Kanonenfieber auf dem Vormarsch
Am Donnerstagabend ging es im Z7 kriegerisch zu und her. Verantwortlich dafür waren die Performances von Kanonenfieber und Panzerfaust. Während die deutsche Truppe wie gewohnt überzeugen konnte, blieb der Auftritt der kanadischen Gäste bedauerlicherweise eher blass.
Kanonenfieber sind zweifelsfrei DIE Untergrund-Sensation schlechthin! Seit ihrer Gründung im Jahr 2020 hat die Kapelle einen kometenhaften Aufstieg hingelegt. Das Ganze hat schon jetzt «Phänomen-Charakter». In beeindruckender Manier vertonen sie Ereignisse und Episoden aus dem Ersten Weltkrieg. Dabei gelingt es ihnen oftmals hervorragend, das Leid und die Schattenscheiten des Soldatenlebens abzubilden. Eine Thematik, von welcher die «Schönwetter-Gesellschaft» lieber ihre Finger lässt.
In diesem Jahr steht nun die erste (und freilich wohlverdiente) Headliner-Tournee für Kanonenfieber auf dem Plan. Exakt diese Reise führt Noise und seine Kameraden heute Abend in den Prattelner Konzerttempel. Mit dabei haben sie einerseits ihr zweites Werk «Die Urkatastrophe» und auf der anderen Seite die Kanadier von Panzerfaust als Support-Equipe. In diesem Sinne (und wie zu besten Zeiten in der Rekrutenschule): «Vorwärts, Marsch!»
Panzerfaust
Bei den ersten Protagonisten bin ich vorbelastet. 2022 rissen mich Panzerfaust im Rahmen des Dark Easter Metal Meetings in München leider nicht wirklich vom Hocker. Klingen sie dieses Mal eventuell überzeugender? Zumindest namenstechnisch passen sie ja ideal zum Headliner.
Der Einstieg mit «sepultura-artigen» Riffs klingt zumindest schon einmal interessant. Klampfer Brock Van Dijk und Fronter Goliath (der mit einer schlammbedeckten Maske und um die Brust geschnallten Patronengurten durch die Gegend stolziert) teilen sich die Krächz-Arbeit. Die Abmischung dürfte in diesem Bereich aber ruhig noch besser ausfallen. Drummer Alexander Kartashov hat definitiv etwas auf dem Kasten und setzt Akzente. Insgesamt bleibt mir die Angelegenheit jedoch zu stumpf und eintönig. Diese 45 Minuten werden wohl nicht sonderlich lang im Oberstübchen verweilen (und mit dieser Ansicht stehe ich offensichtlich nicht allein da).
Kanonenfieber
Glücklicherweise steht ja noch eine zweite Band auf dem Programmzettel. In diesem Jahr kam es bisher zu mehreren Begegnungen – und davon fiel in der Tat keine einzige enttäuschend aus. Egal, ob am Ragnarök Festival (einer der besten Darbietungen dieses Jahres!), im Rahmen der Black Hole Fest V-Warm-Up Runde oder als Einheizer für die mächtigen Amon Amarth – die Bamberger-Einheit ist und bleibt ein sicherer Wert.
Heute Abend gehen Kanonenfieber mit dem Intro «Grossmachtfantasie» an den Start, welches in der ersten Nummer «Menschenmühle» mündet. Aus rund 1000 Kehlen ertönen euphorische «Deutschland, Deutschland, Kaiserreich»-Rufe. Doch aufgepasst, das ist alles andere als Kriegsverherrlichung. Diesen Stempel würde man der Band wahrlich zu Unrecht aufdrücken. Wenn man dem Text nämlich weiter lauscht, tauchen plötzlich kritische Zeilen wie «Kriegessucht und Wahnkrankheit» oder «Mordeslust im Wahnverstand» auf. Die korrekte Interpretation dieser kompletten Aufführung will also gelernt sein.
Schlag auf Schlag knallt uns der Fünfer einen Kracher nach dem anderen vor den Latz. Wir schleppen uns mit dem demoralisierten Füsilier über leichenübersäte Schlachtfelder, suchen Schutz in erdigen Gräben oder zerstören mit wuchtigen Geschossen heranrollende Panzer des feindlichen Trupps. Speziell unter die Haut geht die Inszenierung von «Der Maulwurf». Mit Laternen und Spaten ausgerüstet gehen Noise und Co. unter die Erde. Man kann die Verzweiflung der Akteure förmlich spüren. Erneut sind die Texte verflucht harter Tobak. Nach stundenlangem Graben verlieren die Soldaten langsam jegliche Hoffnung und sehnen das Hineinfallen einer Granate herbei, damit der Stollen endlich über ihnen einbricht. In einem anderen Szenario wechseln wir mit «Kampf und Sturm» und «Die Havarie» in ein U-Boot. Auch der Aufenthalt in diesem «schwimmenden Sarg» nimmt für die Soldaten kein gutes Ende.
Mit «Die Feuertaufe» bewegen wir uns schliesslich auf das Schlussdrittel zu. Normalerweise wären nicht nur bei diesem Track diverse Feuerstürme zu sehen. Kanonenfieber belassen es heute allerdings lieber bei den Rauchfontänen. Gemäss der fleissigen Z7-Crew-Lady Carole sei aufgrund mangelnden Platzes im Band-Anhänger keine Pyro-Technik mit in die Schweiz gekommen. Vielleicht klappt es ja dann beim nächsten Mal. Ich muss mich nun leider aufgrund des ÖV-Fahrplans frühzeitig verabschieden und überlasse allen anderen Besuchern die restlichen paar Hymnen.
Das Fanzit – Kanonenfieber, Panzerfaust
Panzerfaust und meine Wenigkeit werden in diesem Leben wohl keine dicken Freunde mehr. Dafür haben Kanonenfieber abermals souverän abgeliefert (selbst ohne irgendwelche Pyro-Exzesse). Den Gästen im gut besuchten Z7 dürfte das Gezeigte trotzdem gefallen haben. Ich verfolge die Karriere von Noise und Co. jedenfalls weiterhin mit viel Interesse. Und allfälligen Kritikern kann ich lediglich empfehlen, sich einmal ausgiebig mit den Texten der Band zu befassen. Das dürfte gewisse Vorwürfe umgehend entkräften.
PS: Lieber Füess, wann sehen wir Kanonenfieber endlich einmal an einem Meh Suff!-Event? 😉
Die Setliste – Panzerfaust
- The Day After «Trinity»
- The Hesychasm Unchained
- Occam’s Fucking Razor
- The Far Bank At The River Styx
- Promethean Fire
Die Setliste – Kanonenfieber
- Intro – Grossmachtfantasie
- Menschenmühle
- Sturmtrupp
- Der Füsilier I
- Grabenlieder
- Der Maulwurf
- Panzerhenker
- Kampf und Sturm
- Die Havarie
- Die Feuertaufe
- Lviv zu Lemberg
- Waffenbrüder
- Ausblutungsschlacht