Comaniac (Heretic Fest III) - Werkk Baden 2024
Sa, 26. Oktober 2024

Heretic Fest III 2024 – Comaniac, Irony of Fate, Heathen Heretic, Tylangir

Werkk Kulturlokal (Baden, CH)
07.11.2024
Comaniac (Heretic Fest III) - Werkk Baden 2024

Die Szene lebt

Heathen Heretic organisieren bereits zum dritten Mal das nach ihnen benannte Heretic Fest. Dazu haben sie drei Bands auserwählt, um gemeinsam mit ihnen im Badener Werkk für Stimmung zu sorgen.  Herausgekommen ist ein wunderbarer Querschnitt durch die extremeren Gefilde der nationalen Metalszene.

Dass wir hier im Land viele talentierte Bands haben, zeigt sich immer wieder an diversen Anlässen. Sei es Festival oder Konzert, die Schweizer Metallandschaft bietet Abwechslung auf hohem Niveau. Heute Abend am Heretic Fest III versammeln sich einige der Aushängeschilder, wenn es um professionelles Auftreten mit viel Übung geht. Also noch rasch die Jacke an der Garderobe abgegeben und ab gehts ins Getümmel.

Tylangir

Tylangir machen den Anfang. Die Walliser Folk Metal-Band hat vor zwei Jahren mit ihrem Debütalbum Ur-Chraft einen ziemlichen Überraschungshit gelandet (die Scheibe hat es sogar in mehrere unserer Bestenlisten zum Jahresende geschafft). Nun bietet sich mir endlich die Gelegenheit, mir ein Bild davon zu verschaffen, wie die Truppe ihre Musik im konzertanten Rahmen umsetzen kann. Das mystische Intro, zu dem Tylangir die Bühne betreten, erhöht die Vorfreude, verklingt und… wird gleich nochmals abgespielt. Anscheinend braucht das Septett noch einen Moment, bis alles bereit ist. Doch halt, da oben stehen ja gar nicht sieben Personen. Von Bassist Dominik ist weit und breit nichts zu sehen, als die ersten Töne von „Där Nattruflüäch“ erklingen.

Sänger Lukas Sarbach erklärt uns schliesslich, was Sache ist: Ihr Bassist sei zurzeit gerade tausende von Metern über uns in einem Flugzeug, weshalb sie seine Stimme digital einspielen würden. Das ist natürlich schade, doch ebenso verständlich. Und das Publikum wäre bestimmt enttäuscht gewesen, wenn die Band den dreitägigen Ritt aus dem Wallis auf ihren Mauleseln (O-Ton Lukas…) nicht auf sich genommen und Kracher wie «Ur-Chraft» zum Besten gegeben hätte. Als die Truppe schliesslich bei ihrer Bandhymne «Tylangir» eine Fahne mit ihrem Logo auspackt, fällt nach der Hälfte des Songs plötzlich Metalmitinsider Domi the Stick die Aufgabe zu, das Stoffstück standesgemäss zu schwenken. Der wiederum ruft kurzerhand ein Gemeinschaftsprojekt aus und so weht das Erkennungszeichen auch bei «D’ alt Schmidja» und «Där Rollibock» fröhlich im Publikum weiter – jeweils enthusiastisch geschwenkt von einem der diversen anwesenden Metalinside-Teammitglieder.

Dass sie gefeiert werden, haben Tylangir dabei wirklich verdient. Ihr Auftritt macht Spass, ist musikalisch gelungen und kann sich einer gut zusammengemischten Setliste rühmen. Füttert die Maulesel also bitte reichlich, liebe Walliser, damit sie euch nicht das letzte Mal in Richtung Nordosten getragen haben (sondern dies z. B. zum Gig in der Met-Bar am 14. Dezember wieder tun). Ich möchte gerne mehr und dem abschliessenden Applaus um mich herum nach, bin ich da nicht der Einzige.

Dank Metalmitinsiderin Larry kommt ihr übrigens in den Genuss der Setlisten aller Bands hier am Heretic Fest III. Danke nochmals an dieser Stelle fürs Sammeln.

Die Setliste – Tylangir

  1. Där Nattruflüäch
  2. Ur-Chraft
  3. Johanneli Fi
  4. Quatambärchind
  5. Tylangir
  6. D’ alt Schmidja
  7. Där Rollibock

Heathen Heretic

Nachdem die Umbaupause infolge technischer Probleme länger als geplant gedauert hat, steht nun alles bereit für die blutverschmiert geschminkten Gastgeber des heutigen Abends. Heathen Heretic haben sich in den zwei Jahren seit ihrem allerersten Auftritt am Meh Suff! Winter-Festival 2022 (den ihr hier Revue passieren lassen könnt) nicht nur einen guten Live-Ruf erspielt, sondern sind zur festen Grösse im lokalen Blackened Death Metal-Umfeld geworden. Davon zeugt ja nicht zuletzt, dass sie zum mittlerweile dritten Mal das Heretic Fest ausrichten, an dem wir uns hier befinden. Mit dieser Entwicklung sollte natürlich die musikalische Qualität mithalten können und das tut sie auch. Neuere Stücke der Marke «Conquer for a worthless God» oder «Sacrifice the Goat» zeigen eine Band, die sich gegenüber ihrem Debütalbum spürbar weiterentwickelt hat. Wenn wir dann erst die ganz frischen Kompositionen einbeziehen, welche uns Gitarrist Styx als Bestandteil einer bald anstehenden Albumveröffentlichung anpreist, wird klar, dass die Zukunft für die Zürcher glänzend aussieht (schwarz glänzend natürlich).

Der wunderbar kernige Gitarrensound unterstreicht zudem den Charakter der Stücke live ausgezeichnet. Bloss das Mikrofon von Sängerin Viola dürfte immer wieder mal lauter eingestellt sein. Ihr Kreischgesang ist einer der Trümpfe in der Hand der heidnischen Häretiker, da hat sie es verdient, gehört zu werden. Das trifft bei «Black Forest» – einem der Highlights des Sets – ebenso auf ihre akustische Gitarre zu, wobei es dann zum Glück doch noch klappt. Potenzial hat darüber hinaus der Klargesang, diesmal allerdings nicht vonseiten der Abmischung, sondern von der Produktion her, klingt er doch sehr trocken und zurückhaltend. Dafür lässt die Performance kaum Wünsche offen. Die Band ist aktiv und insbesondere Styx rennt immer mal wieder hin und her auf der kleinen Bühne. Die gut gefüllten Reihen des Publikums honorieren das mit lauten Beifallsbekundungen, wenngleich sie der Aufforderung nach einem Moshpit kurz vor Schluss der fünfzig Minuten bei «Human» nicht nachkommen mögen. Nichtsdestotrotz können Heathen Heretic einen gelungenen Auftritt für sich verbuchen und haben damit ihre Gastgeberpflichten mehr als erfüllt.

Die Setliste – Heathen Heretic

  1. Intro
  2. Deadly Sin
  3. Sacrifice the Goat
  4. Charge into the Fire
  5. Impaler
  6. Black Forest
  7. Conquer for a worthless God
  8. Human
  9. Charon

Irony of Fate

Weiter geht es nun mit einer Band, die ein wenig länger unterwegs ist. Zehn Jahre sind es genaugenommen nun, in denen Irony of Fate die Szene mit Melodic Death Metal der Güteklasse A versorgen. Die Truppe ist bekannt dafür, mit ihren Riffs ein starkes Verlangen nach rhythmischem Kopfschütteln auszulösen, was heute einmal mehr voll einschlägt. So gut wie vom ersten Ton an geht eine Welle der Energie durch die Fans und lässt die Leute sich mit wild geschwungener Haarpracht (oder was auch immer die Kopfhaut bedecken oder nicht bedecken mag) nach vorne beugen. So kennen wir Irony of Fate, so wollen wir Irony of Fate hören. Was wir ebenfalls hören wollen, ist die Geschichte, weshalb über Lars‘ Gitarrenkopf eine Socke gestülpt ist, doch diese Erklärung bleibt uns die Band schuldig. Ob sich die Leute am Mischpult davon verwirren lassen oder sonst irgendwelche Schwierigkeiten bestehen, bleibt ebenfalls im Ungewissen, doch die Tatsache, dass das Instrument sehr leise abgemischt ist, lässt sich nicht verbergen. Da jedoch der restliche Klang tadellos ist und Irony of Fate ohnehin auf zwei Gitarren setzen, zünden die Songs trotzdem.

Sängerin Cveti gibt derweil wie üblich souverän die Showmasterin, wobei sie mit ihrer fröhlich-nahbaren Art vermittelt, gleichzeitig Frontfrau und eine von uns zu sein. So erkundigt sie sich, als der in die Menge geworfene Drumstick unabsichtlich jemanden am Kopf trifft, nervös kichernd umgehend nach dessen Gesundheit. Dazu passt wie die Faust aufs Auge, dass plötzlich Verwirrung herrscht und die Fronterin «Mayhem» ansagt, obwohl jetzt «The Morningstar» an der Reihe wäre. Lachend erklärt sie, dass die Verwechslung auf ihre Kappe ginge, da sie die Setliste falsch geschrieben hätte. Das Publikum nimmt es selbstverständlich wohlwollend auf und die Handhabung der Band macht daraus eine frische Auflockerung im Ablauf. Als Showeinlage erfinden, hätten sie es auch nicht besser können.

Gleich im Anschluss kriegen wir Irony of Fates neusten Song zu hören: «Equinox Nights». Es ist dies jene Komposition, mit der sich das Quintett für eine Teilnahme am Eurovision Song Contest bewirbt. Wer jetzt aber Angst hat, dass die Melodic Death Metaller ihren Sound dafür verwässern, der kann beruhigt aufatmen: Der Song fügt sich nahtlos in den restlichen Katalog der Band ein. Es steht also weiterhin Headbangen auf dem Programm und das zieht sich so durch bis zum Schluss, den nach fünfzig Minuten die Single «Oceans of Doom» vom Debütalbum markiert. Starke Leistung!

Die Setliste – Irony of Fate

  1. Intro
  2. Roll the Dice
  3. 4AM (What’s it to you?)
  4. We, the Damned
  5. The In-Between
  6. Mayhem (gespielt wird dann Morningstar)
  7. The Morningstar (jetzt wird Mayhem gespielt)
  8. Equinox Nights
  9. Mind vs I
  10. Doomsday Clock
  11. Oceans of Doom

Comaniac

Die Verspätung hat sich gnadenlos weiter in den Zeitplan gefressen und so haben bereits einige Leute den Saal verlassen, als Comaniac dazu ansetzen, ihrem Headlinerstatus gerecht zu werden. Die hart arbeitenden Aarauer mischen ganz vorne mit, wenn es um einheimischen Thrash Metal geht. Mit ihrem übrigens perfekt gemischten Sound gibt es nur ein grosses Problem: Die wahnwitzigen Riffs und Soli sind derart spektakulär anzuhören und -schauen, dass bisweilen gar keine Zeit bleibt, zu headbangen. Ein Luxusproblem, ich weiss, doch diese Hin-und-Her-Gerissenheit ist einfach bezeichnend für die Musik von Comaniac. Der mitsingtaugliche Hit «Art is Dead» kommt da gerade recht als zweiter Song, um dieses Dilemma ein wenig aufzulösen und die Zuschauerinnen und Zuschauer in Schwung zu bringen, bevor uns Jonas wissen lässt, dass der Abend immer noch jung und deshalb «Start the Madness» an der Reihe sei. Ja, ein gewisser Wahnsinn ist nicht zu verleugnen, wenn man mit den Blicken den Fingern von Leadgitarrist Vali zu folgen versucht oder Stefans Drumming vollumfänglich erfassen möchte.

Comaniac wissen schlicht, wie anspruchsvolle Musik geht, Aufführung im Konzertrahmen inklusive. Doppelt anspruchsvoll ist das heute für Tom am Bass. Der stand ja bereits bei Irony of Fate zuvor im Einsatz und ist nun weitere 60 Minuten gefordert. Das meistert er aber mit derselben Bravour, mit der die anderen Bandmitglieder ihre Parts beherrschen. Zusammengenommen macht genau das die Faszination eines Auftritts der Truppe aus: Interessant komponierte Musik tadellos dargeboten und mit Unmengen an Spielfreude und Energie umgesetzt. «Head of the Snake» verdichtet das nochmals in Reinkultur, bevor schliesslich «1, 2, Rage» sowohl ein rasendes Comaniac-Konzert wie auch das ganze Heretic Fest III beschliesst.

Die Setliste – Comaniac

  1. Intro
  2. Eye to Eye
  3. Art is Dead
  4. Start the Madness
  5. (Nothing but Lies / Wormhole Death)
  6. Break Down Rite
  7. (None For All / Coal)
  8. Desolation Manifest
  9. (Between the Stars / Secret Seed)
  10. Holodox
  11. The New Face of Hell
  12. Head of the Snake
  13. 1, 2, Rage

Das Fanzit – Heretic Fest III

Die Szene lebt. Anders kann man es nach einem solchen Abend nicht ausdrücken. Comaniac, Irony of Fate, Heathen Heretic und Tylangir können alle vier mit gelungenen Gigs begeistern. Den auftrittstechnischen Unvollkommenheiten des Undergrounds entstiegen, ohne bereits den Zwängen durchchoreografierter Shows auf den grossen Bühnen unterworfen zu sein, schaffen sie es, für gute Laune im Badener Werkk zu sorgen, bringen das Heretic Fest III zielsicher als erinnerungswürdigen Anlass ins Trockene und empfehlen sich mit starken Auftritten für weitere Besuche in der Zukunft. Schaut unbedingt in unseren Konzertkalender, denn alle vier Kapellen spielen in den kommenden Wochen und Monaten sowohl weitere Konzerte als teilweise auch einige spezielle Jubiläumsshows, deren Besuch auf jeden Fall lohnenswert ist.


Wie fandet ihr das Konzert?

07.11.2024
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