Seraina Telli – Black ’n’ White Sessions (Cover Artwork)
Fr, 6. Dezember 2024

Seraina Telli – Black ’n’ White Sessions

Hardrock, Rock
28.10.2024
Seraina Telli – Black ’n’ White Sessions (Cover Artwork)

Es wird sanfter

Seraina Telli kennt wohl das Wort «Pause» nicht. Auf das Album «Simple Talk» im Jahr 2022 folgte 2023 «Addicted To Color» und gegen Ende von 2024 nun «Black ’n’ White Sessions».

Bei dieser neuen Veröffentlichung handelt es sich um ein ruhigeres Album, das Songs der „in your face rock“-Sängerin in einem stilleren neuen Gewand präsentiert. Wirklich neu sind die darauf enthaltenen Lieder, bis auf zwei Ausnahmen, allerdings nicht. Viel mehr werden Stücke der letzten zwei Alben „Simple Talk“ und „Addicted To Color“ als beinahe akustische und definitiv ruhigere Varianten präsentiert.

Natürlich stellt sich die Frage, ob es nach nur zwei Platten wirklich ein (beinahe) Akustikalbum benötigt, das grösstenteils aus bereits veröffentlichten Stücken besteht. Noch mehr zu entdecken hätte es zudem gegeben, wenn man sich zusätzlich an Veröffentlichungen aus Tellis Progressive Rock-Projekt Dead Venus bedient hätte. Insbesondere an Auszügen aus dem zweiten Album von diesem, „Flowers & Pain“, bei dem man, im Gegensatz zum ersten, nicht auf Klänge einer E-Gitarre verzichtet hat. Spannend zu hören ist das neue Doppelalbum „Black ’n’ White Session“ dennoch allemal, speziell dann, wenn man mit dem Schaffen von Seraina bereits vertraut und tolerant genug ist, um Bekanntes neu verpackt zu erleben.

Sanft, aber nicht zwingend akustisch

CD 1 enthält 15 Tracks, produziert von der Sängerin selbst gemeinsam mit Rico Horber (Stoneman, AnnA Lux …). Bei der Instrumentalisierung wurde primär auf akustische Gitarre, Bass und Schlagzeug gesetzt. Gesanglich unterscheiden sich die Songs mal mehr, mal weniger von der ursprünglichen Hardrock-Version. «Weniger» trifft gerade auf Songs wie „Remedy“ oder «Left Behind» zu. Bei ersterem Beispiel hat es gar eine elektronische Rhythmusgitarre in den finalen Mix geschafft. Andere Tracks auf dem Album sind weiter entfernt von der „in your face rock“-Edition und bieten so in dieser neuen Auflage deutlicher erkennbar einen Mehrwert zum bereits Veröffentlichten. Einer davon wäre „Medusa“, der sich in einer neuen Stilrichtung irgendwo zwischen Blues und Country wiederfindet. Ein anderer Track, „Im Not Sorry“, der in der Ursprungsvariante rockig, treibend aufgeladen ist, wird als Ballade interpretiert und funktioniert auch als eine solche.

Ebenso, verglichen mit anderen Songs auf dem Album, unterscheidet sich «Take Care» eher stärker vom Original, das hier als epochale Piano-Ballade präsentiert wird. In Bezug auf die instrumentale Besetzung ebenfalls neue Ansätze, sind Einschübe von Cello und elektronischer Orgel, die sich beinahe als goldenen Faden durch das Album ziehen, auch wenn gerade die Orgel ein weiterer Ausbruch aus dem Akustik-Konzept ist. Wobei es an dieser Stelle anzumerken gilt, dass das Album sich in keiner Weise selbst als „Unplugged“ oder Ähnliches bezeichnet, die Devise „härtere“ Songs in einem „sanfteren“ Gewand zu präsentieren, lenkt jedoch die Erwartungshaltung in diese Richtung.

Die Produktion von «Black ’n’ White Sessions» klingt, zum Konzept passend, simpel. Instrumente und Gesang sind klar voneinander getrennt. Instrumentalsolos bekommen, wenn überhaupt, nur wenig Platz, am meisten wohl in «Hit Shit». Der Fokus liegt klar erkenntlich auf Seraina und ihrer Stimme. Wem die vorherigen zwei Alben vertraut sind, den erwarten vorerst, zumindest auf CD 1, keine allzu grossen Überraschungen.

Seraina and friends

Deutlich interessanter ist hingegen der zweite Teil der Veröffentlichung, in der physischen Variante CD 2. Hier werden dieselben Songs im musikalisch und, zumindest auf Tellis Beteiligung bezogen, auch gesanglich ähnlichen Gewand präsentiert, mit dem markanten Unterschied, dass für jeden Track – entsprechend für 15 Lieder – ein anderes Feature eingefädelt wurde. Dabei herausgekommen sind Ergebnisse, die so unterschiedlich klingen, dass wohl nicht alle Hörer an allen Gefallen finden werden.

So ergänzte etwa der Schweizer Blueser Marc Amacher «Remedy» mit seiner rauchigen Bluesstimme, Anna Murphy (ex-Eluveitie) spielt Drehleier auf «Black ’n’ White», einer Neuveröffentlichung, der Rapper Rapture Boy verbindet «Left Behind» mit Hip-Hop und der Spanier Tete Nova singt seinen Part in «Take Care» auf Spanisch. Das ist nur ein Auszug aus den vielen interessanten Duett-Versionen von Liedern der letzten zwei Seraina-Telli-Alben. Weitere Überraschungen sollen für den potenziellen Hörer Überraschungen bleiben, wobei viele der Features teilweise bereits Monate vor dem Albumrelease von der Sängerin auf den einschlägigen Streaming-Plattformen veröffentlicht wurden.

Das Fanzit – Seraina Telli – Black ’n’ White Sessions

Vor dem Hören dieses Doppelalbums war ich diesem gegenüber eher kritisch eingestellt: Eine Veröffentlichung alternativer Versionen von Songs eines Musikprojekts, das noch vor gar nicht so langer Zeit das Licht der Welt erblickte? Der erste Teil dieser neuen Veröffentlichung, die CD 1, hat mich dann, wie erwartet, nicht sonderlich beeindruckt. Auch wenn ich eingestehen muss, dass der ein oder andere Track doch interessante Ansätze verfolgt, die «Originalversionen» gefallen mir dennoch besser.

Anders verhielt es sich mit dem zweiten Teil dieses Doppelalbums, der CD 2. Zugegeben, nicht jede Kollaboration klingt für mich unbedingt stimmig. In meinen Ohren harmonieren Serainas Gesang und der des Gastes nicht immer einwandfrei. Ich kann mir aber vorstellen, dass dies auch auf meinen persönlichen Geschmack zurückzuführen ist und andere Hörer andere Duette als gelungener empfinden als ich.

Von meiner Seite gibt es auf jeden Fall eine Kaufempfehlung, insbesondere wegen der zweiten Compact Disc mit den 15 (!) Features.

CD portofrei bestellen

Die Trackliste Seraina Telli – Black ’n’ Sessions

[CD 1]

  1. Black ‘n’ White
  2. Addicted to Color
  3. Wish You Well
  4. I’m Not Sorry
  5. Not one of your Kind
  6. Left Behind
  7. Dreamer
  8. Song for the Girls
  9. Remedy
  10. The Harder Way
  11. Medusa
  12. Hit Shit
  13. Take Care
  14. Think!
  15. My Way

[CD 2]

  1. Black ‘n’ White feat. Anna Murphy (ex Eluveitie, Cellar Darling)
  2. Addicted to Color feat. Britta Görtz (HiRaes)
  3. Wish You Well feat. Chris Boltendahl (Grave Digger)
  4. I’m Not Sorry feat. Clementine Delauney (Visions Of Atlantis)
  5. Not one of your Kind feat. Deer Park Avenue
  6. Left Behind feat. Rapture Boy
  7. Dreamer feat. Kärbholz
  8. Song for the Girls feat. Lee Aaron
  9. Remedy feat. Marc Amacher
  10. The Harder Way feat. Alexander “Lex” Wohnhaas (Megaherz)
  11. Medusa feat. Calico Cooper
  12. Hit Shit feat. Violet Greens & One Man Rocks
  13. Take Care feat. Tete Novoa (Saratoga)
  14. Think! feat. Ohrenfeindt
  15. My Way feat. John Diva and the Rockets Of Love

Video Seraina Telli – My Way feat. John Diva


Album Review Bewertung

Autor Bewertung: 7.5/10



Wie bewertet ihr dieses Album?

Autor
28.10.2024
Weitere Beiträge von

Seraina Telli