

Brachiale Nackenbrecher
Am Freitagabend brachten ganze vier Bands das KIFF zum Beben. Enterprise Earth, Distant, The Last Ten Seconds Of Life und Harbinger drückten sich jeweils die Klinke in die Hand und machten keine Gefangen.
Euer Dutti hat es trotzdem wieder irgendwie in einem Stück aus dem «Pit-Gemetzel» herausgeschafft und berichtet euch nun über die Details der einzelnen Darbietungen.
Hat hier jemand einen Stabilitäts-Test bestellt? Das heute in Aarau aufschlagende Paket lässt zumindest darauf schliessen. Enterprise Earth, Distant, The Last Ten Seconds Of Life und Harbinger – da stecken jede Menge Death Metal und Deathcore drin! Wird die ehemalige Futterfabrik dieser Gewalt standhalten? Muss sie fast, denn der Neubau wird voraussichtlich erst gegen Ende 2026 fertiggestellt. Und bis dahin wollen wir für die Konzerte – insbesondere in den kälteren Phasen des Jahres – grundsätzlich gerne ein Dach über dem Kopf haben. Somit müssen die bestehenden Strukturen gezwungenermassen herhalten. Andere Optionen sind nicht verfügbar.
Die beiden treibenden Kräfte hinter der «The Origin Of Madness»-Tour – Enterprise Earth und Distant – durfte ich schon in dieser Location bestaunen. In der Regel stehen ihre Gigs für Abriss und Zerstörung. Ich hege wenig Zweifel daran, dass das dieses Mal anders laufen wird. Bei den Support-Equipen The Last Ten Seconds Of Life (welch ein Bandname!) und Harbinger bewege ich mich hingegen auf unbekanntem Terrain. Ziel ist es selbstverständlich, dass nach deren Auftritten zwei weitere bisher weisse Fleckchen auf meiner metallischen Weltkarte aufgedeckt sind. Christoph Kolumbus wäre fraglos stolz.
Harbinger
Beginnen wir mit Harbinger aus London. Die Engländer benötigen nicht lange, um uns mit ersten Breakdown-Attacken einzudecken. Das Publikum bleibt – bis auf vereinzelte Ausnahmen – vorerst passiv. Ein paar Circle Pits liegen allerdings trotzdem drin. Sänger Dilan Alves weist stimmlich stellenweise Parallelen zu Robb Flynn (Machine Head) auf. Sobald er jedoch in sein «Deathcore-Gekeife» wechselt, bläst umgehend ein anderer Wind. Der Name der Gruppe wird übrigens «Har-bin-scher» ausgesprochen. Nach und nach taut die Zuhörerschaft auf. Beim finalen Track «Guile» bitten schliesslich die anwesenden «Two-Step»-Weltmeister zum Tanz. Plötzlich wird sogar ein Crowdsurfer durch die Menge getragen. Ganz zum Schluss eskaliert das Ganze in einem «Violent-Scharmützel». Da bin ich froh, nicht gerade mit meinem Getränk mitten in der «Schlacht» zu stehen. Nichtsdestotrotz sind die Besucher nach diesem «Furioso» bestens aufgewärmt für die kommenden Shows.
The Last Ten Seconds Of Life
Nochmals eine Stufe härter geht es dann bei den Amis von The Last Ten Seconds Of Life zu und her. Die im US-Bundesstaat Pennsylvania beheimateten Jungs knüppeln sich munter durch ihr Set. Da steckt auch ausreichend Groove drin. Fronter Tyler Beam punktet mit auffallendem Pornoschnäuzer. In der Mitte des Raumes toben die «Fuchtel-Fanatiker». Wer sein eigenes «Fressbrett» gratis umgestalten möchte, darf sich gerne dort hineinstürzen. Auf der rechten Bühnenseite lungern ganz am Rand gewisse Mitglieder der später agierenden Formationen herum und beobachten amüsiert das Geschehen. Travis Worland – seines Zeichens Sänger von Enterprise Earth – lässt sich zu einem spontanen Gastspiel hinreissen. Schade nur, dass sein Mikrofon zu leise eingestellt ist (möge dies später nicht mehr vorkommen). Besser macht es danach Distant-Drummer René Gerbrandy, der ebenfalls rasch durch die Gegend brüllen darf. Jep, dieses Tour-Package scheint sich effektiv gesucht und gefunden zu haben.
Distant
Die holländisch-slowakische Kapelle Distant sorgt ab Punkt 21 Uhr für weiteres destruktives Verhalten. Gemäss Schreihals und Grunzer Alan Grnja hätten wir ohnehin seinen Segen, um komplett auszurasten. Schliesslich seien wir ja eh zu 99.99% krankenversichert. Alter Falter, der ganze Boden bebt! Wenn das in diesem Stil weitergeht, landen wir wahrscheinlich bald im EG oder Keller der Location. Angestachelt durch gnadenlose «Breakdown-Schweinereien» wird die Meute immer wilder. Selbst eine Ruder-Sequenz liegt drin. Mangelnden Einsatz kann man in diesem Augenblick fürwahr niemandem vorwerfen. Diese Performance kommt ebenfalls nicht ohne Gastbeiträge aus. Sowohl Harbinger-Sänger Dilan als auch (abermals) Enterprise Earth-Aushängeschild Travis gesellen sich für je eine Nummer dazu. Die Setlist ist hauptsächlich geprägt durch Material von der 2024er-Platte «Tsukuyomi: The Origin», mit welchem die Akteure ihren Anfängen Tribut zollen. Stimmt, einen Abstecher an den Merchandise-Stand habe ich bisher noch nicht unternommen. Das werde ich nach dem letzten Song gleich ändern.
Enterprise Earth
Bereit für den Headliner des heutigen Abends? Dieser darf nun in knackigen 50 Minuten endgültig alles in Schutt und Asche legen. Mit der aktuellen EP «Descent Into Madness» wäre das für ein solches Vorhaben passende «Rüstzeug» fraglos vorhanden. Meine letzte Begegnung mit Enterprise Earth liegt zwei Jahre zurück. Damals hinterliessen die Amis einen bleibenden Eindruck. Sie sind sowieso eine gern gesehene Kapelle im KIFF. Frontmann Travis, den ich aufgrund seines Aussehens liebevoll als «Enterprise-Jesus» bezeichne, ist mit vollem Einsatz bei der Sache und turnt ab dem zweiten Lied oben ohne auf der Bühne herum. Das Publikum scheint kurz verschnauft zu haben, ist jetzt aber ebenfalls wieder zurück in Aktion. Circle Pits, eine Wall Of Death und urplötzlich durch die Gegend fliegende Körper – «unholy guacamole!», das ist alles durchaus eines Headliners würdig. Eskalation pur! Zum Abschluss wagt Travis einen Stagedive und übersteht diesen – trotz mittlerweile leicht gelichteten Publikumsreihen – unbeschadet.
Das Fanzit – Enterprise Earth, Distant, The Last Ten Seconds Of Life, Harbinger
Welch ein brutaler Abend! Jede Band hat bei ihrem Aufritt nochmals eine Schippe draufgelegt. Das KIFF platzte zwar nicht aus allen Nähten, aber dadurch hatte der beinahe übermotivierte Part der Zuhörerschaft genügend Raum, um sein rabiates Fitnessprogramm abzuspulen.
Die Setlist – Harbinger
- Unreleased New Song
- Prayer Of Deliverance
- The End Of Time
- Hate File
- No Vermin
- Guile
