Saxon - Volkshaus Zürich 2025 (Flyer)
Fr, 28. Februar 2025

Saxon, Girlschool, Grandslam

Volkshaus (Zürich, CH)
12.03.2025
Saxon - Volkshaus Zürich 2025 (Flyer)

Die alte Garde zeigt, was sie kann

Saxon. Ein Name, der Bilder von sanft dahinfliessendem Wasser, bewaldeten Berghängen und kräftig schmeckenden Aprikosen vor dem inneren Auge vorüberziehen lässt. Zumindest in Teilen der Schweiz.

In der Metalszene hingegen steht Saxon – trotz der sicher hervorragenden Arbeit, die der Tourismusverband des gleichnamigen Walliser Dorfes leistet – für Stahl der alten Sorte. Als Veteranen der New Wave of British Heavy Metal hat sich das Quintett hart erarbeitet, dass es heute nur mehr einer rudimentären Vorstellung bedarf. Wer vor sechsundvierzig Jahren sein Debüt veröffentlich hat und seither weitere sechsundzwanzig Studioalben nachschob, kommt um ein wenig Bekanntheit kaum herum. Dennoch haben sich unsere Wege bis anhin so gut wie nie gekreuzt. Live schon gar nicht, aber auch hinsichtlich aufgenommener Musik nur in einem höchst überschaubaren Masse. Einen besonderen Grund dafür gibt es nicht, irgendwie waren da einfach immer andere Bands, die interessanter waren. Mitbekommen habe ich trotzdem, dass Saxon auf der Bühne jeweils eine tolle Leistung abliefern, was unter anderem an Sänger Biff Byfords Charisma liege. Und genau deswegen bin ich heute hier im Volkshaus, um mir einen vertieften Eindruck zu verschaffen von Band, Musik und Konzertqualitäten. Bis es so weit ist, werde ich jedoch das Vergnügen haben, zwei weitere Bands näher kennenzulernen.

Grand Slam

Grand Slam machen den Anfang. Die in London stationierte Band hat sich dem klassischen Hardrock verschrieben, was mitunter ein Grund sein dürfte, dass ich bisher noch nie von ihr gehört habe. Dabei waren die Herren in den 80er-Jahren bereits einmal kurz aktiv – damals noch mit dem von Thin Lizzy bekannten Phil Lynott im Line-up – und sind nun seit neun Jahren wieder zurück im Geschäft. Welches sie vollkommen beherrschen, wie sie sogleich zeigen, als sie die Bühne betreten. Alle fünf Musiker (darunter zur grossen Freude der Metalinsidecrew ein Livekeyboarder) legen eine beeindruckende Professionalität an den Tag, sodass sie beinahe zu «gross» wirken, um hier die Openerrolle zu übernehmen. Da das Publikum während der Songs allerdings noch verhalten ist, wirkt die ganze Darbietung teilweise ein wenig angestrengt – die grossen Gesten auf der Bühne sind nicht vollständig im Einklang mit der Stimmung, die im Zuschauerraum herrscht.

Plötzlich fallen mir hektische Handbewegungen auf: Gitarrist Laurence Archer fährt sich mehrmals mit der Hand über die Kehle, um der Stagecrew technische Probleme zu signalisieren. Ganz der Profi, der er ist, lässt er sich davon nicht aus der Ruhe bringen, sondern spielt gelassen weiter. Dem weiteren Verlauf steht also nichts im Weg und gute Songs wie «Spitfire» sowie vor allem «Sisters Of Mercy» entlocken den anwesenden Fans weit mehr als bloss Höflichkeitsapplaus, was mich ob der zuvor bereits angetönten Zurückhaltung positiv überrascht. Bevor die halbe Stunde, welche Grand Slam zur Verfügung steht, zu Ende ist, kramen sie zum Abschluss «Whiskey In The Jar» hervor. Eigentlich eine logische Wahl, denkt man an die Entstehungsgeschichte der Band, und beileibe keine schlechte. Das Publikum honoriert sie mit gesanglicher Unterstützung und verabschiedet Grand Slam gebührend.

Girlschool

Nach kurzen fünfzehn Minuten ist die Umbaupause …äääh… um und das Publikum heiss auf Girlschool. Die vier Damen lassen nichts anbrennen und stürmen die Bühne mit einer rotzigen Energie. Leider scheint eingeschlafen zu sein, wer immer für die Abmischung zuständig ist. Wir hören nämlich gerade weder Kim McAuliffes Stimme noch Jackie Chambers Gitarre. Der Bass hingegen ist viel zu laut und die Bassdrum knallt darüber hinaus stark, so dass ein einziges schwammiges Gesamtbild entsteht. Äusserst schade, denn die Besucherinnen und Besucher könnten sich grundsätzlich sehr für die vier Damen begeistern, wie um mich herum rasch offensichtlich wird. Wobei, Moment mal, das sind ja gar nicht vier Damen. Hinter dem Schlagzeug sitzt ein Herr. Was hat der denn da zu suchen? Die Auflösung folgt später im Set: Es ist Larry Paterson, der als Ersatz einspringt, weil Denise Dufort aus gesundheitlichen Gründen ausgefallen ist. Diesem Schicksal ist auch Kim bloss um eine halbe Haaresbreite entgangen, steht sie doch stark erkältet da oben auf der Bühne und krächzt bei den Ansagen beinahe stimmlos ins Mikrofon.

Nachdem sie den Einsatz eines weissen Fetzens damit kommentiert, dass sie ihr Sicherheitsnastuch nun bereits verbraucht hätte, entschuldigt sich die Frontfrau sogleich für ihren Zustand, der sie aber kein bisschen davon abhält, das ganze Konzert über lockere Sprüche zu klopfen und ihre Mitstreiterinnen an den Saiteninstrumenten aufs Korn zu nehmen. Getreu dem Motto «It Is What It Is», mit dem es gerade weitergeht. Der trockene Humor ist dabei nur die Grundlage für eine hervorragende Chemie auf der Bühne. Diese passt gleich zum geerdeten Ansatz ohne Samples, Clicktracks oder sonstigen technischen Spielereien. Girlschool zeigen sich ungefiltert und roh – womit die Darbietung eine Extraportion Charme erhält. Gemeinsam mit der wilden Energie, welche das Quartett ausstrahlt, rettet er den dreiviertelstündigen Auftritt dem schlechten Sound zum Trotz zufriedenstellend über die Ziellinie namens «Emergency». Da hätte es nicht einmal das Motörhead-Cover «Bomber» gebraucht, wenngleich dieses vom Publikum begeistert aufgenommen wird.

Nun steht erneut eine Umbaupause an und ich bin beeindruckt, wie schnell die erneut über die Bühne geht. Zwanzig Minuten sind es nur, bis es weiter gehen kann. Ein Kompliment an die Roadcrew, heute Abend macht sie ihren Job ausgezeichnet.

Saxon

Damit wären wir nun also bei Saxon angelangt und langsam wird es eng hier in den vorderen Reihen. Aus den eingangs erwähnten Gründen bin ich jetzt sehr neugierig auf die kommenden Minuten. Rund hundert davon sind angesagt, mal schauen, wie viele es dann sein werden. «Hell, Fire and Damnation» markiert den Beginn, die Band betritt unter lautem Jubel die Bühne und die Maschinerie läuft sofort auf voller Leistung. Und wenn ich volle Leistung sage, dann meine ich das auch genau so: Längere Unterbrüche für Ansagen scheinen Saxon keine eingeplant zu haben, es geht Schlag auf Schlag, Song auf Song in einem Fluss weiter. Teilweise lässt die Band ihre Stücke nahtlos ineinander übergehen, was nicht nur einen teilweise ungewohnten Flow erzeugt, sondern genauso Zeugnis über die Ausdauer des Quintetts ablegt. Als wir bei «Madame Guillotine» angelangt sind, klärt sich zudem der zu Beginn noch etwas dumpfe Sound, so dass dem Konzertgenuss nichts mehr im Wege steht, sei es bei «There’s Something In Roswell» oder «Strong Arm Of The Law».

Die Protagonisten lassen sich weder bei diesen beiden noch den anderen Songs von ihrem leicht erhöhten Alter aufhalten und zeigen sich energiegeladen, engagiert, eingespielt. Diesbezüglich sind vor allem Biffs Ausstrahlung und Präsenz bemerkenswert. Ich habe ja – wie zu Beginn angemerkt – bereits davon gehört und jetzt bestätigt sich diese Vorabinfo. Allerdings würde ich der Instrumentalfraktion Unrecht tun, wenn ich ihre Leistung nicht ebenfalls lobend erwähnte – wenngleich die drei Herren an den Saiten zehn bis fünfzehn Jahre jünger sind als der Frontmann. Mein Blick auf die Uhr zeigt, dass schliesslich bereits vierzig Minuten vergangen sind, als nach «1066» zum ersten Mal eine etwas längere Ansage ihren Platz im Programm findet. Die läutet den speziellen Teil des Konzerts ein, steht nun nämlich das komplette Wheels Of Steel-Album auf dem Programm. Damit geht während den nächsten neun Stücken für die eingefleischten Fans natürlich jegliche Überraschung bezüglich der Setlist flöten.

Die scheint das aber kein bisschen zu kümmern, im Gegenteil, die Stimmung ist hervorragend. Überzeugt euch selbst, Saxon haben das Geschehen nämlich hier in Videoform verewigt (stilecht der alten Schule entsprechend in einer Auflösung von 480p gefilmt…). Um mich herum singen die Leute bei eingängigen Hymnen der Marke «Motorcycle Man», «747 (Strangers In The Night)» oder «Wheels Of Steel» eifrig mit. Die Altersspanne deckt dabei das gesamte Spektrum ab, vom jungen Einsteiger mit schlichtem schwarzem Shirt zu meiner Linken bis zur kuttentragenden Veteranin der Anfangstage rechts von mir. Wie aufs Stichwort kommt von der Galerie oben eine Kutte geflogen, die Biff anschliessend am Drumrack aufhängt. Es bleibt aber nicht bei einer: Gleich drei weitere Fans wagen es, ihre patchbepackte Weste auf die Bühne zu werfen. Als mit «Crusader» die erste Zugabe zu Ende ist, kommt schliesslich der Moment, in dem sich alle Bandmitglieder neu einkleiden und in den Kutten aus dem Publikum «Heavy Metal Thunder» und «Denim and Leather» zum Besten geben. Saxon lassen es sich auch nicht nehmen, im Anschluss jede der Westen sorgfältig zu unterschreiben und wieder persönlich zu retournieren.

Doch noch fällt der Vorhang nicht und die lauten Jubelrufe finden Gehör: Die elektrischen Gitarren jaulen ein letztes Mal auf für die «Princess Of The Night», jede und jeder mobilisiert die finalen Energiereserven und quetscht die letzten Heys! aus seinen Stimmbändern. Bis schliesslich der finale Akkord erklingt und Saxon sich nach hundertzehn Minuten mit einer Verbeugung verabschieden.

Das Fanzit – Saxon, Girlschool, Grand Slam

Schade, sind die beiden Herren hinter mir bereits weg. Sie haben mir erzählt, dass sie Saxon das letzte Mal im Jahr 1981 live gesehen haben – in England. Es wäre spannend zu erfahren gewesen, ob die Band damals auch so überzeugen konnte wie jetzt. Heute nämlich sind wir in den Genuss eines astreinen Heavy Metal-Konzertes gekommen. Die fünf Herren haben mit ihrer Ausdauer und einer grossen Bühnenpräsenz beeindruckt. Die beiden Vorgruppen haben die Menge dafür vorbildlich aufgewärmt, wobei diesbezüglich vor allem die Ungezwungenheit, welche Girlschool an den Tag gelegt haben, ein grosses Lob verdient.


Wie fandet ihr das Konzert?

12.03.2025
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