Metalinside.ch – Queensrÿche - Komplex 457 Zürich 2025 – Foto Kaufi 17
Di, 18. Februar 2025

Queensrÿche, Night Demon

Komplex 457 (Zürich, CH)
/ 28.02.2025

The Origins of the Reich

Queensrÿche sind zurück! Zusammen mit Night Demon machten sie am 18. Februar den Komplex 457 unsicher und spielten dabei ihre erste EP und ihr Debütalbum in voller Länge.

Domi the Stick (DtS): Verkauft hat sich der Anlass respektive die ganze Tournee unter dem bezeichnenden Namen „The Origins Tour“. Bereits im Vorherein war klar, worauf sich die Setlist fokussieren würde: die EP „Queensrÿche“ von 1983 und das erste Studioalbum „The Warning“ von 1984. Das Konzept von back to the roots scheint aktuell wieder etwas in Mode zu sein, zumal andere Bands ebenfalls mit albenspezifischen Setlists oder einem Jubiläumsset auf Tour sind. Siehe Slipknot mit “no songs that were written after 1999”, Grave Digger mit 45-Jahre-Show oder Dirkschneider mit seiner kommenden „Balls To The Wall“-Tour. Den Superfan, der nicht immer nur ein Best-of hören will, solls freuen. So zum Beispiel Kaufi, der sich wie ein Kind auf den heutigen Tag freute und sich für uns in den Fotograben stürzt. Ebenfalls mit an Bord sind Dutti als normaler Gast, meine Wenigkeit als Schreiberling, eine akzeptable Menge Queensrÿche-Fans sowie eine bühnenhungrige Vorband namens Night Demon.

Kaufi: Queenrÿche war 1986 die allererste Rock- und Metalband überhaupt, die ich live gesehen habe. Mit ihrem „Rage For Order“-Album im Gepäck waren sie als Support von Bon Jovi unterwegs. Über all die Jahre habe ich die Truppe aus dem Westen der USA dann immer wieder live erlebt, qualitativ war zwischen „Weltklasse“ (1992 im Volkshaus) und „Fremdschämen“ (Bang Your Head!!! Festival 2010) alles dabei.

Doch als es hiess, dass Queensrÿche auf eine US-Tour gehen, bei der die EP und das Debüt komplett gespielt würden, wurde schnell der Flieger über den Teich gebucht. Sowas Legendäres durfte ich nicht verpassen! Dass diese Tour schlussendlich auch nach Europa gebracht wird, wusste ich a) damals noch nicht und b) wäre ich wohl dennoch geflogen. Und endlich ist es soweit: „The Origins Tour“ in Zürich! Wenn auch im ungeliebten Komplex, aber das nimmt man dafür in Kauf. Erstaunlich nur, dass gerade mal die halbe Halle offen ist, man rechnet anscheinden nicht mit riesigem Zuschaueraufmarsch. Sehr schade, aber vielleicht passt dafür nun der Sound einmal.

DtS: Was beim Umschauen im Komplex sofort auffällt, ist das nicht unerhebliche Durchschnittsalter. Abgesehen von zwei Kiddies scheine ich der Jüngste zu sein, dicht gefolgt von ein paar wenigen Vertretern in Duttis Altersspanne. Dieser Umstand ist jedoch keineswegs erstaunlich, zumal wir es heute mit einer Band zu tun haben, deren kommerzieller Erfolg mit „Operation: Mindcrime“ knapp vierzig Jahre zurückliegt, und die heute ihre Debütscheiben spielt. Meine älteste Erinnerung hingegen ist die Trennung der Band von Geoff Tate und der darauffolgende Streit um den Bandnamen. Als Teenager erfuhr ich davon beim Lesen des Metal Hammers… Trotzdem freue ich mich auf dieses spezielle Set, und möchte ohne weitere Umschweife zur Live-Musik kommen.

Night Demon

DtS: Als die Zeit gegen halb acht fortschreitet, ist der Komplex noch eher spärlich voll. Trotzdem reihen sich einige Bierdurstige an der Bar hintereinander und bringen die dort werkelnde Crew kurz vor Beginn ins Schwitzen. Night Demon lassen ihr Intro bereits acht Minuten vor dem offiziellen Start laufen und beweisen damit eine minutiös getaktete Zeitplanung. Pünktlich auf die halbe Stunde hat das Intro sein Ende nämlich erreicht und die drei Kalifornier betreten die Bühne.

Dabei stehen Jarvis Leatherby und Armand John Anthony, welche für die Saitenarbeit und den Gesang verantwortlich zeichnen, links und rechts in zwei dicken Rauchsäulen. Dieses Feature wird zusammen mit weiterem Nebel und einer ausgiebigen Lichtshow zur Untermalung der Musik eingesetzt. (Anm. Kaufi: Wir im Fotograben finden das dafür eher suboptimal…) Die passend auf die Songs abgestimmten Lichteffekte verleihen dem Auftritt eine bombastische Note. Abzug gibt es diesbezüglich lediglich beim Stroboskop, dessen Unmenge dem geblendeten Publikum zuliebe etwas reduziert werden dürfte. Wirklich jeder Drum Fill, jede Doublebass-Attacke, jedes Songende wird damit verziert.

Über die Leistung der Musiker kann man hingegen wirklich nicht meckern. Night Demon spielen sich während den ihnen zustehenden fünfundvierzig Minuten regelrecht in Ekstase. Der traditionelle Heavy Metal-Stil, den die 2011 gegründete Band anpeilt, entfaltet seine Wirkung bei den Zuschauern spätestens nach einer kurzen Aufwärmphase. Die Instrumentierung als Power Trio lässt Night Demon sowohl spielerisch als auch räumlich viel Platz, sich selbst auszuleben. Mit der Diskographie der Truppe bin ich kein bisschen vertraut – dies ist aber nicht vonnöten, um den Gig so richtig zu geniessen.

Auf der Bühne, welche von den Sidedrops (auf denen der Sensemann ein geflügeltes Tier reitet) umrahmt wird, gesellt sich beim zweitletzten Song „The Chalice“ Rocky zur Band. Das Bandmaskottchen mit rot leuchtenden Augen tut nicht viel, ausser seinen Kelch umherzuschwingen und damit einen sowieso gelungenen Auftritt weiter aufzulockern.

Queensrÿche

Kaufis erstes Metalkonzert? Und als Queensrÿche in der Musigburg (respektive dem damaligen Moonwalker) endlich mal «Queen Of The Reich» spielten? Anekdoten hat unser heutiger Fotobeauftragte viele! Mit meinem einzigen Queensrÿche-Liveerlebnis decken sich die wenigsten – 2015 in Wacken fand ich den Auftritt zwar nicht schlecht, aber halt nicht aus-den-Socken-hauend. Mein Namensvetter Domi wertete den damaligen Auftritt mit dem Wörtchen “anders”. Wie es heute wird?

Fest steht von Beginn: Auch wenn Eddie Jackson und Michael Wilton eigentlich die Originalmitglieder sind, liegt die Aufmerksamkeit sofort auf Sänger Todd La Torre. Der Ersatz, den Queensrÿche für Geoff Tate fanden, ist in die Band reingewachsen. Mit Sonnenbrille und rötlicher Lederjacke zieht der gebürtige Floridianer sämtliche Blicke auf sich. Optimal, um beim ersten Schrei von „Queen Of The Reich“ das erste Mal ein paar Kinnladen gen Boden zu befördern. Persönlich weine ich der Tatsache schon etwas nach, Queensrÿche nie mit Geoff gesehen zu haben – ähnlich wie bei Arch Enemy, die ich zum ersten Mal in Alissas erstem Festivalsommer sah. Doch Todd macht seinen Job heute wunderbar. Zudem stellt die Hallenakustik dem Soundgenuss gerade keine grösseren Hindernisse in den Weg.

Als die EP „Queensrÿche“ nach vier Songs durchgespielt ist, erklingt hinter mir ein langgezogenes “Waarniiiiiing”. Kaufi steht nach seinem Aufenthalt im Fotograben Dutti und mir im Nacken und kennt die Setlist auswendig. Mit seiner Ansage liegt er natürlich goldrichtig, und innert weniger Sekunden erklingen die ersten Töne von „Warning“. Schono legendär, dieser Song. Dasselbe trifft genauso auf viele der nachfolgenden Tracks zu, die ich trotz Vorbereitung aufs heutige Konzert nur teilweise kenne.

Wenn sich Night Demon vorhin in Ekstase gespielt haben, trifft dies auf Queensrÿche höchstens innerlich zu. Abgesehen von Todd ist der Auftritt auffallend statisch – doch progressiver Stil, der noch sehr nahe bei Heavy Metal und NWOBHM liegt und für den später folgenden Progressive Metal prägend war, braucht Fokussierung. So liefern die Nordwestamerikaner musikalisch auf einem sehr hohen Niveau ab, bei dem das Zuschauen und -hören schlichtweg Spass macht. Ich halte fest: Das kam in Wacken gar nicht gleich zur Geltung.

Nachdem auch „The Warning“ komplett durchgezockt und das im Tournamen kodierte Versprechen “the Origins” gebührend erfüllt ist, kommen Queensrÿche mit ein paar neueren Songs um die Ecke. Konkret handelt es sich hierbei um vier Titel der drei nächsten Alben. Davon ist „Eyes Of A Stranger“ ein sehr passender Abschluss, und nach etwa 95 Minuten beendet das Quintett einen Top-Auftritt.

Dass sie, wie Todd bei der Verabschiedung festhält, die einzigen Queensrÿche sind, daran dürften die wenigsten Komplex-Besucher etwas einzuwenden haben – schon gar nicht Kaufi.

Kaufi: Was kann ich noch sagen? Domi hat vieles absolut korrekt erzählt. Es ist gigantisch grosses Kino, was Queensrÿche hier zeigen! Die Spielfreude ist selbst dem Ruhepol Eddie Jackson (Bass) im Gesicht abzulesen. Und Todd La Torre? Der werte Kollege Köbeli meinte vor der Show, dass der Sänger seit seinem Einstieg stimmlich nachgelassen hätte. Diese Meinung dürfte Köbeli am Ende revidiert haben. 😉

Die Setlist ist natürlich vorhersehbar. Wenigstens bis zu den Zugaben. Vom Opener „Queen Of The Reich“ bis zur ultimativen Übernummer „Roads To Madness“ ist die Reihenfolge vorgegeben. Dennoch macht es enorm Spass, Tracks wie „The Lady Wore Black“, „En Force“ oder „Child Of Fire“ live zu hören. Wirklich ärgerlich ist eigentlich nur die Tatsache, dass nach einer guten Ansage beim Hit „Take Hold Of The Flame“ wieder mal dutzende Handys für die Erstellung von verwackelten, unscharfen, unbrauchbaren Videos in die Höhe gehalten werden und man weiter hinten einfach nichts mehr sieht von der Band.

Etwas Spannung unter den Hardcore-Fans erzeugt die Frage nach den Zugaben. Eigentlich erwarte ich „Prophecy“, den Bonus-Track der EP. Doch weit gefehlt: Mit „Walk In The Shadows“ starten Queensrÿche einen fantastischen und vor allem langen Zugabenblock. Denn es folgen vom „Empire“-Album „Jet City Woman“ sowie der Titeltrack – und dann (zumindest für mich komplett überraschend) „Eyes Of A Stranger“ von „Operation: Mindcrime“, dem besten Album aller Zeiten! In der Tat ein sehr passender Abschluss, der mein Energielevel komplett auf null stellt. Ich bin nur noch k. o.

Die Setlist – Queensrÿche

  1. Queen Of The Reich
  2. Nightrider
  3. Blinded
  4. The Lady Wore Black
  5. Warning
  6. En Force
  7. Deliverance
  8. No Sanctuary
  9. NM 156
  10. Take Hold Of The Flame
  11. Before The Storm
  12. Child Of Fire
  13. Roads To Madness
  14. Walk In The Shadows
  15. Jet City Woman
  16. Empire
  17. Eyes Of A Stranger

Das Fanzit – Queensrÿche, Night Demon

DtS: Obwohl ich kein grosser Kenner der Band bin, hat mich die spezielle Setlist des Headliners heute in den Komplex gelockt. Night Demon heizten die Location mit ihrem klassisch gehaltenen Heavy Metal vor, worauf Queensrÿche einen genialen Auftritt zeigten und damit den einen oder anderen langjährigen Fan in Erinnerungen schwelgen liessen.

Kaufi: Im Gegensatz zu Domi vermögen mich Night Demon heute nicht so zu packen wie gewohnt. Mag aber auch daran liegen, dass ich bizzli am kränkeln und ziemlich unfit bin. Aber an der Performance kann man nicht rummäkeln, den Anheizer-Job erledigt das Trio prima. Und Queensrÿche? Pure Weltklasse! Ein fantastischer Auftritt, gepaart mit einer riesengrossen Portion Nostalgie. Schon jetzt ist klar: Dies ist ein Anwärter auf eines der besten Konzerte des Jahres 2025!

Die Fotos – Queensrÿche, Night Demon


Wie fandet ihr das Konzert?

/ 28.02.2025
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