Metalinside.ch - Within Temptation - The Hall Zürich 2024 - Foto pam 37
Mo, 2. Dezember 2024

Within Temptation, Annisokay, Blind8

The Hall (Zürich, CH)
/ / 28.12.2024

QR-Codes und Pannen

Am Montagabend gastierten Within Temptation in der Dübendorfer Hall. Der erwartete Symphonic Metal-Triumphzug wurde jedoch durch einen Feueralarm jäh ausgebremst.

Ausserdem störten meines Erachtens obendrein zu viele politische Statements den Konzertfluss. Die Support-Slots wurden durch Annisokay und Blind8 abgedeckt.

Dutti: Lazarett Metalinside! Armer Sandro… Der Kollege hat zum Jahresende hin wirklich unfassbares Pech mit krankheitsbedingten Ausfällen… Damit Knipser pam den heutigen Event nicht komplett allein abdecken muss, springt meine Wenigkeit spontan als Schreiberling in die Bresche. Sozusagen in der Funktion des Bewahrers des Symphonic Metal (zumindest in Bezug auf den Headliner – obschon dieser in letzter Zeit auch schon modernere musikalische Gefilde ausgekundschaftet hat). Für mich ist es also ein Wochenstart mit einer «alten Liebe». Die Einheizer-Kapellen Annisokay und Blind8 sind mir dagegen kaum bis überhaupt nicht bekannt.

Blind8

Dutti: Auf dem Bühnenhintergrund ist ein grosses Bild zu sehen, welches einen QR-Code zeigt, welcher mit der Botschaft «Donate To Save Lives» untermauert ist. Wenn man sich die Herkunft der Musiker anschaut, macht dies natürlich absolut Sinn. Die Herrschaften stammen nämlich aus der Ukraine. Aufgrund dessen sind sie aus meiner Sicht freilich berechtigt, auf die Missstände in ihrer Heimat hinzuweisen, welche die diskussionslos viel zu lange andauernde Kriegstreiberei ausgelöst hat. Dass sich die anderen Bands später ebenfalls noch in diese Thematik «einklinken», ist dann aber glasklar zu viel des Guten (doch darauf komme ich erst in ein paar Abschnitten nochmals zurück).

Der Fokus soll schliesslich auf der Musik liegen. Und diesbezüglich höre ich saubere Riffs und knallende Drums. Dafür ist der Gesang von Roman nicht ständig über alle Zweifel erhaben. Bei den Screams muss hingegen überhaupt keine Kritik angebracht werden. Die sitzen! Die Jungs zeigen sich unendlich dankbar, dass sie gemeinsam mit Within Temptation durch Europa touren dürfen. Ihr kurzes Intermezzo endet bereits nach 25 Minuten. Verdammt straffer Zeitplan! Beim nächsten Mal dürfte man Blind8 ungeniert noch ein paar zusätzliche Zeigerumdrehungen gewähren.

Annisokay

Dutti: Schlag auf Schlag geht es weiter. Annisokay übernehmen um 20.05 Uhr das Zepter und drücken ohne Umschweife aufs Gaspedal. Rudi Schwarzer deckt den Growl-Sektor ab, während sich Axtmann Christoph Wieczorek um die klargesungenen Passagen kümmert. Diese Mischung passt und verleiht dem Post-Hardcore respektive Metalcore, welchen die Jungs im Angebot haben, die nötige Würze. Als rundum gelungene Überraschung ist «Like A Parasite» zu werten, denn während dieses Stücks hat keine Geringere als Sharon den Adel höchstpersönlich einen kleinen Gastauftritt. Die Vorfreude auf den im Anschluss aufspielenden Headliner steigt dadurch selbstverständlich ins Unermessliche. Zugegebenermassen nicht die erste Kollaboration zwischen Annisokay und Within Temptation, aber wenn es hinhaut, sollte man solche Geschichten ruhig weiterlaufen lassen.

Dann kündigen die Herrschaften einen älteren Track an, den wahrscheinlich die ganze Halle kennen sollte. Und damit liegen sie alles andere als daneben. «One Step Closer» stammt zwar nicht aus der Feder des Quartetts, aber ein Linkin Park-Cover ist stets eine wirkungsvolle «Waffe» (und liegt momentan aufgrund des Comebacks des Originals sowieso heftig im Trend). Aber auch die eigenen Kompositionen der Gruppe sind definitiv hörbar. Krachende «Breakdown»-Attacken sind da an der Tagesordnung. Mit dem überzeugenden «STFU» verabschieden sich Annisokay nach rund einer halben Stunde in den Feierabend und räumen das Feld für die Hauptattraktion des Abends.

Within Temptation

Dutti: Gemeinsam mit Nightwish und Epica zählen Within Temptation für meine Wenigkeit zur Symphonic Metal-Speerspitze. Aber selbstverständlich driften die Meinungen in diesem Bereich auseinander (je nachdem, wer zu dieser Thematik befragt wird). Auf der Bühne sind gigantische Säulen erkennbar, die ein griechisches Flair aufweisen (pam: Eines der krassesten und imposantesten Bühnenbilder ever – da könnten sogar Maiden was ablugen). Soll das möglicherweise ein Hinweis darstellen, dass die Holländer im Olymp angekommen sind? Wenn sie zumindest ähnlich genial agieren wie damals am Summer Breeze Open Air 2022, können wir uns alle auf eine Machtdemonstration freuen.

Die monströse Videoleinwand wird aktiviert und zeigt fortan während der gesamten Show eindrückliche Bilder und Szenen. Produktionstechnisch ist das ohne Zweifel das nächste Level. Wenn «KI» in diesem Mass eingesetzt wird, kann ich einigermassen damit leben. Sharon agiert zu Beginn mit Maske. Ihr Stimmorgan ist nach wie vor schlichtweg wundervoll. Insgesamt wirkt der Start auf mich jedoch ein bisschen schleppend, da vermehrt auf neues Liedgut gesetzt wird. Und dieses zündet bedauerlicherweise nicht sonderlich (hinzu kommt eine kurze Predigt von Sharon über Problematiken im Iran). Eine Ausnahme bildet in diesem Zusammenhang aber eindeutig «Wireless». Endlich geht ein Ruck durch die gesamte Halle und die Geschichte nimmt Fahrt auf. Bitte exakt in diesem Stil weitermachen, merci!

Dummerweise setzt ausgerechnet jetzt der «Technik-Teufel» zu einer Blutgrätsche an und legt die Kiste lahm… Offenbar habe ein Problem mit einer Nebelmaschine den Feueralarm ausgelöst und dadurch seien obendrein gewisse Bühnenteile instabil geworden und haben sich gesenkt. Holla, die Waldfee! Habe ich so noch nie erlebt – trotz jahrelanger Konzerterfahrung. Den Göttern sei Dank scheint niemand verletzt worden zu sein. Und gegen etwas frische Luft aufgrund des geöffneten Seitentors hat ebenfalls niemand etwas einzuwenden. Die Crew arbeitet emsig an der Lösungssuche und kriegt die Angelegenheit nach 20 Minuten tatsächlich wieder geregelt. Jawohl!

Mit «The Reckoning» (ja, wir rechnen gerade mit der Technik ab) und «Shot In The Dark» geht der Ritt munter weiter. Aber die Roadies wuseln nach wie vor wie nervöse Ameisen auf der Bühne herum. Und es kommt, wie es kommen muss – der nächste Unterbruch versaut einem die Stimmung. Ob Ruud Jolie heute überhaupt nochmals dem Gitarrenspiel frönen kann? Sein Klampfen-Arsenal hat den Geist komplett aufgegeben und es sieht für ihn deswegen nach einem ungewollten, verfrühten Feierabend auf. Sharon tut mir ebenfalls leid. Bei einer solch durchgetakteten Show sind ungeplante Improvisationen schier ein Ding der Unmöglichkeit. Des Weiteren ist nicht jeder von uns der geborene Comedian. Die spontane «Rivers Of Babylon»-Nummer mit reger Publikumsbeteiligung ist trotzdem ein freudiges Highlight.

Die erneute Fortsetzung erfolgt mit «Stand My Ground» (was mittlerweile durchaus das Motto des Abends werden könnte). Danach tritt Alex Yarmak, ein Musiker aus Kiew, ins Scheinwerferlicht und performt mit der Band zusammen «A Fool’s Parade». Im Anschluss könnte man ein weiteres Mal einen QR-Code scannen, um Spenden für die Ukraine abzugeben. Das ist der Punkt, an dem mich die Sache langsam nervt…

An einem Konzert möchte ich den Alltagsstress hinter mir lassen, einfach nur geniessen und nicht ständig an politische Aspekte erinnert werden. Das hat gar nix mit Verdrängen zu tun. Schlagzeilen zu Krieg und anderen Miseren kann ich mir jederzeit problemlos reinziehen. Selbstverständlich haben insbesondere Künstler aus der Ukraine das Recht, auf das Leid in ihrer Heimat aufmerksam zu machen. Und ich als gut behüteter Schweizer kann mir logischerweise in keiner Weise ausmalen, wie schrecklich es dort zu und her gehen muss. Krieg ist nicht tolerierbar!

Trotzdem wage ich zu behaupten, dass zu viele Unterstützungs-Aufforderungen in Richtung Publikum irgendwann kontraproduktiv wirken könnten, da sie eine störende, langatmige Ader erhalten. Zudem bin ich der Ansicht, dass ein Live-Konzert nicht unbedingt die richtige Plattform dafür darstellt. Mit Aufrufen via Social Media etc. erreicht man deutlich mehr Personen. Aber ja, am Ende des Tages bleibt es ein heikles, kontroverses Kapitel. Doch darf es keinesfalls zu sehr ausufern.

Deshalb lenke ich den Blick nun wieder zurück auf die dargebotene Musik. «The Promise» wird grandios inszeniert. In den gotischen Kirchenfenstern sind monströse Rittergestalten zu sehen. Madame den Adel holt nochmals alles aus sich raus. Diese opernhaften Abschnitte sind einfach nur bombastisch! Selbst die immensen zwei Kronleuchter werden jetzt bewegt. Und der werte Ruud ist offenbar endlich auf eine funktionierende Saitenkönigin gestossen, was mich überaus für ihn freut. Etwas später erfolgt das obligate «Zugabe-Spielchen». Dieses hätten die Protagonisten aufgrund der ganzen Unterbrüche aber auch problemlos weglassen können. «Our Solemn Hour» ist allerdings ein fantastischer Bonus. Die «Sanctus Espiritus»-Rufe werden vom Publikum lautstark wiedergegeben. Das Schluss-Duo bilden schliesslich «All I Need» und «Mother Earth» – ein standesgemässes, aber ungeachtet dessen packendes Finale!

Kaufi: Als Spätzünder in Sachen Within Temptation darf ich heute mal als ganz normaler Zuschauer an ein Konzert. Ohne Kamera, ohne Notizblock. Aber damit Dutti in seinem „Notfall-Einsatz“ noch etwas Unterstützung erhält, würde ich doch auch noch ein paar Zeilen beisteuern…

Zu den Supports vermag ich nix zu sagen, da war ich mit meinem Chef und meiner Kollegin beim Bier und Wasser. Doch pünktlich zu Beginn sind wir in der doch recht vollen Halle. Es hiess irgendwann mal etwas von spärlichem Vorverkauf. Ausverkauft ist es sicher nicht, dennoch dürfen sich Within Temptation über einen sehr stattlichen Zuschauerauflauf freuen. Und so warten wir gespannt, was da kommt.

Das Bühnenbild ist enorm beeindruckend, das hat Dutti ja schon erwähnt. Die Video-Animationen sind der Hammer. Grosses Kino, im wahrsten Sinn des Wortes. Im Gegensatz zu Dutti passt mir der musikalische Start durchaus, speziell «Bleed Out» find ich saustark, gleiches gilt für «Ritual».

Da ich die beiden Vorgruppen nicht gesehen habe, fallen bei mir die politischen Statements nicht so sehr auf. Ja, die Geschichte mit den QR-Codes und so… Einerseits löblich, dass sich eine Band so dafür einsetzt. Andererseits sehe ich es durchaus wie Dutti: An einem Konzert will ich genau solche Dinge einfach mal ausblenden, so tragisch die Situationen in gewissen Ländern sind. Es ist und bleibt einfach ein zweischneidiges Schwert.

Nach «Wireless» ist dann vorerst Schluss und keiner weiss weshalb. Irgendwann erhielt man irgendwo her die Info mit dem Feuermelder. Da staune ich dann schon, wenn man bedenkt, welch massive Pyro-Show Powerwolf vor ein paar Wochen hier gezeigt haben (ohne dass ein Feuermelder abging).

Irgendwann geht es weiter, unter anderem mit dem saugeilen «Shot In The Dark». Die technischen Probleme bleiben jedoch bis zum Ende bestehen. Sharon ist das alles sichtlich peinlich und sie versucht die Misere zu überspielen. Doch in diesen Momenten bräuchte man dann halt einen Comedian wie Tobi Sammet. Das ganze Zeugs zehrt schon etwas an den Nerven.

Doch spätestens ab «Supernova» wird es doch nochmals richtig stark. Es folgt ein absolutes «Best Of», welches jeden Fan nun zufrieden stellt. «Faster» mit erneut fantastischen Video-Einspielern, «Paradise» ist unerreicht und speziell die erste Zugabe «Our Solemn Hour» sorgt für allerbeste Stimmung.

Durch die ganzen technischen Probleme dauert die Show insgesamt fast zwei Stunden, ein Song wurde offenbar geopfert. Und der Wermutstropfen, nicht nur für pam: Drei Tage zuvor war eine gewisse Tarja bei drei Songs zu Gast. Hui, ein Duett Sharon / Tarja bei «Paradise (What About Us?)» – DAS hätte für alles entschädigt! (pam: Ja, ich hatte das eigentlich schon wieder verdrängt … danke fürs Erinnern …).

Das Fanzit – Within Temptation, Annisokay, Blind8

Dutti: Blind8 eröffneten den Abend solide, danach übernahmen Annisokay äusserst gekonnt und am Ende versuchten Within Temptation zum grossartigen Triumphzug anzusetzen, der blöderweise von diversen technischen Schwierigkeiten ausgebremst wurde. Trotz dieser Hindernisse haben die Holländer durchschimmern lassen, wozu sie unter normalen Umstände in der Lage gewesen wären. Sauer aufgestossen ist mir – wie weiter oben bereits ausgiebig begründet – der hohe Anteil an politischen Statements. Dies dürfte in der Endabrechnung jedoch Ansichtssache bleiben.

Die Setlist – Blind8

  1. Intro – Laniakea
  2. Nightmare
  3. Here To Stay
  4. Overcome The Darkness
  5. Abandoned
  6. Bulletproof

Die Setlist – Annisokay

  1. Into The Abyss
  2. Throne Of The Sunset
  3. Ultraviolet
  4. Like A Parasite (mit Gastauftritt von Sharon den Adel)
  5. One Step Closer (Linkin Park-Cover)
  6. Human
  7. Calamity
  8. STFU

Die Setlist – Within Temptation

  1. We Go To War
  2. Bleed Out
  3. Ritual
  4. Don’t Pray for Me
  5. Wireless
  6. The Reckoning
  7. Shot In The Dark
  8. Stand My Ground
  9. A Fool’s Parade (mit Gastauftritt von Alex Yarmak)
  10. The Promise
  11. Supernova
  12. Faster
  13. Paradise (What About Us?)
  14. Our Solemn Hour*
  15. All I Need*
  16. Mother Earth*

*Zugabe

Die Fotos – Within Temptation, Annisokay, Blind8


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/ / 28.12.2024
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