Metalinside.ch – Megaherz – Bullhead Festival 2025 – Sandro 02
Fr–So, 7.–9. März 2025

Bullhead Festival 2025 – Callejon, Emil Bulls, Megaherz u.v.m.

Konzerthaus Schüür (Luzern, CH)
/ 13.04.2025
Metalinside.ch – Megaherz – Bullhead Festival 2025 – Sandro 02

Der apokalyptische Bullenritt

Die zweite Bullhead Festival-Ausgabe ging vom 07. bis 09. März 2025 über die Bühne. Gruppen wie Callejon, Emil Bulls oder Comaniac sorgten im Konzerthaus Schüür für Furore. Und all das für den guten Zweck!

Kein Wunder also, dass Metalinside-Kamerad Sandro und ich (Dutti) über den gesamten Zweitraum vor Ort waren und für euch fleissig Eindrücke gesammelt haben.

Freitag, 07.03.2025 – Tag 1

Dutti: Den Besuch von Metal-Konzerten mit dem guten Zweck verbinden? Das Bullhead Festival macht genau dies möglich! Vom 07. bis 09. März findet die zweite Durchführung dieses Events statt. Wer das letztjährige Debüt verpasst hat oder unter Gedächtnisschwund leidet, findet hier eine ausführliche Auffrischung.

Metalinside-Gefährte Sandro und meine Wenigkeit sind auch in der Gegenwart mit von der Partie und gehen gemeinsam auf die Jagd nach Impressionen. Voller Vorfreude blicken wir Darbietungen von Irony Of Fate, Evil Jared, Chaoseum und vielen anderen Kapellen entgegen! Alle sind angereist, um der Benefiz-Idee zu frönen. Die Mehrheit der Einnahmen spenden die Organisatoren nämlich der Stiftung «Kindhospiz Schweiz». Für diese Geste muss man Sebastian Sigrist und seiner Crew diskussionslos ein Kränzchen winden. Das Motto schimmert klar durch: «We Rock For Kids!».

Möge die «Bullhead Apocalypse» beginnen? Wie viele Plüsch-Wotans werden wohl ersteigert? Welche Bands können auftrumpfen? Wer wird die ganze Angelegenheit moderieren? Welche Lehren haben die Veranstalter aus der Vergangenheit gezogen? Wie straff wird der Zeitplan sein? Wie steht es um die Verpflegung? Werden genug Gäste erscheinen? Es darf zu Recht mit einer Tonnage von Antworten gerechnet werden. Weiterlesen und geniessen!

Sandro: Der Charity-Gedanke ist in der Tat eine sehr schöne Sache. Und die Bands, die dieses Jahr dabei sind, bieten etwas mehr Abwechslung als bei der ersten Ausgabe. Allerdings vermisse ich die symphonischen Klänge, die uns anno 2024 in Form von Deep Sun und Visions Of Atlantis geboten wurden. Aber das Leben ist kein Wunschkonzert. Durch die Kameralinse betrachtet, zählt ohnehin der visuelle Eindruck (was nicht heisst, dass meine Ohren nicht auf Empfang geschaltet sind und ich den einen oder anderen kurzen Gedanken beisteuern werde). Da ich im Vorjahr nur am ersten Abend dabei sein konnte, bin ich natürlich sehr gespannt, wie mich die drei prall gefüllten Metaltage fordern werden. Na dann, auf ins Getümmel!

A Lost Game

Dutti: Wir beginnen auf der grossen Bühne im Obergeschoss – der sogenannten «Headstage». Sebastians Söhnchen begrüsst uns mit einer herzigen Ansage. Wer weiss? In etlichen Jahren wird er vielleicht sogar der Nachfolger des stolzen Papas. Im Anschluss übernimmt Brian – den man unter anderem aus dem Podcast Metal Cervelat kennt – die Anmoderation. Diese Tätigkeit hat er bereits 2024 ausgeübt (allerdings noch im Duo). Hier und heute muss er die Sache allein managen – was ihm jedoch überhaupt nicht schwerfällt. Aber nun wollen wir Musik hören. Es darf losgehen!

Die Lokalmatadoren A Lost Game durfte ich vor einigen Jahren schon einmal in dieser Spielstätte erleben. Seither sind die Jünglinge zweifelsohne erwachsener geworden. Und ihr Sound? Der ist willkommenes Futter für die präsenten Gehörgänge. Erste Moshpits und sogar eine Wall Of Death werden durchgeführt. Immer mittendrin sind zwei als Wotan verkleidete Gestalten zu finden (mit solch einer minimalen Kostüm-Dosis kann selbst ein «Fasnachts-Muffel» meines Schlages leben). In Sachen auffallende Outfits kann auch Gitarrist Michael Küchler mithalten, denn er turnt mit Schlapphut und Sturmhaube in der Gegend herum. Die Breakdowns beben! Gefühlvoller geht es hingegen bei der Nummer «Why Do You Cry?» zu und her. Die Szenerie wird in ein Meer aus Feuerzeugen getaucht (ach, deshalb wurden die also am Eingang verteilt?!). Ein analoges Konzerterlebnis ohne digitale Bildschirme – Metalinside-Kumpel Kaufi wäre stolz! Während dieses Liedes, welches eindeutig Hit-Potenzial aufweist, muss man ebenfalls Bassist Brian Paul eine ansprechende Gesangsstimme attestieren.

Die Performance dauert eine halbe Stunde. Über den gesamten Zeitraum hinweg sitzt Sebastian mit seinem Spross auf der Bühne und geniesst die Show hautnah. Ein schöneres Symbolbild zur familiären Atmosphäre, welches dieses akustische Fest auszeichnet, könnte man sich kaum wünschen.

Sandro: Wahrlich ein Auftakt nach Mass! Und die Feuerzeuge waren zudem ein wunderbarer Griff in die Nostalgiekiste! So eine kleine Flamme erzeugt eben eine ganz andere Stimmung als die grellen Handylichter heutzutage (warum nur kommt mir beim Schreiben dieser Zeilen der 1983er-Hit «Kleine Taschenlampe brenn» von Markus in den Sinn?). Und dass schon bei der ersten Band – wie von Kollege Dutti beschrieben – Moshpits und Todeswände zu bestaunen sind, spricht definitiv für die Einheizqualitäten der Herren aus der schönen Leuchtenstadt.

Die Setlist – A Lost Game

  1. Glass Teeth (Unreleased Song)
  2. Porphyrios (Unreleased Song)
  3. Lead (Unreleased Song)
  4. A Lost Game
  5. Why Do You Cry?
  6. River Styx

Die Fotos – A Lost Game

Fear Lab

Dutti:  Danach verbleiben uns zehn Minuten, um durchzuatmen und zur «Bullstage» ins Erdgeschoss hinunterzutraben. Nach wie vor keine Mega-Pause, aber trotzdem fühlt es sich weniger stressig an als noch bei der vergangenen Ausgabe. Auf der «EG-Spielwiese» ergreifen nun die Winterthurer Fear Lab die Chance, um den Besuchern mit ihrem Alternative Metal einzuheizen.

Die Sceams von Frontmann Sascha Epprecht sitzen, beim Klaggesang vernehme ich dagegen den einen oder anderen schiefen Ton. Auf wen man sich dafür stets verlassen kann, ist «Ehren-Fan» Reto. Unglaublich, welche Energieanfälle dieser Teufelskerl schon wieder an den Tag legt. Ich kann mir überhaupt nicht ausmalen, wie viele Kilometer er an diesen drei Tagen abspulen wird (Spoiler: Es werden einige sein!). Just als ich noch gedanklich mit solchen Zahlenspielchen beschäftigt bin, schnappen sich ein paar Nasen Reto und tragen ihn frech durch den halben Raum. Es folgt sogar ein Zwischenhalt an der Bar, wo er sich ein Bierchen abholen darf. Anschliessend geht die Reise zurück an die Frontlinie. Eine lässige Aktion, die zu Recht Applaus absahnt.

Auf der Bühne sorgen derweil Fear Lab weiterhin für Beschallung. Das mit Rap-Sequenzen geschmückte «So Cold» macht effektiv Laune. Die Live-Premiere des Krachers «Drowning» verläuft ebenfalls erfolgreich. Da erinnern mich die Eulachstädter durchaus ein wenig an Trivium. Die Truppe wird die Zukunft übrigens als Quintett in Angriff nehmen. Die Saitenhexer Simon und Bella, welche heute als Aushilfen im Einsatz stehen, gehören fortan offiziell zum Festbestand des Gefüges. Sie wurden gemäss Kommentar des Sängers sozusagen «verknechtet». Dieser haut darauf seinen Lieblingsspruch raus: «Händ usem Hosesack!» Seine Schicht beendet der Fünfer schliesslich mit «Ready To Fall».

Sandro: Täusche ich mich, oder sind dieses Jahr zu dieser doch recht frühen Stunde deutlich mehr Leute da als noch vor Jahresfrist? Unverändert bleiben indes die recht beengten Platzverhältnisse auf der Nebenbühne, die ich 2024 noch als Goldfischglas bezeichnet hatte. Doch die fünfköpfige Combo aus Duttis Heimat lässt sich davon in keiner Weise beirren oder einschränken und zieht ihr Programm souverän durch. Die Ehrenrunde von Duracell-Bunny Reto habe ich leider verpasst. Aber es muss wirklich eine legendäre Aktion gewesen sein (und eine schöne Geste der Wertschätzung für einen echten Metalhead)!

Die Setlist – Fear Lab

  1. Alien
  2. My Enemy
  3. So Cold
  4. Prison
  5. Black Spider
  6. Killed By Agonies
  7. Drowning
  8. Ready To Fall

Die Fotos – Fear Lab

Irony Of Fate

Dutti: Irony Of Fate haben berechtigte Gründe für ausschweifende Jubel-Orgien. Seit heute ist nämlich das neuste Eisen der groovigen Melodic Death Metal-Formation erhältlich. Das Ding wurde auf den Namen «Equinox» getauft. Was Kollege Domi the Stick von der «Tagundnachtgleiche» hält, könnt ihr gerne in seiner Plattenkritik nachlesen. Darin hat er sich ausgiebig mit dem frischen «IoF-Material» auseinandergesetzt. Mir obliegt jetzt somit die Beurteilung der Live-Qualität der neuen Kompositionen. Doch zuvor versucht Brian im Rahmen seiner Ansprache noch Trommel-Bestie Kevin Lütolf zu verkuppeln. Ich wusste gar nicht, dass das Bullhead auch einen «Swiss Date»-Service anbietet. Die Verantwortlichen scheinen tatsächlich an alles gedacht zu haben.

Front-Lady Cveti Stojmenova und ihre Jungs nehmen ihr Set in aufeinander abgestimmten Klamotten in Angriff. Huch, hat das Mädel etwa an seinen Vocals geschraubt? Die dröhnen eindeutig mächtiger als sonst aus den Boxen. Vielleicht macht einfach die Mischer-Abteilung einen ausgezeichneten Job. Das Publikum muss indes zuerst in mehreren Anläufen nach vorne beordert werden. Zum Glück existiert aber noch ein nicht kaputt zu kriegendes «Duracell-Häschen» namens Reto, welches locker geschätzte 20 Ego-Circle-Pits lanciert. Unfassbare Szenen! Zu «Six Feet Deep» wird dann allerdings von mehreren Beteiligten eine Wall Of Death vorgetragen.

Die Gruppe zeigt sich in Spendierlaune und verteilt sowohl einen Drumstick als auch ein Exemplar der neuen Scheibe. Das Stück «Parasite» nistet sich sogleich in meinen Gehörgängen ein. Welch gelungenes Live-Debüt! Bloss schade, dass die Sause nach 45 Minuten «finito» ist. Etwas mehr Irony Of Fate hätte garantiert niemandem geschadet. Die «Jux-Teilnahme» am ESC mag zwar nicht geklappt haben, aber in den metallischen Gefilden werden die Berner mit «Equinox» zweifellos abermals brillieren.

Sandro: Es scheint, als hätten unsere helvetischen Metal-Grössen (zumindest einige davon) Gefallen an populären TV-Formaten gefunden. IoF goes ESC, und Caroline Breitler erwähnte bei ihrem Auftritt in der Met-Bar zu Lenzburg (die Review folgt), dass sie gerne bei „Bachelorette“ dabei gewesen wäre – naja. Aber rockigen Klängen beim grössten Musikwettbewerb der Welt zu lauschen, wäre definitiv eine reizvolle Vorstellung! Auf der Bühne tun unsere Melodic Death Metaller derweil genau das, was sie am besten können – abräumen. Und dass es mit «Equinox» gleich noch eine Taufe zu feiern gibt, setzt dem Ganzen natürlich die Krone auf. Da kann ich nur zustimmend nicken, wenn von „leider nur 45 Minuten“ die Rede ist.

Die Setlist – Irony Of Fate

  1. Ancient Creatures
  2. Primal Overdrive
  3. Six Feet Deep
  4. Sinner / Saint
  5. Mind Vs. I
  6. Equinox Nights
  7. Parasite
  8. Oceans Of Doom

Die Fotos – Irony Of Fate

All To Get Her

Dutti: Unten im «Keller» geht es weiter mit All To Get Her. Aber wo steckt Dutti? Keine Spur von ihm. Ja sorry, ich bin gerade noch mit Merch-Einkäufen beschäftigt. Die Artikel hütenden Stände befinden sich übrigens im Garten im Aussenbereich. Aufgrund der angenehmen Temperaturen muss sich hier glücklicherweise niemand das Gesäss abfrieren. Mit der neuen Irony Of Fate-CD im Sack stürme ich dann jedoch umgehend in die Nähe der kleinen Bühne.

Die Tonfolgen, welche mir entgegenschreiten, versetzen mich schnurstracks in die Ära der ganzen US-amerikanischen «Highschool»-Filme zurück. Der Sound von All To Get Her weist fürwahr Parallelen zu Kalibern der Marke Blink 182, Sum 41 oder Good Charlotte auf. Wann steckt endlich jemand seinen Finger (und bitte keine anderen Glieder!) in einen Apfelkuchen? Die Jungs haben fraglos Spass. Wegen eines kurzen Hustenanfalls «desinfiziert» Frontmann Andrea Viciconte sein Mikro unfreiwillig mit Whiskey. Nicht nur der Strahlemann, sondern die komplette Truppe verbreitet gute Laune und eine positive Atmosphäre. Während des My Chemical Romance- Covers «Teenagers» wird fleissig geschunkelt.

Oh, plötzlich scheine ich den Wortspiel-Code geknackt zu haben, denn man könnte den Bandnamen ebenfalls als «All Together» lesen. Gewollt oder ungewollt, aber jetzt bringe ich diese Buchstabenakrobatik nicht mehr aus dem Kopf. Andrea berichtet, dass er und seine Kumpels sich zurzeit in einer Alphütte «verstecken» und dort pausenlos an neuem Material feilen. Deshalb seien sie leicht übermüdet. Da kann ich ihnen den einen oder anderen versemmelten Einsatz bestimmt verzeihen. Im Schlussdrittel sorgt der Herr am Tieftöner für Lacher, weil man ihm eine Bärenmaske auf sein Haupt pflanzt. Fortan ist der Typ als «Edi The Teddy» bekannt. Im Rahmen der Zugaben-Sequenz wagt sich Andrea mitten in den Circle Pit und setzt mit dieser Aktion den Schlusspunkt hinter eine überzeugende All To Get Her-Performance.

Sandro: Ach Kollege, warum nur musst du dich als Robert Langdon-Double betätigen? Oder darf man das als Anspielung auf deinen vorherigen Kommentar verstehen? ESC, «I broke the code»? Jedenfalls hat sich dieses Wortspiel in meinem Kopf festgesetzt. Und ja, der Auftritt der Gute-Laune-Truppe aus der Ostschweiz macht wirklich Spass. Eine Band, die ich gerne mal auf einer etwas grösseren (und ja, auch besser beleuchteten) Bühne sehen würde.

Die Setlist – All To Get Her

  1. Get Away (From Me)
  2. Plastic
  3. Point Of View
  4. Whiskey And Wine
  5. Sweet Dopamine
  6. Teenagers (My Chemical Romance-Cover)
  7. Golden
  8. Dead And Gone
  9. Slow Dancing In The Dark
  10. Ghost
  11. Disaster

Die Fotos – All To Get Her

Callejon

Dutti: Auf den Headliner des ersten Tages trifft man schliesslich wieder im Obergeschoss. Als wir die Treppen erklimmen, ertönt gerade «Everybody (Backstreet’s Back)» aus den Boxen. Textsicher und tanzfreudig feiern die ach so fiesen, teuflischen Metalheads die Hymne der Backstreet Boys. Als Beobachter sind solche Aktionen jedes Mal ein grandioses, amüsantes Spektakel. Nach diesem Einstieg gehört die «Spielwiese» einer «Boygroup» aus dem deutschen Düsseldorf, die im härteren Sektor unterwegs ist. Manche bezeichnen sie gar als Pioniere der alemannischen Metalcore-Mucke. Die Rede ist selbstverständlich von Callejon, welche die «Scheune» augenblicklich zum Hüpfen bringen. Der Licht-Mensch eskaliert ebenfalls förmlich. Wegen des Lampen-Gewitters gepaart mit jeder Menge Nebel mache ich mir definitiv Sorgen um Kumpel Sandro. Ob er trotzdem ein paar brauchbare Bilder aus seinem Fotoapparat zaubern kann?

Angeführt vom charismatischen Fronter Basti Sobtzick setzt der Fünfer zu einer Machtdemonstration an. Die deutschen Texte lassen sich rasch mitsingen und schaffen automatisch eine Nähe zum hiesigen Publikum. Liedgut wie «Gottficker» (geil!) und «Dunkelherz» (gefühlvoll) verfehlt seine Wirkung keinesfalls. Irgendwo in der Masse erblicke ich Bullhead-Mastermind Sebi, der den Auftritt äusserst emotional mitverfolgt. Das, meine lieben Leser, sind Gefühlslagen, welche nur Musik auslösen kann. Sensationell (wie man am Ice Rock sagen würde)!

Im vergangenen Jahr erfuhr die Band einen prägenden Umbruch. Doch der neuen Besetzung, die erst seit Dezember bekannt ist, merkt man keine Anlaufschwierigkeiten an. Das sieht schon sehr harmonisch aus. Axtmann Denis Milenkovic haut derbe Growls raus. Sein Pendant Alan Kassab hat dagegen ab und an mit seinem Gitarrengurt zu kämpfen. Aber irgendwann kriegt er das Teil gezähmt. Während «Tor des Todes» wird plötzlich ein Fotograf (aber nicht unser Sandro) von einem Circle Pit umringt. Bei «Snake Mountain» wird «die Macht von Grayskull» geehrt und das «Schrei nach Liebe»-Cover nutzen die Akteure für eine glasklare Botschaft in Richtung AfD und Nazis. Wunderprächtig wird es dafür bei der anschliessenden Ballade «Kind im Nebel». Erneut geniessen die verteilten Feuerzeuge einen grossen Auftritt (Hühnerhaut inklusive). Zwei Zugaben werden nachgereicht, ehe Callejon nach knappen 90 Minuten in den hundertprozentig verdienten Feierabend verduften dürfen.

Sandro: Naja, wenn man sich plötzlich mit der Kamera im Zentrum eines wirbelnden Hurrikans wiederfindet, ist das schon ein prägendes Erlebnis. Da bin ich froh, dass ich mich nur mit dem für die Zuschauer visuell sicherlich megacoolen Stroboskopblitzgewitter herumschlagen muss. Ob diese Lichtausbrüche wohl den hohen Aussentemperaturen an diesem Tag geschuldet sind?

Callejon ist eine Band, deren Namen ich zwar schon mal gehört, der ich aber keine weitere Beachtung geschenkt habe. Das wird sich mit der heutigen Show definitiv ändern. Ein sehr starker Auftritt – aber was kann schon schiefgehen, wenn man mit dem Hit einer der erfolgreichsten Gesangsgruppen der Welt beginnt? Genau! Ich für meinen Teil verabschiede mich nach der Darbietung des Headliners – vorausschauendes Kräftemanagement ist eine nicht zu unterschätzende Disziplin. Kollege Dutti hält zum Glück noch die Stellung und kann so aus erster Hand vom letzten Gig des Eröffnungstages berichten.

Die Setlist – Callejon

  1. Porn From Spain 3
  2. Palmen aus Plastik
  3. Tor des Todes
  4. Mary Shelly
  5. Gottficker
  6. Dunkelherz
  7. Utopia
  8. Unter Tage
  9. Metroprolis
  10. Lass mich gehen
  11. Die Krähe mit dem Schädelbauch
  12. Snake Mountain
  13. Sommer Liebe Kokain
  14. Blitzkreuz
  15. Schrei nach Liebe (Die Ärzte-Cover)
  16. Kind im Nebel
  17. Was du Liebe nennst*
  18. Porn From Spain 2*

*Zugabe

Die Fotos – Callejon

Henriette B

Dutti: Zum Glück habe ich zusammen mit meinem Presseausweis den aktuell gültigen Zeitplan erhalten. So geht mir kein Gig durch die Lappen. «Aus die Maus» ist nämlich noch nicht angesagt. Auf die mit Energie und Durchhaltewillen ausgestatteten Gäste wartet ein Rausschmeisser aus dem Berner Jura. Henriette B vermochten mich vor ein paar Monaten am Eye See You Festival (siehe dazu den Bericht von Kollege Domi the Stick) zu beeindrucken. Ein Wiederholung in diesem Stil wäre freilich erwünscht.

Im Hintergrund figuriert das Cover-Artwork der 2020er-Scheibe «The Sleeper Awakes» als Dekoration. Darauf ist eine Eule zu abgebildet, in deren Kopf eine industrielle Szenerie mit rauchenden Fabriken zu sehen ist. Trotz gelichteten Reihen geben die Herrschaften Gas. Ein paar letzte Pits liegen ebenfalls drin. Ausserdem sind sie dankbar, um den einen oder anderen Besucher, welcher der französischen Sprache mächtig ist. Am Bullhead ist dies glücklicherweise kein Problem, da Leute aus allen Ecken unseres Landes (und sogar aus Deutschland) nach Luzern gepilgert sind.

Wirbelwind Gaëtan ist mit seiner Rasta-Mähne fraglos ein auffälliges Exponat der Equipe. Angestachelt durch seine wilde Art mischen sich beim letzten Song «Time Flies» gleich alle Mitglieder (mit Ausnahme von Drummer Fabio, aber der ist gezwungenermassen an seinen Platz gekoppelt) unter die Zuschauer und lassen es nochmals fulminant krachen. Abschluss nach Mass, würde ich meinen.

Die Setlist – Henriette B

  1. The Election
  2. The Other Side
  3. Machines
  4. One Percent
  5. The Hidden Kingdom
  6. Time Flies
  7. The Cycle
  8. Bravery
  9. I Quit
  10. Free And Safe
  11. Face Or Flee
  12. The Poison
  13. Utopia
  14. Time Flies*

*Zugabe

Das Fanzit – Freitag

Dutti: Der Start der diesjährigen Bullhead Festival-Ausgabe verlief ohne Schwierigkeiten, sorgte für zufriedene Gehörgänge und machte so etwas von Lust auf mehr. Für mich stachen speziell Irony Of Fate, All To Get Her und Callejon aus der Masse hervor.

Sandro: Ich kann mich den Worten meines Kollegen von MI nur anschliessen (einschliesslich der Top 3)! Ein gelungener Auftakt in die drei Tage, gefüllt mit vielen schönen Erinnerungen. Einzig auf den Döner, den ich mir auf der Anreise zum Konzerthaus Schüür gegönnt hatte, hätte ich wohl verzichten sollen, da mir das Teil den ganzen Abend über schwer im Magen lag. Ich bin gespannt, was Tag zwei für uns bereithalten wird!

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Samstag, 08.03.2025 – Tag 2

Dutti: Auf in die zweite Runde! Alle sind nachvollziehbarerweise gespannt auf den Special Guest Evil Jared höchstpersönlich. Trotzdem warten aber noch weitere potenzielle Höhepunkte im Billing. Ich habe da beispielsweise Expellow im Auge. Der ehrenwerte Sandro wuselt auch bereits wieder emsig in der Location herum. Gut zu wissen, dass ich mich stets auf «meinen» Knipser verlassen kann. Für künftige Durchführungen des Festivals dürfte man meinetwegen zu Recht darüber nachdenken, die Türöffnung an einem Samstag nicht erst auf 17 Uhr zu legen. Die meisten Personen könnten am Wochenende sicherlich früher vor Ort sein. Aber bleiben wir vorerst in der Gegenwart und lenken den Fokus zurück auf den demnächst losgehenden Auftritt von Head Smashed.

Sandro: Mein pünktliches Erscheinen wäre indes beinahe einem Dachstockbrand an der Baslerstrasse zum Opfer gefallen – und das, obwohl ich früh von zu Hause aufgebrochen war. Wer mit dem Zug angereist ist, hat das qualmende Spektakel sicher mitbekommen. So schaffe ich es gerade noch rechtzeitig zum heutigen Opener in den bereits wieder gut gefüllten Saal im Obergeschoss des Konzerthauses Schüür – und das zu Fuss, statt bequem mit dem Bus. Gleichwohl wäre eine etwas frühere Anfangszeit am Samstag in der Tat wünschenswert. Besonders gespannt bin ich heute auf Nice To Eat You, Expellow und die Emil Bulls. Wobei auch die anderen drei Bands durchaus interessante Neuentdeckungen sein könnten.

Head Smashed

Dutti: Brian und Sebi begrüssen die Meute und legen direkt mit einem Geständnis los. Gestern ging offenbar die Tombola vergessen. Diese werde aber heute nach dem Auftritt des Headliners nachgeholt – versprochen. Im Anschluss präsentieren die beiden einen ersten Höhepunkt des heutigen Tages. Brian erhält an der Mikrofon-Front prominente Verstärkung. Evil Jared, bekannt als ehemaliger Bassist der Bloodhound Gang und aus diversen TV-Formaten, schlüpft für den gesamten Samstag in die Rolle des Co-Moderators. Oha, da haben sich zwei echte Labertaschen gefunden. Die ersten Kostproben ihres Sprüche-Repertoires sind dankbarer Stoff für die anwesenden Lachmuskeln.

Wenig später entern allerdings Head Smashed die Bühne. Mit der Titel-Melodie von «Käpt’n Balu und seine tollkühne Crew» als Einstieg wecken sie Erinnerungen an friedliche, problemlose Kindertage. Die Nebelmaschine kommt zum Einsatz und um die Schiessbude herum wurden grosse Leuchtstäbe platziert. Mit ihrem Dialekt sammeln die Bünder ohne Schwierigkeiten Sympathiepunkte. Tieftöner-Hüter Moritz Vieli und Gitarrist Roman Wilhelm teilen sich die Gesangseinsätze. Ein erster Circle Pit nimmt seinen Lauf (notabene angeführt vom unverwüstlichen Reto). In der Setlist tauchen gewisse Covers auf (beispielsweise «All The Small Things» von Blink 182). Das ist zwar die sichere Schiene, aber etwas mehr Eigenständigkeit würde den Jungs auf keinen Fall schaden. Ups, haben sie gerade meine Gedanken gelesen? Prompt folgt eine auf «Bündnerdüütsch» vorgetragene Ode an das Bullhead Festival. Tolle Geste! Um 18.10 Uhr ist Schicht im Schacht. Eine Performance ist durch, sechs weitere werden folgen.

Sandro: Also ich fand die Performance der Alpenindianer überaus erfrischend, Cover-Versionen hin, reduzierte Eigenständigkeit her.  Und die eigens für diesen Anlass vorgetragene Hymne zeugt definitiv von Einfallsreichtum. Dass mir seit dem 8. März nun unaufhörlich «The Bad Touch» im Kopf herumspukt, kommt wohl auch nicht von ungefähr. Ein absolut kurzweiliger Start in einen weiteren schweisstreibenden Konzertabend, was man auch an den fröhlichen Gesichtern der Anwesenden ablesen kann.

Die Setlist – Head Smashed

  1. Intro
  2. Rock This Night
  3. Rain Is Falling Down
  4. All The Small Things (Blink 182-Cover)
  5. Inflame The Light
  6. Blood Red Rain
  7. House Of The Rising Sun (The Animals-Cover)
  8. Safiatalsong
  9. Trip
  10. Alive
  11. The Kids Aren’t Alright (The Offspring-Cover)

Die Fotos – Head Smashed

The Kate Effect

Dutti: Eigentlich müssten nun We Awake antraben und die EG-Bühne in ihre Einzelteile zerlegen. Deathcore aus Deutschland – das hätte garantiert geknallt. Doch leider sei der Sänger erkrankt und deswegen muss die Truppe für dieses Jahr passen (vielleicht holen sie die Sache 2026 nach, wer weiss?). Zur Überbrückung verteilen Brian und Jared Gerstensaft aus der Dose. Es soll schliesslich keine Kehle trocken bleiben. Mit einem Konzert dürfen wir trotzdem rechnen. Die Organisatoren haben vorgesorgt und exakt für solche Fälle eine «Abruf-Band» als Ass im Ärmel eingeplant. Das aufgerollte Backdrop wird heruntergelassen und entblösst die Identität der Ersatz-Kapelle. The Kate Effect geben sich die Ehre! In Wädenswil verwurzelter Metalcore mit diversen angereicherten Elementen aus anderen Subgenres – nehmen wir sehr gerne!

Das in einheitlicher Hawaiihemd-Kluft agierende Quartett drückt mit Schmackes auf das Gaspedal. Der Pit tobt! Frontmann Luki Villiger ist der geborene Entertainer und plappert, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Für einen «Stand-up-Comedy-Abend» mit seiner Wenigkeit würde ich ohne zu zögern ebenfalls Eintritt bezahlen. Seine Sprüche kann ich hier in schriftlicher Form jedoch nicht wiedergeben, da dies freilich nicht dieselbe Wirkung erzielen würde und schlichtweg unwürdig wäre. The Kate Effect muss man live erlebt haben – Punkt. Das gesamte Erdgeschoss hüpft und «bounced». Obendrein lässt sich ein Crowdsurfer durch die Gegend hieven. Den letzten Track «Run» nehmen die Herren dann mit Nici Weissmann von Expellow in Angriff. Somit darf er sich schon einmal eingrooven, da der Kerl in rund 80 Minuten mit seiner eigenen Formation auf diesen Brettern stehen wird.

Sandro: Es hat ein bisschen gedauert, bis der Publikumssurfer endlich in der Luft war. Irgendwie gab es a) ziemlich wenige Leute, die den Unentwegten hochheben konnten und b) waren diese wohl kurz etwas perplex über sein Ansinnen. Aber am Ende gelang der Ritt über die Menge doch noch ganz passabel (wir hoffen auf eine weiche Landung). Intensität und Wortwitz hat Kollege Dutti ja schon erwähnt, ebenso das flockig-lockere Outfit. Ob die Abruf-Truppe wohl direkt vom Waikiki-Strand eingeflogen wurde?

Die Setlist – The Kate Effect

  1. Are We There Yet?
  2. We’ll Fix Them In Post
  3. Our Own Purgatory
  4. Until It Breaks
  5. Do Or Die
  6. Cortical Stack Overflow
  7. Zero Derivation
  8. Run

Die Fotos – The Kate Effect

Nice To Eat You

Dutti: Bevor es auf der Headstage ein weiteres Mal zur Sache geht, laden Jared und Brian noch zu einem kurzen Quiz. Das Spiel trägt die Bezeichnung «Wikipedia – true or false?». Dabei müssen wir erraten, welche Fakten über den ehemaligen Bluthund-Bassisten zutreffen und welche reine Fiktion darstellen. Als Gewinn winkt jeweils ein «veganes Schaumsüppchen» (welches ihr tendenziell eher unter dem Begriff «Bier» kennt).

Nach diesem Intermezzo übernimmt die Equipe mit dem wahrscheinlich kultigsten Namen des diesjährigen Programms das Zepter: Nice To Eat You. Dabei denke ich umgehend an ein grausames Zombie-Massaker und übelsten Death Metal. Doch weit gefehlt. Wir bekommen es mit melodiösem Metalcore zu tun, den die Berner zusätzlich mit einer Geige ausstatten. Bichsu beherrscht das Instrument definitiv und die Einstiegstöne fördern Erinnerungen an den Film «Der Pate» zutage. Die Jungs aus dem «Ämmitau» hatten offenbar leichte Probleme bei der Anreise, aber irgendwie haben sie es trotzdem bis nach Luzern geschafft. Soundtechnisch ist diskussionslos Potenzial vorhanden. Blöderweise bekunde ich mit dem Klargesang von Sam meine liebe Mühe… Das Gezeigte haut mich nie vollends aus den Socken. Da fehlt irgendwie eine bestimmte Zutat. In der Liga von Ne Obliviscaris kann der Fünfer in dieser Verfassung (noch) nicht mitmischen.

Sandro: Zu Geigen mag ich vielleicht ein etwas zwiespältiges Verhältnis haben, auch wenn die Abneigung ganz auf meine frühe Jugend zurückgeht. Aber wenn man seinem Saiten zupfenden Nachbarn am liebsten eine Laubsäge als Bogenersatz schenken würde, hinterlässt das schon Spuren auf der zarten Kinderseele. Doch seit die Fiddle ein bereichernder Teil meines Metal-Universums geworden ist, kann ich mich an ihrem Klang durchaus erfreuen. So auch im Falle des vermeintlich kannibalischen Festschmauses, den uns die Emmentaler heute servieren. Wobei ich Dutti zustimme, dass da und dort ein paar Nachjustierungen an der einen oder anderen Stellschraube nicht verkehrt wären.

Summa summarum eine gute, wenn auch nicht überragende Show, die vor allem optisch etwas hermacht. Schade nur, wenn man in einem etwas unachtsamen Moment die eigene Kamera an die Schläfe bekommt und für den Rest des Abends leicht lädiert durch die Gegend schlurft. Aber was tun wir nicht alles, um euch bei Metalinside mit Informationen und emotionalen Eindrücken aus vorderster Front zu versorgen.

Die Setlist – Nice To Eat You

  1. Intro
  2. Insurgent
  3. Unwavering
  4. Lost In Time
  5. Set The World On Fire
  6. The Void
  7. Expulsion Of A Dark Soul
  8. Emergenz
  9. Wasteland
  10. Bloodred
  11. Final Crescendo
  12. Slave Of Mind
  13. Society*

*Zugabe

Die Fotos – Nice To Eat You

Expellow

Dutti: Bevor die einzige Vertreterin des heutigen Weltfrauentages losbrüllen darf, treten Sebi und Brian ins Rampenlicht. Dies tun sie gemeinsam mit einem Gast. Dabei handelt es sich um keine geringere Person als Bassist Passy von den Emil Bulls. Möchte er für den heutigen Headliner schon einmal den Puls der Fans fühlen? Vielleicht. Doch die Kernbotschaft, welche das Trio verkündet, ist eine andere. Offenbar gab es hinter den Kulissen ein «Mario Kart»-Duell zwischen den Veranstaltern und der Band, welches Erstgenannte haushoch verloren haben. Aus diesem Grund heisst die ganze Sause für die nächsten Stunden offiziell «Emil Bulls-Festival». Passy darf sogar ein eigens dafür angefertigtes T-Shirt entgegennehmen. Witzige und coole Aktion! Aber die kommenden Zeilen gehören ohne Umschweife Expellow.

Energiebündel Mik führt ihre Jungs in die Schlacht. Wegen ihrer «Schildmaid-Frisur» erhält dieser vorangegangene Satz gleich eine zusätzliche Wirkung. Das Mädel hat zweifelsohne etwas von einer aggressiven Fitness-Instruktorin und stachelt das Publikum gekonnt an. Das bringt Schwung in das rappelvolle Erdgeschoss und sorgt selbstredend für weitere Pit-Eskalationen. Musikalisch nehme ich ab und an Parallelen zu Mortillery wahr. Für die Mehrheit der Song-Auswahl dient das aktuelle Eisen «Signals On Swells» als Quelle (Kollege Raphi hat das Teil für Metalinside detailliert unter die Lupe genommen). Bei «Era Of Animals» wagt sich Mik kurzerhand selbst hinunter in die Action. Das Gezeigte weiss zu gefallen und ich muss effektiv versuchen, beim nächsten Expellow-Gig abermals mit dabei zu sein.

Sandro: Aus dem Geheimprotokoll der Bullhead-Veranstalter … Sebi: „Wollen wir das wie Männer regeln?“ Emil Bulls (den Rädelsführer halten wir für dieses Mal geheim): „Sowas von!“ „Regenbogen-Boulevard?“ – „Regenbogen-Boulevard!!!“ Und so nahm das Unheil respektive die vorübergehende Umbenennung des Festivals seinen Lauf. Schade eigentlich, denn Dutti und meine Bescheidenheit hätten die Münchner wohl mit Blitz und Bananenschalen nach Hause geschickt. Aber eigentlich geht es hier ja um Prinzessin Peach – öhm, nein … – Sängerin Mik und ihre Bandkollegen. Und was die abliefern, hat definitiv Hand und Fuss. Beziehungsweise bringt das rappelvolle Erdgeschoss so richtig schön in Schwung! Die Frontdame als Fitness-Instruktorin? Wer für einen Iron Man gerüstet sein möchte, träfe mit ihr wohl eine valable Wahl! Aber Spass beiseite, die Zürcher liefern heute richtig fett ab, was die Menge denn auch überaus dankbar quittiert.

Die Setlist – Expellow

  1. Heartline
  2. Phoenixes
  3. Hatefueled
  4. Mayfly Lives
  5. Breaching For The Sun
  6. Chemicals
  7. Era Of Animals
  8. Fuck Shit Up
  9. Void
  10. Ghosts
  11. Gallows
  12. Hometown
  13. Game Insane

Die Fotos – Expellow

Emil Bulls

Dutti: Ehe die Alternative Metaller aus München ihr selbstbetiteltes Festival («Mario Kart»-Triumph sei Dank!) als Headliner in Angriff nehmen dürfen, wird zuerst der «Evil Jared-Wotan» versteigert. Dabei darf meine Wenigkeit extra auf die Bühne, um mit Brian, Sebi und – natürlich – Mister Jared ein bisschen Jägermeister zu schlürfen. Ein weiterer Meilenstein in meiner Metal-Journalisten-Karriere. Grosses Kino! Die Versteigerung selbst mutiert rasch zu einem hitzigen Zweikampf. Aber am Ende geht der «Plüsch-Stier» für mehr als 400 Franken über den Tisch. Alles für den guten Zweck! Feine Sache. Aber nun wollen wir den Münchener Bullen lauschen.

Die Jungs erheben sogleich Chef-Ansprüche im Ring. Es geht ohne Umschweife dynamisch los! Ich hatte mit dieser Gruppe bisher noch nie das Vergnügen, aber wenn sie in diesem Modus weitermachen, dürfen sie mich gerne als neuen Supporter in ihren Reihen willkommen heissen. Zwischenzeitlich vernehme ich gar Riffs, die an Amorphis erinnern. «Tell It To My Heart» mag zwar lediglich ein Cover sein, aber der Fünfer macht draus einen grossartigen Hit! Auch «Euphoria» bringt viel Potenzial mit. Frontmann Christoph punktet regelmässig mit sympathischen Ansagen. Während einer anderen Nummer tobt ein turbulentes «Bälle-Massaker». Die aufblasbaren Objekte segeln einem fast im Sekundentakt um die Ohren. Für den aufgedruckten Krankenversicherer könnte das eigentlich ideales Marketing sein, aber ich verwerfe diese Idee lieber wieder, sonst kriegt Kumpel Sandro unfreiwillig Ärger mit seinem Arbeitgeber. Wie schon gestern Callejon, liefert heute der zweite deutsche Headliner ebenfalls megamässig ab!

Sandro: Ja, die aufgeblasene Wasserbälle – ich breite hier lieber den Mantel des Schweigens darüber aus und konzentriere mich auf die brillante Show der ab und an auch in rotes Licht getauchten Bullen. Eine in der Tat famose Performance, die von vielen tollen Hymnen getragen wird.

Und um kurz auf den Beginn des Auftritts zurück zu schwenken: Dutti wurde da von Bullhead-Moderator Brian als «bester Metal-Journi der Schweiz» bezeichnet. Eine Einschätzung, der ich vorbehaltslos zustimmen kann!

Die Fotos – Emil Bulls

DevilsBridge

Dutti: Mit welchem «Fluch» muss die nach dem Headliner auftretende Equipe oftmals leben? Exakt – mit sich lichtenden Publikumsreihen. Doch die im ostschweizerischen Wil domizilierten DevilsBridge wissen damit umzugehen und sorgen nichtsdestotrotz für Stimmung. Ein möglicher Motivationsschub mag die Tatsache sein, dass diese Show die letzte in dieser Konstellation für das Quintett sein wird. Klampfer Tom, Saitenhexerin Vany und Steve werden die Formation verlassen und künftig andere Wege beschreiten. Ist dies das Ende der Teufel? Keinesfalls! Sängerin Dani und Schlagzeuger JC werden weitermachen und sich auf die Suche nach neuen Mitgliedern begeben. Das bedeutet «Good News» für alle DevilsBridge-Anhänger. Aber ehe die Zukunft kommt, verbleiben wir in der Gegenwart und erfreuen uns an der temporären «Finalissima». Und diese ist alles andere als von schlechten Eltern. Ein würdevolles Ende dieses Kapitels.

Sandro: Fürwahr betrübliche Neuigkeiten, die hier verbreitet werden. Aber gleichwohl auch ein würdiger Abschluss eines Kapitels der teuflischen Bandgeschichte, die trotz alledem noch nicht zu Ende erzählt sein dürfte. Denn wer die Legende von der Teufelsbrücke in der Schöllenenschlucht kennt, weiss, dass wir Eidgenossen stets ein Ass im Ärmel haben. Doch hier und heute tut es in der Seele weh, diese feurige Truppe künftig getrennte Wege gehen zu sehen.

Die Setlist – DevilsBridge

  1. Intro
  2. Instinct
  3. Illusion
  4. Rebirth
  5. Space
  6. Life
  7. Anima
  8. Time
  9. Death

Die Fotos – DevilsBridge

Evil Jared (Aftershow-DJ-Party)

Dutti: Wer jetzt immer noch nicht den Heimweg (oder das Torkeln in Richtung Hotel) antreten möchte, erhält Gelegenheit, einer hemmungslosen Party beizuwohnen. Der den ganzen Tag als Moderator im Einsatz stehende Evil Jared bittet zum DJ-Set (erneut im EG der Location). Mit einer Auswahl aus diversen Rock-Hits entlockt er der Meute finale Eskalationsschübe! Selbstverständlich wird auch wieder fleissig Jägermeister vernichtet. Der eine oder andere Brummschädel dürfte damit am morgigen Sonntag unausweichlich vorprogrammiert sein. Ich entscheide mich für einen Abgang auf den 01.35 Uhr Zug und lasse die hartgesottenen Nasen munter weiterfeiern. Mal schauen, wer morgen überhaupt noch alles auf der Matte stehen wird. So oder so ist der (positive) «Bullhead-Wahnsinn» freilich um einige Geschichten reicher.

Sandro: Frage in die Runde: Kennt jemand den Grund für Evil Jareds unbändige Jägermeister-Obsession? Sachdienliche Hinweise gerne in die Kommentar-Spalte auf Social Media!

Das Fanzit – Samstag

Dutti: Für den heutigen Festivaltag verdienen hauptsächlich The Kate Effect, die Emil Bulls und das verrückte DJ-Set von Evil Jared handverlesene Danksagungen meinerseits. Nun heisst es «Batterien-Aufladen», damit der schon havarierte Körper den Sonntag trotzdem noch einigermassen überstehen wird.

Sandro: Ach komm, Dutti. Im Vergleich zu Dauerläufer Reto sowie einigen weiteren Unentwegten hatten wir doch einen vergleichsweise beschaulichen Abend. Aber ja, die Energiereserven sind nicht unendlich, und morgen wird sich die Spreu vom Weizen trennen. Wer hat noch die Power, am dritten und letzten Tag der Bullhead Apokalypse an vorderster Front mitzufeiern?

Band-technisch wussten mich persönlich Head Smashed, Expellow sowie die überragenden Emil Bulls am meisten abzuholen. Ab ins Bett und dann auf zum finalen Metal-Gewitter!

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Sonntag, 09.03.2025 – Tag 3

Dutti: Sind wir tatsächlich bereits am letzten Festivaltag angekommen? Unglaublich! Die schönen Zeiten vergehen einfach immer deutlich zu schnell. Es ist beeindruckend, was die «Bullhead-Crew» hier wieder alles auf die Beine gestellt hat, und ich bin dankbar, ein Teil dieses Ereignisses zu sein. Aber Stopp! Das klingt ja beinahe wie ein Résumé. Und das folgt in unseren Artikeln bekanntermassen erst am Schluss (so, wie es sich eben standesgemäss gehört). Die letzten sechs Bands verdienen schliesslich auch noch die eine oder andere Zeile in diesem Texterguss. Geprägt vom gestrigen Evil Jared-Abenteuer bestelle ich an der Bar im Erdgeschoss aber vorerst die eine oder andere Cola. Die Kadenz kann dann später abermals erhöht werden. Dem Musikgenuss tut dies glücklicherweise keinen Abbruch. Beyond Dystopia werden diesen sicherlich gleich ins Rollen bringen.

Sandro: Man soll ja bekanntlich aufhören, wenn es am schönsten ist. Und das wird laut Festivalprogramm nach dem hoffentlich grandiosen Auftritt des heutigen Headliners Megaherz der Fall sein. Aber bis dahin gibt es für mich noch die eine oder andere spannende musikalische Entdeckung zu machen. Finaler Tag, ich komme!

Beyond Dystopia

Dutti: Haben die nicht Mitte September des vergangenen Jahres beim Metal Bowling mitgemischt? Oh ja – und Kollege Kaufi war hautnah dabei. Lassen wir uns einmal überraschen, wie mein Urteil zur Darbietung des Trios «vo ennet em Brünig» ausfallen wird.

Der Auftakt in den Konzertreigen erfolgt pünktlich um 14.15 Uhr. Leider sind kaum Leute da. Ungeachtet dessen zockt das Dreiergespann ziemlich druckvoll. Drummer Xaver wurde hinter einer Plexiglaswand «eingesperrt». Aufgrund der  verdammt überschaubaren Besucherdichte hat Kollege Sandro immerhin ausreichend Platz für seine Foto-Sequenzen. Duracell-Hase Reto ist selbstverständlich ebenfalls wieder vor Ort und belebt mit seinem Quell schier unerschöpflicher Energie die teilweise noch müden respektive verkaterten Glieder in der näheren Umgebung.

Musikalisch bewegen sich Beyond Dystopia in ähnlichen Sphären wie King Sable: Melodiös, modern und auch mit einer Prise Core versehen. Rasiermesserscharfe Riffs und heftige Trommel-Salven setzen erste Ausrufezeichen. Die sympathischen Typen halten sich mit ausgedehnten Ansagen zurück. Axtmann Basil stell klar, dass sie lieber genügend Stücke spielen möchten. Gegen diesen Ansatz gibt es grundsätzlich nie etwas einzuwenden.

Sandro: «Lifere statt Lafere» war definitiv noch nie verkehrt. Und genau das tun die Dystopianer sehr gekonnt. Ein toller Auftakt in den finalen Festival-Reigen. Und ja, so manche/r dürfte noch unter den Nachwirkungen der gestrigen Sause leiden.

Die Setlist – Beyond Dystopia

  1. Facing Reality
  2. The Void
  3. Slave
  4. Relief
  5. Stockholm Syndrom
  6. Escape
  7. Child Of The Sun
  8. Myselves
  9. Silence
  10. Virus

Die Fotos – Beyond Dystopia

Comaniac

Dutti: 40 Minuten Thrash Metal? Die werden uns nun von Comaniac serviert. Die Aargauer scheinen offensichtlich ihren eigenen Jungbrunnen entdeckt zu haben. Ich habe sie doch schon etliche Male live in Aktion erlebt, aber die Jungs altern gefühlt nie. Das «Gedresche» muss wahrscheinlich vitale Auswirkungen haben. An dieser Stelle sei passenderweise Bassist Tom Zürcher erwähnt, der ja bereits am Freitag mit Irony Of Fate auf dieser Bühne herumwuseln durfte. Angenehmerweise hat es zwischen seinen beiden Schichten zu einem Tag Pause gereicht. Und die Erholung hat der Kamerad fraglos ausgekostet, denn andernfalls könnte er wohl kaum solch explosive Energieanfälle abliefern, wie wir sie hier gerade zu Gesicht bekommen. Lustlosigkeit kann man ihm, Frontmann Schmirgel und den anderen beiden Herren effektiv nicht vorwerfen. Putzmunter sausen sie über die Bretter und erzeugen ein knackiges «Thrash-Donnerwetter»!

Lediglich das schöne, frühlingshafte Luzerner-Wetter macht ihnen einen fetten Strich durch die Rechnung. Der Saal ist traurigerweise undankbar leer… Doch Comaniac bremsen keinesfalls ab. Liedgut wie «Art Is Dead» attackiert schonungslos die Nackengegend. Lead-Klampfer Valentin Mössinger entlockt seinem Instrument konstant mitreissende Soli. Schmirgels Mikro hat zwar vereinzelte Aussetzer, aber ein paar witzige Ansprachen gelingen ihm trotzdem. Sie seien heute nicht sonderlich lange in der Location, weshalb man bei den Merch-Einkäufen schnell sein müsse. Dank der ansprechenden Leistung bin ich überzeugt, dass das «Band-Kässeli» den einen oder anderen monetären Zustupf erhalten wird.

Sandro: Eine in der Tat energiegeladene und vor allem auch gut ausgeleuchteter Gig, der auch in Sachen Spielfreude bei mir voll zu punkten weiss und zweifellos einen grösseren Publikumsaufmarsch verdient hätte. Eitler Sonnenschein kann eben auch zum Nachteil gereichen.

Die Setlist – Comaniac

  1. Eye To Eye
  2. Coal
  3. The New Face Of Hell
  4. Art Is Dead
  5. Desolation Manifest
  6. Breakdown Rite
  7. Head Of The Snake
  8. 1, 2, Rage

Die Fotos – Comaniac

Shallow Dissent

Dutti: Das nächste Traktandum auf der heutigen Musik-Liste beinhaltet Deathcore aus Bern. Darauf würde man wegen des sanften, kitschigen Intros, mit welchem uns die Akteure begrüssen, gar nicht kommen. Doch bereits die ersten Töne von «Hidden Frame» setzten den Kurs in Richtung raue Gewässer. Für Keyboard-Geklimper und Orchestrierungen ist ein Kerl mit hübschem Nile-Shirt verantwortlich. Gemeinsam mit seinen vier Gefährten sorgt Raphael (so sein Name) für ein brutales Breakdown-Programm! Moderator Brian steht in der ersten Reihe und geniesst den Gig in vollen Zügen. Er mag es eben gerne «hässig». Sänger Pascal schwankt zwischen Traum-Schwiegersohn (bei den Ansagen) und wütender Brüll-Bestie (während der Tracks). Sein Whitney Houston-Shirt passt da nicht sonderlich ins Bild (wenngleich es ein echter Hingucker ist).

Endlich sind ausserdem etwas mehr Besucher zugegen. Das führt automatisch zu gewisser Pit- und Headbang-Action in der Raummitte. «The Battle Of Nemesis» feiert heute sein Live-Debüt. Die Nummer bedeutet Klampfer Lukas allem Anschein nach besonders viel, denn er kämpft nach deren Ende mit den Tränen. Dass seine Kumpels ihn nicht ignorieren und umgehend trösten, ist als unglaublich rührende Geste einzustufen.

Aber weshalb kommt mir die Truppe – zumindest teilweise – so bekannt vor? Eine kurze Recherche mittels Smartphone schafft Abhilfe. Scheibenkleister! Das sind ja die ehemaligen Frank Needs Help! Mitte Juni 2020 hatte ich dank ihnen einen prächtigen Abend in der Lenzburger Met-Bar.

Sandro: Die Leibchenwahl einiger Akteure ist in der Tat spannend! Aber aus meiner Sicht nicht unbedingt unpassend, gibt es doch so manchen Metalhead, der insgeheim auch poppigeren Klängen nicht ganz abgeneigt ist (man erinnere sich nur an das lauthals mitgesungene Intro bei Callejon). Unabhängig von modischen Debatten sind Shallow Dissent diskussionslos ein guter Anheizer, der quasi das Finale der dreitägigen Sause einläutet – und, wie Kollege Dutti bereits betonte, auch auf die Unterstützung eines nun etwas grösseren Publikums zählen darf.

Die Setlist – Shallow Dissent

  1. Hidden Frame
  2. Pretender
  3. Stray
  4. Mammon
  5. Hermit Heart
  6. Eternal Longing
  7. The Battle Of Nemesis
  8. Dwell In The Void

Die Fotos – Shallow Dissent

Chaoseum

Dutti: Nach Henriette B am Freitag wird es definitiv Zeit für einen weiteren Vertreter aus der Westschweiz, oder? Da komme Chaoseum wie gerufen! Die Lausanner durften in ihrer Karriere einige Erfolge verbuchen und teilten sich die Bühne mit diversen Szenen-Kalibern. Insider-Sprüche besagen, dass sie stilistisch mehr nach Korn klingen als Korn selbst. Und ja, die Männer haben wirklich ausreichend Groove im Gepäck! Sie setzen auf bemalte Antlitze. Die Gitarre von Mützenträger Sink leuchtet giftig grün. Ein für die Fotografen dankbares Motiv. Ansonsten bliebt die Beleuchtung jedoch ein Albtraum. Die blaue, schier undurchdringliche Wand lässt tendenziell selten brauchbare Schnappschüsse zu. Aber mein Mit-Metalinsider Sandro wird das schon irgendwie richten.

Der Fokus liegt bei Chaoseum meistens auf Mikrofonhüter CK Smile. Optisch müsste man ihn als unheilige Allianz zwischen dem Joker und Johannes Eckerström von Avatar klassifizieren. Der Sänger verfügt über ein beeindruckendes, facettenreiches Stimmorgan. Seine strahlenden Beisserchen lassen einen beinahe erblinden. Selbst eine Moonwalk-Einlage wird uns vorgeführt. In einem Stück verklickert er uns folgende Lebensweisheit: «Insane? Smile again!» Ein paar Zuschauer mehr hätte die Performance des Quintetts diskussionslos verdient. Aber bedauerlicherweise verlassen Herr und Frau Schweizer am Sonntag ihre heimelige Stube äusserst ungern.

Sandro: Danke für die Steilvorlage, lieber Kollege. Ja, der düstere Look, den die Herren rein optisch verbreiten, setzt sich leider auch ein wenig in der Wahl der Bühnenbeleuchtung fort. Aber hier und da sollte das erwähnte Grün zu erkennen sein. Was mich an der Musik der Westschweizer fasziniert, ist die gelungene Balance zwischen Melodie und Härte, die die Düsterklänge nicht immer ganz so bedrohlich wirken lässt. Und dass ich am Ende des Sets sogar noch ein ins Publikum geworfenes Plektrum aus der Luft fischen kann, ist natürlich das Tüpfelchen auf dem i.

Die Setlist – Chaoseum

  1. Unreal
  2. Welcome Home
  3. Smile Again
  4. Stick Under My Skin
  5. Dance On My Grave
  6. I, Sexy Zombie
  7. Until The End
  8. The Third Eye
  9. Fly Away
  10. My Wonderland
  11. Freakin’ Head
  12. Frozen

Die Fotos – Chaoseum

Vicious Rain

Dutti: Wir nähern uns langsam, aber sicher der Zielgeraden. Die Dernière auf der Bull-Stage übernehmen Vicious Rain aus Baden. Zuvor erhält ein Besucher allerdings noch ein exklusives Geburtstagsständchen. Danach übernimmt die aus der Asche der helvetischen Post-Hardcore Kapelle Defender entstiegene Gruppe das Zepter. Wer sich nicht zu intensiv von dem farbenfrohen Blinklicht-Kasten im Hintergrund ablenken lässt, kann sich voll und ganz auf das Treiben auf der Bühne konzentrieren. Oh ja, so gefällt mir Metalcore! Screams, Growls, Klargesang – stimmlich decken David und Axtmann Mauro die gesamte Palette ab. Die Jungs kommen mit Schwung aus der Box und brennen für ihre Musik. Sichtbare Leidenschaft. Das gefällt den Beobachtern. Mich haben die Protagonisten auch im Sack. Ich würde überdies behaupten, dass hier gerade mein Tageshighlight die Hütte abreisst!

Tris – der andere Saitenhexer – ist ein wandelndes Tattoo-Kunstwerk. Einen kurzen Ausflug auf den Bartresen scheut er ebenfalls nicht. Bei einem Lied leiht David seinen Mikrofonständer in die erste Reihe aus. Ricky (seines Zeichens Metal Cervelat-Podcast-Plappermaul und Taoist-Frontmann) ergreift die Chance und singt die Zeilen saustark mit. Eine gelungene Kollaboration! Das finale Abrisskommando hört auf den Namen «Black Out» (so könnte man übrigens die gestrige «Jägermeister-Nacht» zusammenfassen). Wer so eindrucksvoll abliefert, darf nach der Show häufig mit meiner Wenigkeit an seinem Merch-Stand rechnen. Raus mit der Geldbörse! Es wollen Investitionen getätigt werden!

Sandro: Metalcore ist ein Genre, das ich für mich noch nicht so richtig eingetütet bekommen habe. Gewisse Bands versetzen mein musikalisches Herz in Verzückung (Bad Omens zum Beispiel zählen zu dieser Kategorie), andere lassen mich hingegen völlig kalt. Spätestens nach zwei Songs packe ich die Kurstädter in die erste Schublade. Vor allem die bereits von Dutti angesprochene Varianz im Gesang macht Laune. Gerne wieder!

Die Setlist – Vicious Rain

  1. Deadend
  2. Like A Nightmare
  3. Shadow Dancer
  4. Play Pretend
  5. Nothing Left
  6. Crown Of Thorns
  7. There Is Beauty In Letting Go
  8. Hysteria
  9. The Devil And Lovers
  10. Black Out

Die Fotos – Vicious Rain

Megaherz

Dutti: Im EG ist Schluss, aber die Hauptbühne will natürlich gleichermassen in Würde verabschiedet werden. Diesen Job dürfen Megaherz übernehmen, welche als Ersatz für Belphegor ins Billing gerutscht sind. Schade…, ich hätte die finstere Zeremonie von Helmuth und Co. bevorzugt. Aber wer weiss? Möglicherweise belehren mich die «Herzen» eines Besseren? Davor stehen jedoch ein paar Verlosungen an.

Aphrodite wäre stolz – sämtliche Preise werden vom weiblichen Geschlecht eingetütet. Merch-Gutscheine, ein Ticket für das Mettlerfield Festival und ein von allen Künstlern signiertes Plakat der diesjährigen Bullhead-Ausgabe werden an die Frau gebracht. Als «Zückerli» wird im Anschluss obendrein der erste Act des kommenden Jahres bekanntgegeben. Dessen Identität halte ich zwecks Spannungsaufbau lieber geheim. Ich würde euch allerdings empfehlen, 2026 mit einem anständigen Vorrat an Toilettenpapier, sowie Lauchstangen und «WC-Bürschteli» nach Luzern zu pilgern.

Zurück in der Gegenwart warten jetzt aber Megaherz auf ihren Einsatz. Hinter einem weissen Vorhang treibt eine diabolische Silhouette ihr Unwesen. Als das Verhüllungstuch fällt, eröffnen die Herrschaften mit «In Teufels Namen» ihr Programm. Bemalte Fratzen grinsen uns an. Klampfer Christian Bystron (das ist der Typ mit dem schwarzen Kreuz im Gesicht) erweckt optisch den Eindruck einer Mischung aus den beiden Schauspielern Willem Dafoe und Joaquin Phoenix. Okay, mit dieser Volldampf-Kadenz hätte ich nicht gerechnet. Der heutige Headliner schlägt sich bisher prächtig. Mittels einer Ami-Flagge geht ein Gruss an das Weisse Haus raus. Wem der Song «Horrorclown» gewidmet ist, muss ich sicher nicht extra betonen, oder?

Fronter Lex ist der ideale Entertainer. Des Weiteren stossen die deutschen Texte und Ansagen beim hiesigen Publikum sowieso auf Anklang. «Alles Arschlöcher» schlägt ein wie eine Bombe. Nehmt euch ruhig einmal Zeit, um diese Lyrics zu analysieren. Sie sprechen einem damit fürwahr aus der Seele. Gesellschaftskritik par excellence. Das dazugehörige Shirt muss ich mir anschliessend unbedingt schnappen. Aber zuerst gilt meine Aufmerksamkeit weiterhin dem Treiben auf der «Spielwiese». Ungefähr in der Mitte des Sets folgt «5. März», ein Hit, der bei mir fast schon in Vergessenheit geraten ist. Super, dass ich den wieder einmal hören darf. Der Kamerad im Hintergrund, welcher den Tieftöner bedient, ist der Einzige, der die Show nicht vollends geniessen kann. Technische Probleme machen ihm das Leben schwer und immer wieder muss ein Roadie bei ihm nach dem Rechten schauen.

Etwas später haut Lex in Form von «Rabenherz» eine emotionale Ballade raus. Hühnerhaut ahoi! «Rabenherz, flieg für mich!» – mich hat die Hymne freilich erwischt. Kurz vor dem Zugaben-Block ist dann das kultige «Miststück» an der Reihe (zum Glück wurde der Track nicht am gestrigen Weltfrauentag vorgetragen). «Jagdzeit» und «Himmelsstürmer» bilden das Schlussbouquet. Wir verneigen uns vor dieser überaus imponierenden Megaherz-Demonstration.

Sandro: Ou ja, das balladige „Rabenherz“ mit seiner wunderbaren Lichtshow hat auch mich vollends verzaubert – selbst wenn ich erst zur zweiten Hälfte des Hits von einem kurzen Ausflug zu meiner beruflichen Wirkstätte zurückkehre. Nein, kein IT-Notfall, ich habe dort lediglich meine Knips-Utensilien deponiert. Im Prinzip eine weise und praktikable Entscheidung, es sei denn, man schiesst die Batterie seiner Kamera leer und muss kurz Ersatz holen (was nicht zuletzt den nicht immer ganz einfachen Lichtverhältnissen geschuldet ist – und wohl auch dem schon etwas fortgeschrittenen Alter der Energiezelle). Wie dem auch sei, Megaherz sind in der Tat ein würdiger Abschluss dreier überaus kurzweiliger Tage. Und irgendwie schwankt die Gefühlslage nach dem Schlussakkord zwischen Traurigkeit (dass es schon vorbei ist) und Erleichterung (dass man sich endlich mal richtig ausruhen kann).

Die Setlist – Megaherz

  1. Intro – Des Teufels Namen
  2. In Teufels Namen
  3. Menschenhasser
  4. Horrorclown
  5. Alles Arschlöcher
  6. Roter Mond
  7. Vorhang auf
  8. Amnesie
  9. März
  10. Nicht in meinem Namen
  11. Glas und Tränen
  12. Rabenherz
  13. Engelsgesicht
  14. Freigeist
  15. Für immer
  16. Der König der Dummen
  17. Miststück
  18. Jagdzeit*
  19. Himmelsstürmer*

*Zugabe

Die Fotos – Megaherz

Das Fanzit – Sonntag und Bullhead Festival allgemein

Dutti: Für den dritten und letzten Festivaltag verdienten sich primär Vicious Rain und Megaherz funkelnde Auszeichnungen meinerseits. Leider mussten heute alle Akteure vor einer überschaubaren Publikums-Traube agieren. Dazu komme ich im nun folgenden Allgemein-Résumé gerne nochmals zu sprechen.

Was lief am Bullhead Festival 2025 gut? Die Organisation war abermals Trumpf! Applaus an sämtliche Personen, die da sowohl im Vorder- als auch im Hintergrund aktiv waren. Des Weiteren hat die familiäre Atmosphäre unfassbar gutgetan. Man spürt richtig, wie hier eine Einheit zusammengewachsen ist (und fraglos noch weiter gedeihen wird). Die Gespräche mit «Tätschmeister» Sebi habe ich sehr genossen. Er brennt effektiv für die ganze Geschichte und hat spannende Visionen. Wir dürfen uns also auch in Zukunft noch auf viele «Bullhead-Episoden» freuen. Mehr wird momentan allerdings nicht verraten.

Wo herrscht hingegen Luft nach oben, beziehungsweise was lief nicht sonderlich rund? Allenfalls müsste man sich überlegen, ob man den Sonntag aus dem Programm streichen möchte. Das Line-up war genial, aber der Besucherandrang arg bescheiden. Ich würde eher am Samstag früher beginnen und diesen Tag dann vollpacken. Die Genre-Vielfalt wurde im Vergleich zu 2024 besser gepflegt, aber meines Erachtens würde da immer noch ein bisschen mehr drin liegen. Verköstigt habe ich mich zwar nicht, aber ich habe Stimmen vernommen, die sich gerne fleischige Nahrung als Zusatzoption gewünscht hätten. Aber eben, diesbezüglich bin ich kein Massstab. An der Bar bin ich stets locker zu meinem «veganen Schaumsüppchen» gekommen.

Abschliessend sei lediglich noch folgender Appell gestattet: Unterstützt das Bullhead – in welcher Form auch immer. Der dahinter stehende Verein arbeitet mit Herzblut für den guten Zweck und verdient Rückendeckung. Ich werde glasklar versuchen, ebenfalls wieder an der 2026er-Ausgabe für Metalinside das Festival journalistisch abzudecken.

Sandro: Dem ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Ausser vielleicht, dass mir die symphonischen Klänge bei der zweiten Auflage etwas gefehlt haben (im Vergleich zur Premiere, wo wir am ersten Tag in dieser Hinsicht von Deep Sun und Visions Of Atlantis verwöhnt wurden. Und die Beleuchtung der Spielfläche – ein Genuss). Andererseits bin ich mir bewusst, dass das Bullhead-Festival durch eine Ausweitung in alle erdenklichen Genres zu einer Art buntem Gemischtwarenladen verkommen würde. Zu viele Köche und so …

Und um den Gedanken des Kollegen Dutti noch etwas weiterzuspinnen: Wenn man schon die Hauptaktivitäten auf zwei Tage bündelt, könnte man doch am Donnerstagabend eine Art Warm-Up-Event in Form eines einzigen Konzertes ins Rennen schicken, um trotzdem in den Genuss von drei coolen Headlinern zu kommen (und die Ermüdungserscheinungen im Publikum dürften sich dann auch in vertretbaren Grenzen halten). Dä Füüfer und s Weggli 🙂

Aber egal, was sich die Bullhead-Macher noch einfallen lassen, ich freue mich schon jetzt auf die dritte Ausgabe dieses Familien-Happenings mit Megaherz für den guten Zweck!


Wie fandet ihr das Festival?

/ 13.04.2025
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