Metalinside.ch – Nachtblut – Konzerthaus Schüür Luzern 2025 – Sandro 12
Sa, 15. März 2025

Nachtblut, Infinitas

Konzerthaus Schüür (Luzern, CH)
20.03.2025

Dunkle Fantasien

Am Samstag, den 15. März 2025, trafen sich Nachtblut und Infinitas zum wilden Reigen in der Leuchtenstadt, um den erfreulich zahlreich erschienenen Besuchern neue und altbekannte Songs um die Ohren zu hauen. Dark Metal meets Fantasy infused Melodic Metal – für einen ebenso abwechslungsreichen wie vor Kraft und Energie strotzenden Abend war also gesorgt.

Nach drei intensiven Tagen am diesjährigen Bullhead Festival zieht es mich bereits nach einer Woche wieder ins Luzerner Konzerthaus Schüür. Grund für diesen Kurztrip sind Infinitas aus dem schönen Muotathal, die heute das Vorprogramm für die deutschen Düster-Metaller von Nachtblut bestreiten dürfen. Ich bin sehr gespannt, wie das sympathische Quartett diese Aufgabe meistern wird. Bei Nachtblut handelt es sich hingegen um eine Neuentdeckung, hatte ich die vier Herren doch bis vor Kurzem noch gar nicht auf dem Radar. Was ich dann aber bei meiner YouTube-Recherche serviert bekam, weckte deutlich Lust auf mehr.

Als ich rund vierzig Minuten vor Konzertbeginn bei meinem heimischen Rocktempel eintreffe, wirkt der Eingangsbereich noch ziemlich verwaist. Hatte Veranstaltungsmitglied Greg nicht gesagt, der Vorverkauf sei erfreulich gut gelaufen? Mit leicht in Sorgenfalten gelegter Stirn steige ich die Stufen zum Hauptsaal hinauf – und bemerke gleich beim Eintreten meinen Denkfehler. Holy Moly, da hat es ja schon richtig Volk, und selbst die Reihen vor der Bühne scheinen bereits dicht besiedelt zu sein. Mit schnellen Schritten stürze ich mich ins Getümmel und sichere mir noch einen halbwegs ordentlichen Platz, um das, was gleich kommen wird, nicht nur in Wort, sondern auch in Bild festhalten zu können.

Während des Wartens schnappe ich ein Gespräch zwischen zwei Damen auf – ihre schwarze Schminke verrät unmissverständlich, für welchen Act sie sich so schick gemacht haben. Im Altersheim, erzählt eine der Dark Queens, gebe es immer mehr Menschen mit Tattoos. Deshalb würden Bewohnerinnen und Bewohner ohne gestochene Tintenkunst dort heute eher gemobbt. Die Zeit bis zum ersten Lichterlöschen verbringe ich nun erstmal damit zu, darüber nachzudenken, ob eine Körperverzierung auf lange Sicht nicht doch eine gute Investition ins Alter sein könnte.

Infinitas

Pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk entern Infinitas um 20 Uhr das Podium der stimmungsvollen Location. Wobei… erst einmal schwebt eine grazile Tänzerin über die Bretter und verzaubert das gebannt zuschauende Publikum mit beeindruckenden Körperverrenkungen. Es scheint, als wollten unsere Freunde aus dem Kanton Schwyz die Gunst der Stunde so richtig auskosten. Gut so! Auch das Bühnenbild hat eher das Format eines Co-Headliners als das einer Vorband. Wie gewohnt agiert das Quartett mit zwei am vorderen Bühnenrand positionierten Podesten, die gerne mal Nebelschwaden aussenden und von den beiden Damen der Truppe – Mary am Mikro und Savannah an der Violine – ausgiebig genutzt werden.

Der Einstieg mit Kratos gelingt wunderprächtig, was nicht zuletzt an der enormen Spielfreude liegen dürfte, die die Modern Metaller an den Tag legen. Selv an der Gitarre und Piri hinter der Schiessbude strahlen nicht umsonst wie Honigkuchenpferde um die Wette. Die Songauswahl ist ein bunter Mix aus alten und neuen Titeln, wobei der Schwerpunkt konsequenterweise auf der Ära rund um die neue Sängerin Mary liegt. Aber auch die beiden Stücke aus der Zeit mit Andrea Böll kommen sehr gut rüber. Ich denke, der Begriff „eingängiger“ beschreibt das neu hinzugekommene Liedgut recht treffend. Und Marys warme Stimme – gemischt mit ihren bitterbösen Growls – bringt diesen neuen Ansatz formidabel zur Geltung. Der Sound der Band ist dabei selbstredend stark von Savannahs virtuosem Geigenspiel geprägt ist. Ein Streichinstrument als melodiöse Leadgitarre, sehr cool!

Die eingangs erwähnte Tänzerin erhält im Laufe des schmissigen Spektakels noch zwei weitere Einsätze, die das optische Erscheinungsbild der Darbietung zusätzlich aufwerten. Als i-Tüpfelchen feiert der brandneue Track „Inguma“ an diesem Abend seine Live-Premiere. Auch wenn dein Herz rast, die Angst ist nur in deinem Kopf. Thematisch folgt man erneut dem Aufruf, mutig zu sein und an sich selbst zu glauben. Go all in – womit wir leider schon beim letzten Stück angelangt wären. „Laima“ ist für mich so etwas wie die Blaupause für den perfekten Infinitas-Song geworden. Rhythmisch, hart und doch melodiös – und getragen von einer Geigenlinie, die mir bei jedem Hören aufs Neue eine Hühnerhaut beschert. Ein überaus gelungener Abschluss einer fulminanten Show – die Vier aus dem Muotathal dürften mit diesem Auftritt so einige Herzen im Sturm erobert haben. Wer mehr von Infinitas sehen möchte, hat schon bald Gelegenheit dazu: Am 28. März 2025 spielt die Formation nämlich eine Headliner-Performance im Gaswerk Seewen (zur Preview).

Die Setlist – Infinitas

  1. Kratos
  2. Samael
  3. Fenris
  4. Inguma
  5. Xana
  6. Avnas
  7. Laima
  8. Beyond The Horizon

Nachtblut

In der Umbaupause herrscht auf der Bühne wie so oft ein emsiges Treiben. Kein Wunder, hatte die Vorband die Spielfläche mit diversen Utensilien richtiggehend zugepflastert. Aber auch hier verläuft alles nach Plan, sodass Punkt 21 Uhr die Hauptattraktion des Tages voll durchstarten kann. Die 2005 in Osnabrück gegründete Kapelle hat ja dieses Jahr mit „Todschick“ ein wahrlich heisses Eisen rausgehauen, und so finden denn wenig überraschend einige Titel dieser Scheibe Unterschlupf in der Setlist – wie etwa der Opener „Von Hass getrieben“.

Die Tournee der Deutschen war fast überall ausverkauft, und auch hier in Luzern, wo das Quartett seinen Tourabschluss feiert, sind die Zuschauerreihen dicht gedrängt. Wobei das mit dem Vierer heute nicht so ganz stimmt. Tieftönmeister AblaZ fehlt nämlich aus gutem Grund, wie uns Frontmann Askeroth gleich nach dem Opener kurz mitteilt (der Junge hält sich nicht mit langatmigen Reden auf, nice!). Der Abwesende wird demnächst Vater und ist quasi in Alarmbereitschaft. Und da die Leuchtenstadt nicht gerade um die Ecke liegt, müssen wir heute leider auf ihn verzichten. Wir wünschen der jungen Familie schon jetzt alles Gute!

Bei „Kaltes Herz“ geht es dann zum ersten Mal richtig zur Sache – ein Lied, das wie zum Headbangen gemacht ist. Und wenn dann zwei Reihen hinter dir ein ausgewachsener Moshpit losbricht, dann hältst du einfach deine Kamera fest und hoffst, dass dir das Teil nicht gegen deine Schläfe kracht (wie vor Wochenfrist in einem unachtsamen Moment geschehen). Zu meinem Glück ebbt der Tsunami ebenso schnell wieder ab, wie er aufgezogen ist.

Im Vergleich zu anderen Sausen ist das, was auf der Bühne dargeboten wird, eine eher statische Angelegenheit. Was das Publikum aber keineswegs davon abhält, in wilde Ekstase zu verfallen. Man kann guten Gewissens behaupten, dass Nachtblut ihre Meute schön im Griff haben. Was sich im Verlauf des rund neunzigminütigen Gigs beispielsweise in der mustergültigen Ausführung einer von Oberkrächzer Askeroth arrangierten Wall Of Death entlädt. Auch in Sachen Farbenpracht bildet das Trio einen ziemlichen Kontrast zu Infinitas zuvor. Schwarze Gewänder, weisse Gesichter. Quasi ein Spiegelbild so einiger speziell für diesen Abend hergemachten Zuschauer. Aber wie sage ich immer? Schwarz ist bunt genug – und allemal besser als ein tristes Gelb oder ein depressives Blau! Passend zum Bandnamen ist dafür die Szenerie des Öfteren in blutiges rot getaucht. Alles in allem ein sehr stimmiger Auftritt, der gut mit den überwiegend düster-ernsten Lyrics harmoniert. Ja, was die dunklen Seelen hier zum Teil an Texten aus dem Ärmel schütteln, lässt einem in der Tat das Herz gefrieren. Die Zuhörerschaft stimmt erfreulich textsicher in den finsteren Reigen mit ein.

Im Vorfeld hatte ich leichte Bedenken, dass die doch recht ähnlichen Songstrukturen auf Dauer eine gewisse Monotonie bzw. Langeweile hervorrufen könnten. Doch weit gefehlt. Zumal der Sound, wie bereits bei der Aufführung zuvor, gut abgemischt aus den Boxen trieft. Zwar stammen die Samples von Band, aber das tut dem sehr positiven Gesamteindruck keinerlei Abbruch. Und dass man den Zugabenblock gleich mit fünf Titeln vollpackt, ist auch nicht unbedingt Standard. Die darin enthaltene Coverversion „Alles nur geklaut“ von den Prinzen ist wunderbar in eine Nachtblut-Schablone gepresst und bringt das Tollhaus namens Schüür noch einmal gewaltig auf die Beine. Mit „Die Toten vergessen nicht“ setzen die Dark Metaller dann einen mehr als würdigen Schlusspunkt.

Das Fanzit – Nachtblut, Infinitas

Im gut besuchten Konzerthaus Schüür erlebten wir heute den Auftritt zweier Acts, die musikalisch doch recht unterschiedlich aufgestellt sind, aber jeweils nicht nur „ihr“, sondern das gesamte Publikum in den Bann zu ziehen vermochten. Nachtblut zelebrierten dabei ihr Ding ebenso professionell wie unterhaltsam und zeigten eindrücklich, warum ihre „Todschick“-Tour auf fast allen Stationen ausverkauft war.

Infinitas wussten die Gunst der Stunde zu nutzen und lieferten eine beeindruckende Performance ab. Eine tolle Show, die leider viel zu schnell zu Ende ging. Nach diesen grandiosen Darbietungen freue wohl nicht nur ich mich auf ein Widersehen mit beiden Gruppen. Im Falle der Muotathaler bietet sich diese Gelegenheit  ja bereits am 28. März 2025 im Gaswerk Seewen, wo sie als Headliner auftrumpfen werden.

Die Fotos – Nachtblut, Infinitas


Wie fandet ihr das Konzert?

20.03.2025
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