Metalinside.ch - Falling in Reverse- Hallenstadion Zürich 2024 - Foto Steve 24
So, 17. November 2024

Falling in Reverse, Hollywood Undead, Sleep Theory

Hallenstadion (Zürich, CH)
/ 07.01.2025

Achtung: Glatteisgefahr

Falling in Reverse oder besser gesagt die One-Man-Show Ronnie Radke ist momentan wohl die kontroverseste Figur im Metal. Und ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung; ausser ein paar Songschnipseln, die sich recht spannend anhören. Da geh ich doch mal ganz jungfräulich ins Hallenstadion.

Dass Falling in Reverse eine der momentan angesagtesten Bands sind, beweist ihr Auftritt im Hallenstadion. Nur die grösste (Konzert-)Halle der Schweiz scheint dem Ego von Ronnie genügend Platz zu bieten. Aber füllen die das Hallenstadion auch wirklich mit Zuschauern? Als wir im Hallenstadion ankommen, zeigt sich, dass dies noch nicht ganz der Fall ist (immerhin wurde das Konzert infolge der hohen Nachfrage vom X-Tra ins Hallenstadion verlegt). Doch es offenbart sich uns eine spannende Variante, welche zumindest ich so bis anhin nie gesehen hatte. Man kennt es ja, dass das Hallenstadion flexibel genutzt wird, indem einfach die Bühne in der Mitte der Halle aufgebaut wird und so nur rund ein Drittel bis zur Hälfte der Kapazität genutzt wird. Heute steht jedoch die Bühne dort, wo sie immer steht. Dafür sind die Sitzplätze mit einem schwarzen Vorhang verdeckt.

Ich find das ein sehr gute Lösung. Denn die Stehplätze sind ja sowieso begehrter und die stehenden Fans machen darüber hinaus mehr Stimmung. Könnte man gerne öfters so machen. Dass heute vor allem jüngere Fans da sind, beweist wohl auch die Tatsache, dass dieser Stehplatzbereich schon vor der ersten Vorband sehr gut gefüllt ist.

Sleep Theory

Die Band aus Memphis wurde vom US Army-Veteran Cullen Moore (Gesang) gegründet. Sleep Theory können es kaum erwarten, die Schweizer Fans zu gewinnen und kommen zehn Minuten früher als angekündigt auf die Bühne (und ja, ich bin auch schon da). Dutti neben mir beschreibt die Band perfekt mit «generischer Amicore». Wäre da nicht ab und zu R&B-mässiger Gesang, wär es definitiv eine Blaupause davon.

Mich haut es jetzt nicht grad aus den Socken, aber bei der Masse kommts gut an. Cullen möchte, dass wir winken. Und so soll es sein. Es wird bis ganz weit hinten gewunken. Nur ein Typ scheint das gar nicht zu interessieren und der schläft knallhart ganz vor am Gitter. Da hat er zumindest einen Teil des Bandnamens zu wörtlich genommen. Der Rest scheint gut aufgewärmt für die nächste Band …

Hollywood Undead

… und die zeigen grad, wo der Hammer hängt. Wow, was für eine Bühnenpräsenz. Da wuseln zig Leute umher und die Mehrheit davon (bis zu vier) mit einem Mikrofon in der Hand. So ein Jekami am Gesang hab ich selten erlebt. Irgendwie wirkt das wie die College-Band-Version von Linkin Park. Oder mit Songs wie «California Dreaming» so etwas wie die Beach Boys des Nu Metals. Einfach mit mehr Chaos auf der Bühne.

Das Line-up der Band scheint ziemlich flexibel zu sein. Wer vorher noch an der Gitarre oder Bass war, hat jetzt ein Mikro in der Hand und umgekehrt. Jetzt gar bis zu fünf Sänger gleichzeitig. Man denkt sich wohl, scheiss was drauf, ich sing jetzt ebenfalls, wenn es auch die anderen tun. Übrig bleibt dann noch jemand an den Drums, Gitarre und Keyboard.

Anyway, who cares, sie machen definitiv sehr gute Laune und ein grosser Teil des Publikums scheint wegen ihnen da zu sein. Oder zumindest gibt es da eine grosse Schnittmenge zu Falling in Reverse.

Weil alle der Bandmitglieder singen wollen, holt man kurzerhand jemanden von den Fans auf die Bühne. Er nennt sich Tony. Und kaum kriegt er die Gitarre umgehängt, soliert er schon mal, als würde er nichts anders machen, als auf einer grossen Bühne vor ein paar tausend Leuten zu spielen. Der Kommentar von der Band: «You’re in the band now.» und «Tony, fuck yeah, you’re gonna loose your virginity tonight.»

Die Fans werden allgemein sehr stark mit einbezogen. Fünf Sänger sind ja nichts, wenn du Tausende haben kannst. So wird ein Mikrofon an einer langen Stange den Fans in den ersten Reihen rumgereicht – sogar einer der Security im Fotograben darf was reinträllern. Das Ganze erinnert mich auch immer mehr an die Bloodhound Gang. Die habe ich zwar nie live gesehen, aber so stell ich mir die vor. So zum Beispiel, als sich einer von ihnen mit Deutsch versucht: «Ich habe einen kleinen Schwanz» und fragt: «Is that good?».

Die «Reise nach Jerusalem» an den Instrumenten geht munter weiter. Die Abstürzenden Brieftauben war ja schon krass mit dem Wechsel zwischen Gitarristen und Drummer während dem Konzert. Bei Hollywood Undead ist das hoch4.

Zum Abschluss gibt es schliesslich als Dank an die Fans mit «Hollywood Forever» einen neuen Song.

Das war jetzt sehr erfrischend und unerwartet geil. Mal unvoreingenommen an ein Konzert zu gehen und positiv überrascht werden. Guter Plan, der mit Hollywood Undead perfekt aufging. Doch nun zum Headliner, der die Welt dominieren will.

Falling in Reverse

Für eine «The Popular Monstour II World Domination»-Tour ist die Bühne sehr schlicht gehalten. Da ist man sich eigentlich schon mehr gewohnt im Hallenstadion. Über die ganze Breite vorne am Bühnenrand gibt es einen erhöhten Laufsteg, welcher ausschliesslich von Ronnie genutzt wird. Er ist als einziger auch immer im Spotlicht. Die anderen Bandmitglieder nimmt man während dem ganzen Konzert kaum wahr. Im Prinzip ist es Ronnie Radke & Band.

Schade, weil die Band geht im Hintergrund ebenfalls ganz schön ab. Aber sie sollen wohl Ronnie nicht die Show stehlen. Und wie bei grossen, modernen Bands üblich, kommt eh ein grosser Teil ab Band inklusive der sehr aufwändig produzierten, synchron zur Musik laufenden Videos. Den Fans ist es aber ziemlich egal, was ich da grad beschreibe, denn die gehen so oder so bei jedem Song ab. Die Hände in der Höhe und schön hin und her winken.

Wie man es von seinen Videos kennt – siehe zum Beispiel «Watch The World Burn», wo er sich als moderner Messias darstellt – ist er der geborene Entertainer mit starker (Rap-)Gesangsstimme. Zum Thema Messias; er hat sich eine Dornenkrone auf die Stirn tätowiert… Er ist vor allem auch ein Selbstdarsteller. Wie schon erwähnt, ist es eigentlich eine One-Man-Show und da muss alles perfekt sein. Zigmal streicht er sich jeweils durch die Haare, bis er sein Käppi wieder aufsetzt. Eine Show der Eitelkeit.

Seine Songs sind geil, er als Typ ist faszinierend, die Videos extrem stark, doch live ist es eher ernüchternd. Da hab ich aufgrund der Schnipsel mehr erwartet. Doch ist das die nächste wirklich grosse Band? Oft haben wir schon im Metalinside.ch-Chat darüber diskutiert, gibt es eines Tages wieder so grosse Bands wie Metallica, Maiden etc., die sich über Jahrzehnte an der Spitze halten können? Falling in Reverse sind zumindest live davon noch weit entfernt. Aber das ist heute wohl auch nicht mehr der entscheidende Faktor. Die Kiddies da draussen vergöttern Ronnie durch seine Videos und Streams als das, was er sich sieht: Der moderne Jesus.

Doch darf man einen wie Ronnie überhaupt gut finden? Auch da gibt es Stimmen in unserem Chat, die finden, man sollte seine Konzerte boykottieren. Der Typ hat schon Dreck am Stecken und ist jetzt sicher nicht grad der netteste Zeitgenosse. Aber sind es nicht oft die übertalentierten, grossen Rockstars, die auch die grössten Egomanen und Idioten sind, die wir dennoch geil finden? Das Ego von Axl war auch grösser, als diese Welt Platz bietet, und dennoch waren Guns N’ Roses die wohl grösste Band Anfang der 90er. Ich will hier eigentlich gar nicht weiter gehen und schon gar keine Diskussion dazu starten. Ich kam heute ins Hallenstadion, um eine Band zu erleben, die wirklich gute Ansätze hat, ganz gross zu werden, und schon geile Songs geschrieben hat. Dazu muss ich mit Ronnie ja nicht Kaffee trinken gehen.

Ich wage mich gar nicht weiter aufs Glatteis und bleib jetzt halt einfach ein Ignorant. Die Band verabschiedet sich mit «We Are The Champions». Passt ja aus ihrer Perspektive und wohl auch für die meisten die heute auf den Tatort verzichtet haben und ins Hallenstadion gepilgert sind.

Das Fanzit – Falling in Reverse, Hollywood Undead, Sleep Theory

Sleep Theory haben für ein warmes Lüftchen gesorgt, während Hollywood Undead das unsitzbare Hallenstadion zum Kochen brachten. Falling in Reverse waren Ronnie Radke mit Band. Aufgrund des Hypes und den bombastischen Videos hätte ich hier mehr erwartet als einen Laufsteg für Ronnie. Soundmässig war es wie zu erwarten ganz OK mit vielen Samples.

Die Fotos – Falling in Reverse, Hollywood Undead, Sleep Theory


Wie fandet ihr das Konzert?

/ 07.01.2025
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