Völkerball - Z7 2025
Fr, 28. Februar 2025

Völkerball

Z7 (Pratteln, CH)
10.03.2025
Völkerball - Z7 2025

Rammstein für 40 Franken?

Völkerball bringen Rammstein in das Z7 und heizen damit nicht nur im übertragenen Sinne mächtig ein.

Die Metal-Einstiegsdroge schlechthin „Rammstein“ ist mittlerweile in Dosierungen abgedriftet, in denen sie für einen durchschnittlichen Konsumenten beinahe unbezahlbar geworden ist. Steigendes Interesse machte aus Klubs immer grössere Hallen, bis das Sechsgespann nur noch auf speziell angefertigte Bühnen in Freiluftstadien passte. Dies ist sicherlich eine Erklärung, weshalb die Ticketpreise schneller als die Band gewachsen sind, die andere ist vermutlich eine auch in Europa zunehmende Monopolisierung des Antichristen Ticketmaster beziehungsweise Live Nation.

Kunst kann nicht monetär gemessen werden, der Geldbeutel eines Konzertbesuchers aber schon. Und irgendwann sagt dieser: „Ja, nein, Rammstein schön und gut, aber dein Kühlschrank sollte trotzdem nicht leer sein“, oder: „Bist du wirklich Fan genug, um dir solch horrende Eintrittspreise zu leisten?“.

So verwundert es wenig, dass an diesem Abend beim Konzert der Tribute-Band Völkerball im Z7 einige Leute anzutreffen sind, die Rammstein so am Rande kennen, niemals ihre rechte Niere verkaufen würden, um diese Band live zu sehen, trotzdem aber mal dieses „Feuer-Brimborium“ erleben wollen.

Rund 40 Schweizer Franken hat ein Billett im Vorverkauf auf See Tickets gekostet. Bei dem, was in dem zweistündigen Auftritt geboten wird, stellt sich die Frage, ob Völkerball von Luft und Liebe leben und warum die Originalband, die deutlich grössere Menschenmassen anzieht, auf derart horrende Ticketpreise besteht.

Eine Melodie erklingt

Vergisst man, dass man sich am Konzert einer Coverband befindet und verliert man das Augenlicht, könnte man meinen, man sähe Rammstein in allen klanglichen Höhen und Tiefen. Völkerball haben wahrlich die gecoverten Lieder von oben nach unten studiert und auf jedes Detail geachtet. Selbst Sänger René Anlauffs Stimme steht der von Till Lindemann in nichts nach. Die markantesten musikalischen Unterschiede zur Vorlage finden sich in den Tatsachen, dass Fehler im Gesang nicht hinter einer Mischung aus Grunzen und Japsen versteckt werden, die vermutlich bedrohlich klingen soll, und dass Keyboarder Andréas Schanowski nicht immer die exakt selben Samples wie Flake zur Hand hat, dafür mehrheitlich tatsächlich live spielt, wenn er nicht gerade in einem Kochtopf gegrillt wird.

Bang, Bang, Feuer frei!

Die Songs von Rammstein mögen eingängig sein wie die Kinderlieder von Andrew Bond, doch sind wir ehrlich: Bekannt ist die Band hauptsächlich für ihre showüberladenen Konzerte. Insbesondere was man mit Flammenwerfern alles anstellen kann, wurde und wird in alle Ecken und Winkel hin ausgetestet. Da kann das eigentliche Musizieren schon mal in den Hintergrund rücken. Besucher von Konzerten in der Anfangsphase der Band berichten von schlecht belüfteten und deshalb als Folge von selbstkonstruierten Feuereffekten verrauchten und nach Brennsprit stinkenden Klubs, was irgendwie den Charme der Band ausgemacht hat. Vieles, was man auf die Bühne bringen wollte, gab es schlichtweg noch nicht. Rammstein mussten somit nicht nur die Neue Deutsche Härte prägen. Ihre Aufgabe war es ebenfalls, neue Bühnenelemente zu entwerfen, die die Messlatte für Pyrotechnik an Konzerten auf ein neues Level hoben und heute auch ausserhalb des Rammstein-Kosmos, etwa bei Auftritten des Rappers Travis Scott, Anwendung finden.

Im Rahmen einer Professionalisierung und von strengeren Auflagen bei grösseren Veranstaltungsstätten ist es unwahrscheinlich, dass die Band heute noch selber an überdimensionalen Stahl-Puppenwagen und Phallus-Schaumkanonen herumschweisst. Beeindruckend sind solche Spielereien weiterhin.

Völkerball kopieren, wie es ihr Konzept verlangt, von ihren Vorbildern, legen dabei aber eine Do-it-yourself-Mentalität an den Tag, die dem Original vor langer Zeit abhandengekommen ist. Dass dann da und dort ein imitierter Sprenggürtel nicht explodieren oder ein Funkenvulkan nicht ausbrechen will, zeugt nur von echter Authentizität.

Weniger authentisch, von den Zuschauern dennoch geliebt, wirken hingegen optische Showinhalte wie die Kommunikation mit dem Publikum, die sich hauptsächlich auf eine überdramatisch ausgeprägte Gestik und Mimik des Sängers beschränkt und derart nah an der Vorlage ist, dass man von einstudierter Choreografie sprechen könnte.

Der ewige Fluch einer Coverband

Erst am Ende des Konzerts lassen Völkerball die Masken fallen, sprechen nun auch verbal zu den Zuschauern, stellen nicht nur sich vor, sondern ebenfalls die ganzen Techniker im Hintergrund, die die Show mindestens genauso trugen wie die Musiker und legen offen, dass hinter dieser Tribute-Band eigentlich die Band Heldmaschine steckt.

Von dieser Band sind nur eine Handvoll Fans da. Ihre im Anschluss abgespielten Lieder klingen ordentlich, werden vermutlich aber immer im Schatten von Völkerball stehen, im Sinne von: „Heldmaschine? Das ist doch die Band, die unter dem Namen Völkerball Rammstein nachspielt“.

Tribute-Bands, insbesondere solche von noch existenten Acts, haben generell einen eigenartigen Status: Unabhängig davon wie gut sie sind, jeder, der ein Konzert einer solchen besucht, wäre eigentlich lieber an einem des Originals. Eine Tatsache, die auch den Darstellern auf der Bühne bekannt sein wird. Um dennoch einen solchen Aufwand zu betreiben wie Völkerball, muss man wahrlich ein Fan der gecoverten Gruppe sein.

Das Fanzit – Völkerball im Z7

An diesem Abend wurde im Z7 ein Rammstein-Theater aufgeführt, das seines Namens würdig war. Mit eingeschränkten Ressourcen, dafür umso kreativer umgesetzte, von der Vorlage eigentlich altbekannte Effekte führten dazu, dass einem da und dort ein „Wow“ über die Lippen rutschte. Unglaublich, was unter dem Dach dieser Konzerthalle alles geboten werden konnte, ohne dass diese abbrannte. Die dafür angefahrenen Materialien nach einem einzelnen Gebrauch gleich wieder in Lastfahrzeuge zu verstauen, wäre dem Aufwand nicht gerecht geworden, weshalb abends darauf eine weitere Völkerball-Show stattfand.

Mehrwert war sicherlich nicht nur der verglichen mit Arena-Events günstige Eintrittspreis, man durfte sich nebst den handgemachten Feuerspielchen über eine Setlist freuen, die Perlen bereithielt, die es schon länger auf keine Rammstein-Setlist mehr geschafft haben.

Vielleicht war diese Tribute-Band dem Original sogar in einigen Punkten überlegen. Aber ohne das Original könnte es keine Tribute geben.

Setlist – Völkerball

  1. Rammlied
  2. Keine Lust
  3. Angst
  4. Heirate mich
  5. Dalai Lama
  6. Sonne
  7. Spieluhr
  8. Haifisch
  9. Meine Tränen
  10. Zerstören
  11. Mutter
  12. Dicke Titten
  13. Mein Teil
  14. Frühling in Paris
  15. Liebe ist für alle da
  16. Puppe
  17. Du hast
  18. Pussy
  19. Du riechst so gut
  20. Ich will
  21. Adieu
  22. Los*
  23. Armee der Tristen*
  24. Engel*
  25. Zeit*

*Zugabe

(selbstverständlich sind das alles Coverversionen von Rammstein-Liedern)

War da noch was?

Bezüglich des Elefanten im Raum: Leider sind viele Menschen, die grossartige Kunst erschaffen, nicht selten ebenso grosse Arschlöcher. So viel dazu.


Wie fandet ihr das Konzert?

10.03.2025
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