Brillante Kanadier
Unleash The Archers und Striker boten dem Publikum im Zürcher Dynamo beste Unterhaltung. Der Opening-Act Seven Kingdoms vermochte hingegen nicht wirklich mit diesen beiden mitreissenden Darbietungen mitzuhalten. Alle weiteren Details und eine Erläuterung, weshalb Cheeseburger neuerdings als Modesünde einzustufen sind, entnehmt ihr den nachfolgenden Zeilen.
Eine intensive, fordernde Konzertwoche führt mich heute Abend nach Zürich in das Jugendkulturhaus namens Dynamo. Nach dem Erklimmen der Treppenstufen erwarten einen im dritten Obergeschoss des Gebäudes drei Bands und ihre Live-Performances. Bildlich festgehalten werden deren Bewegungen von meinem Mit-Metalinsider Friedemann. Aber von welchen Gruppen ist überhaupt die Rede?
Da wären zu Beginn Seven Kingdoms aus dem «Ami-Land». Die «Game Of Thrones»-Metaller vermochten mich bei unserem letzten Aufeinandertreffen – notabene ebenfalls in diesem Saal – allerdings kaum zu überzeugen… Da bin ich im Hinblick auf die nach ihnen aufspielenden Striker weitaus optimistischer. Die Kanadier sind coole Socken und stehen in der Regel für energiegeladene Darbietungen. Beim Headliner Unleash The Archers – auch ein Repräsentant der «Ahornblatt-Flagge» – dürfte der Fokus wahrscheinlich primär auf dem letztjährigen Eisen «Phantoma» liegen. Sängerin Brittney Slayes und ihre Jungs werden das Ding garantiert locker schaukeln.
Seven Kingdoms
Folgt nun eine Rehabilitation? Naja, so wird das aber nix. Klingt ziemlich schief, was die Formation aus Florida hier so veranstaltet… Fairerweise ist anzumerken, dass die Abmischung ebenfalls keinen Orden verdient. Front-Dame Sabrina Valentine trägt ein Glitzer-Outfit und einen Mantel. Den Vogel schiesst sie jedoch mit ihrem Schuhwerk ab. «Cheeseburger-Finken» – ernsthaft?! Mode-Zar Karl Lagerfeld würde bei diesem Anblick definitiv ein paar Körperumdrehungen in seinem Grab vollführen. Aber über Geschmack lässt sich bekanntermassen streiten. Weniger Spielraum gibt es in diesem Zusammenhang in Bezug auf die «Träller-Leistung». Dort ist das Mädel leider mehrheitlich nicht über sämtliche Zweifel erhaben.
Drummer Colton Zeitler eskaliert fast bei seinen «Stöckli-Wirblern». Camden Cruz – dem Wuschelkopf-Saitenhexer auf der rechten Bühnenseite – muss ich ein Kompliment aussprechen. Der scheint (gemessen an seinen Mundbewegungen) effektiv jedes einzelne Wort der vorgetragenen Tracks zu kennen. Chapeau! Einmal wagt er sogar einen Abstecher hinunter ins Publikum. Gegen Ende pflanzt sich Sabrina eine Krone auf ihren Schädel. Als «königlich» würde ich den Auftritt von Seven Kingdoms gewiss nicht einstufen. Da herrscht noch Luft nach oben.
Striker
Auch Striker bringen diverse modische Elemente ins Spiel. Im Gegensatz zu Seven KIngdoms kann man bei den Kanadiern unbekümmert von Höhepunkten sprechen. Bestaunen wir gemeinsam die farbigen Textilien und riesigen Sonnenbrillen. Welch schwermetallische Paradiesvögel! Das Instrument von Klampfer Timothy Brown wird netterweise als «golden Dick» bezeichnet. Jep, diesen Herrschaften sitzt fürwahr der Schalk im Nacken. Gelegentlich attestiert man dem Begriff «Pausenclown» negative Aspekte. Im Fall des gerade zockenden Quintetts ist er aber glasklar positiv zu werten. Das ist schlichtweg eine fabelhafte Truppe, die für massenhaft Stimmung sorgt.
Darf man als Künstler eigentlich ein Lied namens «Best Of The Best Of The Best» verfassen? Bei entsprechender Leistung sehe ich diesbezüglich keine Probleme. Noch mehr Hitpotenzial steckt jedoch im Stück «Heart Of Lies», welches die Jungs als dritten Streich ins Rennen schicken. Hammermässig! Heavy Metal in Reinkultur. Die 45 Minuten vergehen – nach meinem Gusto – viel zu schnell und sind nach dem formidablen «Phoenix Lights» bereits aufgebraucht. Liebe Rocknacht Tennwil, wie wäre es mit einem Striker-Gastspiel an eurem Festival? Passt doch wie Gesäss auf Eimer, oder?
Unleash The Archers
Wie Kollege Ralf Wyssenbach zu erzählen weiss, soll der Headliner schon um 21.05 Uhr loslegen dürfen. Er soll recht behalten. Die zweite kanadische Truppe des Abends gibt ordentlich Stoff. «Ph4/NT0mA» galoppiert förmlich durch den Saal. Brittney Slayes’ Stimmgewalt ist von Beginn weg spürbar. Ab der zweiten Nummer «Ghosts In The Mist» scheint dann auch der Mischer alle korrekten Knöpfe gefunden zu haben. Danach wird die Angelegenheit zu einem unaufhaltsamen Triumphzug des Headliners! Die Akteure turnen äusserst aktiv auf der Bühne herum. Gelegentlich darf Axtmann Grant Truesdell ein paar hasserfüllte Growls beisteuern. Sein «Saiten-Partner» und Rotschopf vom Dienst – Andrew Kingsley – brilliert derweil mit packenden Soli. Ab und an hervorzischende Nebelfontänen sorgen für zusätzliche Show-Bausteine.
Die Band heizt der Meute ziemlich ein. Brittney bittet uns darum, unsere «enormous Swiss francs» in Merch-Artikel sämtlicher drei Kapellen zu investieren. Am Bühnenrand verfolgt Striker-Gitarrist Timothy aufmerksam die Darbietung seiner Landsleute. Kanada unterstützt Kanada. Faire Sache. Beide Equipen wurden in ihrer Heimat übrigens schon mit dem Musikpreis «Juno Award» ausgezeichnet. Unleash The Archers erreichten diesen Meilenstein dank ihrer Scheibe «Abyss». Und exakt diese Titel-Hymne geben die «Bogenschützen» jetzt zum Besten. Ein überragender Kracher! Wow, Brittney meistert die herausfordernden Töne im Live-Gewand fantastisch. Diese Leistung und dieses facettenreiche Stimmorgan verdienen eine innerliche «Dutti-Verbeugung». Etwas später folgt in Form der Cover-Version von «Northwest Passage» das grosse Finale. Die Fans liegen sich in den Armen und johlen den Refrain lautstark mit. Ein emotionaler Publikumschor-Schlusspunkt. Solche Konzertabende muss man einfach lieben.
Das Fanzit – Unleash The Archers, Striker, Seven Kingdoms
In einem mittelmässig besuchten Dynamo-Saal glänzten heute ausschliesslich die beiden kanadischen Gruppen Unleash The Archers und Striker. Weitere Gigs auf helvetischem Grund wären wahrlich willkommen. Bei Seven Kingdoms werden mir dagegen wohl lediglich die scheusslichen «Cheeseburger-Schlappen» in Erinnerung bleiben.
Die Setlist – Striker
- Best Of The Best Of The Best
- Born To Lose
- Heart Of Lies
- Blood Magic
- Sucks To Suck
- Ready For Anything
- Thunderdome
- Circle Of Evil
- Former Glory
- Phoenix Lights
Die Setlist – Unleash The Archers
- Ph4/NT0mA
- Ghosts In The Mist
- Green & Glass
- Gods In Decay
- Awakening
- The Matriarch
- Apex
- Abyss
- Soulbound
- Faster Than Light
- Tonight We Ride
- Northwest Passage (Stan Rogers-Cover)*
*Zugabe