Das UrRock-Jubiläum
Das in Sarnen beheimatete UrRock Festival zelebrierte vom 7. bis 9.November 2024 sein fünfjähriges Bestehen. Von lokalen Nachwuchskünstlern, über Orchester-Einsätze bis hin zu einer speziellen Geburtstags-Show war effektiv alles dabei.
So feiert man im grossen Stil! Gerüchten zufolge schlich auch ein sonderbarer Typ mit einem «mobilen Pfosten» durch die Gegend. Blicken wir nun gemeinsam auf drei gelungene Tage zurück.
Der erste Tag (Donnerstag, 07. November 2024)
Metalinside pilgert in die Zentralschweiz, um dem Ruf des UrRock Festivals zu folgen. Die erste Jubiläumsausgabe dieser Veranstaltung dürfen wir uns selbstverständlich auf gar keinen Fall durch die Lappen gehen lassen. Aufgrund dessen dürft ihr vor Ort mit Maestro pam, Knipser Friedemann, Interview-Profi Sandro (der bedauerlicherweise krankheitshalber ausfallen wird… – aber das weiss ja dann erst mein «Zukunfts-Ich»), Domi («getarnt» als Merchandise-Verkäufer) und meiner Wenigkeit (Dutti) rechnen. Einige ziehen wacker alle drei Tage durch, während andere auf Kurzbesuche setzen. Programmtechnisch dürfen sich die Fans auf Kaliber wie Evergrey, Lee Aaron, Rage (samt Lingua Mortis Orchestra) oder Girish And The Chronicles freuen. Na dann, nix wie hin in den Kanton Obwalden!
Onkel Dutti residiert im Hotel Krone. Bin ich jetzt etwa ein royaler Rocker? So oder so – in dieser schicken «Gaststube» lässt es sich freilich leben. Bereits vor zwei Jahren habe ich in einer der hiesigen «Daunen-Oasen» tiefenentspannt genächtigt. Schon die freundliche Begrüssung der Empfangsdame lässt mich ebenfalls anno 2024 wieder viel Willkommensfreude verspüren. Zudem erhalte ich wertvolle Tipps. Unter anderem solle ich mich nicht von den Nummern im Aufzug irritieren lassen. Die gehen nämlich bloss bis 409. Aber mein Zimmer – 414 – gäbe es trotzdem. Puh! Nochmals Glück gehabt.
Frisch geduscht und nach einem kurzen Fussmarsch stehe ich etwas später schliesslich an der Eingangspforte des Festivalgeländes. Im öffentlich zugänglichen Bereich können sich die Besucher kulinarisch verköstigen. Morgen und übermorgen soll dann auch im grossen Zelt die Post abgehen. Mein Ziel ist jedoch sogleich das Herzstück der ganzen Geschichte: Die Aula Cher! Am Eingang sichere ich mir direkt einen grosszügigen Vorrat an Bier-Coupons, ehe es anschliessend ins Innere der Location geht. Nun gehen die «Begrüssungsorgien» los. Überall trifft man auf bekannte Gesichter. Die Vorfreude auf die bevorstehenden Shows ist durchwegs spürbar (obschon der grosse Publikumsaufmarsch heute leider noch ausbleiben wird).
OK-Mitglied und Hausfotograf Dani Betschart hat noch eine spezielle Überraschung für mich. Die Crew hat ihre «Drohung» wahrgemacht und mir tatsächlich einen persönlichen «Dutti-Pfosten» gezaubert. Ich kriege das Grinsen kaum mehr aus der Visage. Ihr seid ja der Wahnsinn! Danke an das gesamte UrRock-Gremium! Das Ding verfügt sogar über Rädchen, eine Bierhaltung, eine Running Order und andere Info-Blätter. Die Umsetzung ist wahrlich gelungen. Mein Z7-Ruf ist mir also bis nach Obwalden gefolgt. In einem kreativen Rausch denken Dani und ich umgehend über diverse Upgrades für das Teil nach. Doch vorerst erfreuen wir uns alle an der Version 1.0. Sorry an alle, die mir während den nächsten Stunden und Tagen irritierte Blicke zuwerfen und eventuell ein hölzernes Hindernis im Sichtfeld haben werden.
Virtual Symmetry
Doch genug über Pfosten geschwafelt. Zeit für Live-Musik! Diese bieten uns Punkt 19 Uhr Virtual Symmetry aus Lugano und Italien an. Die noch spärlich vorhandene Zuhörer-Traube kommt in den Genuss eines ersten genialen Frontmannes. Die Rede ist von Strahlemann Marco Pastorino (den man unter anderem wegen seiner Engagements bei Temperance, Serenity oder Fallen Sanctuary kennen dürfte). Er und Trommler Andrea Gianangeli teilen sich augenscheinlich Coiffeur und Barbier. Band-Leader Valerio Villa ist in der Regel auf der rechten Bühnenseite zu finden (inklusive funkelndem Glitzer-Shirt). Ausserdem betreibt der Saitenhexer muntere Gesichtsakrobatik.
In der ihm zur Verfügung gestellten halben Stunde setzt das Quintett auf symphonische Prog-Melodien. Man habe ein neues Album in der Pipeline, welches Anfang Dezember dieses Jahres erscheinen soll. Mit dem Stück «Canvas Of Souls» servieren uns die Protagonisten ein erstes Appetithäppchen, welches Lust auf mehr macht. Der geneigte Beobachter darf hier zu Recht von einem intimen Auftritt mit Musikern, die fast angefasst werden können, sprechen. Etwas später im Set haut Keyboarder Ruben Paganelli sogar eine kurze Saxophon-Einlage raus. Die Mission «UrRock 2024» ist freilich offiziell lanciert!
Die Setliste – Virtual Symmetry
- Heart’s Resonance
- Canvas Of Souls
- The Paradise Of Lies
- Exodus
- Come Alive
Die Fotos – Virtual Symmetry (Friedemann)
Klogr
Wollen wir gleich in italienischen Gefilden verweilen und allenfalls eine Prise USA hinzufügen? Alles klar, dann passen Klogr ja ausgezeichnet ins Bild. Der Name der Truppe wird übrigens «Ki-Log-Ar» ausgesprochen. Mir persönlich sind die Herrschaften beispielsweise einmal als Einheizer-Formation für die Butcher Babies begegnet (weitere Informationen dazu findet ihr in der 2018er-Review aus dem Zürcher Komplex Klub). In Sarnen legt der Vierer mit Schmackes los. «Hysterical Blindness» ist wahrlich ein Ausrufezeichen. So überzeugend hatte ich die Akteure ehrlich gesagt nicht in Erinnerung. Da scheint in den letzten Jahren eine positive Entwicklung stattgefunden zu haben.
Fronter Rusty muss wohl aus einer unheiligen Allianz zwischen Rob Halford und ZZ Top hervorgegangen sein. Anders kann ich mir sein Erscheinungsbild nicht erklären. Gemeinsam mit seinen Kumpels liefert er ein astreines Brett ab. Als ergänzende Show-Elemente stehen bei Klogr obendrein zwei kleine Video-Screens im Einsatz. Mittlerweile fehlt lediglich noch der eine oder andere «Eisbrecher», damit die klaffenden Lücken (anderweitig besser bekannt als das obligate «Schweizer U») unmittelbar vor der Bühne geschlossen werden können. Ausserdem flucht Friedemann garantiert über die Lichtverhältnisse, denn diese sind für die knipsende Zunft aktuell ein mühseliger Albtraum.
Die Setliste – Klogr
- Hysterical Blindness
- One Of Eight
- Face The Unknown
- Lead Wings
- Whale Fall
- Gravity Of Fear
- Early Wounds
- Waking World
- Unspoken Words
- The Twisted Art
Die Fotos – Klogr (Friedemann)
Magma Ocean
Eine Stunde Umbau? Interessanter Zeitplan. Immerhin werden währenddessen die zur UrRock-Ausstattung gehörenden Rauchfontänen speienden Raptoren-Schädel zum Leben erweckt. Aber nun folgt wieder Beschallung! Der Phönix aus der Asche von Molotov Train (und im weitesten Sinne auch Maxxwell) meldet sich zu Wort. Was dürfen die Zuschauer von Magma Ocean erwarten?
Die knappe Antwort lautet: «Einiges (und in Zukunft hoffentlich noch mehr)!» Sänger Harry ist kaum zu bremsen. Ein echtes Energiebündel. Und diese Stimme… – saustark! Mächtige Growls gehören fortan ebenfalls zum Magma Ocean-Waffenarsenal. Der Sound donnert ohnehin verdammt wuchtig aus den Boxen. Einzuordnen ist das Ganze irgendwo zwischen Melodic Metal, Metalcore und Nu Metal. Cyril und Bartträger Adrian am Bass albern fleissig herum. Gut zu wissen, dass die UrRock-Organisatoren Equipen aus dem härteren Sektor gegenüber nicht gänzlich abgeneigt sind. Andernfalls hätten wir wahrscheinlich nie das Vergnügen mit diesem Abrisskommando namens Magma Ocean gehabt. Nach dem Gig muss ich unbedingt Domi am Merch-Stand besuchen und abchecken, ob allenfalls Shirts oder die aktuelle EP «Liminal» im Angebot sind. Diese Künstler verdienen diskussionslos Unterstützung!
Die Setliste – Magma Ocean
- Disobedience
- KTK
- Traces
- Worthless
- Island Of Safety
- Price Of Failure
- Bleed For You
- Worlds Together
- Void
- Solitude
- Suffer
Die Fotos – Magma Ocean (Friedemann)
Evergrey
Fehlt noch der angepriesene Höhepunkt des ersten Tages. Hierbei handelt es sich um die progressiven Power Metal-Maestros Evergrey! Ein dreiminütiger, virtueller Countdown läutet die Ankunft des Headliners ein. Anschliessend legen die Herren schnurstracks mit «Falling From The Sun» los. Dürfen die Schweden wirklich direkt zu Beginn einen solchen Hit «verpulvern»? Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen. Ich erteile Tom Englund für solche Aktionen mit Freude die «carte blanche». Zudem haben sie sicherlich noch genügend weitere Hymnen in der Hinterhand.
Über die grossen Videoleinwände flimmern malerische Bilder, die einen regelrecht in ihren Bann ziehen. Das ist eine Headliner-Performance, die sich gewaschen hat! Die Kiefer von Kollege Pöch und meiner Wenigkeit haben beinahe ununterbrochen Bodenkontakt. Weshalb sind Evergrey eigentlich in diesem Stil unterbewertet? Eine Frage, die definitiv nicht zum ersten Mal auftaucht. Aber sie hätten glasklar mehr Bewunderer verdient.
In Sachen Setliste wird weiterhin aus vollen Rohren gefeuert. «Say», «Call Out The Dark», «Where August Mourns» oder «Save Us» – da bleibt kaum ein Körper frei von pams häufig erwähnter «Poulet-Huut». Und ja, ich habe insbesondere eine Schwäche für die letzten drei Scheiben «Escape Of The Phoenix», «A Heartless Portrait (The Orphean Testament)» und «Theories Of Emptiness». Und wie agiert eigentlich der neue Drummer Simen Sandnes? Ohne Probleme! Er und Tastenmann Rikard Zander geniessen auf ihren Podesten sowieso die beste Aussicht.
Die Spielfreude der Protagonisten ist unglaublich ansteckend. Im Zugaben-Block flimmert während «A Touch Of Blessing» eine emotionale Dia-Show über die Screens, welche den Werdegang der Band und kultige Erlebnisse aufzeigt. Nach rund 90 Minuten beenden Evergrey schliesslich mit «Our Way Through Silence» ihre Schicht und entlassen einige rundum zufriedene Seelen in die Nacht.
Die Setliste – Evergrey
- Falling From The Sun
- Say
- Midwinter Calls
- Distance
- Eternal Nocturnal
- A Silent Arc
- Call Out The Dark
- One Heart
- Where August Mourns
- Weightless
- Misfortune
- Save Us
- A Touch Of Blessing*
- King Of Errors*
- Our Way Through Silence*
*Zugabe
Die Fotos – Evergrey (Friedemann)
Das Fanzit – Donnerstag des UrRock Festivals 2024
Ein solider Debüt-Tag des UrRock Festivals 2024. Leider mit bescheidenem Besucheraufkommen, aber dafür erlebten alle Anwesenden vier starke Performances (wovon ich vorzugsweise diejenigen von Magma Ocean und Evergrey hervorheben möchte).
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Der zweite Tag (Freitag, 08. November 2024)
Ehe meine Präsenz wieder in der Aula Cher gefragt ist, erfreue ich mich an einem gemütlichen Spaziergang durch Sarnen und geniesse überdies die prachtvolle Seelandschaft. An diesem Plätzchen lässt es sich leben. Das habe ich vor einigen Jahren übrigens ebenfalls im Rahmen des Metal Scar Festivals gesagt, welches im nahegelegenen Sachseln stattgefunden hat. Die angedrohten Nebelwände bleiben aus. Das eigene Energie-Level wird stetig regeneriert und so langsam dürfte der abendliche Konzertreigen ungeniert fortgeführt werden. Mein «mobiler Pfosten» vermisst mich wahrscheinlich bereits.
Dave And The Dudes
Heute starten wir mit «Dutti And The Dudes» in die Materie. Nein, Quatsch… Selbstverständlich bleibt Kraftprotz Dave der Anführer dieser Rabauken. Ich beschränke mich derweil wie üblich auf die «beobachtende-und-Notizen-machende» Funktion. Die coolen Gitarrenklänge entpuppen sich als optimaler Einstieg in den Abend. Die Jungs stammen ja aus dem Nachbarkanton (genauer gesagt aus Hergiswil). Dave hätte gerne noch ein paar zusätzliche Kumpels mitgebracht, aber die würden lieber im heimischen Pub sitzen. In diesem Zusammenhang wird ihnen das Lied «Running With The Boys» gewidmet. Zwei Zuschauer in der ersten Reihe – nahe dem kleinen Laufsteg – machen schon zu diesem frühen Zeitpunkt Stimmung und sind in fulminanter Feierlaune (da braucht es gar keine Motivations-Aufforderungen seitens der Musiker).
Ich bin zwar kein ausgewiesener «Schnulzen-Gourmet», aber dieses Mal trifft «Get Over You» bei mir irgendwie voll ins Schwarze. Die Komposition weist stellenweise «jazzige» Merkmale auf, die mir zuvor nie aufgefallen sind. Gleich danach folgt das in Metalinside-Kreisen lediglich als «Kaufi-Verscheuch-Hymne» bekannte «Lose Yourself». Jep, das ist effektiv ein Eminem- respektive Slim Shady-Cover. Die Dudes setzen dieses aber gekonnt um. Da besteht keine Fluchtgefahr. Dave beherrscht neuerdings sogar Kung-Fu-Kicks (welche bei mir Sorgen um seine Jeans auslösen). Die Mannschaft zieht ihr Programm bis 19.30 Uhr durch (schliesslich werden sie für komplette 40 Minuten entlöhnt). Im Anschluss gäbe es gemäss Dave CDs, Shirts und – auf Wunsch – Zungenküsse von Axtmann Michi. Ich wünsche somit allen viel Spass beim Shoppen und Schlabbern.
Die Setliste – Dave And The Dudes
- Self-Made Millionaire
- Man Enough
- Cliffhanger
- Running With The Boys
- Thunderbolt & Lightfoot
- Get Over You
- Lose Yourself (Eminem-Cover)
- Down For The Count
- Only The Rich Survive
Die Fotos – Dave And The Dudes (Friedemann)
Lansdowne
Für die nächste Gruppe reisen wir über den Atlantik in die USA. Im dortigen Bundesstaat Massachusetts sind Lansdowne beheimatet. Grundsätzlich hätte es diese einleitenden Worte gar nicht gebraucht, dann das hört das geschulte Ohr ab dem ersten Ton. Man könnte etwas salopp berechtigterweise von «generischem Ami-Sound» sprechen. Soll nicht heissen, dass die Angelegenheit öde ist. Der Alternative Rock des Fünfers hat nämlich Wucht. Dafür stellt Kollegin Isa rasch fest, dass die Herren (mit Ausnahme von Basser Mike LaRoche und Klampfer Shaun Lichtenstein) in Sachen Körpergrösse nicht gerade durch die Decke gegangen sind. Da bietet selbst hohes Schuhwerk keine Abhilfe. Möglicherweise wurden ihnen als Kids die Fruchtzwerge vorenthalten. Ich habe keine Ahnung, ob dieses Milchprodukt in «Trump-Country» eventuell auf der «verbotenen Liste» zu finden ist.
Abschliessend eine ergänzende Anmerkung zur Musik. Da praktisch alle Songs locker in die Gehörgänge «eindringen» und aus meiner Perspektive mehrheitlich radiotauglich sind, könnte es gut sein, dass wir künftig ebenfalls in Europa vermehrt Material von Lansdowne aufschnappen werden.
Die Fotos – Lansdowne (Friedemann)
Girish And The Chronicles (GATC)
An dieser Stelle ist ein Dankeschön in Richtung der UrRock Music Foundation fällig, denn die Truppe Girish And The Chronicles (kurz GATC) kenne ich nur dank dieser Institution. Wie die Beteiligten offenkundig berichten, sei die Zusammenarbeit mit den Indern jedes Mal aufs Neue actionreich und amüsant. Verlorenes Schuhwerk, vergessene Gitarren oder verspätet eintreffende, chaotische Musiker – da scheinen jeweils wahres Organisationstalent und Nerven aus Drahtseilen gefragt zu sein. Ungeachtet dessen haut die Geschichte am Ende des Tages immer wieder hin. So auch heute.
Angeführt von Fronter Girish Pradhan rocken die Kerle die Hütte. Ein bombastisches Stimmorgan trifft auf knackige Riffs. Mittlerweile macht der Zuschauerandrang ebenfalls eine sehr gute Gattung. Die wilde Mähne von Lead-Saitenhexer Suraz Sun sticht einem umgehend ins Auge. Mehr 80er geht kaum! Die frisch veröffentlichte, temporeiche Single «Kaal» vermag fraglos zu gefallen. Noch spektakulärer wird es dann allerdings bei «Angel». Während dieser Nummer erhalten die Akteure tatsächlich Unterstützung von zwei Engeln. Mit leuchtenden Flügeln tanzen die beiden Mädels über die Bühne. Zweifelsohne ein Augenschmaus und obendrein eine gekonnte Inszenierung. Ich bleibe dabei; GATC sind neben Against Evil und Bloodywood zurzeit das heisseste Eisen aus dem indischen Sektor.
Die Fotos – Girish And The Chronicles (GATC) (Friedemann)
Lee Aaron
Meine Gedanken und Besserungswünsche gehen just in diesem Augenblick an Mit-Metalinsider Sandro, der leider gerade krankheitsbedingt an sein Bett gefesselt ist und deswegen den Auftritt von Lee Aaron verpassen wird. Doppelt bitter, denn er hätte mit ihr sogar ein Interview durchführen dürfen… Somit versuche ich in nun einigermassen zu vertreten und wohne der Darbietung der kanadischen Metal-Queen hochkonzentriert bei.
Eine Audienz bei der Königin. Aber ist sie die richtige? Es gibt da ja notabene noch eine gewisse Doro Pesch, die ebenfalls Anspruch auf diesen Titel erhebt. Je nachdem wen man zu diesem Thema befragt – die Antworten fallen unterschiedlich aus und spalten offensichtlich die Massen. Frau Aaron sammelt definitiv Pluspunkte, da sie zwischen den einzelnen Stücken keine intensiven «Laber-Anfälle» bekommt und übertriebene «ich-liebe-euch-alle»-Bekenntnisse sucht man bei ihr auch vergebens. Die Musik steht im Zentrum (was ohnehin immer der Fall sein sollte).
Der Silberling «Metal Queen» hat heuer vier Dekaden auf dem Buckel und wird deshalb entsprechend zelebriert. Die Frontdame stolziert in einem dünnen Mantel (den ich in frecher Art und Weise als «Zebra-Badezimmer-Teppich» bezeichne) über die Bühne. Ihr Stimmorgan funktioniert astrein. Sie hat sich mit talentierten Künstlern umringt, von welchen mir Klampfen-Ass Sean Kelly besonders imponiert. Regelmässig kommen Pyro-Vulkane zum Einsatz. Der gesamte Auftritt ist unumstösslich eine Ansage, vergeht jedoch für meinen Geschmack viel zu schnell. Nach rund 45 Minuten folgt bereits das grosse Finale mit dem einzig wahren Über-Hit. Genau, das kann nur «Metal Queen» sein. Überall im Saal können Publikums-Eskalationen beobachtet werden. Verneigt euch vor der Königin!
Die Setliste – Lee Aaron
- Whatcha Do To My Body
- Shake It Up
- Deceiver
- Steal Away Your Love
- Powerline
- Lady Of The Darkest Night
- Hot To Be Rocked
- Barely Holdin’ On
- Metal Queen
Die Fotos – Lee Aaron (Friedemann)
Anniversary Show (Lee Aaron, Girish Pradhan, Daria Zaritskaya)
Ein Highlight steht noch aus. Doch zuvor tritt das gesamte UrRock-OK ins Rampenlicht und erntet dafür wohlverdienten Applaus. Alle Beteiligten haben erneut ein fantastisches Festival auf die Beine gestellt. Wir trällern freudig «Happy Birthday» und freuen uns auf weitere Jahre und Jubiläen. Aber nun ist die im Vorfeld engagiert beworbene «Anniversary Show» an der Reihe. Die Spannung steigt. Lassen wir uns überraschen!
Zuerst übernehmen vier Tänzerinnen das Zepter und schwingen zu Liedgut von AC/DC, Nickelback und Guns N’ Roses die Hüften. Danach darf der erste Mikrofonhüter loslegen. Es ist kein Geringerer als GATC-Frontmann Girish Pradhan. Er versucht sich beispielsweise an Bon Jovis «Runaway» und meistert diese Aufgabe mit Bravour. Etwas später rockt ein attraktives Mädel mit knappem Outfit die Bude. Sie wird dann morgen nochmals mit ihrer Formation NOAPOLOGY im Einsatz stehen. Die Rede ist von Daria Zaritskaya. Sie brilliert unter anderem mit einer stimmigen Interpretation des KISS-Klassikers «I Was Made For Loving You» (und Ober-Metalinsider pam ist nirgends zu sehen – skandalös! – pam: Der gewinnt grad mit 11:3 in Huttwil einen Hockey-Match … aber ja, wäre jetzt auch verdammt gerne bei euch). Das Schlussdrittel gebührt der ehrenwerten Lee Aaron, welche die Show mit Krachern der Marke «The Final Countdown» oder «We Will Rock You» wunderbar über die Ziellinie bringt.
Die jeweiligen Sänger agieren auf der Bühne keinesfalls alleine, sondern können auf eine kleine «All-Star-Band» zurückgreifen. Ich entdecke nämlich Gitarrist Jgor Gianola (CoreLeoni), Tastenmann Tom Hiebaum (Deep Sun) und Bassistin Becky Baldwin (Fury). Aber es sind auch noch weitere Protagonisten zugange. Oh ja, da hat die UrRock-Crew eindeutig nicht zu viel versprochen. Wer diese Performance verpasst hat, dürfte sich im Nachhinein garantiert in den Allerwertesten beissen wollen.
Die Setliste – Anniversary Show (Lee Aaron, Girish Pradhan, Daria Zaritskaya)
- Runaway (Bon Jovi-Cover) (Girish Pradhan)
- Paradise City (Guns N’ Roses-Cover) (Girish Pradhan)
- Thunderstruck (AC/DC-Cover) (Girish Pradhan)
- Highway To Hell (AC/DC-Cover) (Girish Pradhan)
- Barracuda (Heart-Cover) (Daria Zaritskaya)
- Wild Side (Mötley Crüe-Cover) (Daria Zaritskaya)
- Rainbow In The Dark (Dio-Cover) (Daria Zaritskaya)
- I Was Made For Loving You (KISS-Cover) (Daria Zaritskaya)
- Smoke On The Water (Deep Purple-Cover) (Lee Aaron)
- The Final Countdown (Europe-Cover) (Lee Aaron)
- Black Dog (Led Zeppelin-Cover) (Lee Aaron)
- We Will Rock You (Queen-Cover) (Lee Aaron)
Die Fotos – Anniversary Show (Lee Aaron, Girish Pradhan, Daria Zaritskaya) (Friedemann)
Bad Sin (Festzelt-Bühne)
Eigentlich wäre jetzt Schicht im Schacht, aber im Festzelt toben noch Bad Sin herum. Wir ziehen uns zum Abschluss eine kleine Dosis rein und stellen fest, dass die Muotathaler für Stimmung sorgen und ein paar hartgesottene Feierbiester aus dem Publikum einfach nicht in die Knie zu zwingen sind. Aber mein Körper verlangt nach Schlaf, weswegen ich bald gemächlich in Richtung Hotel spaziere.
Das Fanzit – Freitag des UrRock Festivals 2024
Von diesem zweiten Tag werden mir speziell die Darbietungen von Dave And The Dudes, Lee Aaron und selbstverständlich die unfassbare «Anniversary Show» noch eine Weile in Erinnerung bleiben. Schön war ausserdem die Tatsache, dass sich deutlich mehr Besucher als gestern nach Sarnen «verirrt» haben.
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Der dritte Tag (Samstag, 09. November 2024)
Und schon sind wir am letzten Tag des diesjährigen UrRock-Festivals angelangt. Viel Zeit für die Faulenzerei bleibt nicht, denn die ganze Sache gerät heute bereits ab 14 Uhr ins Rollen. Von Jungspunden bis hin zu Orchester-Auftritten – uns erwartet ein abwechslungsreiches Programm. Also schleunigst ab auf das Gelände.
Musikschule OW (SickSocks, Deja Vu, Melks sultans und Black Star)
Gemeinsam mit Kollege Pöch und seiner Partnerin Brige finde ich mich im Festzelt ein. In den nächsten Stunden gehört die dortige Bühne den Nachwuchstalenten der Musikschule Obwalden. Erleben wir allenfalls die Stars von morgen? Man weiss es bekanntermassen nie. Lob gebührt jedenfalls den hier arbeitenden Servier-Düsen. Die Getränkebestellungen werden jeweils freundlich und schnell bei den jeweiligen Empfängern abgeliefert. Von den Jungspunden hebt sich vor allem die Sängerin von Melks sultans hervor. Da schlummert eindeutig Potenzial. Auf jeden Fall ist von den Organisatoren absolut löblich, dass sie diesen «Schüler-Kapellen» eine Plattform gewähren.
Doctor Victor
Punkt 17 Uhr dürfen dann in der Aula die «Grossen» wieder ran. Untermalt von der Johnny Cash-Komposition «Ring Of Fire» schreitet das tschechische Trio zur Tat. Sämtliche Patienten können beruhigt sein, denn der Doktor ist im Haus! Victor (Gesang, Gitarre), Tom (Drums) und Simon (Bass) bitten zum Tanz. Die Sonnenbrille des Frontmannes überlebt exakt einen Song. Mit seinem Outfit verdient er eh den Titel des «rockigsten Streifenhörnchens Osteuropas». Was für eine Rampensau! Neben eigenem «Futter» liegt darüber hinaus ein Prince-Cover drin. «Purple Rain» ist fürwahr kein Leichtgewicht, aber das Dreiergespann meistert diese Aufgabe fehlerfrei.
Etwas später im Set dürfen zwei Damen aus dem Publikum ein wenig Bühnenluft schnuppern. Der Doktor untersucht seine Patientinnen sofort mit dem Stethoskop. Also auf mich persönlich machen die beiden einen gesunden Eindruck. Das sieht der «Gitarren-Mediziner» offenbar anders. Zur Heilung verschreibt er den Ladys eine Doctor Victor-CD beziehungsweise ein Shirt der Band. Die entsprechenden Utensilien werden dann direkt ausgehändigt. Das passt zur unterhaltsamen Aufführung der Tschechen. Sie empfehlen sich abermals für weitere Gastspiele auf helvetischem Grund.
Die Setliste – Doctor Victor
- Standup
- Pretty In Red
- Big Joint
- Sexy Black
- Purple Rain (Prince-Cover)
- Show 1
- Unchained Dog
- Bastard
Die Fotos – Doctor Victor (Friedemann)
The Cruel Intentions
Die Jungs von The Cruel Intentions sind Wiederholungstäter! Sie figurierten schon 2022 im UrRock Line-up. Damals haute mich das Gezeigte jedoch nicht wirklich aus den Socken. Und heute? Zumindest muss man Sänger Lizzy DeVine ein Kränzchen winden. Er hatte vormittags noch eine Erkältung, aber eine Absage sei für ihn kein Thema gewesen. Er habe sich für «Rock» entschieden. Somit ziehen er und seine Kameraden ihr Set wacker durch.
Musikalisch eifern die Norweger mit ihrem Sleaze-Sound zweifelsohne Mötley Crüe nach. Der «charmante» Track namens «Go Fuck Yourself» findet beim Publikum beispielsweise viel Anklang. Mit «Salt I Ditt Sår» haben sie zudem ein schwedisches Lied im Gepäck (angeblich stammen eben nicht alle Mitglieder aus Norwegen). Während ihrer Ausflüge auf dem Laufsteg werden die einzelnen Akteure mit Flüssignahrung versorgt. Soll noch einer behaupten, dass die hiesigen Zuschauer keine Servicebereitschaft kennen würden. Leistungstechnisch konnten sich The Cruel Intentions bei mir rehabilitieren. In dieser Verfassung kann ich das Quartett sorglos weiterempfehlen.
Die Setliste – The Cruel Intentions
- Intro
- City Of Lice
- Chemical Vacation
- Kerosense
- Sunrise Over Sunset
- Chaos In A Bombshell
- Salt I Ditt Sår
- Go Fuck Yourself
- Weekend Suffering
- Jawbreaker
- Borderline Crazy
- Sick Adrenaline
Die Fotos – The Cruel Intentions (Friedemann)
Noapology
Erde an Metalinside-Chef pam – bist du nun anwesend (pam: Aber sowas von)? Ah ja, da sehe ich doch einen grossgewachsenen Kerl mit der Kamera umherschleichen. Andernfalls wäre es ziemlich dreist, wenn Friedemann und ich die gesamte Arbeit machen müssten (pam: Bei den Rosinen helfe ich euch doch gerne aus). Aber unser Boss scheint sich schon die Rosinen vom Kuchen zu picken (pam: Ah, da kommt es schon …), denn jetzt hat er notabene eine gewisse Daria Zaritskaya vor der Linse (und darf sie später als Bonus sogar noch interviewen – pam: folgt in Kürze). Vielleicht ist seine Affinität für dieses Mädel auf dessen Vornamen zurückzuführen. Daria klingt nämlich verflucht ähnlich wie Tarja. Aber ja, lassen wir die Spekulationen und wenden uns der Performance zu (pam: … und beide haben eine Hammerstimme und ja, beide sehen auch hammermässig aus ;-)).
Daria ist ihres Zeichens Aushängeschild der ukrainischen Gruppe Noapology. Was als YouTube-Spielerei begann, versucht fortan die Bühnen unseres Planeten unsicher zu machen (pam: Na ja, aus dieser Spielerei wurde dann mit Millionenviews schon eine ernsthafte Geschichte – z.B. diese geniale Coverversion von Back in Black). Und ja, die zu Beginn noch im langen Mantel agierende Mikrofonhüterin verfügt tatsächlich über ein hammermässiges Stimmorgan (aber davon erhielten einige von uns ja bereits im Rahmen der gestrigen «Anniversary Show» eine Kostprobe). Eigentlich könnte sie gleich den nächsten «James Bond»-Titelsong trällern. Ich würde es ihr hundertprozentig zutrauen. Als sie schliesslich ein bisschen leichtbekleideter in der Mitte der «Spielwiese» herumturnt, werden die «Pumpfähigkeiten» des einen oder anderen Männerherzens in der ersten Reihe wahrscheinlich energisch getestet.
Wohin wird die Reise für diese junge Equipe noch führen. Man darf gespannt sein. Die drei Herrschaften, welche ebenfalls mitmischen, verstehen ihr Handwerk ausgezeichnet. Tieftöner-Maestro Alex Shturmak punktet sowieso mit seinem «Long Live Rock ‘N’ Roll»-Shirt. Dem Stück «Defenseless» attestiere ich definitiv Hit-Charakter. Verbesserungspotenzial ist dagegen bei der Konversation mit der Zuhörerschaft vorhanden. Diesbezüglich muss die werte Daria nochmals über die Bücher.
Die Setliste – Noapology
- I’m Done
- Unleashed
- Shake Me
- Bad News
- Ashes
- Defenseless
- Going Down
- My Insecurity
- Red Light
- Rainbow In The Dark / Wild Side (Dio bzw. Mötley Crüe-Cover)
Die Fotos – Noapology (Friedemann/pam)
Fury
Huch, dürfen Fury auch auf das Orchester zurückgreifen? Ich dachte, dass dies einzig Rage vorbehalten sei. Aber die platzierten Requisiten auf der Bühne deuten freilich eine Überraschung an. Als selbsternannte «Haus-Band» des UrRock Festivals liegen wohl gewisse Privilegien drin. Aber werden mich die Briten dieses Mal umhauen? Vor zwei Jahren war dies bedauerlicherweise nicht der Fall. Doch heute haben sich ja schon The Cruel Intentions bei mir reingewaschen. Nichts ist unmöglich.
Truppen-Leader Julian Jenkins (kurz «JJ» genannt) und seine Gefährten versprechen uns mehrere Weltpremieren. Die technischen Schwierigkeiten, welche zu Beginn des Sets auftreten, gehören jedoch kaum dazu. Auf den holprigen Auftakt folgt dann allerdings eine wilde Party. Sängerin Nyah Ifill hat die Ausstrahlung einer Amazone respektive Walküre. Ihr gesamter Körper ist ständig in Bewegung. Bei der Songauswahl löst «Prince Of Darkness» diverse Begeisterungsstürme aus. Der Fünfer hat allerdings nicht bloss ein Faible für Ozzy, sondern reichert sein Schaffen darüber hinaus mit Motörhead-Elementen an (Bass-Biest Becky Baldwin sei Dank). Oha, «Burnout» entpuppt sich ebenfalls als potenzieller «Ohrwurm-Mieter» (pam: Für mich könnte JJ auch gut als einer der Brüder bei den Bastards Sons von Phil Campbell mitmachen… Der würde optisch und von der Attitüde her perfekt reinpassen…).
Für das Finale, welches aus drei Tracks besteht, wird meine am Anfang getätigte Vermutung bestätigt. Das «Klassik Nuevo Orchestra» aus Aarau tritt hervor und greift Fury bei deren Darbietung tatkräftig unter die Arme. Nach meinem Gusto funktioniert diese Symbiose aber lediglich beim ruhigen «Upon The Lonesome Tide». Das ist dafür ein echter Hühnerhautmoment und ich verstehe JJ völlig, dass für ihn just in diesem Augenblick ein Bubentraum in Erfüllung geht. Nichtstrotz können sie sich von der nach ihnen antretenden Kapelle zweifellos noch den einen oder anderen Trick aneignen.
pam: OK, ich gebs zu. Ich bin hier wegen Rage mit dem Lingua Mortis Orchestra und Daria… aber wow, Fury hauen mich mit ihrer Performance schlicht weg. Da ist sehr viel Punk ’n‘ Roll mit im Spiel und vor allem DAS Bassspiel von Becky verlagert meine Kinnlade ein paar Etagen tiefer. Müsste ich so für mich die perfekte Frau definieren, käme wohl Becky raus: Spielt hammer Bass, einen Rickenbacher Bass, geniale Ausstrahlung, sieht gut aus und trägt ein Motörhead-Shirt. Daria? Ich glaub ich hab mich grad umverliebt. Da wird ein Besuch beim Merch-Stand zur Pflicht für CDs und wohl den besten Merch ever – weil ich es grad brauch – eine Computer-Maus-Matte! Und natürlich für ein bisschen Small-Talk und Fötelis mit Becky ;-).
Die Setliste – Fury
- Galactic Rock
- Prince Of Darkness
- It’s Rock ‘N’ Roll
- Hell Of A Night
- Who Are You?
- Rock Lives In My Soul
- Embrace The Demons
- Burnout
- Road Warrior
- Upon The Lonesome Tide
- Lost In Space
Die Fotos – Fury (Friedemann/pam)
Rage feat. Lingua Mortis Orchestra
40 Jahre Rage! Holla, die Waldfee! Das hat es in sich. Die Sause startet zwar mit leichter Verspätung erst um 22.45 Uhr, aber ist im Vergleich zum Konzert von Fury dann doch ein völlig anderes Kaliber. Jetzt darf sich das «Klassik Nuevo Orchestra» in ganzer Pracht präsentieren. Da die Abteilung mit Rage auftritt, wird sie jedoch standesgemäss in «Lingua Mortis Orchestra» umgetauft. Unter der Leitung von Dirigent Pepe Herrero geht das Ensemble intensiv ans Werk. Lieder wie «Back In Time» verdeutlichen die perfekte Fusion zwischen Heavy Metal und klassischen Akzenten. Fronter Peavy Wagner agiert gesanglich souverän. Für die Zuhörerschaft hat er ebenfalls die passende Botschaft parat: «Macht mal Lärm. Wir sind ja nicht in der Kirche!» Auch Trommler Lucky Maniatopoulos und Tastenmann Marco Grasshoff amüsieren sich prächtig. Der Titel des Dauerläufers geht derweil an Gitarrist Jean Bormann. Ein Wirbelwind mit packenden Soli!
Die Setliste bedient ebenfalls ältere Kamellen à la «Alive But Dead». Dann gibt es ausserdem Kracher der Gattung «Empty Hollow», die sämtliche Headbanger in der Aula nochmals erwecken. Den Musikern ist klar anzumerken, dass sie die Show in vollen Zügen geniessen. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass das UrRock Festival 2024 spektakulär seinem Ende entgegen segelt (welch ein Coup der Crew!). Das «Grande Finale» kommt in Form von «Higher Than The Sky» daher – inklusive letzten Pyro-Salven und anderen Festivitäten. Zum Schluss versucht Knipser-Kollege Ralf Wyssenbach noch alle Akteure auf einem Bild zu platzieren und entdeckt dabei kurzzeitig seine eigenen Dirigier-Fähigkeiten. Sodele. Finito!
pam: Treue Leser von Metalinside.ch und meinen Texten kennen die Leier. Ich liebe Metal, ich liebe Klassik, ich liebe Oper und ich finde, die Welten passen perfekt zusammen. Man höre das Überalbum „Master of Puppets“ und dann die Symphonien von Beethoven. In beliebiger Reihenfolge. Und so war schon als Teenie mein grosser Traum, diese beiden Welten auch wirklich zusammen als Einheit zu erleben. Rage hatten mir diesen Traum 1996 mit dem Album „Lingua Mortis“ zusammen mit Therion („Theli“ erschien ebenfalls 1996) endlich wahrgemacht. Das zweite Lingua Mortis Album (2013) erhielt von mir schliesslich die maximalen 10 Horns (siehe Review). Klar, dass somit mein Herz einen ziemlichen Gump genommen hat, seit diese Affiche fürs Urrock Festival 2024 angekündigt wurde (ja, auch wegen Daria). Und meine hohen Erwartungen werden heute fast erfüllt. Ich hätte mir noch ein paar Songs vom ersten Lingua Mortis-Album gewünscht – die umarrangierten „Black In Mind“-Songs. Lucky verrät uns in einem Gespräch nach dem Konzert, warum sie mir diesen Wunsch nicht erfüllen konnten. Bei einem Brand sind die Partituren vom ersten Lingua Mortis-Album alle verbrannt. Und die waren damals nur auf Papier vorhanden… Gibt es da draussen keinen eifrigen Komponisten oder so, der bereit wäre, diese wieder auf Papier und besser grad auch in die Cloud zu bringen?
Dutti: Eigentlich würden jetzt noch Backface des Festzelt «beglücken», aber nach dieser exzellenten Headliner-Machtdemonstration sind meine Kräfte endgültig verbraucht und ich mache mich gemächlich auf den Rückweg in Richtung Hotel (mit einem Schädel voller Erinnerungen an drei fabelhafte Tage am UrRock Festival).
Die Setliste – Rage feat. Lingua Mortis Orchestra
- Overture
- From The Cradle To The Grave
- Back In Time
- Alive But Dead
- Over And Over
- Empty Hollow
- Sign Of Heaven
- Incomplete
- Turn The Page
- Cold Desire
- Memento Vitae (Overture)
- Resurrection Day
- Days Of December
- Higher Than The Sky
Die Fotos – Rage feat. Lingua Mortis Orchestra (Friedemann/pam)
Das Fanzit – Samstag des UrRock Festivals 2024
Das Mass aller Dinge an diesem dritten Festivaltag waren unumstösslich Rage mitsamt dem «lokalen» Lingua Mortis Orchestra. Aber auch Doctor Victor überzeugten. Generell muss die reibungslose Organisation erwähnt werden, welche von A bis Z spürbar war. Die Besucher (und Medienschaffenden 😉) haben sich in Sarnen pudelwohl gefühlt. Ein rundum geglücktes Jubiläum.
Das nächste UrRock Festival kann ungeniert kommen! Allerding ist in diesem Zusammenhang ein bisschen Geduld gefragt, denn die sechste Ausgabe wird erst vom 05.11. bis 07.11.2026 über die Bühne gehen. Nicht ganz ernstzunehmende Gerüchte besagen, dass die Mehrheit des Line-ups zwar bereits eingetütet wurde, aber gewisse Upgrades eines «mobilen Pfostens» eben zwingend noch etwas mehr Zeit benötigen. Für allfällige Verzögerungen übernehme ich jedoch keine Haftung.