Preiset die «Eichhörnchen-Apokalypse»!
Am Samstag lancierte die emsige Meh Suff!-Crew im Zürcher Dynamo eine neue Eventreihe. Sie hört auf den mit Zungenverknotungs-Potenzial ausgestatteten Namen «Squirralypse Fest». Insgesamt standen sechs Bands auf der Bühne, welche die Besucher primär mit sphärischen Black Metal-Klängen einlullten. Dabei entpuppten sich vor allem Alcest, Uada und Anomalie als vorwiegende Höhepunkte.
Ein Nagetier, welches uns den Untergang bringen soll? Das erinnert mich irgendwie an Scrat aus «Ice Age». In diesen Filmen jagt das Vieh in tollpatschiger Manier ständig seine beehrte Nuss-Beute und löst dabei unter anderem Erdbeben oder das Verschieben der Kontinente aus. Allenfalls hat sich die Meh Suff!-Equipe für ihren neusten Streich zumindest teilweise effektiv davon inspirieren lassen. Aushängeschild des «Squirralypse Festes» ist nämlich ebenfalls ein Eichhörnchen (einfach in einer fiesen Variante). Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das auf dem Plakat abgebildete Tierchen bezüglich Merchandise-Artikeln zum ultimativen Renner mutieren dürfte. Deshalb besteht meine erste Handlung nach dem Betreten des Dynamo-Gebäudes wenig überraschend umgehend aus dem Erwerb eines der populären Festival-Shirts.
Musikalisch begeben wir uns jedoch nicht auf die Suche nach Nüssen, sondern tauchen hauptsächlich in die Sphären des Post-Black Metal ein. Gedanklich sehe ich meine Seele schon völlig in Trance durch den Konzertsaal fliegen. Dafür werden die Klangwelten von Alcest, Uada, Anomalie und den übrigen Gruppen ohne Zweifel sorgen. Schade nur, dass Harakiri For The Sky kurzfristig aufgrund Krankheit ihres Trommlers ihre Präsenz an dieser Veranstaltung absagen mussten. Sie wären sicherlich eines der Highlights gewesen… Dafür erhalten nun alle anderen Formationen etwas mehr Spielzeit. Dann nix wie hinein in das ausverkaufte Getümmel!
Euclidean
Für den Start der ganzen Sause ist der einzige Schweizer-Vertreter im Programm besorgt. Die Band nennt sich Euclidean und stammt aus La Chaux-de-Fonds. Es sind vier unscheinbare Typen, die hier zur Tat schreiten. Basser und Klampfer teilen sich die Krächz-Arbeit. Ihre tendenziell eher längeren Nummern enthalten viele gemächliche Passagen, aber die Jungs ziehen das Tempo immer wieder an. Die Zuhörerschaft wird mit einem wahren Blitzlichtgewitter eingedeckt. Stilistisch dürften Euclidean irgendwo im Atmospheric Black Metal-Sektor angesiedelt sein. Eine Interaktion mit dem Publikum erfolgt erst am Ende des Gigs, als der Fronter ein knappes «Thank You!» in sein Mikrofon raunt. Die Ansätze der Songs haben zwar ihren Reiz, aber über die gesamte Länge hinweg schleicht sich leider eine monotone Note ein. Wahrscheinlich hätten 30 Minuten für diese Darbietung bereits ausgereicht.
Die Setliste – Euclidean
- Untitled New Track (Inedit)
- Untitled New Track (Inedit)
- Untitled New Track (Inedit)
- Never Witness Clarity
- Nothing Discerned Therein
- Untitled New Track (Inedit)
Anomalie
Seit unserer ersten Begegnung am Dark Easter Metal Meeting 2018 zähle ich zu den Bewunderern der nächsten Gruppe. Nun schmücken Hirschgeweihe die Bühne und bereiten uns auf eine spirituelle Reise in die Natur vor.
Als Sechserpack treten die Ösis ins Rampenlicht und machen von Beginn weg Dampf! Angeführt von Front-Hüne Marrok (der sowohl mit als auch ohne Kapuze brilliert) servieren uns Anomalie vielseitigen Sound und setzen die Messlatte für die noch kommenden Kapellen extrem hoch an. Der Herr am Tieftöner mutiert zu einem unbändigen Wirbelwind. Ihr gestern veröffentlichtes Album «Riverchild» dürfte den Künstlern zusätzliche Motivationsschübe verleihen. Hörproben erhalten die Besucher in Form der Stücke «Perpetual Twilight» und «Awakening». Ich muss nach der Show unbedingt kurz am Merch-Stand prüfen, ob man die Scheibe käuflich erwerben kann. Dank dieser Glanzleistung ist festzuhalten, dass Anomalie ihre bedauerlicherweise ausgefallenen Landsleute Harakiri For The Sky absolut würdevoll vertreten.
Die Setliste – Anomalie
- Vision I: Towards The Sun
- Perpetual Twilight
- Trance III: Alive
- Awakening
- Trance V: Cerulean Sun
- Vision IV: Illumination
- Aurora
Ghost Bath
Ghost Bath touren momentan gemeinsam mit Cloak und Uada durch Europa. Deshalb ist auch heute Abend gleich das gesamte Paket Teil des Squirralypse Fests. Die Herrschaften aus dem US-Bundesstaat North Dakota setzen allesamt auf geschminkte «Panda-Augen». Sie kommen mit viel Wucht und Hass aus der Startbox. Ihre akustischen Ergüsse thematisieren unter anderem Depressionen und Suizidversuche. Schwere Kost, welche die Protagonisten allerdings glaubhaft herüberbringen. Sämtliche der fünf Musiker verfallen rasch in einen wahren Headbanger-Rausch. Speziell der Herr am Tieftöner neigt regelrecht zu Eskalationen. Gelegentliches Klavier-Geklimper ertönt lediglich ab Tonband, was am Ende in meinem Résumé zu minimen Abzügen in der B-Note führt. Für das finale Lied taucht dann noch ein Gastsänger auf, dessen Identität jedoch nicht preisgegeben wird.
Uada
Auf dem riesigen Backdrop prangert der für Uada typische, markante Sichel- respektive Halbmond. Sich langsam ausbreitende Weihrauchwellen reizen zudem die anwesenden Riechorgane. Der Saal ist inzwischen rappelvoll. Selbstverständlich gönne ich den Organisatoren und Bands die ausverkaufte Hütte, aber mir persönlich sagt das «Sardinenbüchsen-Leben» nicht sonderlich zu. Etwas mehr Freiraum wäre fraglos geschätzt. Nichtsdestotrotz lasse ich mir den bereits laufenden Auftritt dadurch keinesfalls vermiesen. Uada legen nämlich eine Performance auf das Parkett, die derjenigen eines Headliners würdig ist. Hits der Marke «Snakes & Vultures» schlagen ungebremst ein! Des Weiteren entstehen aufgrund des weissen Scheinwerferlichts spannende Schattenspiele der Akteure an den Wänden des Raumes. Divenhafte Allüren, die der Truppe in der Vergangenheit manchmal vorgeworfen wurden, sind überhaupt keine zu spüren.
Alcest
Für die nächste Formation bleibt die Bude zum Bersten voll. Zu Recht? Aber so etwas von! Das Liedgut der Franzosen ist schlichtweg magisch und stimuliert sämtliche Fasern des eigenen Körpers. Frontmann Neige trägt wieder einmal einen Mix aus Kimono und Hawaii-Hemd. Bei seinen Ansagen verhält er sich wie ein scheues Reh (was ihn definitiv sympathisch macht). Sobald der Vierer dann aber wieder die Musik sprechen lässt, baut sich eine komplett andere Welt auf, die alle Besucher in ihren Bann zieht. Meine Seele meldet sich ab und schwebt verträumt durch den Raum. Die Gesangsabmischung dürfte fairerweise angemerkt ein bisschen deutlicher ausfallen, aber ansonsten gibt es an dieser grandiosen Performance nichts zu bemängeln. Die Stücke des frischen Silberlings «Les Chants De L’Aurore» fügen sich nahtlos in die Setliste ein. Selbstverständlich werden aber auch ältere Kompositionen wie «Autre Temps» frenetisch bejubelt. Alcest sind einfach überragend. Schluss. Aus. Ende!
Die Setliste – Alcest
- Komorebi
- L’Envol
- Améthyste
- Protection
- Sapphire
- Écailles De Lune – Part II
- Le Miroir
- Oiseaux De Proie
- Autre Temps
Cloak
Okay, noch ist nicht ganz Schicht im Schacht. Den Gig von Cloak ziehe ich mir natürlich ebenfalls rein. Damit bin ich allerdings in der Minderheit. Der Grossteil des Publikums ist schon abgezischt. Vielleicht bereiten sich ein paar der Leute auf die später anstehende «90er-Party» vor. Meine Wenigkeit wird man dort hingegen vergeblich suchen. Aber kommen wir nun zurück zur US-amerikanischen «Kloake». Keine Angst, weder die Musik noch der Auftritt der Künstler werden von beissendem Gestank begleitet. Es handelt sich viel eher um solides «Geprügel», welches von einer Kerzendeko untermauert wird. Ergänzend kommen rote Scheinwerfer hinzu, welche wohl jeden Fotografen verzweifeln lassen. Möglicherweise wären Cloak einmal Kandidaten für einen früheren Slot, denn nach den fantastischen Shows von Uada und Alcest bin ich bedauerlicherweise nicht mehr wirklich aufnahmefähig für weitere Vorführungen.
Die Setliste – Cloak
- Ethereal Fire
- With Fury And Allegiance
- In The Darkness, The Path
- Seven Thunders
- The Holy Dark
Das Fanzit – Squirralypse Fest – Part I
Das Squirralypse Fest- Debüt war augenscheinlich ein Erfolg. Meine persönlichen Highlights dieser ausverkauften «Eichhörnchen-Party» waren zweifellos Alcest, Uada und Anomalie. Organisatorisch ging wie gewohnt alles reibungslos vonstatten (so, wie man es eben von der Meh Suff!-Crew kennt und schätzt). Ich freue mich schon auf die nächste Ausgabe! Hoffentlich können Harakiri For The Sky ihre versäumte Darbietung dann nachholen.