Dream Theater – Parasomnia
Progressive MetalAlpträume oder ein weiterer Geniestreich zum 40. Bandjubiläum?
Es ist wieder so weit; Dream Theater haben es erneut getan. Erneut heisst genauer gesagt bereits zum 16. Mal. Mit Parasomnia lanciert eine der grössten Bands im progressiven Metal-Sektor ein weiteres Album, das legendär werden könnte.
Wieso? Weil am Schlagzeug ein neuer «Alter» zurück ist: Mike Portnoy. Wieso? Da Portnoy scheinbar – siehe Bericht über das vergangene Schweizer Konzert von DT – ganz viel neuen Wind in die Band bringt. Wieso? Da die Band und insbesondere John Petrucci einmal mehr fette Riffs und vertrackte Melodiebögen ausgeklügelt haben, welche sich in die Traumwelten der Fans einfügen. Ob das neue Album nun Alpträume auslösen wird oder ob es der Geniestreich schlechthin ist, das lest ihr in diesem Review.
Facts and Figures
Der neue Longplayer hat – wie eigentlich gewohnt von Dream Theater – über 70 Minuten Spielzeit, was natürlich nicht ungewöhnlich ist, sondern sogar erwünscht. Acht Songs befinden sich auf der CD oder dem Doppel-Vinyl (schwarz), welche bereits beim Plattenhändler deines Vertrauens zu erstehen sind. Produzent ist John Petrucci himself, gemixt wurde die Scheibe von Andy Sneap. Bevor ich euch ein wenig in die Facetten des neuen Albums entführe, lässt sich festhalten, dass die Soundqualität als überragend zu bezeichnen ist. Zudem beinhaltet dieses Album alles, was es braucht, um weit nach vorne in der Rangliste der besten DT-Alben zu schiessen. Fette Tempowechsel, messerscharfe Riffs, unglaubliche Instrumentalpassagen und Wechselspiele. Dazu starke Texte mit einer sehr angenehmen Stimme von James LaBrie. Der Titel «Parasomnia» suggeriert zudem gewollt auch die Stimmung des Albums, welche ich eher als dunkel bezeichnen würde. Mit dem Titel sind laut Wikipedia Verhaltensauffälligkeiten im Schlaf gemeint, wie z. B. Alpträume oder Schlafwandeln, wie auch weitere Störungen, welche auftreten können.
Track by Track
Bereits das Intro («In The Arms Of Morpheus») steht mit 5:22 zu Buche und legt mit einem unglaublichen Soundteppich in Dream Theater-Manier die Grundpfeiler, auf welchen die weiteren Tracks des Albums aufbauen können. Schon im Intro zeigen alle Musiker des Quintetts ihre Skills und bekommen genügend Platz, um sich gleich für das ganze Album zu empfehlen. Im Mitteilteil erklimmt der Melodiebogen von Petruccis Gitarre bereits ein erstes Mal die typische Dream Theater-Gefühlsweltentreppe….
Es geht weiter mit «Night Terror», einem Song, welcher mit fast zehn Minuten Spielzeit sowie seiner rasanten Art und Weise einfach alles mitreisst, was er in seinen Sog ziehen mag. Das Wechselspiel des Gesangs von LaBrie mit John Petruccis Gitarre ist das Highlight dieser ausgeklügelten Komposition. Stark.
Das nächste Lied ist der grosse Überflieger dieses Albums. «A Broken Man» knüpft nahtlos an und zieht einen weiteren Kreis durch die sternenklare Nacht des DT-Universums. Von ruhiger Musik bis jetzt nichts zu spüren. Spannend, mitreissend, unglaublich komponiert.
Mit «Dead Asleep» wird es jetzt ein wenig ruhiger auf der Platte. Zum Glück eigentlich, denn der Nacken und die Gehirnzellen wurden durch das Intro und die ersten beiden Songs doch schon arg strapaziert.
Aber die Ruhe hält nur die ersten knapp zwei Minuten, dann gehts in klassischer Dream Theater-Manier auf den nächsten melodiösen Höhepunkt zu. Ein Epos von elf Minuten erwartet den Fan und lässt einfach keine Wünsche offen.
Mittlerweile ist es Mitternacht (also auf dem Album) und passend wird mit «Midnight Messiah» die Geisterstunde begangen. Und das unvermindert auf dem gleichen Niveau der vorangegangenen Lieder. Es gibt keinen Song, welcher bis jetzt stark abfällt, im Gegenteil. Jeder davon hat eine eigene Geschichte bereit und trotzdem tönt das Album bis jetzt sehr geschlossen und in sich ruhend.
Weiter geht es mit dem kurzen Zwischenstück «Are We Dreaming?». Frage ich mich, kurz aus der Ekstase des Hörgenusses aufwachend, auch an dieser Stelle. Ruhige Orgeltöne wie in der Kirche, aber bereits nach knapp 1:30 ist es vorbei. Es geht weiter mit dem vorletzten Song, welcher «Bend The Clock» heisst. Hier kommt sie, die Ballade dieses Albums. Wunderschön, butterweich, Augen zu und geniessen.
Es bleibt noch ein Song übrig und mit knapp zwanzig Minuten ein riesiges Epos. Also nochmals alle Kräfte sammeln und reingehüpft in den letzten Track des Albums. Ich freue mich schon, diesen mal an einem Dream Theater-Konzert erleben zu dürfen. Es wäre alles dabei, was den Fan glücklich macht und er zeigt erneut und unmissverständlich auf, wieso Dream Theater auch nach vierzig Jahren Bandgeschichte immer noch wegweisend sind. Dieser cineastische letzte Song muss zuerst genau so komponiert werden, eine Meisterleistung und eigentlich schier unvorstellbar.
Das Fanzit zu Dream Theater – Parasomnia
Ob Parasomnia das beste Dream Theater-Album der ganzen Bandgeschichte ist? Im Moment schwierig zu beantworten. Ich habe gelernt, dass ein Album von Dream Theater erforscht werden muss, erlernt werden darf, die Songs volle Konzentration brauchen, mehrmals gehört werden dürfen, bis sie einem noch mehr von sich hergeben. Ich habe das Album jetzt gefühlt zwanzigmal gehört. Das ist für meine Verhältnisse noch nicht so oft. Trotzdem bin ich schon jetzt äusserst angetan von der Spanne dieses Albums, was wiederum bedeutet, dass es ein starkes Album ist. Eines der Alben, welches wohl in diesem Jahr in der entsprechenden Metal-Kategorie schon im frühen Verlauf des Musikjahres die Messlatte sehr hoch liegen lässt. Für mich keine glatte 10 von 10 Punkten, aber ein wirklich überzeugendes, schlüssiges und einzigartiges Album. Danke Dream Theater.
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Die Tracklist Dream Theater – Parasomnia
- In The Arms Of Morpheus (5:22)
- Night Terror (9:55)
- A Broken Man (8:30)
- Dead Asleep (11:06)
- Midnight Messiah (7:58)
- Are We Dreaming? (1:28)
- Bend The Clock (7:24)
- The Shadow Man Incident (19:32)
Video Dream Theater – A Broken Man