiv nicht scheitern. Allerdings könnte man mit dem OK-Team durchaus einmal über die Bierauswahl sprechen. Dieses «cheibe Fäldchötzli» ist bezüglich Sponsoren-Deals vermutlich ein notwendiges «Übel» (aber nach einer gewissen Anzahl schmeckt das Ding einfach nicht mehr sonderlich. Eine Feststellung, die mir übrigens ebenfalls schon einige Male im altehrwürdigen Z7 widerfahren ist). Aber halb so wild, davon lasse ich mich keinesfalls aus dem Tritt bringen.
Erneut erfahren die Begrüssungsorgien kaum einen Abbruch. Ausserdem sind heute auffallende viele Kinder unterwegs. Dass man die musikalische Erziehung der Knirpse schon früh in die optimale Richtung lenken möchte, empfinde ich als absolut lobenswert. Die Kids werden später bei den Gigs zudem immer wieder von den Künstlern miteinbezogen (sei es mit «High fives» oder ähnlichen Aktionen). Die Herren von Grand Design scheinen auch Durchhaltevermögen an den Tag zu legen und mischen sich abermals unter die feiernde Meute. In Bälde werden gleich mehrere Landsleute von ihnen die Bühne erobern, aber davor bleiben wir kurz in lokalen Zonen.
Final Story
Nach der gewohnten Begrüssungsrede von Urs Lüscher dürfen die Aargauer Final Story ihr Können demonstrieren. Korrekt, das sind diese Jungs, welche beim Dreh ihrer Einstimmungsvideos für die Rocknacht Tennwil gelegentlich mit vorbei brausenden SBB-Zügen zu kämpfen hatten. Mit Unterbrüchen durch Schienenverkehr ist hier im Zelt glücklicherweise nicht zu rechnen. Wie wird die bevorstehende Metalcore-Ladung bei den Besuchern ankommen? Schliesslich sind das – im Vergleich mit dem restlichen Programm – verhältnismässig härte Klänge.
Die Breakdowns zum «Zvieri» kommen gar nicht einmal so übel an. Sänger Mathias fordert viel Handarbeit seitens des Publikums ein. Also, ich spreche von Applaus und Geklatsche (nicht von irgendwelchen perversen Einlagen – nur um das klarzustellen). Ein Fan schwingt einen Fahnenmast durch die Gegend, an dessen Ende eine Hose befestigt ist. Shorts auf halbmast? Das scheint ein Insider zu sein, welcher mir gänzlich unbekannt ist. Der Sound vermag dafür freilich zu gefallen. Die Boxen müssen einige Kracher aushalten. Sogar eine dezente Wall Of Death liegt drin. Vereinzelt tauchen in den Stücken (und während des Drumsolos) Techno- respektive Disco-Elemente auf, welche Metalinside-Boss pam garantiert umgehend in die Flucht schlagen würden.
Eine abschliessende Anekdote zu Final Story muss noch sein. Sie seien seit 12 Jahren an diesem Festival involviert. Jeweils in unterschiedlichen Rollen als Helfer, Gäste oder – wie dieses Mal – selbst auftretende Protagonisten. Diese Verbundenheit ist in Tat und Wahrheit spürbar.
Die Setliste – Final Story
- Chasing Myself
- Carpathia
- Enter Your Burial
- Untamable
- Take Me Away
- Relentless
- Fall
- Faceless
- Drum Solo
- Bulletproof
- Duality (Slipknot-Cover)
- Closer
- Savaged Soul
- Empire
JD Miller
Ab 18 Uhr beginnt dann die schwedische Dominanz! Den Anfang machen JD Miller, an deren Performance im Wetziker Hall Of Fame Club ich mich stets gerne zurückerinnere (siehe den dazugehörigen Bericht aus dem Jahr 2018). Kommt meine favorisierte Hymne «Clouded Minds» heute zum Handkuss? Wollen wir es hoffen.
Irgendwo zwischen Jack Daniels und Miller-Bier ist bei den Nordmännern die Idee entstanden, sich zu einer Band zu formieren und melodiösen Hardrock zu produzieren. Ein Vorhaben, welches in gelungener Manier umgesetzt wurde. Frontmann Pete Halldén ist eine coole, Sonnenbrille tragende Socke, welche die Frauenherzen zum Schmelzen bringt. Nebenbei ist er obendrein als Mikrofon-Jongleur tätig. Bei diesem gutgebauten «IKEA-Möbel» muss man nicht mehr viel schrauben. Kommt es mir bloss so vor oder steigt die «Feuchtigkeit» um mich herum konstant an? (Mädels, alles klar bei euch?). Mit-Metalinsider Luke und ich machen auf unbeeindruckte Männer und konzentrieren uns weiterhin brav auf die Beobachtung der gesamten Szenerie. Mein Kollege vermisst beispielsweise zu Recht den Live-Keyboarder (leider eine aussterbende Gattung auf unserem Planeten…).
Gegen Ende der Show dürfen noch zwei Mädchen zu den Schweden auf die Bühne und können so ihre ersten Erfahrungen als junge Rockstars sammeln. Schöne Geste der Musiker! Da mag ich es ihnen gar verzeihen, dass «Clouded Minds» keinen Platz in der Setliste findet.
Art Nation
Bei der nächsten Formation handelt es sich um eine Empfehlung von Kollegin Dalila. Hoffentlich überzeugt mich das Ganze, weil andernfalls sehe ich gedanklich schon ein Gewitter in Form von italienischem Temperament um meine Ohren fliegen. Erfreulicherweise dürfen die Wetteraussichten weiterhin sonnig bleiben, denn Art Nation haben mich bereits mit ihrer ersten Nummer «Don’t Wait For Salvation» komplett eingetütet. Das ist kitschiger 80er-Jahre Melodic Rock, wie man ihn schlichtweg nur mögen kann. Ich spreche ja oftmals davon, dass Finnland als Quell von ausgezeichneten Metal-Bands gilt. Aber ihre westlichen Nachbarn würden eigentlich ebenfalls einen Orden verdienen, da sie die Menschheit wie am Fliessband mit Gruppen der Marke H.E.A.T. eindecken. Grosses Kino!
Im Verlauf des Auftritts wage ich mich etwas weiter nach vorne und stosse prompt auf Dalila und Lady MC, die mit strahlenden Gesichtern das Treiben auf der Bühne beobachten beziehungsweise geniessen. Dazwischen jauchzen und heulen die Mädels beinahe lauter als jedes Wolfsrudel! Diesen Feierlichkeiten schliesse ich mich selbstverständlich gerne an (obschon im Bereich der animalischen Geräuschkulisse bei meiner Person glasklar noch Luft nach oben besteht). Ach, merci meine Damen, ihr versüsst einem jedes Konzert!
Das «Tasten-Geklimper» kommt zwar ausschliesslich ab Tonband, aber ansonsten weiss der Sound zu begeistern. Art Nation agieren bei ihrem Helvetia-Debüt fast wie ein heimlicher Headliner. Leicht gewöhnungsbedürftig bleibt lediglich der Vampirmantel von Fronter Alexander Strandell. Etwas später folgt eine emotionale Geste. Die Jungs widmen das Lied «I’m Alive» dem tragischerweise viel zu früh verstorbenen Sohn von Band-Managerin Babsy. Da lassen wir lieber die Musik wirken und gedenken andächtig mit.
Die Setliste – Art Nation
- Don’t Wait For Salvation
- Brutal & Beautiful
- 3000 Beats
- Echo
- The Real Me
- One Nation
- Powerless
- Kiss Up & Kick Down
- Here I Am
- Start A Fire
- I’m Alive
- Ghost Town
- Need You To Understand
- All In
Nestor
Ehe mit Nestor die letzte schwedische Equipe der diesjährigen Ausgabe zur Tat schreitet, präsentiert sich zuerst noch das Festival-OK auf der Bühne und lässt sich – hundertprozentig verdient – beklatschen. Möge der Verein auch in Zukunft viel Energie für diese wunderbare Veranstaltung aufbringen können!
Danach bleibt (vermeintlich) genügend Zeit, um meine Hand mit einer weiteren Hopfenperle auszurüsten. Aber genau dieser Abstecher an die Bar, wird für mich zum Beginn einer kleinen «Umwegs-Odyssee». Bei der Bestellung des Gerstensafts treffe ich nämlich auf Magnus von Grand Design und wir verlieren uns prompt in der gemeinsamen Faszination für Motörhead und Lemmy. Danach bin ich ihm zudem bei der alkoholischen Belieferung seiner Band-Mitstreiter behilflich. Schliesslich soll hier niemand verdursten! Meine hilfsbereite Aktion führt jedoch zu weiteren Plaudereien.
Als ich endlich wieder im Zelt bin und mich langsam Richtung «Spielgeschehen» durchquäle, bleibe ich kurz vor dem Ziel an Moritz und Merlin von Voltage Arc hängen. Ich beglückwünsche die beiden nochmals zu ihrer mitreissenden Darbietung in der Lenzburger Met-Bar vor eine Woche und wünsche ihnen viel Erfolg für die unmittelbar bevorstehende Veröffentlichung ihres neuen Silberlings «Sextasy». Moritz verlangt darauf sofort nach meinen Kontaktdaten und verspricht mir, ein Album-Exemplar zuzustellen. Wow, starke Aktion! Zur Einstimmung überreicht er mir darüber hinaus ein «Sextasy-Präservativ». Prächtig, dann steht dem «geschützten Abrocken» ja nix mehr im Weg.
Ich hoffe, dass mich Kumpel Luke in der Zwischenzeit bei Nestor würdevoll vertreten hat. Immerhin bekomme ich die letzten drei Songs noch mit. Das Finale in Form von «1989» vermag mir besonders gut zu gefallen (ist ja schliesslich auch ein toller Jahrgang).
Die Setliste – Nestor
- Intro
- We Come Alive
- Kids In A Ghost Town
- Stone Cold Eyes
- Last To Know
- Unchain My Heart
- Signed In Blood
- Victorious
- Caroline
- Teenage Rebel
- Firesign
- On The Run
- 1989
BBR
Dass BBR inzwischen eine beachtliche Fan-Gemeinde angesammelt haben, ist ein offenes Geheimnis. Schon den ganzen Tag stiefeln etliche Nasen mit Shirts der «Kult-Cover-Rocker» rund um Manu Burkart durch die Gegend. Und logischerweise bleibe ich ebenfalls erneut beim Souvenir-Stand hängen. Petra und Nicki – den charmantesten Merch-Chicks der Schweiz – kann man(n) schlichtweg nicht widerstehen. Aufgrund dessen bin ich fortan stolzer Besitzer eines kuschligen Hoodies, auf dessen Rückseite das ideale Lebensmotto «Buddies, Beer & Rock ‘N’ Roll» geschrieben steht.
Ich wage zu behaupten, dass sich der Fünfer seinen Erfolg selbst kaum in diesem Ausmass erträumt hätte. Wenn man als ursprünglich spassige «Hobby-Zeitvertriebs-Truppe» eines Tages plötzlich im Hallenstadion spielt, will das wahrhaftig etwas heissen! Nichtsdestotrotz sind die Zürcher Oberländer bodenständig geblieben und zocken ihre Auftritte nach wie vor mit viel Herzblut durch. Vor zwei Jahren haben sie das hiesige Festzelt sozusagen bereits einmal regelrecht dem Erdboden gleichgemacht. Die Sprüche zu den zerstörten Absperrgittern werden Mäge wohl auf ewig heimsuchen. Ob die Herrschaften einen solchen Abriss 2024 nochmals wiederholen können?
Die Security scheint jedenfalls keine halben Sachen abziehen zu wollen und verstärkt die Frontgitter kurzerhand mit einem Stahlträger. Darf das jetzt als «Heavy Metal in Reinkultur» abgestempelt werden? Zur Belustigung aller Anwesenden treten die Musiker mit blonden Perücken ins Rampenlicht. Man wolle sich notabene irgendwie sämtlichen «IKEA-Kapellen» dieses Festivals annähern. Ach Leute, das ist doch gar nicht nötig. Die Menge liebt euch sowieso. Schon beim Danko Jones-Einstieg («Had Enough ») geht ordentlich die Post ab! Mäge ist nicht zu bremsen. Ich frage mich, ob überhaupt eine auf unserem Planeten hergestellte Kette diese Mikrofon-Bestie zähmen könnte.
AC/DC, Iron Maiden, Rage Against The Machine, Die Ärzte – während dieser Performance kommt effektiv jeder auf seine Kosten. Fehlt eigentlich bloss noch das konstant geforderte Slayer-Cover. Aus Insider-Quellen ist aber zu vernehmen, dass sich die Fans bei künftigen Darbietungen entweder auf «Dead Skin Mask» oder gleich ein komplettes Medley freuen dürfen (habe ich mir gerne so notiert). Bei all dem fleissigen Mitgrölen ist eine schlaue Flüssigkeitszufuhr essenziell. Wahrscheinlich spannen die Jungs deswegen Kollegin Lynne ein. Sie darf anschliessend den «Bierzapfhahn on stage» bedienen und die durstigen Seelen mit wohltuendem Gerstensaft versorgen. Service pur!
Ehrlich gesagt hatte ich eingangs eine kleine «Erpresser-Attacke» auf Manu im Sinn. Ich werde erst wieder einen Bericht über BBR verfassen, wenn ich im Gegenzug ein paar der heissbegehrten Divertimento-Tickets erhalte. Aber hey, dieser Gig ist einfach zu überragend und es wäre jammerschade, wenn man ihn nicht mit irgendwelchen Worten für die Nachwelt festhalten würde. Ausserdem bin ich ein Ehrenmann und führe meine journalistische Tätigkeit prinzipiell gewissenhaft aus. Daher verfolge ich gespannt, wie Herr Burkart (übrigens stilecht in ein Obituary-Tanktop gekleidet) sogar auf dem Tresen der Festival-Wechselstube herumturnt und gemeinsam mit seinen Kumpels für einen grandiosen Abschluss der Veranstaltung sorgt. Und jetzt nochmals alle im Chor: BBR!!!
Die Setliste – BBR
- Had Enough (Danko Jones-Cover)
- The Kids They Aren’t Alright (The Offspring-Cover)
- Runnin’ Wild (Airbourne-Cover)
- Whole Lotta Rosie (AC/DC-Cover)
- Helter Skelter (The Beatles-Cover)
- Sad Man’s Tongue (Volbeat-Cover)
- (You Gotta) Fight For Your Right (To Party) (Beastie Boys-Cover)
- Rock ‘N’ Roll Forever (The Carburetors-Cover)
- Fear Of The Dark (Iron Maiden-Cover)
- Nutbush City Limits (Nashville Pussy-Cover)
- Hier kommt Alex (Die Toten Hosen-Cover)
- Schrei nach Liebe (Die Ärzte-Cover)
- Rock ‘N’ Roll (Motörhead-Cover)
- Metallica-Medley
- Break Stuff (Limp Bizkit-Cover)
- T.N.T. (AC/DC-Cover)
- Killing in The Name Of (Rage Against The Machine-Cover)
- Schönen Gruss, auf Wiederseh’n (Die Toten Hosen-Cover)
Das Fanzit – Samstag
Für mich entpuppten sich heute Art Nation und BBR als Tagessieger! Im Festzelt herrschte praktisch durchgehend eine fantastische Stimmung (wobei das fairerweise über den gesamten Zeitraum des Events der Fall war). Zu den Trumpfkarten zählten abermals die familiäre Atmosphäre und die sorgfältige Bandauswahl.
Liebe Rocknacht Tennwil, wir können gerne auf – hoffentlich – weitere 15 Jahre anstossen und es wird mir ein Vergnügen sein, auch im nächsten Jahr zu euch zurückzukehren. Dürfte ich als einen möglichen Vorschlag für das Line-up eventuell die Brothers Of Metal ins Feld führen? Das sind ja schliesslich ebenfalls Schweden. Und aus der lokalen Abteilung wären Gloria Volt sicherlich ein interessanter Faktor (dann müsste ich Winterthur nicht gänzlich allein vertreten).